Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Ende der Legislatur haben wir erneut Gelegenheit, über das sächsische Hochschulrecht zu debattieren. DIE LINKE stellt heute einen zwei Jahre alten Gesetzentwurf zur Abstimmung, der schon bei der Sachverständigenanhörung im August 2017 nicht gerade Jubelstürme auslöste, sondern im Gegenteil auf breite Skepsis stieß und zum Nacharbeiten aufforderte.
Vorweg daher: Es ist ja nicht eine Frage von Mögen. Die SPD-Fraktion teilt bei einigen Änderungen die Zielrichtung, lehnt aber viele strukturelle Vorschläge ab, insbesondere, weil deren Verfassungsmäßigkeit in Frage steht.
Ich verantworte hier ein Hochschulgesetz, und dazu debattieren wir. Für das andere nehmen wir uns heute ausführlich Zeit, Herr Jalaß, mit Sicherheit.
Klar ist aber, dass wir in der kommenden Legislaturperiode eine umfangreiche Novellierung des Hochschulgesetzes brauchen. Die heutige Debatte ist deshalb ein Beitrag im Ideenwettstreit für eine zukunftsfeste Hochschulpolitik im Freistaat.
Ja, ich habe schon den Eindruck, Herr Jalaß, dass Sie und der Gesetzentwurf Ihrer Fraktion sich dabei wiederum den Platz eins in der Kategorie „Punkrock, wir hauen mal auf den Putz“ sichern will. Ob der vorgelegte Gesetzentwurf jedoch einen Praxistest bestehen würde, darf mehr als bezweifelt werden.
Zurück zum Konkreten Ihres Gesetzentwurfs. DIE LINKE will das Lehrstuhlprinzip abschaffen. Das klingt erst einmal interessant, lässt sich einfach zuspitzen, ohne Zweifel, gibt es aber im Hochschulgesetz so gar nicht. Die Ordinarien wurden schon im letzten Jahrhundert abgeschafft. Also, was soll das? Sicherlich, es ist immer richtig, über Personalstrukturen an Hochschulen nachzudenken. Wer ist denn da Träger der Wissenschaftsfreiheit? Wer forscht und wer lehrt selbstständig? Welche Möglichkeiten einer Karriere in der Wissenschaft gibt es denn nach einer entsprechenden Qualifikation?
Für die SPD-Fraktion steht deshalb fest, dass wir eine Neuordnung benötigen. Jedoch schlagen wir neue Personalkategorien neben der Professur vor, beispielsweise den Senior Researcher oder den Senior Lecturer oder auch den Wissenschaftsmanager.
Klar ist auch, dass sich in den Strukturen in der Qualifikationsphase einiges ändern muss. Heute gilt noch: Der
Betreuer ist zugleich Gutachter für die Doktorarbeit und zugleich auch noch Dienstvorgesetzter. Diese Funktionen sollten während der Promotion zukünftig durchaus in unterschiedlichen Händen liegen. In der Zielrichtung sind wir uns an diesem Punkt interessanterweise einmal einig. Im Konkreten liegen wir da leider weit auseinander.
Bleiben wir also bei den Doktoranden. Wir als SPDFraktion machen uns für die Schaffung eines Promovierendenrates stark. Das ist übrigens ein Instrument, das an der Universität Leipzig wie der TU Freiberg bereits erprobt wird, das DIE LINKE aber nicht anstrebt. Wir sind der Meinung, dass dies aber unerlässlich ist, um den verschiedenen Arten der Promotion einer Universität eine Stimme und damit auch eine Interessenvertretung zu geben.
DIE LINKE möchte weiterhin – das kam teilweise bereits zur Sprache – unseren Fachhochschulen das Promotionsrecht übertragen, ein weiterer Punkt, bei dem wir als SPD so pauschal nicht mitgehen können. Aus unserer Sicht hat jeder Hochschultyp im System seine Funktion. Deshalb sind wir der Meinung, dass wir, anstatt Profile weiter zu verschmelzen und zu vermischen, weiter daran arbeiten sollten, die Durchlässigkeit zwischen den unterschiedlichen Typen zu erhöhen. Was das Promotionsrecht für Fachhochschulen angeht, so sind wir der Meinung, dass ein Graduiertenkolleg auf sächsischer, auf Landesebene als Schnittstelle zwischen Universitäten und Fachhochschulen eine richtige und wichtige Brücke sein könnte.
