Kommen wir nun zum heutigen Gesetzentwurf. Die Mittelausstattung der jüdischen Gemeinden soll um 120 000 Euro und damit auf 1,07 Millionen Euro pro Jahr erhöht werden. Die letzte Erhöhung gab es im Jahr 2015 auf 950 000 Euro pro Jahr. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird darauf verwiesen, dass Anpassungsbedarf bestehe, weil es Schwierigkeiten bei der Besetzung von Rabbinerstellen in Teilzeit gebe und dafür die im Bundesvergleich niedrigen Gehälter verantwortlich seien. Weiter steht dort geschrieben, dass die jüdischen Gemeinden die Absicht haben, den resultierenden Problemen bei der Stellenbesetzung mit Ausschreibungen von Vollzeitstellen zum Westtarif zu begegnen.
Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen, da wir ebenfalls wollen, dass die vakanten Stellen besetzt werden und damit die Rabbiner-Ausstattung in Sachsen gestärkt werden kann.
Ich möchte aber, wenn es um die Angleichung an den Westtarif geht, daran erinnern – und das betrifft nicht nur die Angleichung bei den jüdischen Gemeinden, sondern auch bei den Kirchen –, dass Arbeitnehmer in Sachsen immer noch bis zu 30 % weniger verdienen als ihre Westkollegen und es beispielsweise in der Pflege ebenfalls sehr viele vakante Stellen gibt, die besetzt werden müssen. Dies dürfen wir natürlich auch nicht aus den Augen verlieren. Hier muss endlich eine Anpassung an den Westtarif stattfinden. Dafür werden wir uns als AfD verstärkt einsetzen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Wendt, das ist wieder typisch gewesen: Wenn die Juden mehr bekommen, dann sollen, bitte schön, auch alle anderen mehr bekommen. Das ist so Ihre Rhetorik: zustimmen, aber gleichzeitig durch die Hintertür sozusagen Ihre wahren Intentionen, die Sie auch mit Blick auf die Juden in Deutschland vertreten, hier deutlich werden lassen – von wegen Westtarif.
Es geht um 120 000 Euro, es geht um drei Gemeinderabbiner für drei jüdische Gemeinden. Wenn Sie sich das einmal ausrechnen, dann sind das keine horrenden Summen – das liegt weit unter dem, was man so als Durchschnittsverdienst benennen könnte.
Im Übrigen möchte ich Ihnen noch sagen: Die AfD, die sich so gern – vor allem in den letzten zwei, drei Jahren – als Freund der Juden in Sachsen oder in Deutschland aufspielt, ist es keineswegs. „Wenn Juden auf die AfD als Garant für jüdisches Leben in Deutschland angewiesen wären, dann wäre es um jüdisches Leben schlecht bestellt. Die AfD ist eine Partei, die Juden hasst und bei der die Relativierung bis zur Leugnung der Shoah ein Zuhause haben.“
„Sie sind antidemokratisch, menschenverachtend und in weiten Teilen rechtsradikal.“ – Das ist ein Zitat, das 42 jüdische Verbände und Vereine deutschlandweit unterschrieben haben, darunter unter anderem der Jüdische Wohlfahrtsverband, die Zentrale Wohlfahrtsstelle, der Zentralrat der Juden, Makkabi Deutschland, der Jüdische Frauenbund, die Union progressiver Juden oder der Bund traditioneller Juden, um einige Beispiele zu nennen. Also gerieren Sie sich hier nicht so als der Freund der Juden. Mit Ihrem Seitenhieb auf die Muslime, die den
Antisemitismus hier vorantreiben würden, haben Sie auch gesagt, was wirklich eigentlich dahintersteht.
Ich möchte noch etwas zum Staatsvertrag sagen. Unsere Fraktion begrüßt natürlich diese Vertragsänderungen und wir werden selbstverständlich zustimmen. Bereits in meiner Rede aus Anlass der letzten Änderung und, sehr geehrter Herr Modschiedler, in vorangegangenen Reden – das war nicht 2015, sondern das haben wir im März 2016 in diesem Hohen Hause gemacht – habe ich darauf verwiesen, dass der Staatsvertrag zügiger an veränderte Rahmenbedingungen für die Arbeit der jüdischen Gemeinden in Sachsen angepasst werden muss.
Mit der heutigen Änderung wird im positiven Sinne ein Teil dessen nachgeholt, was im Jahr 2016 hinsichtlich der Finanzausstattung der jüdischen Gemeinden für Kritik sorgte. Ein festes Budget für die Gemeinderabbiner ist ein wichtiger und richtiger Schritt bei der Unterstützung der jüdischen Gemeinden, ebenso – das möchte ich hier ausdrücklich erwähnen und das ist meine persönliche Meinung – wie die Besetzung der Stelle des Beauftragten für jüdisches Leben und der Finanzausstattung für dessen Geschäftsstelle.
