Protocol of the Session on April 10, 2019

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Natürlich nicht!)

Das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren, wer der Drucksache 6/17386 – es handelt sich hier um den Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE – seine Zustimmung geben möchte, zeigt das bitte an. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Vielen Dank. Gibt es Stimmenthaltungen? – Danke sehr. Bei Stimmenthaltungen, zahlreichen Stimmen dafür ist der Entschließungsantrag dennoch nicht angenommen worden. Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Erklärungen zu Protokoll

Im Rahmen unseres Koalitionsvertrages haben wir uns dafür ausgesprochen, als Basis für die Sozialpolitik in Sachsen eine wissenschaftsbasierte, qualifizierte und kontinuierliche Sozialberichterstattung zu etablieren, die nicht nur unser Bundesland als Ganzes quantitativ und qualitativ in den Blick nimmt, sondern auch die Situation in den Landkreisen und kreisfreien Städten.

Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, mich bei allen zu bedanken, die an der Erstellung des Berichts beteiligt waren. Das umfassende Indikatorentableau macht deutlich, wie viel Arbeit dahinter steckt.

Mit dem vorliegenden differenzierten Ergebnis liegt eine ausführliche Beschreibung der sozialen Lage im Freistaat Sachsen für die Jahre von 2005 bis 2015 vor. Daraus wird unter anderem ersichtlich, wo konkreter Handlungsbedarf besteht und an welchen Stellen wir nachsteuern müssen.

Exemplarisch für den Bericht zeigen die Ausführungen zur Erwerbstätigkeit positive und weniger positive Entwicklungen für unseren Freistaat auf. So hat die Erwerbstätigkeit im Berichtszeitraum deutlich zugenommen, und die Arbeitslosenquote ist erfreulicherweise gesunken. Gestiegen ist auch das Erwerbseinkommen, allerdings kaum für Teilzeitbeschäftigte. Die Einkommensungleich

heit ist in Sachsen in den letzten Jahren kaum gestiegen, gleichwohl hat die Vermögensungleichheit zugenommen.

Dass das Armutsrisiko in den Jahren zwischen 2005 bis 2015 abgenommen hat, insbesondere für Familien mit Kindern, ist ein Erfolg unserer Koalition unter der Führung der CDU.

Was mich indessen sehr besorgt, ist die demografische Entwicklung in Sachsen. Im Jahr 2015 hatten wir in Sachsen den höchsten Altenquotienten in Deutschland. Dass immer mehr Menschen das Seniorenalter erreichen, ist natürlich sehr positiv; denn das macht deutlich, dass wir eine gute Gesundheitsversorgung haben. Gleichfalls stellt uns das vor neue Herausforderungen. So nimmt der Pflegebedarf zu.

Zusammen mit dem Bund arbeiten wir intensiv daran, die Lebenssituation der Pflegebedürftigen und die Betreuungssituation in Pflegeeinrichtungen spürbar zu verbessern. Es ist nicht nur in Europa ein grenzüberschreitender Trend, dass Städte – im Falle Sachsens insbesondere Dresden und Leipzig – wachsen und ländliche Räume schrumpfen. Dies stellt uns vor Probleme, die alle politischen Bereiche betreffen. Besonders im Fokus steht der Themenkomplex Gesundheitswesen.

Wir machen uns stark für eine moderne medizinische Versorgung auch im ländlichen Raum. Deshalb setzen wir uns auch weiterhin für eine Landarztquote ein. Insgesamt ist es eine der obersten Prioritäten der CDU, die Lebensqualität in ländlichen Räumen deutlich zu erhöhen. Dass Familien und Paare mit Kindern von den wirtschaftlichen Fortschritten in Sachsen profitieren, ist sehr erfreulich und macht deutlich, dass die CDU als Familienpartei umsichtig und weitsichtig handelt. Diesen Kurs setzen wir fort.

Der Bericht nimmt nicht nur eine vielschichtige Bestandsaufnahme vor, sondern kann auch als Grundlage für eine nachhaltige Sozialpolitik dienen. Er hilft uns, die berufliche und gesellschaftliche Teilhabe und den Zusammenhalt im Freistaat Sachsen zu fördern. Ich bin voller Optimismus, was unsere Zukunft angeht.

Wer mit Verantwortung Politik machen will, muss genau wissen, wo Probleme im Land liegen. In Sachsen mussten wir in der Sozialpolitik unter der CDU-FDP-Regierung nach Gefühl gehen. Das hat man der damaligen Sozialpolitik auch angemerkt.

