Genau deshalb, sehr geehrter Herr Dr. Lippold, haben wir uns Ihrem Gesetzentwurf verweigert, wie Sie in Ihrer Presseerklärung nach der diesbezüglichen Ausschusssitzung feststellten. Wir haben uns vielmehr an dem großen französischen Philosoph Baron Montesquieu orientiert: „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.“
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN Fraktion, alles, was Sie an Gutem fordern, ist mit dem geltenden Sächsischen Vergabegesetz möglich. Sie können alles machen, was Bundes- und Europarecht zulassen – mit einer Einschränkung: solange Sie es sich leisten können. Wenn Sie es sich nicht leisten können, aber das Bauwerk oder die Leistung dennoch dringend benötigen, müssen Sie solche vergabefremden Kriterien nicht in der Leistungsbeschreibung formulieren. Wie ich vorhin schon sagte: Beides wird getan. Beides ist gelebte Praxis. Die Praxis ist freilich ein Biotop, das mancher lieber meidet.
Auf eine Ihrer Forderungen möchte ich dennoch näher eingehen. Die ILO-Kernarbeitsnormen sind gut und sinnvoll. Es verhält sich hierbei wie mit dem Mindestlohn. Hier ist der Bundesgesetzgeber gefragt. Er hat die Möglichkeiten und die Kompetenz, Regelwerke zu erarbeiten, Kontrollmöglichkeiten zu organisieren und Regeln international Geltung zu verschaffen, und offenbar
ist er dazu ja auch bereit. Erst gestern schrieb das „Handelsblatt“ dazu: „Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) droht deutschen Firmen mit empfindlichen Strafen in Deutschland, wenn sie ihre Lieferanten aus Entwicklungsländern nicht zu fairen Arbeitsbedingungen und dem Einhalten von Umweltstandards zwingen. Sein Ministerium bereitet ein entsprechendes ‘Nachhaltige-Wertschöpfungskettengesetz‘ vor. Das Entwicklungsministerium will sicherstellen, dass Unternehmen ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht in globalen Lieferketten nachkommen, sagte eine Ministeriumssprecherin auf Nachfrage.“ Überlassen wir es also denen, die es auch können.
Das wirkliche Problem ist aber, dass Ihr Gesetzentwurf nicht anderes als die völlig gegensätzliche Betrachtungsweise von Wirtschaftspolitik offenbart. Betrachten wir allein den Umfang Ihrer Gesetzesidee: Unseren elf Paragrafen stellen Sie 30 entgegen, unseren inklusive Anhang sieben Textseiten ganze 20 Seiten, außerdem offensichtlich immer dann, wenn Sie sich in Ihrem eigenen Paragrafendschungel verirren, noch eine unbestimmte Anzahl an Verordnungsermächtigungen an das Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr.
Während es uns darum geht, öffentliches Auftragswesen klar, einfach, handhabbar und transparent zu regeln, öffentlichen Haushalten nur das zuzumuten, was ihnen im Einzelfall zumutbar ist, und die heimische Wirtschaft für staatliche Aufträge zu interessieren, geht es Ihnen einzig und allein um Bürokratisierung, Reglementierung und Verhinderung – im Dienste der Guten natürlich.
Wie gefangen Sie in Ihrer unproduktiven Ideologie sind, zeigt gerade dieser Gesetzentwurf. Der freie Unternehmer steht unter Generalverdacht. Er ist nicht etwa stetige Quelle des Wirtschaftswachstums und Steueraufkommens, von dem Sie selbst nur allzu gern zehren. Er ist für Sie vielmehr ein potenzieller Krimineller, der mit dem Tag der Gewerbeanmeldung seinen Plan verwirklicht, dem Staat, der Welt und sich selbst zu schaden, und davor müssen Sie den Staat, die Welt und ihn auf der Grundlage Ihres universellen Wissens schützen.