Ich freue mich sehr, dass wir es in dieser Legislatur geschafft haben, diese wichtigen Beschlüsse vor allem im Einvernehmen mit den jüdischen Gemeinden zu fassen. Gerade was die Besetzung der Stelle des Beauftragten für jüdisches Leben anbelangt, gab es die eine oder andere Kritik. Aber ich denke, man sollte da zurückhaltend sein. Wenn die jüdischen Gemeinden mit dieser Besetzung einverstanden sind, dann ist das auch so in Ordnung.
Allerdings – und das ist der Wermutstropfen – hat die Koalition es erneut nicht geschafft, die wichtige jährliche Dynamisierung der Leistungen für die jüdischen Gemeinden in die Änderung des Staatsvertrages aufzunehmen. Diese Kritik möchte ich hier noch einmal deutlich anbringen. Während in anderen Bundesländern, zum Beispiel in Thüringen oder Baden-Württemberg, analog der Regelungen in Staatsverträgen mit den Kirchen jährliche Dynamisierungen vorgesehen sind, fehlt eine solche Regelung, und das trotz des ausdrücklichen Wunsches des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Sachsen auch im neuen Änderungsgesetz – leider.
Seit Jahren leben die Gemeinden mit einer Unterfinanzierung des Verwaltungsapparates, steigenden Kosten für die Instandsetzung und Erhaltung der Synagogen, –
Gemeindehäuser, Friedhofsgebäude und Friedhöfe. Das geht zulasten des Personals und der baulichen Substanz wichtiger religiöser und kultureller Bauten.
Die drei jüdischen Gemeinden leisten gerade auch auf sozialem Gebiet viel für eine gelingende Integrationsarbeit und auch – das beobachte ich mit großer Freude – in
einem zunehmenden Maße bei der historischen und politischen Bildung, insbesondere in Schulen und in anderen Einrichtungen. Schaut man sich die Summe der Dotation an und vergleicht sie mit der in den Verträgen in anderen Bundesländern, dann wird auch hierbei deutlich: Trotz lang anhaltender guter Einnahmesituation in Sachsen gibt der Freistaat auch nach dieser Anpassung deutlich weniger Geld pro Gemeindemitglied aus als in anderen Bundesländern, weniger als Sachsen-Anhalt und weniger als Thüringen und Brandenburg. Das ist und bleibt nach meiner Auffassung kein Ruhmesblatt für Sachsen.
Diese Aufgabe endlich wirklich zu lösen, im Einvernehmen mit den jüdischen Gemeinden, bleibt dem neuen Landtag vorbehalten. Ich persönlich hoffe sehr, dass sie mit noch mehr Mut angegangen wird. Dass wir zustimmen werden, habe ich bereits gesagt.
(Uwe Wurlitzer, fraktionslos, tritt vom Saalmikrofon zurück, um André Wendt, AfD, den Vortritt zu lassen)
Sehr geehrte Frau Zais, es ist bei Ihnen mittlerweile üblich; Sie haben vorhin meinen Kollegen und mich als Antisemiten bezeichnet. Jetzt haben wir eine relativ entspannte Diskussion gehabt, bis Sie angefangen und wieder jemandem antisemitisches Handeln unterstellt haben, was ich hier im Parlament relativ anstrengend finde, weil dazu überhaupt niemand etwas gesagt hat. Es war bis jetzt gerade relativ vernünftig.
Vielleicht greifen Sie sich einmal an die eigene Nase, wenn es um Antisemitismus geht. Sie sind ja so ein unheimlicher Fan der Europäischen Union. Die Europäische Union unterstützt die Palästinenser jedes Jahr mit etlichen Millionen, und die Palästinenser sind diejenigen, die regelmäßig israelische Gemeinden und Befestigungen angreifen. Vielleicht ist das wesentlich näher am Antisemitismus als das, was mein Kollege und auch der Kollege Wendt gerade gesagt haben.
Genau. – Herr Kollege Wurlitzer, ich habe Ihren Kollegen nicht einen Antisemiten genannt. Ich habe aus einer gemeinsamen Erklärung von 42 jüdischen Verbänden und Vereinen Deutschlands zitiert.
(Uwe Wurlitzer, fraktionslos: Sie haben vorhin Herrn Wild klar und deutlich als Antisemiten bezeichnet!)
(Uwe Wurlitzer, fraktionslos: Entschuldigung! – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Er hat über die AfD geredet. Wenn Sie sich angesprochen fühlen, warum sind Sie denn überhaupt ausgetreten? Mann, Herr Wurlitzer!)