Der vorliegende PDS-Antrag in Drs. 3/2762 ist auf eine Bestellung von SPNV-Leistungen bis mindestens 2005 mit einer Option für weitere fünf Jahre gerichtet. Die PDS-Fraktion hält es aber nicht für erforderlich, dem Landtag zu erklären, woher sie weiß, wie sich der SPNV entwickeln wird und welche Leistungen hierfür erforderlich sein werden. Warum sollte sich das Land auf einen so langen Zeitraum festlegen? Hierzu sehe ich im Ausschuß erheblichen Klärungs- und Beratungsbedarf.
Der Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit, auf dem der Landesentwicklungsplan unter anderem beruht, spielt bei den Antragstellern offenbar keine Rolle. Ein Vorschlag: Legt man die Fahrgastzahlen beim Zweistundentakt zugrunde, dann ergibt sich schon allein durch den ersatzweisen Einsatz von Bussen, ohne Berücksichtigung der Einnahmen, auf vielen Schwachlaststrekken ein Einsparungspotential von bis zu 50 %.
Sehr geehrter Herr Heyer, der von Ihren Parteigenossen ernannte neue Chef der Deutschen Bahn AG Herr Mehdorn scheint - seine öffentlichen Äußerungen lassen keinen anderen Schluß zu - Ihnen um Bahnkilometer voraus zu sein.
Die eingesparten Mittel könnten den Kommunen für ÖPNV-Leistungen zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. Endlich hat auch die Landesregierung begriffen, daß die finanzielle Ausstattung der Kommunen im ÖPNV-Bereich im argen liegt. Sie hat dazu mehr-fach Nachhilfeunterricht durch das Landesverfassungsgericht benötigt.
Die Novellierung des ÖPNV-Gesetzes war die Folge. Fraglich ist, ob die nunmehr vorgesehene finanzielle Ausstattung der Kommunen ausreicht. Ein flexibler Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel könnte hierbei Abhilfe schaffen. Aus eigener Kraft können die Kommunen ihre Eigenmittel nicht aufstocken. Aber solche finanzpolitischen Details scheinen die Landesregierung wie auch die mit ihr verbündeten Antragsteller nicht zu interessieren.
Die Nutzung von Einsparungspotentialen und die dadurch bewirkte Stärkung der kommunalen Verkehrsunternehmen entspricht aber gerade den Anforderungen der kommunalen Spitzenverbände. Es liegt auf der Hand, daß der Ersatzverkehr für die Dauer seiner Gewährleistung vom Land verläßlich mit Regionalisierungsmitteln durchfinanziert werden muß. Nur durch Fortschritte auf kommunaler Ebene können die im Rahmen des ÖPNV betroffenen sozialen Belange berücksichtigt werden. Das bedeutet, daß zuerst dort investiert wird, wo möglichst viele Nutzer einen Vorteil haben.
Wann wird die Landesregierung endlich die berechtigten Forderungen der betroffenen Kommunen berücksichtigen, so wie es das Gesetz vorsieht, oder braucht sie wieder einen Anstoß von außen?
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Aufgabe des Schienenpersonennahverkehrs in Sachsen-Anhalt muß es sein, alle Mittel- und Oberzentren miteinander zu vernetzen. Die kommunalen Aufgabenträger des Straßen-ÖPNV hätten dann die Möglichkeit, zu diesem Netz ein funktionales Ergänzungsnetz aufzubauen.
Wagenmaterial und einem kundenfreundlichen Zugangebot behaupten. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Landesregierung hierfür einsetzen wird.
Einer Überweisung in den federführenden Ausschuß stimmen wir zu. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn über die Aufrechterhaltung oder über den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs oder den Schienenpersonennahverkehr, SPNV, beraten wird, überwiegen verständlicherweise in der Diskussion die finanziellen Engpässe, die die Schranken für alle Vorhaben setzen. Klarer als im „Focus“ von dieser Woche kann das Problem kaum betitelt werden. Dort heißt es: „Die Börse als Zielbahnhof - Bahnchef Hartmut Mehdorn will sein Unternehmen mit radikalen Manövern aus dem roten Bereich lenken.“
Allerdings haben die meisten Bürger den Eindruck gewonnen, daß Mehdorn und sein Unternehmen die Geldbörsen der Bürger als Objekt der Begierde auserwählt haben.
