Protocol of the Session on April 11, 2019

Mein sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So richtig weiß ich gar nicht, was ich sagen soll. Das ist auch selten.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Ja, das haben Sie echt geschafft. – Ich fange einmal mit dem an, worauf Frau Lang schon eingegangen ist, nämlich mit Ihrem Koalitionsvertrag. Im Koalitionsvertrag steht auf Seite 56 – ich zitiere –: „Das Sächsische Kran

kenhausgesetz werden wir modernisieren und Qualitätskriterien für die Krankenhausplanung berücksichtigen.“

Da Sie das aufgrund der fast abgelaufenen Legislatur nicht mehr geschafft haben, legen Sie heute diesen inhaltlich, mit Verlaub, eher schwachen Antrag vor. Darin fordern Sie, dass die Staatsregierung einen Fachdialog führt. Ich gehe davon aus – ich muss die Staatsregierung einmal in Schutz nehmen –, dass sie das bereits tut. Dagegen ist auch wenig zu sagen. Ich frage mich nur, warum Sie das nicht schon in den letzten fünf Jahren mit den im Antrag erwähnten Mitgliedern des sächsischen Krankenhausplanungsausschusses getan haben, zumal es, wie Sie selbst mehrfach betont haben, seit dem Jahr 1993 überfällig ist.

Bedauerlich ist zudem, dass ein so wichtiges Thema derart auf die lange Bank geschoben und jetzt in aller Eile ein Antrag vorgelegt wird. Ob es auch dazu dienen soll, Ihre Staatsregierung vorzuführen – keine Ahnung. Ich erkenne aber an, dass Sie durch diesen Antrag die nächste Staatsregierung dazu verpflichten, etwas im Bereich der Krankenhausversorgung zu unternehmen, und zwar verbindlich.

Die Probleme der sächsischen Krankenhäuser und der medizinischen Versorgung in Sachsen sind hinlänglich bekannt. Frau Lang ist auf einiges eingegangen. Ich sage einmal, ohne dieses Allgemeine, was das Krankenhaus leistet oder nicht leistet, sind es ganz dezidiert unter anderem die mangelnde Investitionsfinanzierung in der sächsischen Krankenhauslandschaft, die wir schon seit Jahren monieren, und die Planungsunsicherheit, weil der Krankenhausplan auch ewig gebraucht hat. Dass es nicht ohne Grund so lange gedauert hat, weil es ebendiese Sachzwänge und dieses multifaktorielle und längst veraltete Finanzierungsmodell gibt, ist keine Frage.

Dazu kommt erneut die überbordende Bürokratie, wodurch sich manche Krankenhäuser mehr mit dem Medizinischen Dienst und mit den Krankenkassen beschäftigen. Dass sie gezwungen sind, Stäbe von Juristen einzustellen, um Leistungen anerkannt zu bekommen, worunter letztlich der Patient leidet, ist auch etwas, das die sächsischen Krankenhäuser beschäftigt, und schließlich auch Gewinnzwang, weil wir in Sachsen immer mehr privatwirtschaftlich arbeitende Krankenhäuser haben.

Das liegt zum einen daran, dass die Krankenhäuser in der Vergangenheit – darum hat man sich in dieser Legislatur doch einigermaßen bemüht – unterfinanziert waren, und zum anderen an dem DRG-Fallpauschalensystem. Es führt zur Ausdünnung von Versorgungsstrukturen und ist längst nicht mehr zeitgemäß.

Die Herausforderungen bei der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum führen auch dazu, dass immer mehr Krankenhäuser ambulante Tätigkeiten übernehmen

müssen. So toll ist das Modellprojekt nicht. Eigentlich ist es eine Katastrophe, weil zwar sektorenübergreifend gearbeitet wird, es aber nicht wirklich geregelt ist. Dies liegt allerdings – das muss ich auch sagen – nicht am Freistaat Sachsen. Das muss man zur Kenntnis nehmen.

Eine elementare Geschichte ist der Fachkräftemangel und nicht zuletzt die Reformierung der Ausbildung im Pflegeberuf.

(Beifall bei den LINKEN)

Deshalb hätte in diesen Antrag auf jeden Fall das Personal hineingehört. Ohne dieses ist es relativ sinnfrei.

