Protocol of the Session on June 22, 2000

- Ich möchte meine Bitte nicht wiederholen müssen. - Herr Kollege Trepte, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Januar 2000 war ein Entwurf der Landesregierung zur Novellierung des Sparkassengesetzes bekanntgeworden. Die Einbringung in den Landtag sollte vor der Sommerpause 2000 erfolgen.

Gemäß Pressemitteilung vom 30. Mai 2000 gibt die Landesregierung nunmehr einen offenbar veränderten Gesetzentwurf zur Anhörung frei. Angesichts

- der überhitzten Konzentrations- und Übernahmeprozesse, insbesondere im privaten Bankenbereich,

- des Rückzuges der Privatbanken aus der Fläche, aus dem Privatkunden- sowie dem Firmenkundengeschäft,

- des Vorhabens des Freistaates Sachsen zur Neugestaltung des öffentlich-rechtlichen Kreditwesens und nicht zuletzt

- der zu Recht geäußerten Befürchtungen hinsichtlich des Verlustes tausender Arbeitsplätze im Bankengewerbe

ist die Zukunft des Sparkassenwesens in SachsenAnhalt von erheblichem öffentlichen Interesse.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wann soll der Gesetzentwurf nunmehr in den Landtag eingebracht werden, und wie will die Landesregierung die Novellierung des Sparkassengesetzes inhaltlich und zeitlich mit der mittelfristig angelegten Kreisgebietsreform in Sachsen-Anhalt synchronisieren?

2. Hält die Landesregierung mit dem Gesetzentwurf an ihren politischen Grundsätzen,

- die Präsenz der Sparkassen in der Fläche zu erhalten,

- die Verantwortung der Sparkassen für die regionale Wirtschaft zu stärken,

- ein umfassendes Angebot an Finanzdienstleistungen im Privatkundengeschäft in hoher Qualität zu sichern und

- für die Sicherung von Arbeitsplätzen im Sparkassenbereich einzutreten, fest?

Ich danke Ihnen.

Für die Landesregierung antwortet der Minister der Finanzen Herr Gerhards.

Zu Frage 1: Wann soll der Gesetzentwurf nunmehr in den Landtag eingebracht werden? - Das Kabinett hat den Gesetzentwurf zur Anhörung der Verbände am 30. Mai dieses Jahres freigegeben. Für den Eingang der schriftlichen Stellungnahme ist der Termin 14. Juli 2000 gesetzt worden. Die mündliche Anhörung der Verbände soll am 9. August 2000 erfolgen, so daß der Gesetzentwurf nach der Kabinettsbefassung Ende August im September oder Oktober in den Landtag eingebracht werden kann.

Zu der Teilfrage, wie die Landesregierung die Novellierung inhaltlich und zeitlich mit der Kreisgebietsreform

synchronisieren will: Durch die Änderung des Sparkassengesetzes sollen die Sparkassen als kommunale Wirtschaftsunternehmen in einem europäischen Binnenmarkt gestärkt werden. In einem sich verschärfenden Wettbewerb soll den Sparkassen und ihren Gewährträgern noch mehr Eigenständigkeit und Selbstverantwortung übertragen werden, damit sie flexibel und innovativ auf die Anforderungen des Marktes reagieren können.

Organisatorische Zusammenschlüsse von Sparkassen wie Fusionen oder die Bildung von Sparkassenzweckverbänden sollen nur noch innerhalb der jeweiligen Planungsregionen im Sinne des Landesplanungsgesetzes erfolgen, wobei die Ziele der Kreisgebietsreform Vorrang haben. Damit soll eine Verbreiterung der Handlungsbasis für die Institute ohne Belastung ihrer bisheri- gen Gewährträger ermöglicht und zur Schaffung wettbewerbsfähiger Sparkassenstrukturen in den Regionen des Landes beigetragen werden.

Zugleich wird mit der Begrenzung auf die Planungsregionen aber auch sichergestellt, daß Großfusionen in Richtung auf ein Großinstitut wie in Sachsen aus- geschlossen werden.

Mit dem Gesetz sollen die Möglichkeiten zur Gewinnausschüttung an die Gewährträger erweitert werden. Auf diese Weise sollen die unternehmerische Verantwortung und die Identifikation der Gewährträger mit ihrer Sparkasse gestärkt werden.

Das Prüfungsmonopol der Prüfungsstelle des Sparkassen- und Giroverbandes soll in begrenztem Umfang aufgegeben werden. Dem Verwaltungsrat soll die Möglichkeit eröffnet werden, periodisch zwischen der Inanspruchnahme der Prüfungsstelle und der eines anderen Prüfers zu wählen.

Das Ministerium der Finanzen soll ermächtigt werden, Empfehlungen für Musteranstellungsverträge für Sparkassenvorstände herauszugeben. Damit soll eine einheitliche und unter Beachtung der Größe der Institute angemessene Vergütung der Vorstände erreicht werden.

Die ursprünglich in unserem Hause erwogenen Regelungen zur Bildung und Übertragung von Stammkapital sind in den Gesetzentwurf nicht übernommen worden.

Die vorgesehenen Regelungen zielen auf Freiwilligkeit und nicht auf gesetzliche Vorgaben ab und stellen somit keinen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar.

Der Gesetzentwurf stellt sicher, daß die Ergebnisse der anstehenden Kreisgebietsreform berücksichtigt werden. Neuordnungen der Sparkassenstruktur müssen sich an Neuordnungen der Kreisstruktur ausrichten.

In § 28 des Sparkassengesetzes wird dies durch folgende Neufassung klargestellt:

„Die Vereinigung von Sparkassen und die Bildung von Zweckverbänden soll nur unter Sparkassen erfolgen, die ihren Sitz in derselben Planungsregion im Sinne des § 17 des Landesplanungsgesetzes vom 28. April 1998 haben. Die Übereinstimmung der Einzugsgebiete der Sparkassen mit den Kreisgebieten auch nach einer Gebietsreform ist vorrangig, auch wenn sie über die Grenzen der Planungsregion hinausgehen.“

Zur zweiten Frage nach den Grundsätzen dieses Gesetzentwurfes und danach, ob wir an den bisherigen Zielen festhalten: Seit Erlaß des Sparkassengesetzes im Jahr 1994 sind im Bereich der öffentlich-rechtlichen und der privaten Kreditinstitute Entwicklungen eingetreten,

die in den nächsten Jahren zu grundlegenden Veränderungen gerade auch der Aufgaben und der Arbeitsbedingungen für die Sparkassen führen werden.

Der Umbruch ist insbesondere durch folgende Faktoren gekennzeichnet: durch Konzentrationsbemühungen im Privatbankensektor bei gleichzeitigem Rückzug aus dem Privatkundenbereich und aus der Fläche; durch ein insgesamt verändertes Kundenverhalten mit höheren Erwartungen an die Qualität von Finanzdienstleistungen und deren Zuschnitt auf die individuellen Kundenwünsche; durch einen sich über die Fortentwicklung des Baseler Abkommens verstärkenden Einfluß amerikanischer Standards auf den gesamten deutschen Bankenbereich wie neue Eigenkapitalanforderungen und Rating-Verfahren und durch eine sich immer deutlicher abzeichnende Marktöffnung im europäischen Raum und darüber hinaus.

Auch der Sparkassensektor muß sich den neuen Herausforderungen stellen und stellen können. Damit die Sparkassen flexibel auf die Anforderungen des Marktes reagieren können, soll ihnen durch die Weiterentwicklung des Sparkassenrechts mehr Eigenverantwortung übertragen werden und der Rahmen für ein leistungsorientiertes, flexibles Reagieren auf die Anforderungen des Marktes soll erweitert werden. Der Gesetzentwurf zielt damit auf effizientere Sparkassenstrukturen, die den Instituten eine Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und Ertragskraft nicht nur durch ein verstärktes Kostenbewußtsein, sondern insbesondere durch die Erschließung größenunabhängiger Leistungspotentiale ermög- lichen.

Bei der Novellierung des Sparkassengesetzes sollen die das Sparkassenwesen prägenden Grundsätze, nämlich der öffentlich-rechtliche Status, die regionale Ausrichtung und der öffentliche Auftrag wie Kreditversorgung für die Bevölkerung und die Wirtschaft, insbesondere für den Mittelstand, und die flächendeckende JedermannVersorgung erhalten und die Interessen der kommunalen Gewährträger stärker zur Geltung gebracht werden. - Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

Danke, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Bevor ich Herrn Gebhardt für die zweite Frage das Wort gebe, begrüße ich herzlich eine Gästegruppe der Seniorenunion aus Bersenbrück, Niedersachsen.

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Gebhardt, Sie haben das Wort für die Frage 2 zu dem Thema Theater Wittenberg.

Der Kreistag des Landkreises Wittenberg beschloß, daß der Anteil des Landkreises zur Finanzierung des Theaters in Wittenberg ab dem Jahr 2002 nur noch 2,5 Millionen DM beträgt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Mit welchem Ansatz bzw. mit welcher Verhandlungsposition geht die Landesregierung in die Verhandlungen für einen neuen öffentlich-rechtlichen Theater- und Orchestervertrag für das Theater in Wittenberg?

2. In welchem Rahmen sieht die Landesregierung den zukünftigen Theaterbetrieb gewährleistet, und welche Konsequenzen sieht die Landesregierung für die Spartenentwicklung des Theaters?

Die Antwort gibt der Kultusminister Herr Dr. Harms.

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Gebhardt! Meine Damen und Herren!

Zu 1: Das Land hat dem Träger des Theaters in Wittenberg angeboten, die bisherige Förderhöhe aufrechtzuerhalten. Die finanziellen Probleme des Landkreises und der Stadt führen aber zu einer Situation, die ein Überdenken der bisherigen Konzeption nötig macht. Das zeigt der von Ihnen zitierte Beschluß des Kreistages.

Zu 2: Die konzeptionellen Überlegungen müssen zunächst vom Träger des Theaters selbst vorgelegt werden. Das bisherige Konzept ist mit dem vom Kreistag beschlossenen Finanzrahmen nach unserer Auffassung nicht umsetzbar.

Das Land wird den Zweckverband bei der Entwicklung einer neuen Konzeption beraten. Die Ergebnisse dieses Prozesses können jetzt nicht vorweggenommen werden.

Danke, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Wir haben damit den Tagesordnungspunkt 1 absolviert.

Ich rufe vereinbarungsgemäß den Tagesordnungspunkt 21 auf:

Beratung

a) Ersatzlose Aufhebung des sogenannten „Ökosteuergesetzes“