Protocol of the Session on April 6, 2000

Leider haben die beiden Zeitungsverlage trotz Einladung an dieser Anhörung damals nicht teilgenommen. Vor kurzem haben sie sich nun zu Wort gemeldet und sich gegen eine Streichung der Regelung ausgesprochen. Begründet wurde das mit den damit einhergehenden Werbeeinnahmenverlusten, die nicht zu kompensieren wären. Das hätte zur Folge, daß Lokalredaktionen geschlossen werden bzw. personelle Einschnitte stattfinden müßten.

Ich bin der Auffassung, daß die nunmehr von der Landesregierung in § 77 vorgeschlagene Regelung einen Kompromißweg darstellt. Ein Außerkrafttreten des § 27 Abs. 8 zum 1. August 2001 ließe den Verlagen die Chance, sich auf diese neue Situation einzustellen.

Grundsätzlich bleibe ich bei meiner Position, daß es eine Überregulierung ist, die abgeschafft gehört, weil sie, staatlich verordnet, in den Werbemarkt unverhältnismäßig eingreift. Aber dieser Punkt stellt in der Tat nur einen Aspekt des neuen Mediengesetzes dar.

Aus unserer Sicht ist lobend zu erwähnen, daß im neuen Gesetz nichtkommerzieller Hörfunk mit offenen Kanälen de facto gleichgestellt wird. Damit sind gute Ausgangsbedingungen für die im Lande geplanten bzw. bereits angelaufenen Modellprojekte gegeben.

Außerordentlich zu begrüßen ist die in § 47 vorgesehene Zusammensetzung der Versammlung der Landesmedienanstalt. Hier wurde eine alte, aus der letzten Legislaturperiode stammende Forderung der PDS-Fraktion aufgegriffen. Künftig sind ein Mitglied der Landesfrauenorganisationen und ein Mitglied des Kinder- und Jugendringes des Landes geborene Mitglieder der Versammlung. Das ist ein richtiger Schritt.

Zum Thema Digitalisierung und zu den damit verbundenen Regelungen im Gesetzentwurf hat die Ministerin vorhin richtige Ausführungen gemacht. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Nun zu einem Punkt, der nach meiner Auffassung im Ausschuß nochmals intensiv beraten und diskutiert werden muß. Es handelt sich um den § 57 des Gesetzentwurfs. Darauf hat im übrigen insbesondere der DGB in seiner Stellungnahme aufmerksam gemacht. Nach Auffassung des DGB negiert dieser Paragraph den Grundsatz der Unabhängigkeit der Medienanstalt des Landes. Beim Lesen des entsprechenden Absatzes erscheint das, was der DGB moniert, inhaltlich logisch. Es sollte vom Parlament daher nicht einfach vom Tisch gewischt werden. Ich denke, hier besteht noch Beratungsbedarf.

Zusammenfassend bleibt mir nur noch zu sagen, daß der Gesetzentwurf eine gute Diskussionsgrundlage darstellt, um Sachsen-Anhalt als Medienstandort zu etablieren und auf neue technische Entwicklungen einzugehen,

damit sie sinnvoll genutzt werden können. In diesem Sinne bitte ich um eine zügige Beratung.

(Zustimmung bei der PDS)

Die Fraktion der Deutschen Volksunion - Freiheitliche Liste hatte keinen Redebeitrag angemeldet; es bleibt dabei. Für die SPD bitte ich Herrn Abgeordneten Kühn, das Wort zu nehmen. - Ich höre gerade, daß Herr Kühn krank ist. - Bitte schön, Herr Biener.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat uns heute den Entwurf eines neuen Privatfunkgesetzes bzw. Mediengesetzes vorgelegt. In dankenswerter Weise wurden sämtliche bisher geltenden gesetzlichen Regelungen neu geordnet, teilweise verändert und durch Bestimmungen aus den geltenden Rundfunkstaatsverträgen ergänzt. In erster Betrachtung ist dies eine Fleißarbeit, die letztendlich für den Nutzer alle geltenden Verordnungen in einem Werk lesbar ordnet und zusammenfaßt.

Über die Neuerungen des uns vorliegenden Entwurfs für ein Mediengesetz ist von der Landesregierung und auch von meinen Vorrednern das Wesentliche gesagt worden, so daß ich auf die einzelnen Neuregelungen nicht noch einmal eingehen möchte. Es sei an dieser Stelle aber gestattet, die Bedeutung der Medienpolitik und damit auch dieses Gesetzes für die Entwicklung einer Medienwirtschaft hervorzuheben.

Medienpolitik ist immer auch Ordnungspolitik und greift bedeutsam, manchmal auch schmerzlich in Marktmechanismen ein. Dies war und ist der Tatsache geschuldet, daß wegen des Mangels oder, besser gesagt, wegen der Knappheit von Übertragungskapazitäten eine restriktive Zuordnungspolitik erforderlich war und zur Zeit auch noch ist.