Die Gutachten, welche die Staatsregierung zur ambulanten und zur stationären Versorgung für viel Geld in Auftrag gegeben haben, sind offensichtlich in den ewigen Jagdgründen gelandet. Über die Sinnhaftigkeit dieser Gutachten haben wir bereits in der Vergangenheit viel gestritten. Nun ja, wir erfinden das Rad neu. Es ist halt so.

Ich bin gleich wieder beim nächsten Kritikpunkt, nämlich beim Titel des Antrags: „Zukunftswerkstatt für ein neues Krankenhausgesetz“. Das schränkt das Ganze leider zu sehr ein. Es geht vielmehr um die medizinische Versorgung, und zwar sektorenübergreifend. Sie sagen das selbst. Warum Sie es dann nicht aufschreiben, erschließt sich mir allerdings nicht. Aber auch mit der Änderung zur Krankenhausversorgung in der Überschrift wäre schon Abhilfe geschaffen. Eigentlich müsste man diesem Antrag schon mal die Finanzierung mit aufbürden, sie zumindest berücksichtigen. Aber das ginge Ihnen ja wahrscheinlich schon wieder zu weit.

Die Änderungen der GRÜNEN treffen, abgesehen von der fehlenden Finanzierung, des Pudels Kern. Daher haben wir auf einen Änderungsantrag verzichtet. Die im Antrag genannten Anstriche sind alle nötig, aber doch nicht nur für die Krankenhäuser, sondern für eine sektorenübergreifende Versorgung, also für die medizinische Versorgung, sprich Krankenhausversorgung insgesamt und in Gänze. Das kann man nicht losgelöst betrachten und man darf den Fehler, wie bei den zwei Gutachten, ambulant und stationär, nicht noch ein zweites Mal machen. Man wäre da wesentlich offener in dieser Zukunftswerkstatt. Ich kann nur an Sie appellieren, vielleicht den Änderungsantrag der GRÜNEN noch zu übernehmen. Es sollte doch eigentlich auch nicht so schwerfallen, denn wir stehen nicht mit drauf.

Im Änderungsantrag ist auch richtigerweise der Punkt der personellen Absicherung berücksichtigt, was im Antrag der Koalition tatsächlich fehlt. Denn das wird eine große Herausforderung. Das muss man mitdenken, wenn man über Zukunftswerkstatt redet, und das muss auch gesetzlich verbindlich geregelt werden. Aber das ist eben der Punkt. Also zum Beispiel allein das Thema Personaluntergrenzen muss da mit hinein und genauso die Veränderung in der Pflegeausbildung. Das ist noch gar nicht abzusehen und muss dringend mit hinein. Ein Krankenhausgesetz an sich kann aber im besten Fall dann, wenn es denn Versorgung hieße, nur das Nebenprodukt eines solchen von Ihnen gelenkten Erarbeitungsprozesses sein, aber nicht das oberste Ziel. Denn das ist, wie beschrieben, wesentlich vielfältiger als allein die Fokussierung auf das Krankenhausgesetz.

Wir werden unter der Voraussetzung der Annahme des Änderungsantrages der GRÜNEN dem Antrag zustimmen, weil wir anerkennen, dass Sie das Thema, wenn auch etwas spät, nun doch zumindest verbindlich regeln wollen. Das ist wirklich sehr gut. Ohne den Änderungsantrag wird es nur eine Enthaltung, weil die Öffnung von Gesetz auf Versorgung aus unserer Sicht unabdingbar ist sowie der Einbezug des Personals tatsächlich wesentlich sachgerechter, zielorientierter und zukunftsweisender wäre.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei den LINKEN)

Für die AfD-Fraktion, Herr Abg. Wendt. Bitte sehr, Herr Wendt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zukunftswerkstatt für ein neues Krankenhausgesetz: Diese Überschrift trägt Ihr Antrag, werte CDU und SPD. Wenn Sie so weiterarbeiten wie bisher, verspielen Sie aber vollends die Zukunft unseres Landes. Deshalb bleibt zu hoffen, dass dem durch die Wahlen in diesem Jahr Einhalt geboten wird.

(Albrecht Pallas, SPD: Zur Sache, Herr Kollege!)

CDU und SPD hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, dass das Sächsische Krankenhausgesetz – es ist bereits erwähnt worden – modernisiert wird und dabei Qualitätskriterien Berücksichtigung finden sollen. Daraus ist nichts geworden, außer der Fortschreibung des Krankenhausplanes im letzten Jahr und dem heutigen Antrag, der das nicht eingehaltene Versprechen verschleiern soll. Da Arbeitskreise oftmals aus der Verzweiflung heraus initiiert werden, soll nun wieder einmal solch einer herhalten, um das zu erledigen, was Sie angekündigt, aber nicht umgesetzt haben.

Bis zum Jahre 2021 sollen nun Punkte für ein neues, modernes und zukunftsweisendes Krankenhausgesetz erarbeitet werden. Wer aber glaubt, dass es dann im Jahr 2021 ein neues Gesetz gibt, der hat sich gewaltig geirrt. Denn die Punkte, die eventuell in einem neuen Gesetz enthalten sein könnten, müssen erst einmal in ein Gesetz gegossen, diskutiert, angehört und wieder diskutiert und dann noch einmal abgestimmt und beschlossen werden.

(Dagmar Neukirch, SPD: Ja, das ist das Verfahren!)

Sie können sich daraus resultierend vorstellen, wie lange es dann noch einmal dauert, bis wir ein zukunftsfähiges und modernes Krankenhausgesetz haben: wenn wir Glück haben, bis zum Ende der nächsten Legislatur.

Genau diese Vorgehensweise zeichnet die CDU aus: aussitzen, verschieben und erst reagieren, wenn der Karren bereits an die Wand gefahren ist. Die negativen Auswirkungen einer solchen Vorgehensweise sind beispielsweise in den Bereichen Sicherheit, Pflege, Bildung, ländlicher Raum, Gesundheit sowie Alters- und Kinder

armut sichtbar. Deshalb ist mir um die Zukunft unseres Landes wirklich bange.

Im Gegensatz zu Ihnen haben wir sehr konkrete Vorstellungen, welchen Reformbedarf es im Bereich der Krankenhäuser gibt und welchen Regelungsbedarf wir sehen. Wir sehen die Zukunft der sächsischen Krankenhäuser in der Fläche als regionale Gesundheitsversorger, die sich stärker als bisher an der ambulanten Versorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum beteiligen, das heißt nicht nur in der Notfallversorgung und im ambulanten Operieren usw., sondern die ambulante Behandlung muss auch ohne den weiteren Aufbau von Strukturen möglich werden, und das nicht nur im Ausnahmefall. Wir wollen beispielsweise, dass Krankenhäuser nicht erst bei Unterversorgung ambulante Behandlungen durchführen können, sondern dass dies bereits möglich wird, wenn binnen vier Wochen kein Facharzttermin zu bekommen ist. Die Vermittlung wäre durch die Terminservicestellen möglich.

In Zeiten des Ärzte- und Pflegekräftemangels müssen die vorhandenen Strukturen und das vorhandene Personal möglichst effizient eingesetzt werden. Hierzu bedarf es zunächst einer verzahnten Bedarfsplanung der ambulanten Vertragsärzte mit dem Krankenhausplan. Es ist doch dem Bürger nicht sinnhaft zu vermitteln, dass er monatelang auf einen Facharzttermin warten muss, während es im Krankenhaus freie Kapazitäten gibt, die aber wegen bestehender Sektorengrenzen nicht genutzt werden können. Da muss doch endlich einmal etwas passieren, werte Frau Staatsministerin, werte Staatsregierung.

Es bedarf aber nicht nur mittelfristig des Abbaus der Grenzen, sondern auch in der Vergütung der Leistungen müssen schnell wirksame bundesrechtliche Maßnahmen umgesetzt werden. Wenn sich die Selbstverwaltungspartner nicht einigen können, dann muss der Gesetzgeber eingreifen, da eine effiziente Gesundheitsversorgung zur Daseinsvorsorge gehört.

Wessen es aber grundlegend bedarf, ist die finanzielle Sicherung der Krankenhausstandorte. Wenn die ländlichen Krankenhäuser pleite gehen, brauchen wir uns über deren Zukunft auch keine Gedanken mehr zu machen. Die derzeitige Förderung nach Haushaltslage ist völlig inakzeptabel. Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen und deshalb fordern wir als AfD beispielsweise eine gesetzliche Mindestinvestitionsquote. Die Krankenhausgesellschaft fordert hier 7 %. Derzeit liegt die Investitionsquote bei unter 4 %. Zudem wollen wir den Anteil der Pauschalförderung erhöhen, da sich die Förderbedarfe im Laufe der Jahre geändert haben.