Meine Damen und Herren von der LINKEN, ich möchte kurz an eine Rede Ihres ehemaligen Kollegen Neubert erinnern, die er nämlich genau eine Woche nach Einbringung des heute zu debattierenden Gesetzentwurfes am 17. Mai 2017 hielt. Vor ziemlich genau zwei Jahren forderte er für Ihre Fraktion die Einführung der dualen Hochschule. Dieser interessante Vorschlag ist aber etwas, das sich in Ihrem heutigen Gesetzentwurf nicht wiederfindet. Auch hier muss man fragen, inwieweit Ihre Versprechen oder Forderungen sehr kurzlebig sind. Das ist für Hochschulen nicht unbedingt angezeigt.
Vielleicht ist dies deshalb so – das haben Sie ja deutlich gesagt, Herr Jalaß –, weil Sie Transfer und Kooperation mit der Wirtschaft insgesamt zurückdrängen wollen. Die Abschaffung der Hochschulräte ist ein solcher Punkt. Auch die Einführung einer radikalen Form der Zivilklausel und die immanente Skepsis gegenüber Drittmitteln gehören zu den Punkten, die sich in Ihrem Gesetzentwurf finden. Es sind jedoch allesamt Punkte, die in der Sachverständigenanhörung breit abgelehnt und mehr als kritisch diskutiert wurden.
Zu guter Letzt komme ich zu einem Aspekt, der uns als Sozialdemokraten immer wichtig war: Das Ziel der demokratischen Hochschule teilen wir, auch einige Ihrer Punkte, allen voran die Streichung der Austrittsoption aus der Verfassten Studierendenschaft, die Neuordnung der Kompetenzen zwischen Senat und Rektorat, die Ände
rung des Wahlverfahrens zur Rektorin oder zum Rektor oder auch die Neueinführung eines Inklusionsbeauftragten. Hier gibt es keinen Dissens; das sind unterstützenswerte Ziele. Die Abschaffung des erweiterten Senats als große Wahlversammlung einer Hochschule allerdings können wir nicht nachvollziehen. Das ist aus unserer Sicht ein Rückschritt für die Demokratie in der Hochschule.
Zu guter Letzt: Die von Ihnen vorgeschlagene Praxis des Kreuzwahlrechts hat in der Praxis jede Menge Tücken, nicht nur verfassungsrechtlicher Natur. Das bisher strukturell bestehende Defizit der Mehrheitsverhältnisse und Anzahl von Professoren in Gremien wird es aber nicht lösen. Genau an diesem Punkt der Paritäten aber sollten wir aus unserer Sicht zuerst ansetzen. Hierbei vermag ich im Hochschulgesetzentwurf der Linksfraktion jedenfalls in Summe keinen Fortschritt zu erkennen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken einiger Sachverständiger insbesondere beim Kreuzwahlrecht sind zudem auch keine Annahmeempfehlung.
In der Gesamtschau bleiben deshalb viele Punkte, die zwar Sympathien in der Sozialdemokratie finden – damit sind wir wieder beim Mögen –, die aber keinesfalls funktionieren und die wir deshalb inhaltlich ablehnen müssen. Dass es in der Koalition ohnehin eigenständige Sichtweisen und auch unterschiedliche Ansichten dazu gibt, dürfte schon deutlich geworden sein.
Beim Gesetzentwurf kommt erschwerend hinzu – erlauben Sie mir den Hinweis, dass dies gerade dann gilt, wenn man ein Gesetz nach zwei Jahren erneut einbringt –, dass der Juristische Dienst auf sage und schreibe 15 Seiten formale Anmerkungen gemacht hat. Aus dem üblichen „Meckerzettel“ ist also eher ein Meckerkatalog geworden. Der Gesetzentwurf scheint also handwerklich auch schlecht umgesetzt zu sein. Obwohl er zwei Jahre lang lag, ist er nicht gereift oder gar veredelt worden. Auch aus diesem formalen Aspekt kann ich meiner Fraktion und dem Hohen Haus nur die Ablehnung empfehlen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihr Gesetzentwurf, liebe LINKE, zeigt ganz deutlich, dass Sie eine Leistungsgesellschaft ablehnen, aber die Kosten für Ihr Konzept der offenen Hochschulen auf alle Leistungsträger umlegen wollen, und das ist unsozial, meine Damen und Herren.
Ich möchte auf drei Kritikpunkte Ihres Gesetzentwurfs eingehen. Zum einen fordern Sie ein Schnupperstudium, also ein zweisemestriges Studium ohne Anrechnung auf die Regelstudienzeit. Jeder probiert sich da mal aus. Für mich ist das in dieser Art und Weise ein Daddeljahr. Außerdem ist die Frage: Wer soll das bezahlen? – Hier ein Rechenbeispiel: Ein Student kostet den Steuerzahler
20 000 Studienanfänger in Sachsen. Wenn nur die Hälfte davon Ihr Konzept nutzen würde, wären es 10 000 Studenten. Das kostet dann 80 Millionen Euro im Jahr zum Schnuppern. Meine Damen und Herren, das ist eine Vernichtung von Steuergeldern, die an anderer Stelle dringend benötigt werden.
