Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war unserer Meinung nach überfällig. Sowohl das Grundgesetz als auch die sächsische Landesverfassung gewähren jedem volljährigen deutschen Staatsbürger bzw. EU-Bürger bei – jeweils nach der Ebene – Bundes-, Landtags-, Kommunal- und Europawahlen das Recht zu wählen. Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention, die seit 2009 unmittelbar rechtsverbindlich für die Bundesrepublik Deutschland gilt, garantiert Menschen mit Behinderung die gleichberechtigte Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben. In diesem Kontext ist es unverständlich, warum Menschen mit Berufsbetreuung in allen Angelegenheiten von Wahlen ausgeschlossen sind, während Demenzkranke zum Beispiel, bei denen eine Vorsorgevollmacht der Angehörigen besteht, jedoch ihr Wahlrecht trotz zumeist auch hier stark eingeschränkter intellektueller kognitiver Fähigkeiten wahrnehmen dürfen.
Solche Einschränkungen dürfen kein Grund für einen Wahlrechtsentzug sein und sie sind es in vielen Ländern Europas mit Ausnahme der Bundesrepublik Deutschland bislang nicht. Auch bezüglich der bislang durch § 13 Nr. 3 Bundeswahlgesetz Ausgeschlossenen gibt es diese Ungerechtigkeit. Wenn Schuldunfähige gemäß § 20 Strafgesetzbuch statt nach § 63 in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 64 in einer Entziehungsanstalt untergebracht werden, verlieren sie das Wahlrecht nicht, obwohl die Einschränkungen der Betroffenen hinsichtlich der Teilnahme am demokratischen Kommunikationsprozess oft ähnlich gelagert sein dürften.
Dasselbe gilt für vermindert Schuldfähige nach § 21 StGB, die ihr Wahlrecht ebenfalls weiter ausüben dürfen, wobei die Abgrenzung zur vollen Schuldfähigkeit im Einzelfall fließend sein kann. Das Bundesverfassungsgericht erkannte auch in diesem Punkt eine nicht verfassungskonforme Ungleichbehandlung.
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts hat weitgehende Folgen und Auswirkungen für die verfassungsrechtliche Beurteilung der entsprechenden, zumeist wortgleichen Regelungen der dem Bundeswahlgesetz nachgebildeten landesgesetzlichen Wahlrechtsbestim
mungen der Bundesländer, so auch des Freistaates Sachsen. Mit seinem Beschluss und den Beschlussgründen hat
das Bundesverfassungsgericht zunächst klare Vorgaben für die Gewährleistung eines inklusiven Wahlrechts aufgestellt, der auch die Landesgesetzgebung – hier die für Sachsen – verfassungsrechtlich bindet.
Wir stehen unmittelbar vor Wahlen, am 26. Mai zu den Gemeinde- und Landkreistagen sowie zum Europaparlament und am 1. September zu den Wahlen zum 7. Sächsischen Landtag. Nach der jetzt noch geltenden Fassung des § 12 des Sächsischen Landeswahlgesetzes, dem § 16 Abs. 2 der Sächsischen Gemeindeordnung und dem § 14 Abs. 2 der Sächsischen Landkreisordnung würde bzw. wird in den bevorstehenden Wahlen exakt der Personenkreis, dem nach Feststellung des Bundesverfassungsgerichtes vom Januar dieses Jahres verfassungs- und behindertenrechtskonventionswidrig das Wahlrecht vorenthalten wird, wieder von der Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen. Jede und jeder dieser betroffenen Bürgerinnen und Bürger, die wieder nicht wählen dürfen, weil sie für die Besorgung aller ihrer Angelegenheiten einen Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt bekommen haben oder weil sie sich aufgrund einer Anordnung nach § 63 in Verbindung mit dem § 20 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden, können dann Wahlbeschwerde einlegen. Wie viele das unter dem Aspekt tun, dass es jetzt durch dieses Urteil dafür einen Impuls gibt, ist schwer abzusehen.
Wir wollen deshalb mit diesem Gesetz mehr oder weniger dafür sorgen, dass der Freistaat Sachsen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts als Handlungsaufforderung sieht und umsetzt sowie eine Novellierung der Regelungen zum Sächsischen Wahlgesetz, zur Sächsischen Gemeindeordnung, zur Sächsischen Landkreisordnung und konsequenterweise natürlich auch zum Sächsischen Gesetz über Volksantrag, Volksbegehren und Volksentscheid entsprechend vornimmt. Für die Plebiszite gilt also auch, dass bis dato der Personenkreis, der analog § 13 Nr. 2 und § 13 Nr. 3 des Bundeswahlgesetzes ausgeschlossen ist, hier auch nicht teilnehmen darf.