Vor einigen Tagen erlebte ich die verständliche Reaktion der Reisenden auf eine im Zug durchgeführte Befragung der Deutschen Bahn. Zahlreiche Antwortverweigerungen waren ebenso anzutreffen wie der vor-gebrachte Protest der Reisenden über steigende Bahntarife und unzuverlässigen Bahnbetrieb. Allerdings war der befragende Meinungsforscher nicht der richtige Ansprechpartner, weil bei allen Umfragen nur das betriebswirtschaftliche Interesse der Deutschen Bahn zum Ausdruck kommt und der Bahnkunde nebensächlich zu sein scheint.
Der gnadenlos betriebene Personalabbau wurde bereits unverhohlen angekündigt. Die Bedenken und der Widerstand der kompetenten Gegner einer derartigen Verkehrspolitik sind nicht unbegründet, zumal auch bei der technischen Wartung und Unterhaltung der Anlagen eingespart wird. Unmut, Unsicherheit und Unzufriedenheit der Bahnbeschäftigten wachsen und führen keinesfalls zu einer steigenden Motivation bei der Bahn.
Fakt ist: Nicht die Bestrebungen um neue Kunden dominieren, sondern ein stärkerer Abbau der Leistungen ist zu verzeichnen, was wiederum mehr Kunden abschreckt. Neben Vorzeige- und Prestigeobjekten ist eine weitere Verlotterung von Bahnanlagen, von Bahnhöfen und von Haltepunkten nicht aufzuhalten.
Ich will nicht bestreiten, daß Rentabilitätsüberlegungen bei Eisenbahnverkehrsunternehmen nicht verdrängt werden dürfen. Aber wenn all das zu Lasten der Kunden geschieht, ist das ein verhängnisvoller Irrweg, der ein weiteres Abgleiten des Schienenpersonennahverkehrs in die Bedeutungslosigkeit fördert; dieser gerät damit in die Rolle des chancenlosen Verlierers im Wettbewerb der Verkehrsträger. Wir sollten nicht verkennen, daß die Öko-Steuer für dieses Unternehmen diese Misere noch beschleunigt.
Inwieweit die Feststellung im „Focus“ zutrifft, wird sich erweisen, wenn über die Zukunft vieler Nebenstrecken
ausgeführt wird, daß bundesweit ab dem Jahre 2001 auf 9 000 km Regionalgesellschaften mit privater Beteiligung einsteigen, der Bahn damit Millionen an Per-sonalkosten erspart bleiben und, so ein DB-Manager, der private Lokführer auch noch den Zug fegt. - Nichts gegen die Sauberkeit der Züge, aber das wird die Realität eines dann gestreßten Personals sein.
Realitätsfern erscheint mir deshalb auch der im Antrag der PDS-Fraktion geforderte Mindeststandard eines tagesgangangepaßten Zweistundentaktes. Herr Mehdorn wird vielleicht eher der Forderung nach Zügen im Tagesabstand nachkommen, um seinen Zielbahnhof, die Börse, schneller zu erreichen, als dem geforderten Mindeststandard zu entsprechen.
Es ist erfreulich, daß im Land Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr 3,6 % mehr Menschen als 1998 die Nahverkehrszüge benutzten. Aber wie schnell können diese über 26 Millionen Reisenden verlustig gehen, wenn sie nur noch als Masse und nicht als Kunde eingeordnet werden.
Meine persönliche Hoffnung besteht darin, daß dem verhängnisvollen Weg des Herrn Mehdorn Einhalt geboten wird, zumal meine eigene berufliche Entwicklung als Lokführer davon nicht unbeeinflußt bleibt. - Ich bedanke mich.
Vielen Dank. - Für die Einbringer hat Herr Kasten noch einmal die Möglichkeit zu sprechen. Bitte schön.
Herr Minister, Sie haben mir eine so gute Steilvorlage geliefert. Darüber müssen wir noch einmal reden.
Wir stimmen einer Überweisung des Antrages in den Fachausschuß zu, würden aber empfehlen - es wurde schon von einigen Rednern gesagt, daß es sich im Umgang mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen um eine rechtlich schwierige Materie bis hin zu europaweiten Ausschreibungen usw. handelt -, den Ausschuß für Recht und Verfassung mitberatend einzubeziehen.
Wir sind bei der Novellierung des ÖPNV-Gesetzes von seiten dieses Ausschusses sehr gut beraten worden. Ich würde das gern wieder in Anspruch nehmen.