Wo nehmen Sie eigentlich die Räumlichkeiten und das Personal dafür her? Viele Hörsäle sind jetzt schon überfüllt, und eine Lehrkraft betreut im Schnitt 14 Studenten, in manchen Studienbereichen sind es sogar über 20. Was besser werden, aber auch genutzt werden muss, sind Beratungen von Schülern vor Studienbeginn. Ich habe das selbst genutzt: Bevor ich mein Studium begonnen habe, war ich an verschiedenen Universitäten und habe mich dort umgehört, habe an der TU Freiberg einmal Probeexperimente gemacht, eine Probevorlesung besucht, habe den Professor, die wissenschaftlichen Mitarbeiter und die Studenten kennengelernt, und habe mich dann gezielt für dieses Studium entschieden. Das sollten die Studenten heute auch nutzen – die Möglichkeiten sind gegeben. Wer dann immer noch morgens aufwacht und sagt: „Huch, ich studiere ja das Falsche!“, der ist dann wahrscheinlich generell nicht für die Uni geeignet.
Ich verstehe Sie da auch nicht. Sie sagen ja auf der einen Seite, Sie trauen den jungen Leuten nicht zu, sich gleich ein richtiges Studium herauszusuchen; sie bräuchten da noch eine Findungsphase. Aber auf der anderen Seite sagen Sie, sie könnten jetzt schon mit 16 Jahren wählen. Hier sollten Sie einmal Ihre eigene Ideologie hinterfragen!
Wissen Sie eigentlich, was Studieren bedeutet? Das Wort „studere“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet nach etwas zu streben, sich um etwas zu bemühen. Das können eben nicht alle, sondern nur die Besten.
Ein zweiter Kritikpunkt an Ihrem Gesetzentwurf: Sie wollen die Verhinderung der Militärforschung und eine Drittmittelkommission. Das ist für uns ein Angriff auf die Freiheit von Forschung und Lehre in Sachsen. Denn vieles, was erforscht wird, kann militärisch genutzt werden. Wissen Sie denn heute, was an neuen Werkstoffen, an Stühlen oder Kompositwerkstoffen, die an unseren Universitäten entwickelt werden, irgendwann einmal militärisch genutzt wird? Das sind Forschungsbereiche, die uns stark machen in Sachsen. Sie einfach totzumachen wäre absoluter Irrsinn.
Außerdem ist es ein bürokratisches Monster, was Sie jetzt schaffen. An der TU Dresden laufen aktuell 5 000 Drittmittelprojekte. Sie wollen mit einer Kommission die Ausreichung dieser Mittel überprüfen. Die Kommission hat im Jahr 200 Arbeitstage zur Verfügung. Sie müsste also täglich 25 Drittmittelprojekte bewerten und überprüfen. Ich weiß nicht, wie viele Drittmittelanträge Sie jemals in Ihrem Leben geschrieben haben? Ich selbst bin
auf 25 gekommen und ich habe damals viele Anträge meiner Kollegen mitbewertet. Maximal drei sind eine Grenze, die Sie wirklich erreichen könnten – und das ist schon sehr sportlich. Wenn Sie aber mit Ihrer Kommission wirklich eine Grenze erreichen wollen und das auf heute ummünzen, dann bedeutet das, dass Sie acht Jahre zu prüfen haben, ehe Sie auf dem Stand von 2019 ankommen; hinzu kommen noch die neuen Anträge. Das ist absoluter Irrsinn, der jährlich auch noch eine halbe Million Euro kostet. Na herzlichen Glückwunsch!
Dritter Kritikpunkt: Sie wollen das Promotionsrecht für alle, auch für Fachhochschulen. Wir als AfD wollen das Leistungsniveau halten und sagen daher: Promotionen nur an Universitäten. Ich gebe Ihnen auch ein Negativbeispiel dazu: An der Hochschule Mittweida wurden im Medienstudiengang zwei Praktiker zu Professoren berufen. Das ist eine gute Sache, wenn Leute aus der Praxis kommen. Aber diese mussten erst ihren Master nachmachen, um selbst Masterprüfungen von Studenten abnehmen zu können. Ihre Gleichmacherei um jeden Preis ist vollkommener Irrsinn. Die AfD steht für das Promotionsrecht nur an Universitäten.