Um den bis dato benachteiligten Personenkreis nicht weiter auszuschließen und die im Artikel 29 der UN
Behindertenrechtskonvention, die seit 26. März 2009 für Deutschland unmittelbar und verbindlich gilt, garantierten Rechte für Menschen mit Behinderung auf Teilhabe am politischen Leben und anderem durchzusetzen, müssen wir jetzt, eigentlich im Eilverfahren für die Kommunalwahlen, spätestens aber nach unserer Überzeugung für die Landtagswahlen entsprechende Rechtsveränderungen an unseren eigenen Gesetzen im Freistaat Sachsen vornehmen. Dass es schwierig und nicht mehrheitsfähig sein wird, das noch für die Kommunalwahlen zu bewerkstelligen, ist logisch einzusehen, aber wir meinen, dass mindestens der Anspruch des Hohen Hauses bestehen sollte, dass wir bezüglich der Wahlen zum 7. Sächsischen Landtag eine Rechtslage herbeiführen, die jetzt noch laufende willkürliche Ungleichbehandlung beseitigt.
Details, wie sie in den Regeln vorgesehen sein sollen, würden wir im weiteren Beratungsgang darlegen bzw. sie ergeben sich aus der Gesetzesbegründung. Ich bitte jetzt zunächst um Ihre Zustimmung für die Überweisung unseres Gesetzentwurfs an den Verfassungs- und Rechtsausschuss – federführend – und – mitberatend – an den Innenausschuss sowie an den Ausschuss für Soziales, Verbraucherschutz, Gleichstellung und Integration.
Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zur Behebung verfassungswidriger Wahlrechtsausschlüsse in Sachsen an den Verfassungs- und Rechtsausschuss – federführend –, an den Innenausschuss und an den Ausschuss für Soziales, Verbraucherschutz, Gleichstellung und Integration zu überweisen.
Wer dem Vorschlag der Überweisung an diese Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist die Überweisung beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.
Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Es spricht daher nur die Einreicherin, die AfD-Fraktion. Das Wort hat Herr Kollege Urban.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! „O Täler weit, o Höhen, o schöner, grüner Wald“ – die Vertonung des
Gedichts „Abschied vom Walde“ durch Felix Mendelssohn Bartholdy ist eines der populärsten Werke dieses Komponisten. Als Joseph von Eichendorff dieses Gedicht im Jahr 1810 schrieb, konnte er noch nicht wissen, wie brutal der Abschied vom Walde im 21. Jahrhundert in weiten Teilen Deutschlands werden würde.
Der Wald war über Jahrhunderte der Erhebung aller gewidmet, ein deutscher Sehnsuchtsort. Die fortschreitende Industrialisierung des Waldes, die wir heute in vielen Bundesländern schon sehen müssen, war undenkbar – eine Industrialisierung, die befeuert wird durch eine Gemeinschaft aus ideologisierten Politikern und gewissenlosen Geschäftemachern, die aus Zwangsgebühren der Stromkunden Profit ziehen.
Das ging vor Kurzem sogar so weit, dass die UNESCO einschreiten musste, um die blinde Zerstörung des Weltnaturerbes Pfälzer Wald zu verhindern.
Es sind nicht mehr nur die GRÜNEN, die sich heute an die Spitze der Naturzerstörung gesetzt haben, auch CDU und SPD sind komplett auf die Klimaschutzideologie eingeschwenkt. Staatliche Behörden arbeiten Hand in Hand mit den Subventionsprofiteuren der Ideologiewende.
Der Arten- und Habitatschutz, der gesamte Naturschutz wird in den meisten Bundesländern schon jetzt einer Ideologie geopfert, die zu nichts führt als zur Zerstörung: Zerstörung von Waldbestand, auch als CO2-Speicher, Zerstörung der Landschaft, Zerstörung von Natur und Habitaten, Zerstörung der Wohnqualität und der gesunden Lebensverhältnisse für viele Menschen durch Infraschall und am Ende die Zerstörung der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland.
Deutschland ist – noch – das artenreichste Land Europas. Seine Wälder beherbergen schätzungsweise 10 000 Tierarten, darunter viele bedrohte. Seit der massiven Errichtung von Windrädern in Waldgebieten ist zum Beispiel der Bestand des Rotmilans in Rheinland-Pfalz deutlich zurückgegangen. Nach den ersten zehn Jahren Windkraft im Wald war bereits ein Rückgang um 15 % zu verzeichnen. Der Rotmilan brütet vor allem in Mitteleuropa. Deutschland hat eine ganz besondere Verantwortung für diese majestätischen Vögel – eine Verantwortung, der es aber nicht gerecht wird.
Ähnlich ist es mit vielen anderen Tieren, für die an anderer Stelle Berge versetzt werden. Wenn es aber um Windräder geht, sind sie plötzlich vogelfrei.
Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs ist es, die Fehler, die in anderen Bundesländern durch die Errichtung von Windkraftanlagen im Wald gemacht worden sind, im Freistaat Sachsen von vornherein auszuschließen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Windkraftanlagen im Staatswald in Sachsen generell nicht genehmigungsfähig sind. Staatswald ist in Sachsen in erster Linie Waldbesitz des Bundes und des Freistaates Sachsen. Im Körperschafts- und Privatwald dürfen Windkraftanlagen nur errichtet werden, wenn eine Beeinträchtigung von Zielen des Naturschutzes, insbesondere des Arten- und Biotopschutzes, auszuschließen sind.