Es ist deshalb für die Entwicklung eines weitestgehend freien Marktes von immenser Bedeutung, die Zugangsmöglichkeiten zu diesem freien Markt zu vervielfältigen, damit der faire Wettbewerb und nicht mehr der Gesetzgeber über Möglichkeiten und Erfolge bestimmt. Ein wichtiger Meilenstein für diese Entwicklung stellt der Übergang von analoger auf digitale Übertragungstechnik dar; das wurde schon mehrfach angeführt.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Signal in diese Richtung. Es bleibt zu hoffen, daß dieses innovative Zeichen aus Sachsen-Anhalt von allen Ländern aufgegriffen und auch von der Bundesregierung in eine Rechtsform gegossen wird. Ich bin froh darüber - hier spreche ich insbesondere für meinen Fraktionskollegen Lutz Kühn -, daß die Landesregierung von Sachsen-Anhalt das erste digitale Zeichen in der Bundesrepublik gegeben hat, weiß aber auch um die Schwierigkeiten, wenn wir damit allein bleiben.

Erste, außerordentlich positive Reaktionen von Fachleuten aus den Bereichen Politik, Medienwirtschaft, Forschung und Lehre auf diesen Gesetzentwurf lassen hoffen, daß der Übergang von analog zu digital deutschland- und europaweit gelingen kann, wird und muß.

Das für die Geräteindustrie, aber auch für die Verbraucher frühzeitige Signalisieren eines Branchenwechsels wird für die produzierende Wirtschaft und auch für die privaten Haushalte Planungssicherheit bringen. Das heißt, jeder kann bei Investitionen jetzt schon überlegen,

ob er noch einmal analoge Technik anschafft oder zukunftsweisend ins digitale Zeitalter investiert.

Ich hoffe auf ein gutes Gelingen im Gesetzgebungsverfahren und beantrage die Überweisung in den Ausschuß für Kultur und Medien.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Herrn Schomburg, CDU, von Frau Dr. Sitte, PDS, und von Frau Stolfa, PDS)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Schomburg. Bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einem Lob beginnen, einem Lob in Richtung Staatskanzlei dafür, daß dieser Gesetzentwurf in gemeinsamen Gesprächen inhaltlich sehr gut vorbereitet worden ist. Das ist zumindest für die CDU-Fraktion nichts Selbstverständliches, sondern etwas Seltenes. Daher muß es hervorgehoben und positiv erwähnt werden. Herr Jonas, Ihnen und Ihren Mitarbeitern sage ich vielen Dank für diese Zusammenarbeit.

Der Anlaß für die Novellierung ist ein zweifacher. Einmal mußte dieses Gesetz dringend novelliert werden, um es wieder lesbar und logisch schlüssig zu gestalten. Zum anderen hat uns der Vierte Rundfunkänderungsstaatsvertrag als Folge der Überarbeitung der Europäischen Fernsehrichtlinie dazu gezwungen, bestimmte Passagen in unser Gesetz einzufügen.

Welches sind nun die für die CDU-Fraktion wesentlichen Neuerungen?

Zunächst einmal ist es die Zulassung der lokalen Werbung. Frau Ministerpräsidentin, es ist nicht so, daß diese Passage einfach abgeschrieben worden ist. Es gab Anfang der 90er Jahre in Sachsen-Anhalt in der Tat noch eine Vielfalt von Zeitungen. Diese Vielfalt von Zeitungen galt es zu schützen, und es galt, deren Entwicklung abzuwarten. Deshalb war dieses Gesetz insoweit auch ein gewisses Presseschutzgesetz. Meines Wissens ist es damals im Ausschuß auch von den Vertretern der SPD-Fraktion mitgetragen worden.

Die CDU-Fraktion erhob allerdings bereits im Jahr 1993 die Forderung, diesen Schutz für die Zeitungen wieder herauszunehmen, weil sich schon damals abzeichnete, daß wir einer relativen Monostruktur in der Zeitungslandschaft entgegengingen. Letztmalig versuchten wir es im Jahr 1996. Es ist schon erfreulich, zu sehen, daß diese Uraltforderung der CDU-Fraktion mittlerweile alle Fraktionen und auch die Landesregierung überzeugt hat und mit der Übergangsklausel, die inhaltlich auch von der CDU-Fraktion getragen wird und der wir zustimmen werden, in den Gesetzentwurf aufgenommen worden ist.

Mit Freude ist zweitens zu sehen, wie die Pilotprojekte für lokales privates Fernsehen nunmehr in den Regelbetrieb überführt werden sollen. Dieses Projekt ist auch ein Kind der CDU-Fraktion. Wir sind erfreut darüber, daß es sich so gut entwickelt hat. Nach einer Untersuchung des Landesrundfunkausschusses sind durch diese Pilotprojekte in den fast drei Jahren, in denen sie existieren, etwa 200 Arbeitsplätze geschaffen worden.