Meine Damen und Herren! Sie ahnen es: Wir als AfD wollen kein Daddeljahr, wir wollen die Freiheit von Lehre und Forschung erhalten, und wir wollen das Promotionsrecht nur an Universitäten. Wir lehnen deshalb Ihren Gesetzentwurf ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst herzlichen Dank an die Fraktion DIE LINKE, dass wir hier heute noch einmal die Gelegenheit haben, in dieser Legislaturperiode über die grundlegende Novellierung des Hochschulgesetzes zu sprechen. Denn dieses Gesetz muss dringend novelliert werden. Seit dieser Legislaturperiode ist bekannt, dass bei manchen Regelungen der Verdacht der Verfassungswidrigkeit besteht. Außerdem entspricht das Gesetz schon lange nicht mehr den Bedürfnissen der Studierenden, aber auch nicht den Bedürfnissen einer modernen Hochschule.
Ja, es ist richtig: Dieses Gesetz gehört zu den komplexesten, die wir in Sachsen haben. Meine Fraktion hat selbst einen Entwurf für ein Hochschulgesetz vorgelegt. Daher kann ich aus eigenem Erleben bezeugen, wie aufwendig es ist, dieses Gesetz anzupacken und zu modernisieren. Aber das darf natürlich kein Grund sein, die Überarbeitung einfach immer weiter zu verschleppen, werte Staatsministerin sowie liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU. Wenn Sie, Herr Mann, hier darlegen, welche Punkte Sie alle voranbringen wollen, dann muss man feststellen, dass Sie zusammen mit Ihrer SPD
DIE LINKE hat heute einen Gesetzentwurf vorgelegt. Sie hat sich der Herausforderung gestellt, und wir können darüber reden. Wir finden als GRÜNE vieles in diesem Gesetzentwurf richtig. Wir können einigen Punkten zustimmen, zum Beispiel der Stärkung der demokratischen Organe, die alle wichtigen Entscheidungen ihrer Hochschule auch treffen sollen – beispielsweise das Solidarsystem bei der Verfassten Studierendenschaft, die besondere Berücksichtigung von Menschen mit Behinderungen, die Zielvereinbarungen, die nicht länger einfach durchgedrückt werden können, wenn Hochschulen sich dem Willen der Staatsregierung nicht fügen wollen, die Abschaffung des Lehrstuhlprinzips und die Einführung klarer Vergütungsregeln für die Lehrbeauftragten.
Das alles sind gute und wichtige Ideen. Aber es gibt in Ihrem Gesetzentwurf auch Regelungen, die wir anders einschätzen und die wir kritisch sehen. Zu diesen möchte ich jetzt kommen: Erstens, das Anrecht auf Teilzeitstudium. Das finden wir richtig. Sie dagegen formulieren es als eine Ausnahmeregelung, für die es einen Grund geben muss. Das wollen wir nicht. Ein Studium in Teilzeit zu absolvieren muss ohne gesetzlichen Grund möglich sein. Die Landesstudierendenvertretung hat es in der Anhörung auch klar auf den Punkt gebracht: Es gibt sehr viele Gründe für ein Teilzeitstudium. Diese sind so vielfältig, dass man das gar nicht abschließend in einem Gesetz regeln kann. Somit würden manche Personen das Nachsehen haben, wenn dieser Katalog nicht vollständig wäre.
Zweitens: Wir begrüßen auch, wenn Sie die Arbeit in der Wissenschaft attraktiver machen wollen. Das ist ein großes Anliegen für uns GRÜNE. Dazu gehören aber für uns auch gesetzlich verankerte Mindestvertragslaufzeiten. Das hilft dann tatsächlich der Wissenschaftlerin und dem Wissenschaftler bei der Forschung. Das schafft mehr Planbarkeit, und darauf legen wir GRÜNE sehr großen Wert. Bei Ihnen findet sich dazu leider gar nichts im Gesetzentwurf.
Drittens: Dass die sächsischen Fachhochschulen bei der Promotion immer noch außen vor sind, muss auch aus unserer Sicht geändert werden. Wir schlagen in unserem Gesetzentwurf vor, in besonders forschungsreichen Bereichen die Möglichkeit zu geben, Promotionsverfahren durchzuführen. Dann müssen natürlich auch die entsprechenden Erfahrungen evaluiert werden. Von heute auf morgen ein generelles Promotionsrecht einzuführen hat in der Anhörung zum Gesetzentwurf der GRÜNEN selbst der Vertreter der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, Prof. Hilmer, nicht gefordert.
Viertens: Bei den Regelungen zu den demokratisch gewählten Gremien dachte ich ehrlicherweise, dass Sie Ihren Gesetzentwurf tatsächlich noch einmal nachbessern. Denn Sie verlagern die Entscheidung über alle wichtigen Fragen dorthin zurück. Das ist auch völlig richtig. Aber das grundsätzliche Problem der strukturellen Mehrheit der Professor(inn)enschaft bei allen Entscheidungen – also