Protocol of the Session on April 10, 2019

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Insoweit handelt er auf rechtsstaatlichen Grundlagen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zuruf der Abg. Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE)

Dass wir an dieser Stelle justieren müssen, ist unbenommen.

Auch das Thema Extremismus und Rechtsextremismus lässt sich nicht aus dem Kontext reißen. Ich will gar keine

Gleichsetzung mit dem Links- oder Ausländerextremismus suchen,

(Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Aber!)

aber natürlich haben wir insgesamt auch in unserem Land Probleme mit Extremismus und Terrorismus. Das betrifft beispielsweise auch die Entwicklung im ausländerextremistischen und -terroristischen Bereich. Gleichermaßen haben wir Schwerpunktbereiche beim Linksextremismus.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Und das ist die Gleichsetzung!)

Die Gleichsetzung hat an der Stelle sicherlich nichts zu suchen, aber weder Sie können so tun, als ob es den anderen Bereich nicht gäbe, noch können Sie auf der anderen Seite jedes Mal versuchen, nur eine Seite zu besetzen.

Ein Punkt noch in Richtung der AfD: Man kann über alles so diskutieren, wie Sie es wollen. Sie bleiben trotzdem eine Antwort auf eine Frage schuldig: Wie verhält es sich eigentlich mit Markus Frohnmaier und Manuel Ochsenreiter und den Vorwürfen von terroristischen Anschlägen, die derzeit Thema auch der öffentlichen Debatte sind? Insoweit machen Sie von beiden Seiten sich bitte nicht immer frei und schieben Sie sich die Schuld nicht gegenseitig zu.

(Carsten Hütter, AfD: Beweise!)

Ein demokratisch verfasster Staat muss konsequent gegen jede Form von Extremismus handeln, und er muss es auf rechtsstaatlichen Grundlagen tun, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Carsten Hütter, AfD)

Es sprach Kollege Hartmann. Jetzt frage ich, hat die SPD noch Redezeit? – Es kommt erst eine Kurzintervention. Ich dachte, Herr Kollege Wendt, Sie stürmen schon zum Rednerpult. Bitte, eine Kurzintervention auf den Redebeitrag des Kollegen Hartmann hin.

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Hartmann, Sie haben recht: Es sind Vorwürfe, und diese Vorwürfe müssen geprüft werden. Solange noch nicht feststeht, dass es so ist, können Sie es in diesem Redebeitrag zwar verarbeiten, aber Ihnen fehlt die fundierte Grundlage, um darüber urteilen zu können. Deshalb wäre es angebracht gewesen, das am heutigen Tag nicht zu thematisieren.

(Beifall bei der AfD – Oh-Rufe von der CDU – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Deshalb brauchen wir den Verfassungsschutz, um das aufzuklären?)

Das war eine Kurzintervention. Jetzt reagiert Herr Kollege Hartmann prompt.

Herzlichen Dank, für die Gelegenheit, darauf reagieren zu können. Es ist insoweit interessant: In der Ukraine gibt es einen Terroranschlag gegen die ungarische Minderheit. Die ukrainischen Ermittlungsbehörden ermitteln; die Anklageschrift ist vorbereitet. Auf Grundlage des Bezugs zur Republik Polen ermitteln die polnischen Behörden; entsprechende Anklageschriften sind vorbereitet. Wegen Anstiftung und Finanzierung wird in Deutschland ermittelt. Die Staatsanwaltschaft ist entsprechend tätig.

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Hört, hört!)

Adressat ist Manuel Ochsenreiter, bis Januar Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier. Selbiger steht nicht nur im Verdacht, entsprechende Kontakte zur Russischen Föderation unterhalten zu haben. Insbesondere Aussagen, Positionen und Besuche machen eine Haltung deutlich. Insoweit lassen Sie es zumindest an einem deutlichen Signal vermissen, wenn sich diese Vorwürfe erhärten, was eigentlich Ihre Position dazu ist. Eine Distanzierung von diesen Vorwürfen, ohne eine Vorverurteilung, wäre jederzeit möglich. Insoweit machen Sie es sich bitte nicht so einfach.

(Beifall bei der CDU – Carsten Hütter, AfD: Lassen Sie uns den Prozess abwarten, Herr Hartmann!)