Das ist ein Signal dafür, daß allein durch die Lockerung von Gesetzen, durch die Ermöglichung von Markt Arbeit

geschaffen wird. Wir haben nicht einen Pfennig dafür ausgegeben. Das sind alles private Initiativen, die sich nur aus Werbung finanzieren.

Wir halten den beschrittenen Weg auch mit dem Angebot, daß sich die lokalen Veranstalter zusammenschließen können, um landesweite Programme zu veranstalten und diese über die normalen Antennen zu verbreiten, so daß mehr Bürger an diesen Programmen teilhaben können, für den richtigen Weg und sind gespannt, wie sich dieser weiter entwickeln wird.

Ein dritter Punkt ist die Einführung der digitalen Verbreitung von Rundfunkprogrammen, sowohl des Hörfunks als auch des Fernsehens. Wir unterstützen die Initiative der Landesregierung, die aufgrund des nachhaltigen Wunsches und Druckes meines Kollegen Lutz Kühn ergriffen worden ist, daß von Sachsen-Anhalt eine Signalwirkung ausgehen möge.

Wir sind uns aber auch bewußt, daß sich dahinter auch Probleme verbergen. Als ich neulich an einem Stammtisch den Bürgern sagte, daß wir vorhaben, ein Gesetz zu verabschieden, das dazu führt, daß sie alle in den nächsten zehn Jahren ihre Fernsehapparate wegwerfen können, habe ich alles andere als lebhaften Beifall zu diesem Vorschlag entgegennehmen müssen.

Trotzdem sollten wir diesen Weg fortsetzen. Ich denke, wir sind es der technischen Entwicklung schuldig. Es kommt meines Erachtens entscheidend darauf an, wie es die Geräteindustrie versteht, den Mehrwert, den diese Geräte bieten können, dem Verbraucher zu verdeutlichen und mit preislich attraktiv gestalteten Angeboten an die Bürger heranzutreten.

Wir sehen Diskussionsbedarf. Da meine Redezeit gleich zu Ende ist, will ich ihn nur summarisch nennen. Wir haben Probleme mit der Überregulierung. Statt bisher 64 Paragraphen enthält der Gesetzentwurf 77 Para- graphen.

Wir haben ferner Diskussionsbedarf bezüglich der Auswahlkriterien in § 7. Wir werden ebenfalls § 20 zu thematisieren haben, was die Ausgewogenheit und Sicherung der Meinungsvielfalt angeht.

Weiterhin werden wir uns den Regularien zum Übergang von der analogen zur digitalen Übertragung in § 37 zuwenden müssen. Auch müssen wir über einzelne Regelungen in § 43 beraten, was die Probleme mit der Fortführung der privaten lokalen Fernsehsender angeht.

Meine sehr verehrten Damen, ich möchte Ihnen zwei Beispiele nennen, damit Sie das nachlesen können. Dieses Gesetz setzt konsequent die weibliche und männliche Form ein. Ich empfehle Ihnen, in § 14 Abs. 8 und in § 57 Abs. 1 nachzulesen, welcher Unsinn dabei entstehen kann. Es sind wahre Stilblüten der deutschen Sprache.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Wir werden der Überweisung in den genannten Ausschuß zustimmen.

(Zustimmung bei der CDU und von Ministerin Frau Dr. Kuppe)

Vielen Dank. - Damit sind alle angemeldeten Redebeiträge gehalten worden. - Zur Geschäftsordnung, Frau Wiechmann?

Ich gehe davon aus, daß wir jetzt zur Abstimmung kommen. Ich würde gern die Beschlußfähigkeit feststellen lassen. Wenn ich mich umsehe, denke ich, daß sie nicht mehr gegeben ist.

Frau Abgeordnete Wiechmann, wir beschließen jetzt kein Gesetz. Man kann, da es sich um eine erste Beratung handelt,

(Frau Wiechmann, FDVP: Es geht um die Auss- chußüberweisung!)

nur die Ausschußüberweisung beantragen. Für die Überweisung genügen 24 Stimmen. Wenn diese 24 Stimmen nicht zusammenkämen, wäre der Gesetzentwurf nicht in einen Ausschuß überwiesen. Das ist richtig.

Wenn der Gesetzentwurf in einen konkreten Ausschuß überwiesen werden soll, gilt das Votum der Mehrheit der anwesenden Parlamentarier.

Vom Abgeordneten Herrn Biener wurde beantragt, den Gesetzentwurf in den Ausschuß für Kultur und Medien zu überweisen. Andere Ausschüsse sind nicht benannt worden und werden offensichtlich von dem Thema nicht berührt.

Wer stimmt der Überweisung des Gesetzentwurfs in den genannten Ausschuß zu? - Das sind eindeutig mehr als 24 Stimmen. Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Dann ist die Überweisung des Gesetzentwurfes in den Ausschuß für Kultur und Medien einstimmig beschlossen worden, und der Tagesordnungspunkt 8 ist damit abgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Aufbau und zur Förderung der mittelständischen Wirtschaft in Sachsen-Anhalt (Mittelstands- förderungsgesetz - MFG)