Ich hatte beim ersten Überfliegen Ihres Gesetzentwurfes schon Hoffnung geschöpft, dass Sie vielleicht doch auf dem Weg der Besserung seien, haben Sie doch im Gegensatz zu Ihrem untauglichen Entwurf von 2013 im § 17 bei den Ausschlussgründen wegen Gesetzesverstoß wenigstens darauf verzichtet, schon die Zulassung einer Anklage als Ausschlusskriterium zu werten. Ich betone, die Zulassung, nicht das schuldfeststellende Urteil. Aber zu früh gefreut! Ideologie ist nicht heilbar. Jetzt präsentieren Sie mit dem § 15, Nachweis eines Hinweisgebersystems, sogar noch den Zwang zum Denunziantentum. Das ist ja wie das Hausbuch in der DDR.
Sehr geehrte Damen und Herren, Gott schütze den Freistaat vor solcher Wirtschaftspolitik! Wir werden diesen Gesetzentwurf selbstverständlich ablehnen – in der Tradition guter Gesetze für Sachsen und nicht für die Welt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte jetzt kein Koreferat zu dem, was ich schon gesagt habe. Ich will aber noch einiges sagen, was mir in der Debatte hier deutlich geworden ist. Es ist ja ganz gut für die Öffentlichkeit, wenn es um faire Vergabe geht.
Als Erstes haben wir gelernt, dass die AfD überhaupt gar keine Ahnung hat. Von Zertifikaten, Präqualifizierungen und anderen Dingen versteht sie einfach nichts, aber sie redet halt trotzdem. Aber das ist ja bei der AfD so eingeplant.
Ich habe gemerkt, dass die CDU weiterhin im letzten Jahrhundert verharrt, auf ihre Paragrafen besteht und sagt, es sei alles gut und richtig im Freistaat Sachsen. Ich habe es schon einmal gesagt: Die öffentliche Auftragsvergabe hier müsste ja boomen. Schauen Sie sich bitte um! Aber das nehme ich Ihnen nicht übel, weil Sie unveränderbar sind.
Dass die GRÜNEN einen Gesetzentwurf einbringen, halte ich für sehr gut. Wir werden dem auch zustimmen, weil wir gemeinsam die Debatte eröffnet haben, was die anderen nicht wollen.
Ach, Sie können doch gern herankommen und mir eine Frage stellen. Das mache ich doch alles gern mit. Kommen Sie doch her! Fragen Sie mich doch einmal etwas; dann habe ich mehr Zeit.
Herr Kollege Tischendorf, wenn wir jetzt noch weitere Verschärfungen in das Vergabegesetz aufnehmen, noch weitere Bedingungen, glauben Sie wirklich, dass dann die öffentliche Auftragsvergabe noch besser wird, oder werden sich nicht noch mehr Unternehmer zurückziehen und sagen, das sei etwas überfrachtet und überladen, etwas, was nicht in ein Vergabegesetz gehört? – Danke.
von Landesvergabegesetzen ist, wie sich die Konjunkturlage entwickelt. Wir alle wissen, dass die Konjunktur so ist, dass es viele in der Privatwirtschaft gibt, die sozusagen ihre Aufträge dort abfeiern und sagen, ich beteilige mich nicht an Ausschreibungen. Es gibt übrigens gerade kleine Handwerksmeister, die Qualifizierungen und Zertifikate haben und fragen: Warum soll ich mich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen, wenn die eh nur den Billigsten nehmen? Genau diejenigen will ich unterstützen.
Das hat im Übrigen überhaupt nichts damit zutun, dass wir besonders auffällig sind. Es geht mir nur um Normalität. Ich habe es Ihnen gesagt: In 12 von 14 Bundesländern gibt es zum Beispiel den Tariflohn als Kriterium. Ich will überhaupt keine Veränderungen haben, dass wir irgendetwas ganz Schlimmes machen, sondern ich will eigentlich nur Normalität einbauen. Das wollen Sie nicht. Sie verstehen das einfach nicht. Es boomt nicht bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Das hat aber nichts damit zu tun, dass Nachhaltigkeit oder andere Dinge keine Rolle spielen dürfen.
Vielen Dank, Herr Kollege Tischendorf. Da Sie eben zusammengefasst haben, wie die AfD oder andere Kollegen in anderen Fraktionen vielleicht rückwärtsgewandt denken, frage ich Sie: Aber der Unterschied zwischen billig und wirtschaftlich ist Ihnen, glaube ich, nicht bekannt, denn billig steht nicht im Vergabegesetz.