Werte Antragsteller! Auch wenn Ihre Absichten nachvollziehbar sind, kommt dieser Antrag viel zu spät, lässt gute Ideen vermissen und schiebt die zwingend notwendige Reform des Krankenhausplanes weiter auf die lange Bank. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Herr Zschocke. Sie haben das Wort, Herr Zschocke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist richtig, dass das Krankenhauswesen in Sachsen weiterentwickelt werden muss. Was Sie im Koalitionsvertrag vereinbart haben und was daraus geworden ist, das will ich nicht noch einmal wiederholen. Fakt ist: Die letzten Monate vor der Landtagswahl wollen Sie eine Zukunftswerkstatt ins Leben rufen und eine solche Methode als Verfahren für die Vorbereitung einer Gesetzesnovelle nutzen. Das klingt zunächst auch irgendwie spannend.

Die Transparenz und das Beteiligungsverfahren, das damit verbunden ist, unterstützen wir GRÜNEN natürlich, aber es gab dazu überhaupt keine Vorberatung im Ausschuss. Beim Lesen ergeben sich für mich mehr Fragen als Antworten. Kann die Methode einem so weitreichenden Vorhaben gerecht werden? Der Antrag gibt keinerlei Auskunft dahin gehend, wie am Ende eine Planungsmethode verankert wird, die, ausgehend von einer Statuserhebung des bestehenden Versorgungssystems, zu eindeutigen Zielformulierungen und den dafür notwendigen Maßnahmen führt.

Weiterhin sind im Antrag die genannten Akteure sehr unbestimmt. Hier ist die Rede von Mitgliedern des Sächsischen Krankenhausplanungsausschusses, „weiteren

wesentlichen Akteuren“ sowie „neutralen externen Sachverständigen“. Damit kann die Staatsregierung quasi nach Belieben Personen einbinden oder ausschließen. Das ist unklar. Sollen Experten ausschließlich nach inhaltlichen Gesichtspunkten eingeladen werden? Oder geht es um eine paritätische Besetzung der Interessenvertreter? Wollen Sie eine beruflich-fachliche Zusammensetzung der Gruppe, also: medizinische Berufe, Juristen, Ökonomen, Informatiker, Architekten? Das ist offen; es ist unklar.

Außerdem frage ich mich, aus welchen Gründen ein so langer Zeitraum für das Werkstattverfahren gewählt wird. Wenn bis zum 30. Juni 2021 lediglich Grundlagen für die Weiterentwicklung erarbeitet werden, wie lange dauert es dann noch, bis das Gesetz vorliegt?

Der vorliegende Antrag scheint vor allem ein Ziel zu verfolgen: Die Koalition möchte jetzt irgendwie einmal einen Haken an das aus dem Koalitionsvertrag resultierende Versprechen machen – okay. Ich weiß um die Komplexität der Aufgabe. Ich weiß aber auch, dass andere Länder schon viel weiter sind.

In Sachsen-Anhalt haben CDU und SPD 2018 ein neues Krankenhausgesetz auf den Weg gebracht. Kleinere Krankenhäuser im ländlichen Raum werden dort zu Gesundheitszentren ausgebaut. Für alle Krankenhäuser gelten klare Qualitätskriterien. Werden diese nicht eingehalten, kann der Versorgungsauftrag eingeschränkt oder sogar entzogen werden.

In Thüringen wird ein Entwurf für ein neues Krankenhausgesetz derzeit im Landtag diskutiert. Berlin und Brandenburg haben letzte Woche angekündigt, ihre Krankenhausplanung künftig aufeinander abstimmen zu wollen und auch die jeweiligen Krankenhausgesetze zu überarbeiten.

Ich sage es deutlich: Auch in Sachsen muss der Veränderungsprozess jetzt wesentlich schneller vorangebracht werden, als Sie es hier vorschlagen.

Besser spät als nie, könnte man im Hinblick auf Ihren Antrag sagen. Sicher wird zur Methode, zum Verfahren und zur Zusammensetzung der Zukunftswerkstatt im Nachgang noch einiges zu konkretisieren sein. Aber zumindest einen systematischen Fehler im Antrag müssen Sie aus unserer Sicht heute noch beseitigen; das werde ich im Hinblick auf die Redezeit dann bei der Einbringung unseres Änderungsantrags genauer erläutern.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine zweite Runde? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage nun die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Ich kann das deutlich erkennen. Frau Staatsministerin Klepsch, Sie haben das Wort.