Protocol of the Session on April 10, 2019

Diese warmen Worte helfen den vielen Frauen und wenigen Männern, die ihre Kinder alleine groß ziehen,

nicht. Wir haben bereits im Jahr 2016 mehr Beratungsangebote für Unternehmen zu familiengerechten Arbeitszeitmodellen gefordert, die Möglichkeit auf Berufsausbildung und Studium in Teilzeit, neue Angebote flexibler Kindertagesbetreuung und Jobcenter-Maßnahmen, die zur Lebenssituation Alleinerziehender passen.

Alle Punkte wurden von Ihnen abgelehnt. Familien stärken heißt für uns GRÜNE auch Alleinerziehende stärken. Deshalb machen wir uns für ein Kompetenzzentrum stark, das Alleinerziehende in ganz Sachsen berät, begleitet und unterstützt.

Senioren: Es ist gut, dass die Armutsgefährdung bei Seniorinnen und Senioren in Sachsen nicht wie in anderen Bundesländern ansteigt. Dennoch fürchten sich viele Ältere vor Armut im Alter, zum Beispiel wegen der stark ansteigenden Pflege(heim)kosten. Aber auch die Angst vor Einsamkeit im hohen Alter ist groß. Deshalb muss in den Zusammenhalt der Generationen investiert und der Kontakt zwischen den Generationen gefördert werden.

Begegnungsstätten, Seniorenwohnanlagen und Alterspflegeeinrichtungen sollen bevorzugt und verstärkt gefördert werden, wenn sie gemeinsam oder in Kooperation mit Kindertageseinrichtungen, Einrichtungen der Jugendhilfe oder Nachbarschaftstreffs geplant, errichtet und betrieben werden. Projekte des generationenübergreifenden Austauschs wie Nachbarschaftshilfen, Taschengeldbörsen und Tauschringe sollen mehr als bisher gefördert werden. Auch das altersgerechte Wohnen und das Mehrgenerationenwohnen muss gezielt durch Beratung und finanzielle Förderung unterstützt werden.

Gesundheit: Laut Bericht steigt die Lebenserwartung in Sachsen kontinuierlich an, aber es gibt auch zunehmend mehr Krankheiten im Alter. Sachsen braucht ein Gesundheitswesen, in dem jede und jeder versorgt wird, egal, an welchem Ort sie oder er krank wird. Dafür müssen die Möglichkeiten von Videosprechstunden, Gemeinde

schwestern und digitalen Behandlungsnetzen ausgebaut werden.

Es wird immer wichtiger, Gemeinschafts- und Gruppenpraxen, kommunale Medizinische Versorgungszentren, Notfallzentren und Praxisnetzwerke in der Fläche zu fördern, damit alle in Sachsen weiterhin auf schnell verfügbare Hilfe vertrauen können.

Pflege: Die Herausforderungen in der Pflege sind groß. Der Bericht belegt, dass die Anzahl der Pflegebedürftigen im Freistaat Sachsen zwischen den Jahren 2005 bis 2015 um 39,1 % auf 166 792 Pflegebedürftige angestiegen ist. Das ist im bundesweiten und im ostdeutschen Vergleich, einschließlich Berlin, ein besonders starker Anstieg.

Staatsministerin Klepsch hat sich angesichts des steigenden Fachkräfte- und Arbeitskräftebedarfs für gute, flexible Arbeitsgestaltung und Rahmenbedingungen ausgesprochen, um Vollzeitbeschäftigung zu ermöglichten, wenn sie gewünscht wird. Die Enquete-Kommission hat eine Reihe sehr guter Handlungsempfehlungen veröffentlicht. Was in Sachsen jedoch noch immer fehlt, ist ein entschiedenes

Vorgehen gegen den Pflegenotstand. Unsere Forderung nach einem Zehn-Punkte-Sofortprogramm für Verbesserungen in den Bereichen Wohnen und Quartier, Ausbildung, pflegende Angehörige sowie Wertschätzung und Stärkung der Fachkräfte wurde von CDU und SPD im Februar im Landtag abgelehnt.

Ich bin überzeugt: Es gilt jetzt, schnell große Schritte zu gehen, um einer der größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit begegnen zu können.

Drogen und Sucht: Der Bericht belegt die besorgniserregende Zunahme an Crystal-Konsumentinnen und -Konsumenten, die Hilfe suchen. Unsere Fraktion hat im Jahr 2017 eine Große Anfrage zum Thema an die Staatsregierung gestellt, die im Januar beantwortet wurde. Es fehlen stationäre Therapieplätze, insbesondere für Eltern mit Kind, und in den Justizvollzugsanstalten. Hinzu kommen neue Problemstellungen, wie der Anstieg der Fälle von Crystal geschädigten Neugeborenen, auf die die Staatsregierung bisher unzureichend reagiert.

Die ambulant wie stationär häufigste Diagnose bleibt der Alkoholmissbrauch oder die Alkoholabhängigkeit. Deshalb muss das nationale Gesundheitsziel „Alkohol konsumieren“ mit konkreten landespolitischen Maßnahmen aktiv unterstützt werden. Die Alkoholprävention in Sachsen muss ausgebaut werden, denn die Zahlen für Sachsen sind weiterhin alarmierend hoch. Eine Trendwende ist bis jetzt nicht in Sicht.

Menschen mit Behinderungen: Laut Sozialbericht ist der Anteil der Menschen mit Schwerbehinderungen angestiegen, und zwar von 7 % im Jahr 2005 auf 9,6 % im Jahr 2015. Dieses Niveau wird bis zum Jahr 2030 voraussichtlich konstant bleiben. Umso wichtiger ist es, eine inklusive Gesellschaft zu gestalten, an der alle Menschen gleichberechtigt teilhaben können. Die Konsequenz aus den Zahlen des Berichts muss ein Bildungssystem sein, in dem Inklusion gelebt wird. Erforderlich dafür sind mehr Barrierefreiheit, eine starke Selbstvertretung von Menschen mit Behinderung in den Kommunen und im Freistaat sowie mehr Rechte für Menschen mit Behinderung bei der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes.

Wir nehmen den Bericht zur Kenntnis und stimmen zu.

Seit dem 12. Februar 2019 liegt der Sozialbericht des Freistaates Sachsen vor. Er beschreibt die soziale Lage der Menschen in den Landkreisen und kreisfreien Städten für den Zeitraum zwischen 2005 und 2015. Wir haben mehr als zwei Jahre an diesem Bericht gearbeitet, daher stammen die jüngsten Statistiken aus den Jahren 2015 und 2016. Der Bericht zieht Bilanz und ist damit eine wichtige Basis für eine wirkungsvolle Sozialpolitik.

Alle Fraktionen waren im Beirat der Sozialberichterstattung vertreten. Ich will daher die Gelegenheit nutzen, um mich bei Ihnen für Ihre engagierte Mitarbeit zu bedanken. Gemeinsam haben wir 420 Indikatoren ausgewählt und gemeinsam mit PROGNOS verschiedenen Lebenslagen

zugeordnet und genauer betrachtet. Im Ergebnis gibt es viel Licht, aber es gibt auch Schatten.

Einige ausgewählte Ergebnisse will ich Ihnen heute vorstellen. Für Details empfehle ich Ihnen den Blick ins Netz: Unter www.sozialbericht.sachsen.de finden sie die fast 800 Seiten. Zwei Entwicklungen zeichnen sich sehr deutlich ab:

Erstens. Die soziale Lage der Menschen in Sachsen hat sich seit dem Jahr 2005 ganz wesentlich verbessert. Zweitens. Aber es gibt Risiken, denn die Bevölkerungsentwicklung ist der Treiber aller sozialen Lebenslagen.

Daher erhöht die Alterung der Gesellschaft und die gleichzeitige Abnahme der Zahl der Erwerbstätigen die Anforderungen an uns alle. Die demografische Entwicklung hat Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft. So muss beispielsweise die medizinische Versorgung dieser Entwicklung ebenso angepasst werden wie die Organisation der Pflege. Regionale demografische Unterschiede werden uns dauerhaft begleiten.

Obwohl sich der Bevölkerungsrückgang in Sachsen in den letzten Jahren verlangsamt hat und Städte wie Leipzig und Dresden kräftig zulegen, wächst das demografische Stadt-Land-Gefälle. Die Einwohnerzahl der kreisfreien Städte steigt, die Zahl der Landkreisbewohner dagegen schrumpft und sie werden älter. Insbesondere die Zahl der Erwerbstätigen zwischen 20 bis 65 Jahren nimmt ab. Die Folge ist unter anderem ein zunehmender Fachkräftebedarf – nicht zuletzt im medizinischen Bereich und in der Pflege. Zugleich hat aber aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung die Erwerbstätigkeit zwischen den Jahren 2005 bis 2016 deutlich zugenommen.

Die Arbeitslosenquote in Sachsen ist von rund 18 % im Jahr 2005 auf unter 8 % im Jahr 2015 gesunken – und sinkt stetig weiter. Sie alle kennen die sehr guten aktuellen Zahlen – aktuell liegen wir im Landesdurchschnitt bei 5,8 %. Auf diesem Hintergrund hat sich auch das Erwerbseinkommen ordentlich entwickelt: Der Tageslohn ist zwischen den Jahren 2005 und 2014 für vollzeitbeschäftigte Männer um 20 % und für vollzeitbeschäftigte Frauen um 24 % kräftig gestiegen. Teilzeitbeschäftigte konnten daran aber nicht teilhaben: Ihr Tageslohn ist kaum gestiegen.

Wirklich glücklich bin ich darüber, dass Familien und Paare mit Kindern deutlich vom Aufschwung des Arbeitsmarktes profitierten. Auch immer mehr Alleinerziehende sind in Sachsen erwerbstätig. Der Anteil ist deutlich von 62 % im Jahr 2005 auf 73 % im Jahr 2015 gestiegen. Die Alleinerziehenden profitieren vom leistungsfähigen Arbeitsmarkt. Nur noch 25 % müssen auf Arbeitslosengeld I und II zurückgreifen, im Jahr 2005 waren es noch 39 %. Aber auch 25 % sind noch viel; daran müssen wir arbeiten. Das ist ein Auftrag für die Zukunft.

Auch der Armutsgefährdung haben wir uns intensiv gewidmet. Betrachtet man diese Quote innerhalb der drei ehemaligen Direktionsbezirke Dresden, Leipzig und

Chemnitz, liegt sie zwischen 11 und knapp 15 % und ist seit dem Jahr 2005 sogar leicht gesunken. Gerade Familien mit Kindern sind im Jahr 2015 deutlich seltener von Armut bedroht als noch zehn Jahre zuvor. Aber: Das Armutsrisiko von Alleinerziehenden ist nicht gesunken. Es liegt mit rund 35 % noch immer viel zu hoch.

Dem Thema Pflege haben wir im Bericht ein ganzes Kapitel und einen Nachtrag gewidmet, da mitten in die Endredaktion die ersten neuen Zahlen der Pflegestatistik kamen. Die Zahl der Pflegebedürftigen ist zwischen 2015 und 2017 sprunghaft angestiegen. Grund dafür ist die Pflegereform im Jahr 2016, bei der die Pflegestufen ausgeweitet wurden, was zu einem starken Aufwuchs führte. Damit steigt der Bedarf an Fachkräften – bei gleichzeitig weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter. Sorge macht mir dabei der hohe Anteil an Teilzeitkräften in der Pflege. Das hat etwas mit Arbeitsbelastung zu tun, aber vor allem mit fehlenden Vollzeitstellen.

Wir wissen aus dem Mikrozensus der Befragten, dass 39 % der Frauen bzw. 43 % der Männer in der Pflege gern

länger arbeiten würden, aber keine Vollzeitstelle finden. Drei von vier Pflegebedürftigen werden von ihren Angehörigen gepflegt. Wir müssen angesichts unserer demografischen Entwicklung alles dafür tun, um das zu stützen. Was man aber auch wissen muss: Die wirtschaftliche Lage der Pflegebedürftigen ist vergleichsweise gut.

So kamen in Sachsen im Jahr 2015 auf 100 000 Einwohner lediglich 419 Empfänger von Hilfen zur Pflege. Das liegt deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Doch auch hier gibt es Licht und Schatten: Die jüngst deutlich steigenden Kosten für die stationäre Pflege werden diese Zahlen aus dem Jahr 2015 beeinflussen.

In der Kürze der Zeit konnte ich Ihnen nur einige ausgewählte Aspekte aus unserer Sozialberichterstattung vortragen. Nehmen Sie sich Zeit und blättern Sie darin – es lohnt sich.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 20

Nachträgliche Genehmigungen gemäß Artikel 96 Satz 3

der Verfassung des Freistaates Sachsen zu über- und

außerplanmäßigen Ausgaben und Verpflichtungen

Drucksachen 6/16680 und 6/17131, Unterrichtungen

durch das Staatsministerium der Finanzen

Drucksache 6/17268, Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses

Meine Damen und Herren! Es ist keine Aussprache vorgesehen. Wünscht dennoch eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter das Wort zu ergreifen? – Das kann ich nicht feststellen. – Herr Michel, wünschen Sie als Berichterstatter das Wort?

(Jens Michel, CDU: Nein, danke, Herr Präsident!)

Herr Michel, ich danke Ihnen. – Meine Damen und Herren, wir stimmen nun über

die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in der Drucksache 6/17268 ab. Wer zustimmen möchte, zeigt das bitte an. – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dagegen und Stimmenthaltungen ist der Drucksache mehrheitlich zugestimmt worden. Meine Damen und Herren, dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 21

Nachhaltigkeitsstrategie für den Freistaat Sachsen 2018

Drucksache 6/15828, Unterrichtung durch das

Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft

Drucksache 6/17269, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft

Meine Damen und Herren, auch hierzu ist keine Aussprache vorgesehen. Dennoch frage ich in die Runde: Wünscht jemand das Wort zu ergreifen? – Das kann ich nicht feststellen. – Herr Fischer, wünschen Sie das Wort als Berichterstatter?