Nach dem letzten Sozialbericht aus dem Jahr 2006 ließen sich ohne Zahlen Missstände ganz einfach leugnen. Die Folgen der drastischen Kürzungen wurden nicht dokumentiert und damit einfach nicht zur Kenntnis genommen. Deswegen haben wir Wert auf eine fundierte, zielorientierte und nachhaltige Sozialberichterstattung im Koalitionsvertrag gelegt. Nunmehr nach langem Begleiten liegt uns der erste umfassende Sozialbericht für Sachsen wieder vor, der intensiv in verschiedene Themenfelder blickt.

Der Bericht gibt einen Überblick über die Lebenslagen der Menschen in Sachsen mit Fokus auf die Themenbe

reiche Erwerbstätigkeit und Einkommen, Familien und Unterstützungsleistungen des Freistaates Sachsen, Senioren, Gesundheit, Pflege, Drogen und Sucht sowie Menschen mit Behinderungen. Die Sozialberichterstattung wird jetzt regelmäßig weitergeführt – mindestens alle fünf Jahre –, damit Entwicklungen erkennbar sind.

Der Sozialbericht zeigt für mich verschiedene Schwerpunkte. Die kürzlich vorgestellten SPD-Ideen für einen neuen Sozialstaat sind auch in Sachsen der richtige Weg. Das, was wir mit unseren Ansätzen verbessern wollen, findet sich hier in den Zahlen bestätigt. Ein Beispiel möchte ich hierzu herausgreifen, weil die Werte jeden und jede von uns betroffen machen und zum Handeln bewegen müssen.

Der Sozialbericht zeigt, dass sich besonders bei den Alleinerziehenden und ihren Kindern die Quoten der Armutsgefährdung nicht geändert oder gar verschlechtert haben. Kinder in Armut darf es bei uns nicht geben. Kinder dürfen nicht als „Armutsrisiko“ für Familien gelten.

Unsere sozialdemokratische Antwort ist die Kindergrundsicherung. Die Idee dahinter ist, alle bisher einzeln zu beantragenden, einzeln ausgezahlten und teilweise sogar gegenseitig aufrechenbaren Leistungen für Kinder zusammenzufassen. Kinder kommen so auch heraus aus dem „Arbeitslosen“-System. Das ist darauf gerichtet, Menschen in Arbeit zu bringen. Das hat mit Kindern nichts zu tun. Deswegen die Kindergrundsicherung, die für die Kinder und ihre Bedürfnisse ist.

Der Sozialbericht gibt uns auch die Aufgabe, unsere Ansätze weiter auszubauen, etwa in der Familienpolitik, beim Thema Teilzeit bei Frauen oder beim Einsatz gegen Gesundheitsrisiken, die abhängig von der sozialen Lage sind. Es soll aber nicht bei einem Sozialbericht, der nur aufs Land Sachsen schaut, bleiben. Denn unsere Landkreise und kreisfreien Städte sind untereinander so verschieden, dass ein genauer Blick in sie hinein sehr lohnt. Wir haben genau deswegen eine weitere Million Euro für die Landkreise bereitgestellt: für jeden 100 000 Euro. Damit können sie sich auch Unterstützung von außen holen, um Sozialpolitik gestalten zu können, und zwar gemeinsam mit dem Freistaat für die Menschen in ihren Städten und Gemeinden; denn wir sehen es an unserem Landessozialbericht: Es braucht den genauen Blick, um Land und Bedürfnisse zu kennen und dann politisch zu handeln.

Die Expertenkommission Sozialberichterstattung, der auch ich angehören durfte, hat nun einen aktuellen Sozialbericht für den Freistaat Sachsen vorgelegt.

Im Sozialausschuss wurde bereits in Grundzügen über die Ergebnisse des Berichts informiert, zudem ist die Drucksache über unser EDAS-System abrufbar. Des Weiteren kann der Inhalt des Berichtes auch online über www.sozialbericht.sachsen.de abgerufen werden. Hinzufügend sei erwähnt, dass die neue Expertenkommission

bereits in diesem Jahr ihre Arbeit für den nächsten Sozialbericht aufnehmen wird.

Um zu zeigen, wie erfolgreich die Staatsregierung in den letzten Jahren war, lädt Frau Staatsministerin Klepsch auf der bereits genannten Internetseite zum Blättern ein.

Ich werde in meinem Redebeitrag nicht auf alle Punkte des Sozialberichtes eingehen, deshalb werde ich mich nur zu wenigen Punkten äußern und darlegen, wie erfolgreich die Staatsregierung tatsächlich war.

Zuerst möchte ich auf die Einkommensentwicklung, Vermögen, Beschäftigung und Armutsgefährdung eingehen.

Die Einkommen haben sich seit 2005 erhöht, wäre ja auch schlimm, wenn es anders gewesen wäre. Des Weiteren hat der Beschäftigungsumfang zugenommen und die Zahl der Personen, die auf Transferleistungen angewiesen sind, konnten reduziert werden.

Das klingt erst einmal gut. Wer sich aber genauer mit dem Bericht beschäftigt, wird feststellen, dass eben nicht alles in bester Ordnung ist und wir noch viele Baustellen haben, um die wir uns dringend kümmern müssen.

Auch wenn das mittlere Einkommen von 2005 bis 2015 gestiegen ist, hat trotzdem eine ganze Reihe von Bürgern nicht von diesem Wohlstandszuwachs profitieren können. Denn viele haben schlichtweg kein so hohes Einkommen, um von diesem überhaupt ein Vermögen aufbauen zu können.

In den zehn betrachteten Jahren konnten die 10 % der Bürger mit dem höchsten Pro-Kopf-Vermögen dieses noch um 60 % erhöhen. Die untersten 10 % der Bürger hatten vor zehn Jahren kein Vermögen und konnten bis dato auch keines aufbauen.

Für das zweite und dritte Dezil waren die Vermögen sogar rückläufig. Wir haben also 30 % der Bevölkerung, die man als Wohlstandsverlierer ansehen kann.

Des Weiteren ist festzustellen, dass das Armutsrisiko von Alleinerziehenden im Berichtszeitraum nicht abgesenkt werden konnte.

Aber auch die Armutsgefährdungsquote der Bevölkerung im Alter Ü 65 ist in Sachsen zwischen 2005 und 2015 von 2 auf 5 % angestiegen. Auch die Prognosen bis 2030 sehen düster aus. Die Zahl der Empfänger von Grundsicherung im Alter wird vor allem in den kreisfreien Städten stark zunehmen, in Leipzig um 24 %. Die Begründung liefert der Sozialbericht gleich mit. Er macht die hohen Arbeitslosenquoten der 55- bis 65-Jährigen in Sachsen dafür verantwortlich. Diese ist in Sachsen mit 13 % deutschlandweit mit am höchsten.

Bei der Teilzeitbeschäftigung gab es auch keine spürbaren Gehaltssteigerungen im Berichtszeitraum. Sehr geehrte Frau Staatsministerin, ist das die erfolgreiche Politik der Staatsregierung der letzten Jahre, die Sie in Ihren einführenden Worten auf der angesprochenen Internetseite feiern?

Ein Thema, bei dem wir sehr deutlich sehen, dass der vorliegende Sozialbericht natürlich schon wieder veraltet ist, ist das Thema Sucht und Drogen. Alkohol ist weiterhin das Hauptproblem. Auch der Konsum von Crystal und die damit verbundenen negativen gesundheitlichen Auswirkungen sind nicht zu übersehen.

Der Sozialbericht zeigt sinkende Einweisungsraten beim Komasaufen bei den unter 15-Jährigen auf.

Der Trend ist mittlerweile wieder ein anderer. Die Fallzahlen nehmen wieder stark zu. 2017 waren 207 Kinder betroffen. Den sinkenden Trend, den der Bericht beschreibt, gibt es also nicht mehr. Werden Sie also schnellstens aktiv, auch mit flächendeckenden Testkäufen, so wie wir es vorgeschlagen hatten. Ich mahne also dazu, dem Bericht endlich Taten folgen zu lassen.

Vorschläge gab es hierzu von der Oppositionsseite und insbesondere von uns zur Genüge.

Ich habe in den letzten Jahren im Beirat zur Sozialberichterstattung mitgearbeitet. Hinter uns liegen viele Sitzungen und Diskussionen, wie der Neustart in die Sozialberichterstattung am besten gelingen kann.

Nach zwölf Jahren gibt es für Sachsen nun erstmals einen Bericht, der analysiert, wie die Lebenssituation der sächsischen Bürgerinnen und Bürger in den verschiedenen Regionen aussieht. Betrachtet werden die Entwicklungen in den Jahren von 2005 bis 2015. Aktuellere statistische Daten liegen für die meisten Lebensbereiche leider nicht vor. Der Bericht ist vielmehr ein Rückblick als eine Momentaufnahme zu den Lebenslagen in Sachsen.

Anhand von 420 Indikatoren wurden die sechs Themenbereiche Erwerbstätigkeit und Einkommen, Familien und Unterstützungsleistungen des Freistaates Sachsen, Senioren, Gesundheit, Pflege, Drogen und Sucht sowie Menschen mit Behinderungen analysiert. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen den großen Städten und dem ländlichen Raum, aber auch zwischen den verschiedenen Regionen in Sachsen. Dem positiven Fazit der Sozialministerin Barbara Klepsch, CDU, kann ich mich nur zum Teil anschließen.

Fehlstelle Wohnungslosenstatistik: Im Beirat haben wir uns leider ohne Erfolg dafür stark gemacht, dass Sachsen in Zusammenarbeit mit den Sozialverbänden auch ein Kapitel zur Wohnungslosigkeit in Sachsen erarbeitet und aufnimmt. Diesen Prüfauftrag im Koalitionsvertrag haben CDU und SPD gemeinsam beerdigt. Das ist fatal, denn das ist aktuell eines der drängendsten Probleme. Gerade in Großstädten und umliegenden Gemeinden wird der Wohnungsmarkt immer angespannter. Die Mieten steigen, Menschen mit einem niedrigen Einkommen werden aus ihrem gewohnten Wohnumfeld verdrängt und im schlimmsten Fall wohnungslos. Sachsen muss das Landesprogramm für sozialen Wohnungsbau so ausbauen, dass es seinen Namen verdient und die Kommunen dabei unterstützt, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Wir brauchen Klarheit darüber, wie viele Menschen in Sachsen die Angebote der Wohnungslosenhilfe nutzen. Die Diakonie Sachsen spricht von alarmierend ansteigenden Zahlen. Doch die Koalition und die Staatsregierung schauen weg. Unsere Gesellschaft ist so reich wie nie zuvor. Wir können es nicht hinnehmen, dass dennoch so viele Menschen von Armut betroffen sind. Die Sozialberichterstattung muss in den nächsten Jahren vor allem der Frage nachgehen, was Menschen in Sachsen arm macht und was die Landespolitik dagegen tun kann.

Sozialplanung vor Ort unterstützen: Auch die Kommunen müssen dabei unterstützt werden, die soziale Lage vor Ort zu analysieren, damit die passende Unterstützung angeboten wird. Es ist gut, dass die Staatsregierung mit den drei Pilot-Landkreisen Vogtlandkreis, Nordsachsen, Mit

telsachsen und dem Statistischen Landesamt die Sozialberichterstattung auf kommunaler Ebene angehen will. Die Zögerlichkeit der anderen CDU-Landräte muss zügig durchbrochen werden.

Landesmittel für soziale Angebote – wie die Schulsozialarbeit, die Suchthilfe oder die Jugendarbeit – dürfen in Zukunft nicht mehr pauschal an die Landkreise fließen. Der Sozialbericht ist eine Chance, die vom Sozialministerium ergriffen werden muss. Er zeigt die Probleme auf und auch die Bereiche, in die das Geld fließen muss. Sachsen muss endlich wieder Sozialpolitik gestalten.

Erwerbstätigkeit und Einkommen: Die Beschäftigung hat aufgrund der günstigen wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland zugenommen, auch das Einkommen tendenziell. Dennoch wandern immer noch viele Fachkräfte in andere Bundesländer ab, weil die Arbeit dort deutlich besser bezahlt wird. Wir werden uns auch in Zukunft dafür einsetzen, dass die soziale Arbeit und die Gesundheitsberufe durch den Freistaat gestärkt werden; denn in Sachsen fehlen nicht nur Handwerkerinnen und Handwerker, es fehlen auch Hebammen, Fachkräfte in der Jugendarbeit und in der Pflege.

Familien und Unterstützungsleistungen des Freistaates: Alleinerziehende sind fester Bestandteil unserer Gesellschaft. Diese Familienform macht aktuell ein Viertel aller Familien in Sachsen aus. Die Lebensphase, in der Mütter und Väter Kinder allein erziehen, verdient mehr politische Aufmerksamkeit. Um ein Bild über die Lebenslagen von alleinerziehenden Eltern und ihren Kindern in Sachsen zu bekommen, haben wir im Jahr 2016 eine Große Anfrage an die Staatsregierung gestellt. Der Sozialbericht belegt erneut, dass Alleinerziehende das höchste Armutsrisiko haben und „unterdurchschnittlich am Einkommensanstieg der Haushalte mit Kindern“ profitieren, obwohl 73 % erwerbstätig sind.

Staatsministerin Klepsch betont in der Pressemitteilung zum Bericht: Alleinerziehende benötigten auch in Zukunft besondere Aufmerksamkeit – man könne es sich nicht leisten, auch nur ein Kind oder eine alleinerziehende junge Mutter zurückzulassen.

Diese warmen Worte helfen den vielen Frauen und wenigen Männern, die ihre Kinder alleine groß ziehen,