Der Wald im Freistaat Sachsen gehört zum Naturreichtum unseres Landes. Er bietet unersetzbaren Lebensraum für sehr viele Arten von Pflanzen und von Tieren. Der Wald
besitzt daher besondere Bedeutung für die Vielfalt an Lebensräumen, Lebensgemeinschaften und Arten sowie für die genetische Vielfalt innerhalb der Arten.
Ebenso ist der Wald eine unverzichtbare Ressource für die körperliche und geistige Erholung des Menschen. Im Wald sinkt der Blutdruck auf ein gesundes Maß; Stress und Depressionen verschwinden – aber nicht, wenn man zwischen Windrädern umherlaufen muss.
Wegen der Bedeutung des Waldes für die Umwelt, insbesondere für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, die Atmosphäre, das Klima, für den Wasserhaushalt, die Tiere und Pflanzen und deren genetische Vielfalt, den Boden und wegen seiner Bedeutung für den Menschen muss das Waldgesetz sicherstellen, dass der Wald erhalten wird und dass seine naturnahe Bewirtschaftung gesichert ist.
Außerdem sind Wälder ein wichtiger landschaftsprägender Faktor. Sachsen gehört mit einem Waldanteil an der Landesfläche von rund 29 % nicht zu den waldreichsten Bundesländern. Hessen zum Beispiel hat einen Waldanteil von 42 %. Der Wald im Freistaat Sachsen ist aber nicht nur deswegen schutzwürdig, sondern auch, weil er aufgrund seiner Struktur und wegen des noch lange nicht abgeschlossenen und erst langsam greifenden Waldumbaus eine zu geringe Widerstandskraft zum Beispiel gegen Stürme und gegen den Borkenkäfer aufweist.
Aus diesen Gründen ist es nicht vertretbar, das Ökosystem Wald in Sachsen durch die in anderen Bundesländern schon zum Regelfall gewordene Nutzung als Kraftwerksstandort weiter zu belasten.
Tausende von Tonnen Stahlbeton als Fundament pro Windrad verändern grundlegend die Umgebung und ihren Wasserhaushalt. Große Mengen von Öl und anderen Schadstoffen aus den sogenannten Maschinengondeln können in Wasserschutzgebiete gelangen. Maschinenbrände können sich zu Waldbränden ausweiten. Waldwege sind im Winter wegen Eisschlag lebensgefährlich. Vor allem muss pro Windrad für Aufstellfläche, Kranstellfläche und Zuwegungen hektarweise Wald kahlgerodet werden.
Um das Ziel unserer Initiative zu erreichen, soll in das Gesetz die nicht überwindbare Wertung eingefügt werden, dass im Staatswald das öffentliche Interesse des Natur-, Arten- und Habitatschutzes stets der Errichtung von baulichen Anlagen, die der Nutzung der Windenergie dienen, entgegensteht. Das ist dadurch gerechtfertigt, dass der Freistaat bzw. der Bund die Wälder treuhänderisch für das Volk verwaltet. Fiskalische Interessen müssen gegenüber den vielfältigen Natur- und Artenschutzinteressen eindeutig zurücktreten.
Demgegenüber ist im Körperschaftswald und im Privatwald fiskalischen Nutzungen nach Maßgabe der Privatautonomie ein etwas höherer Stellenwert einzuräumen. Bauliche Anlagen zur Nutzung der Windenergie sind in diesen Wäldern zwar nicht von vornherein auszuschließen, jedoch muss als Voraussetzung für eine Genehmigung immer eindeutig gewährleistet sein, dass eine
Beeinträchtigung der öffentlichen Belange insbesondere des Natur-, Arten- und Habitatschutzes ausgeschlossen ist.
Der Zeitpunkt für das Inkrafttreten – 1. August 2019 – ist von uns bewusst so früh gewählt worden. Das Gesetz soll noch vor der Landtagswahl in Kraft treten. Wir befürchten, dass die Regierung ihre Pläne zum Windkraftausbau wegen der Unbeliebtheit dieses Themas in der Bevölkerung bewusst zurückhält. Nach der Wahl ist dann, je nach Möglichkeiten einer Regierungsbildung, eine große Offensive der Regierung zur Umsetzung zahlreicher Windkraftprojekte in sächsischen Wäldern zu befürchten. Dann ginge es unserem Wald schnell an den Kragen.
Unser Gesetzentwurf bietet nicht nur jedem Abgeordneten die Möglichkeit, sich ganz klar zum Schutz unserer sächsischen Wälder zu bekennen. Er ist auch eine klare Botschaft an alle sächsischen Bürger, dass es mit der AfD keine Profitmacherei mittels Windkraftanlagen in sächsischen Wäldern geben wird.
Ich beantrage die Überweisung unseres Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft.