Protocol of the Session on June 23, 2000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Minister hat es erläutert: Das Ministerium ist bereits dabei, die witterungsbedingten Ertrags- und Einkommensausfälle zu erfassen und im Agrarausschuß darüber zu berichten. Ich denke, gerade hinsichtlich aktueller Probleme konnte sich der Agrarausschuß über die Informationspolitik des Ministeriums bisher nicht beklagen.

Herr Czeke, zu dem zweiten von Ihnen angesprochenen Punkt, der Einrichtung eines Nothilfefonds, möchte ich folgendes sagen: Hitzeperioden mit anhaltender Trockenheit sind für unsere Breiten zwar nicht häufig, aber auch nicht ungewöhnlich. Allerdings - das stimmt mich schon nachdenklich - konnte in den letzten zehn Jahren gegenüber den Jahren 1965 bis 1989 während der Hauptvegetationsphase ein deutlicher Temperaturanstieg beobachtet werden. Ich habe hierzu von der MLU bereitgestellte Daten in Diagrammform aufarbeiten und vervielfältigen lassen, die ich nach meinem Redebeitrag gern bereit bin zur Verfügung zu stellen.

Inwiefern diese Temperaturerhöhung in der natürlichen Schwankungsbreite liegt und welche Auswirkungen sich bei einem anhaltenden Trend auf die natürliche Vegetation ergeben, ist bisher noch weitestgehend unklar. Fest steht jedoch - davon müssen wir ausgehen -, daß die Landwirtschaft davon in mehrerer Hinsicht betroffen werden würde. Zum einen stellt sich dann die Frage nach neuen Sorten, Anbauverfahren, agrotechnischen Terminen und unter Umständen auch nach neuartigen Kulturpflanzen, die angebaut werden könnten.

(Herr Dr. Köck, PDS: Vielleicht können wir auch die Ursachen angreifen!)

Zum anderen wäre bei zunehmender Trockenheit aber auch mit einer geringeren Ertragsstabilität zu rechnen, die - darin stimme ich mit dem Antragsteller überein neue Wege der Risikominimierung landwirtschaftlicher Unternehmen verlangt. Dabei sollte es allerdings in erster Linie die Aufgabe der berufsständischen Verbände sein, sich über Möglichkeiten der Risikominderung durch entsprechende nach dem Solidarprinzip erhobene Rücklagen Gedanken zu machen. In Ihrer Begründung, Herr Czeke, haben Sie dies auch richtig erkannt.

In diesem Sinne ist die Unterstützung der Bemühungen also in erster Linie eine Aufgabe, der sich die Politik stellen sollte. Die Bereitschaft hierzu wurde bereits vom Minister signalisiert, und dies wird auch die Zustimmung der SPD-Fraktion finden.

Ungeachtet dessen aber müssen die Landwirte für eventuelle Ertragseinbrüche selbst Vorsorge treffen. In welcher Form von seiten des Landes eine Unterstützung erfolgen soll und inwieweit finanzielle Mittel des Landes hierfür zur Verfügung gestellt werden könnten, darüber sollten wir uns im Rahmen des Agrarausschusses und der Haushaltsverhandlungen unterhalten.

Hinsichtlich akuter Liquiditätsschwierigkeiten möchte ich darauf verweisen, daß es in Sachsen-Anhalt ein Konsolidierungsprogramm gibt, welches gerade für solche Fälle gedacht ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend zum Ausdruck bringen, daß der Antrag der PDS-Fraktion unsere Unterstützung findet und wir ihm zustimmen werden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Frau Wernicke hat für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die von der PDS im vorliegenden Antrag formulierten Forderungen werden von der CDU-Fraktion unterstützt. Sie sind vor dem Hintergrund der Witterungssituation und der zu erwartenden Dürreschäden nachvollziehbar. Wir werden diesen Antrag, aber auch alle Bemühungen der Landesregierung unterstützen, die den Landwirten helfen.

Um die Situation umfassend bewerten zu können, sollte die Landesregierung aber nicht, wie im Antrag formuliert, nur über die Ausfälle berichten, sondern im Ausschuß eben auch über die betriebswirtschaftliche Situation referieren bzw. aufzeigen, in welchen Dimensionen einzelbetriebliche Probleme zu erwarten sind.

So wie der Punkt 1 Ihres Antrages formuliert ist, müßte man ihm direkt zustimmen, aber im Hinblick auf Punkt 2 Ihres Antrages erkennen wir Beratungsbedarf. Wir würden uns also mit einer direkten Zustimmung schwer tun.

Wir sehen zum einen Beratungsbedarf darüber, welche Maßnahmen die Landesregierung schon ergriffen hat. Einiges haben wir schon gehört; ich will noch einmal auf das Konsolidierungsprogramm, das Sie nannten, zurückkommen. Zum anderen sollten wir uns über die Möglichkeiten der EU unterhalten; denn die Kriterien, die erfüllt sein müssen, bevor die EU finanzielle Hilfe befürwortet, sind doch relativ streng. Dafür sind sicher einige Ergebnisse erst abzuwarten und einige Nachweise zu erbringen.

Zum dritten ist die CDU-Fraktion der Meinung, daß im Ausschuß ebenso über die Eigenverantwortung der Landwirte beraten werden muß; denn nach wie vor sind auch die Bauern gefragt, in Zeiten mit großen Ernten und hohen Gewinnen etwas für Jahre und Zeiten mit weniger guten Ernten zu hinterlegen. Wenn man einmal den Blick auf andere Branchen richtet, in denen Ertragsausfälle nicht vom Staat übernommen werden,

(Zuruf von Herrn Kühn, SPD)

kann man es dem Steuerzahler nicht dauerhaft glaubhaft vermitteln, daß Gewinne privatisiert, aber Verluste

sozialisiert werden. Darüber möchten wir gern im Ausschuß beraten und zum Meinungsbild beitragen.

Was die Forstwirtschaft angeht, brauchen wir uns meines Erachtens politisch über keine weiteren Möglichkeiten zu unterhalten; denn die Probleme sind zwar vorhanden - da haben Sie durchaus recht -, werden aber bereits durch die Förderung des Landes bei der Waldbrandversicherung für den Privatwald zum großen Teil aufgefangen.

Meine Damen und Herren! Wir sind bereit, im Ausschuß über diese beiden Punkte zu beraten, und beantragen hiermit die Überweisung dieses Antrages in den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

(Beifall bei der CDU)

Für die FDVP-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Mertens.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ganz bestimmt ist es richtig, unseren Bauern aufgrund von erhöhter Trockenheit, geringen Niederschlägen und damit verbundener geringer Luftfeuchte, was zu irreparablen Schäden im Getreide, in den Rapsbeständen und auch bei den Futterkulturen führt, finanzielle Hilfe zukommen zu lassen. Von der lang anhaltenden Trockenheit im Moment sind in Sachsen-Anhalt viele Regionen in der Altmarkt, im Jerichower Land, in Anhalt-Zerbst sowie Wittenberg, der Ohrekreis und der Kreis Stendal betroffen. Dadurch ist der Sachverhalt gegeben, daß einige landwirtschaftliche Betriebe in ihrer Existenz gefährdet sind.

Nun sind aber diese Wetterlagen in Mitteleuropa nicht neu. Jedes Frühjahr müssen wir uns auf mehr oder weniger Regen, auf mehr Trockenheit - oder auch nicht einstellen, sehr zum Leidwesen der Bauern. Hilfe tut Not. Das Gebot der Stunde ist: Unseren Landwirten muß schnellstens geholfen werden.

Die Landesregierung ist hier in der Pflicht, permanent auf die Bundesregierung einzuwirken, um Gelder aus Brüssel, also von der EU, zu verlangen.

Neuesten Berichten zufolge sollen die Landwirte in den neuen Bundesländern Hilfe aus Brüssel erhalten. Die zuständigen EU-Gremien erlauben den Bauern hierzulande Ausnahmen von geltenden Vorschriften. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums darf der Aufwuchs stillgelegter Flächen als Tierfutter genutzt werden, allerdings nur unentgeltlich für den Eigengebrauch oder für das Vieh des Nachbarn. Ernten und Verkäufe sind hierbei nicht erlaubt.

Diese sogenannte Großzügigkeit der EU könnte man auch als einen Schlag ins Gesicht unserer Bauern bezeichnen. Diese Hilfen der EU sind schlichtweg aberwitzig und helfen unseren Bauern in keiner Weise. Aber Deutschland als größter Nettoeinzahler der EU - im Jahr 1999 mit 49,2 Milliarden DM - hat Anspruch auf eine entsprechende Gegenleistung. Hier liegt der Hase im Pfeffer. Weniger Gelder an die EU, dafür mehr Gelder an unsere Land- und Forstwirtschaft!

Wir stimmen dem Antrag zu. - Ich bedanke mich.

(Zustimmung bei der FDVP - Herr Kühn, SPD: Kein Geld mehr von der EU! Die Bauern kommen runter!)

Herr Czeke hat noch einmal für die PDS-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Die Forderung im letzten Satz unserer Begründung, daß die geplante zu errichtende Nothilfe die Unterstützung der Politik finden sollte, hat Minister Keller schon zu erfüllen zugesagt. Wenn die Fraktionen sagen, der Antrag geht in den Ausschuß und wir werden uns darüber unterhalten, dann ist das auch parteiübergreifend.

Bei all dem Geschehen kann ich es nur unterstreichen: Sicher sind auch diese klimatischen Veränderungen und ist das, was wir jetzt zu ertragen haben, von uns Menschen selbst gemacht, aber nicht unbedingt von jedem einzelnen als Landwirt in der großen Verantwortung. Bei der Verteuerung der Energie gehe ich als privater Nutzer noch mit, aber bei der Gasölbeihilfe sträuben sich mir als Landwirt schon meine letzten Nackenhaare.

Bei diesen extremen Witterungsbedingungen muß man davon ausgehen, daß drei bis vier Dezitonnen pro Tag und Hektar, zum Beispiel bei Weizen, verlustig gehen, weil die Ähre sich nicht ausbildet. Da auch die Landwirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns geschädigt ist Brandenburg wird in den visuellen Medien immer als Hauptschwerpunkt der derzeitigen Trockenheit genannt, Niedersachsens Landwirtschaft ebenfalls und auch die des Landes Sachsen-Anhalt -, kommen wir dann schon hin.

Zu dem von meinem Vorredner Angesprochenen: Sicher habe ich auch zur Kenntnis genommen, daß ich jetzt einen Antrag stellen kann, von Stillegungsflächen Futter zu ernten. Das kann ich als Praktiker nun wirklich nur als Witz bezeichnen. Wenn mir der Weizen auf einem Acker, der immer noch 60 Bodenpunkte hat, vertrocknet und dort nichts mehr ist, dann wächst auf einer Stillegungsfläche gleich gar nichts mehr. Außerdem haben wir dort kein Futter angebaut. Das geht also in die falsche Richtung.

Wir haben einmal beim ALF nachgefragt, ob wir den Aufwuchs von Naturschutzflächen, die uns von der EU als Mähweide genehmigt worden sind, den ersten Aufwuchs, der jetzt kurz vor dem Abtrocknen auf dem Halm steht - ab dem 16. darf gemäht werden; wir haben das aufgrund der Flächengröße noch nicht geschafft -, zum Beispiel mit Jungtieren beweiden dürften. Dem wurde nicht stattgegeben. Das ist die starre Handhabung seitens der EU. Brüssel ist weit, und wir haben die Probleme vor Ort.

Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel auch eine Steuerstundung, worüber man über die Oberfinanzdirektion mit den Finanzämtern sprechen könnte, allerdings nicht bei den Zinssätzen, die derzeit üblich sind. Denn das funktioniert auch nicht.

Herr Minister Keller, ich gebe Ihnen nicht recht, wenn Sie sagen, die Veredlung sei weniger gefährdet. Wir werden höchstwahrscheinlich kein Futter haben. Der Mais ist in der jetzigen Höhe in die Blüte gegangen. Ob er dann noch in der Lage sein wird, Kolben auszubilden, weiß ich nicht, und einen zweiten Aufwuchs auf dem Grünland suche ich vergebens. Da trifft es uns schon sehr hart.

Ich kann es noch einmal feststellen: Auch wenn jetzt Niederschläge folgen sollten und es zu einer Überreg

nung käme, man verträgt es nicht, daß es in der Hauptwachstumsphase April und Mai alle drei Wochen nur zwei bis drei Millimeter Niederschlag gibt. Die einzige Kultur, die das verträgt und die ich dann noch ausbauen könnte, wären zum Beispiel Kakteen.

Eine Sache sei mir noch gestattet zu sagen, weil immer gesagt wird, die Bauern sollten nicht schon wieder klagen. Dem Philipp-Holzmann-Konzern ist auch geholfen worden, und die dort Beschäftigten hatten diese Misere auch nicht zu verantworten, sondern das Management. Auch wir als Landwirte vor Ort haben diese Wetterunbilden nicht allein zu verantworten, müssen aber die daraus resultierenden Lasten tragen, auch wenn wir Vorsorge getroffen haben.

Wir werden keine Probleme haben, wenn es nicht zu einer Direktannahme, sondern zu einer Ausschußüberweisung des Antrages kommt. Wir müssen uns darüber auch im Ausschuß unterhalten. Wir gehen da mit. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren! Wir sind am Ende der Debatte und kommen nun zur Abstimmung über die Drs. 3/3249. Es wurde beantragt, diese Drucksache in den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Ebenfalls nicht. Einmütige Überweisung. Wir haben damit den Tagesordnungspunkt 20 erledigt.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 25 und 26 auf, die zusammen behandelt werden:

Beratung

Übertragung von Gesetzgebungskompetenz vom Bund auf die Länder

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 3/3251

Zum Gesetz über Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe (Grundstückverkehrsgesetz)

Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 3/3284

Der Antrag unter Tagesordnungspunkt 25 wird vom Abgeordneten Herrn Krause, PDS-Fraktion, eingebracht.