Kennen Sie diesen Unterschied, und wie definieren Sie es für sich, wenn Sie von billig und von wirtschaftlich sprechen, wobei Letzteres im Vergabegesetz steht?
Ich glaube, ich habe in meiner Rede ausführlich seziert, was ich unter Wirtschaftlichkeit und wirtschaftlichen Angeboten verstehe. Das ist eben mehr als der Preis. Ich habe Ihnen auch Beispiele genannt. Im Gesetzentwurf finden Sie gute Ansätze; dem brauchen Sie nur zuzustimmen. Insofern verstehe ich das ja alles. Trotzdem bin ich der Meinung, dass Sie überhaupt nichts verstehen
und nicht einmal bereit sind, die europarechtlichen Rahmenbedingungen wenigstens zu ändern oder die Unterschwellenvergabeordnung endlich zu ändern, wozu Sie nach dem Bundesgesetz 2016 aufgefordert sind. Dass Sie überhaupt nichts verstehen, behaupte ich weiterhin. Sie
Nun komme ich einmal zur SPD, lieber Martin Dulig. Jetzt sage ich einmal etwas als Gewerkschafter: Ich kann das Herumlamentieren ja verstehen; aber meine Gewerkschaftskolleginnen und -kollegen verstehen das nun einmal nicht mehr. Die Sache ist im aufziehenden Wahlkampf doch ganz einfach: Entweder die SPD sagt, wir wollen eine ordentliche Vergabe auch in Sachsen regeln – dann müssen Sie uns sagen, mit welchen Parteien Sie es gemeinsam tun werden –, oder Sie sagen, wir wollen weiter regieren, auch wenn es mit der CDU ist, weil die anderen gar nichts machen. Dann lassen Sie aber das Vergabegesetz sein. Alles andere ist unehrlich. Sie müssen sich einmal entscheiden, was Sie den Wählerinnen und Wählern nun eigentlich sagen wollen. Klar ist, mit der CDU können Sie gar nichts ändern. Dann brauchen Sie es auch nicht mehr zu propagieren, wenn Sie regieren wollen.
Meine Damen und Herren! Das war der Redebeitrag von Herrn Tischendorf für die Fraktion DIE LINKE. – Nun spricht der Abt. Herr Homann für die SPD-Fraktion. – Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Die Debattenbeiträge wiederholen sich. Ich möchte deshalb meinen Redebeitrag zu Protokoll geben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Entwurf der GRÜNEN kann ich nahtlos an das vorhin zum Entwurf der LINKEN Ausgeführte anschließen. Nur treiben es die GRÜNEN mit der mittelstandsfeindlichen Bürokratie noch mehr auf die Spitze. Sie wollen sogar 30 Gesetzesparagrafen und zusätzlich zehn Verordnungsermächtigungen. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr soll zum Beispiel nach § 7 des Entwurfs durch Rechtsverordnung regeln, was eine umweltgerechte und energieeffiziente Beschaffung im Sinne dieser von den GRÜNEN angestrebten Gesetzesregelung ist. Trotz Ihrer vorgeblichen
Kompetenz in solchen Fragen haben sich die GRÜNEN nicht einmal die Zeit genommen, ihre Vorstellungen in Form eines Verordnungsentwurfs zu konkretisieren. Welcher mittelständische Unternehmer soll dann die Zeit haben, solche Verordnungen zu lesen und zu verstehen? Hier haben wir ein unberechenbares Einfallstor für noch viel mehr Bürokratie, als es der jetzige Gesetzentwurf offen zeigt. Es führt ins Uferlose, eine solche Ermächtigung zur Bürokratie Gesetz werden zu lassen.
In der Sachverständigenanhörung ist bereits ein ganz wichtiger Punkt deutlich geworden: Die nicht auftragsbezogenen Zuschlagskriterien, die die LINKEN und die GRÜNEN aufgebaut haben, sind entweder schon rechtlich vorgeschrieben und müssen ohnehin beachtet werden, oder sie sind für den Mittelständler nicht zu überwachen bzw. ist deren Einhaltung nicht mit vertretbarem bürokratischem Aufwand nachweisbar.