Wir fahren jetzt in der Rednerreihe fort. Die SPD-Fraktion könnte sprechen. – Kein Redebedarf. Jetzt frage ich die AfD-Fraktion. – Auch kein Redebedarf. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Redezeit bis zur letzten Sekunde aufgebraucht. Gibt es überhaupt noch Redebedarf aus den Fraktionen? – Das kann ich jetzt nicht erkennen. Damit hat die Staatsregierung das Wort. Das Wort ergreift Herr Staatsminister Roland Wöller.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rechtsextremismus ist ein zentrales Thema der sächsischen Politik. Dieser Kampf wird auch in Zukunft wichtig sein.

Schauen wir auf die Zahlen: 2 278 rechte Straftaten hat unsere Polizei im vergangenen Jahr registriert. Das waren weniger als im Jahr 2016, jedoch mehr als im Jahr 2017. Insgesamt ist es ein viel zu hohes Niveau, mit dem wir uns nicht abfinden werden. Das kann ich Ihnen versichern.

Wir werden wie bisher mit aller Entschlossenheit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bekämpfen. Das ist ein völlig unstrittiger Punkt. Darüber brauchen wir nicht zu reden. Worüber wir aber reden müssen, ist darüber, wie wir den Kampf führen.

Als Erstes soll klar sein: Gegenseitige Anschuldigungen, wie wir sie heute gehört haben, bringen uns nicht weiter. Wenn alle nur mit dem Finger auf den anderen zeigen, dann dreht sich die Debatte im Kreis. Zweitens: Rechtsextremismus bekämpft man ganz sicher nicht mit anderen

Formen des Extremismus, insbesondere nicht mit Linksextremismus.

(Beifall bei der CDU)

Im Gegenteil. Ich bin der Meinung: Nur wer Ja zum Dialog sagt, zur friedlichen Debatte, kann Nein zu Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sagen, sonst hört nämlich keiner hin.

Zur Ehrlichkeit gehört aber auch: Dialog allein reicht natürlich nicht aus. Rechtsextremismus bekämpft man nicht mit Sonntagsreden und erst recht nicht an einem Tag. Was wir also weiterhin brauchen, ist ein umfassender Ansatz aus Beobachtung, Repression und Prävention.

Meine Damen und Herren! Der erste wichtige Partner für wehrhafte Demokratie ist unser Verfassungsschutz. Wir können uns nur gegen etwas wehren, was wir auch kennen; je frühzeitiger, desto besser.

(Valentin Lippmann, GRÜNE, und Kerstin Köditz, DIE LINKE: Ihr erkennt es ja nicht!)

Das sollten diejenigen, die hier in regelmäßigen Abständen die Abschaffung unseres Landesamtes für Verfassungsschutz fordern, besonders beherzigen. Das LfV ist darüber hinaus auf vielen Ebenen aktiv. Es gibt engen Austausch mit Polizeibehörden und gesellschaftlichen Akteuren vor Ort. Es gibt Aufklärungsveranstaltungen und Diskussionsrunden. Es gibt Publikationen, die sich explizit dem Rechtsextremismus widmen. Die Broschüre „Augen auf! …“ ist dafür ein gutes Beispiel. Außerdem wird die Weiterentwicklung der Früherkennung ständig vorangetrieben. Aktuell hat Sachsen – das wissen Sie – auf der Herbst-Innenministerkonferenz eine Initiative eingebracht, um die Prognosemöglichkeiten zu sogenannten Smart Mobs wie in Chemnitz oder Köthen zu verbessern. Verfassungsschutz und Polizei prüfen derzeit im Bund-Länder-Verbund die notwendigen technischen, rechtlichen und personellen Rahmenbedingungen.

Meine Damen und Herren! Wenn Beobachtung der erste Schritt ist, muss Fahndungsdruck und Repression auf dem Fuße folgen. Unserer Polizei wird dahin gehend ja häufig vorgeworfen, auf dem rechten Auge blind zu sein. Das ist natürlich Unsinn. Die sächsische Polizei geht konsequent und unter Nutzung aller rechtlichen Möglichkeiten gegen rechte Straf- und Gewalttäter vor. Genau dafür haben wir im Landeskriminalamt das Polizeiliche Terrorismus- und Extremismusabwehrzentrum eingerichtet. Über regionale Ermittlungsabschnitte ist das PTAZ mit den örtlichen Staatsschutzdezernaten bei den Polizeidirektionen landesweit vernetzt und bildet mit diesen einen schlagkräftigen Verbund aus rund 400 Ermittlern zur Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität in allen Bereichen.

Davon abgesehen, haben wir in den letzten Jahren eine Reihe sinnvoller Maßnahmen einleiten können, und dazu gehören: die Fortentwicklung der Integrierten Ermittlungseinheit zur Bekämpfung herausragender PMKDelikte Ende 2017 zur Zentralstelle Extremismusbekämpfung Sachsen, die Neuaufstellung der mobilen Einsatz-

und Fahndungsgruppen mit insgesamt 30 Beamten im Jahr 2016, die Neuausrichtung des polizeilichen Staatsschutzes im Oktober 2017, der Personalaufwuchs von 60 Mitarbeitern beim LKA und den Polizeidirektionen, die ausschließlich politisch motivierte Kriminalität bearbeiten, und jüngst die Schaffung einer Task Force Gewaltdelikte beim PTAZ des LKA zur Unterstützung der Polizeidirektionen infolge der Ereignisse in Chemnitz im August 2018. Sie werden nicht nur abgerufen, sondern sie werden selbst vor Ort tätig. Die Ermittlungserfolge in Döbeln haben gezeigt, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind. Ferner zählt noch der Ausbau der Internetaufklärung beim LKA und den Polizeidirektionen um insgesamt zwölf Mitarbeiter dazu.

Auch wegen dieser konsequenten Anstrengungen ist es gelungen, dem Treiben der „Gruppe Freital“ und der „Revolution Chemnitz“ ein Ende zu setzen. Aber dabei bleiben wir nicht stehen. Im November habe ich mit meinen Kollegen aus Sachsen-Anhalt und Thüringen eine Sicherheitskonferenz durchgeführt, die vor einem Monat fortgesetzt wurde. Unter anderem ging es dort um das Ende letzten Jahres entwickelte „Radikalisierungs-RadarRechtsextremismus“, kurz gesagt 3R, mit dem wir Radikalisierungstendenzen unter den bekannten Rechtsextremisten noch besser im Vorfeld erkennen wollen. Derzeit läuft die Testphase, und alle drei mitteldeutschen Länder haben ein großes Problem mit Rechtsextremismus, dem wir uns gemeinsam stellen. Im Übrigen haben wir auch mit dem neuen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz eine noch intensivere Zusammenarbeit verabredet.

Darüber hinaus haben wir unser Brennpunktkonzept vorgestellt, mit dem wir bestimmte Schwerpunkte politisch motivierter Kriminalität in den einzelnen Polizeidirektionen über einen längeren Zeitraum ausmachen und bekämpfen. Bereits umgesetzt wird in diesem Sinne ein besonderes Konzept im Kampf gegen Linksextremismus in der Polizeidirektion Leipzig. In Arbeit ist nun eines im Kampf gegen Rechtsextremismus in der Polizeidirektion Chemnitz.

Meine Damen und Herren! Bei alledem muss klar sein: Beobachtung und Repression allein werden uns nicht viel nutzen, wenn wir es nicht schaffen, unsere Demokratie weiter zu stärken; denn jeder weiß, Extremisten sind dort stark, wo die Demokratie schwach ist. Genau deshalb arbeitet die Staatsregierung über den Landespräventionsrat und die örtlichen Polizeidienststellen mit den kommunalpräventiven Räten sowie weiteren Kooperationspartnern daran, dem Rechtsextremismus den Nährboden zu entziehen. Um auch diese Flanke weiter zu stärken, hat der Freistaat zusammen mit Städten und Gemeinden zu Beginn dieses Jahres die „Allianz Sichere Sächsische Kommunen“ ins Leben gerufen.

All das, meine Damen und Herren, macht deutlich: Für den Freistaat Sachsen hat der Kampf gegen Rechtsextremismus nicht nur dann Konjunktur, wenn gerade etwas passiert ist. Wir zeigen klare Kante, nicht erst seit gestern,

und werden auch weiterhin mit allen Mitteln des Rechtsstaates konsequent die Pläne, Straftaten und menschenverachtenden Ideologien von Rechtsextremisten durchkreuzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Für die Staatsregierung sprach Herr Staatsminister Prof. Roland Wöller. Wir sind jetzt, da ich keinen weiteren Redebedarf sehe, am Ende der zweiten Aktuellen Debatte angekommen. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunk 3

Zweite Beratung des Entwurfs

Gesetz zur Einführung der Selbstverwaltung

der Hochschulen im Freistaat Sachsen