Das von Minister Dr. Heyer oft so bezeichnete „Bahnland Sachsen-Anhalt“ sollte der Bahn den Weg in eine sichere Zukunft bahnen. Die Bestellung von öffentlichem Personennahverkehr sichert nämlich auch den potentiellen Güterverkehr auf der Schiene. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das haben wir ab und zu scheinbar vergessen.
Durch einen Quasi-Totalausfall der DB Cargo war im Prinzip in den letzten acht Jahren realistisch nur ein Zuwachs an Güterverkehr auf der Straße, und zwar um rund 80 %, zu verzeichnen. Wir haben die Zielzahlen des Bundesverkehrswegeplanes für den Güterverkehr auf der Straße, die eigentlich für das Jahr 2012 vorgesehen waren, bereits heute zu fast 85 % erreicht. Dabei gab es kaum einen Zuwachs auf den Wasserstraßen. Das sollte man auch berücksichtigen.
Die Deutsche Reichsbahn hat im Jahr 1990 mehr transportiert als die DB Cargo im Jahr 1998. Damals waren es 350 Millionen Tonnen, heute sind es ins-gesamt 300 Millionen Tonnen. Das zweite Standbein, der Güterverkehr mit der Bahn in und aus der Fläche, ist allerdings nicht mit der heute vorhandenen Technik und mit überholten Konzepten zu realisieren. Innovative Technik sehe ich im Güterverkehr heute fast nur bei Privatbahnen.
Daß man mit einem Zweistundentakt ein Flächennetz im ÖPNV allein nicht erhalten kann, ist klar. Das ist aber auch die Verantwortung, wie wir mit der Netzinfrastruktur umgehen.
Soll sich eine Flächenbahn allein über den SPNV definieren, - das sage ich deutlich - ist die schwarze Null viel schwerer und nur über längere Zeiträume zu erreichen. Darauf bezog sich die Perspektive von 20 Jahren.
Herr Dr. Heyer, ich habe an den Beratungen zum Landesentwicklungsplan in den verschiedenen Gremien teilgenommen. In der Karte für den Landesentwicklungsplan gibt es einen dicken violetten Strich und einen dünnen violetten Strich. Diese Karte ist eine gesetzliche Grundlage. Die violetten Striche kennzeichnen das landesbedeutsame Netz. Der dicke Strich markiert das landesbedeutsame Netz mit Fernverkehr. Der dünne Strich kennzeichnet das landesbedeutsame Netz ohne Fernverkehr.
Mir ist nicht bekannt, daß zum Beispiel die Strecke Oebisfelde - Salzwedel, die in diesem Zusammenhang landesbedeutsam ist, oder die Strecken Nienhagen Dedeleben und Frose - Quedlinburg mit Fernverkehr belastet sind.
Vielleicht eine Anmerkung, um auch einmal aus diesem Bereich herauszukommen: Die Strecke Stendal - Tangermünde ist zum Beispiel nicht landesbedeutsam und muß noch über die Planungsregion gesichert werden. Das Votum über die Planungsregion hinsichtlich des Umgangs mit dem Netz im Bereich Stendal/Salzwedel ist noch nicht ergangen. Das muß aber passieren.
Deswegen ist es sicherlich - so möchte ich versuchen, die Kurve zu kriegen - kein Antrag, den wir wirklich im Plenum ausdiskutieren können.
Wir sollten ihn in die Ausschüsse überweisen und dort alsbald darüber beraten, um unseren Ansatz - ich sage jetzt, den Ansatz des Landes - für einen modernen Schienenverkehr für Güter und Personen weiter auszuformen und die besten Lösungen zu finden, dabei auch den Wettbewerb nicht zu vergessen, aber auch Chancen nicht zu verpassen. - Ich danke Ihnen.
Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren. Beantragt wurde die Überweisung in den Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr federführend und in den Ausschuß für Recht und Verfassung mitberatend. Soll ich darüber getrennt abstimmen lassen?
Dann lasse ich zunächst über die Überweisung in den Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen und ohne Gegenstimmen wurde der Überweisung in den Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr zugestimmt.
Ich stelle jetzt den Antrag zur Abstimmung, den Antrag in den Ausschuß für Recht und Verfassung zur Mitberatung zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Bei einigen Enthaltungen ist dies mit einer größeren Zahl von Gegenstimmen abgelehnt worden. Damit ist der Antrag nur in einen Ausschuß überwiesen worden. Die Beratung zum Tagesordnungspunkt 7 ist abgeschlossen.