Es gab zuletzt auf der Zielgeraden des Prozesses, Frau Dr. Pinka, die sogenannte Sachsenrunde. Diese Sachsenrunde, geführt durch den Chef der Vertretung in Berlin, Herrn Weimann, zeigte auch: Sachsen kann in diesem Projekt, in diesem Prozess führen. Das hat ebenfalls gezeigt: Unsere Minister, nicht nur der Ministerpräsident, sondern auch unser Wirtschaftsminister, sind an diesem Prozess gewachsen. Insoweit hat sich Sachsen ganz prominent in die Arbeit dieser Kommission eingebracht.
Was tun wir in Brüssel? Wir haben gelernt, alle Abgeordneten haben gerade in diesem Prozess drei Hauptstädte, um die sie sich kümmern müssen, nämlich Dresden, Berlin und Brüssel. Wir müssen uns hier zu Wort melden, und wir müssen dort antreten. Genau das haben wir getan, indem wir in der letzten Woche mit dem Europaausschuss vor Ort waren, und Sie waren dabei.
Brüssel redet über die Strukturwandelprozesse nicht nur in der Lausitz, sondern über insgesamt 41 andere Braunkohleregionen in ganz Europa, von Griechenland bis in die Lausitz. Hier braucht es einen Schulterschluss. Wir müssen antreten,
wir müssen ganz klar sagen: Bei allen Strukturfördertöpfen, angefangen von ESF und EFRE, gehört der Strukturwandel in der Lausitz dazu.
Ich möchte schließen, liebe Frau Dr. Pinka: Erinnern Sie sich an Ihre Kollegin Frau Lay. Es braucht einen überparteilichen Schulterschluss für diese Herkulesaufgabe. Da möchte ich Sie einladen mitzutun, mitzumachen, nicht länger Besserwisserin zu sein und Störfeuer zu liefern.
(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Es ist schön, dass Sie das sagen, Herr Vieweg! – Weitere Zurufe von den LINKEN)
Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank. – Das war der Redebeitrag von Kollegen Vieweg. Den nächsten Redebeitrag könnte die AfD-Fraktion halten. – Herr Wippel.
Kollege Vieweg, Sie haben gerade das Hohelied der Beteiligung gesungen und aufgezählt, wer alles beteiligt ist und was die Abgeordneten der Koalition denn alles tun. Gerade haben Sie noch einmal eingeladen, dann doch gemeinsam etwas zu tun, zu einem großen überparteilichen Schulterschluss für den Strukturwandel in den betroffenen Regionen.
Da frage ich mich: Wenn diese ganzen Runden stattfinden, warum sind denn die Abgeordneten der Opposition nicht eingeladen? Warum ist denn bei uns nie irgendetwas angekommen? Das ist doch alles nur hohles Geschwätz, wenn wir nicht wirklich auch einmal einbezogen werden. So wird das mit der Demokratie nämlich nichts werden. Da brauchen Sie sich auch nicht zu wundern, wenn Sie am Ende alle aus der Opposition gegen sich haben, egal was Sie tun.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank. Herr Vieweg, wollen Sie erwidern? – Das ist nicht der Fall.
Dann können wir in der Rednerreihenfolge fortfahren. Der Nächste wäre dann nach seiner Kurzintervention Herr Wippel. – Herr Wippel, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Natürlich kritisieren wir den unvernünftigen Ausstieg aus der Kohleverstromung. Es wurde im vorherigen Redebeitrag vonseiten der SPD angeführt, dass dies auch in anderen Regionen in Europa der Fall ist. Die sind aber nicht so naiv und glauben, dass sie alles mit erneuerbaren Energien lösen können.
Wichtig ist jedoch, dass die Lausitz irgendwann ausgekohlt ist – ja, das ist so – und der Strukturwandel vor uns steht. Das ist völlig klar. Wir müssen also auf diese Brücke gehen, die vorhanden ist. Wir müssen uns anpassen in der Lausitz. Dazu brauchen wir drei Bereiche, die uns besonders wichtig sind. Das ist natürlich der Bereich der Infrastruktur, das ist der Bereich der Wirtschaft, und es ist der Bereich der Bildung. Hier muss etwas passieren.
Als Abgeordneter aus der Lausitz möchte ich Ihnen mitteilen, was uns am Herzen liegt. Wir brauchen eine Anbindung von Görlitz an den Fernverkehr von Westen her. Der ICE muss von Dresden bis Görlitz verlängert und dann natürlich auch nach Polen weitergeführt werden. Wir brauchen die Elektrifizierung der Bahnstrecken von Zittau bis Cottbus, damit der Zug von Berlin bis ins Zittauer Gebirge auch durchfahren kann. Wir brauchen den Ausbau der Straßen. Endlich muss einmal diese B 178n fertig gebaut werden. Wir spotten über den Flughafen in Berlin und bekommen in Sachsen noch nicht einmal eine Straße fertig gebaut. Das ist ein Trauerspiel.
Die B 115 und die B 156 müssen in zwei plus eins ausgebaut werden. Da brauchen wir nicht eine B 178n noch weiter nach Norden zu verlängern, da wir doch das andere Stück noch nicht einmal fertig bekommen. Wir müssen regionale Wirtschaftskreisläufe stärken, damit wir ein gesundes Wachstum der Betriebe haben, damit sie sich zu größeren Einheiten zusammentun. Wir brauchen die Sonderwirtschaftszone in der Lausitz mit abgebauter Bürokratie, mit schnelleren Planungsverfahren, mit Steuererleichterung. Wir haben dort nur den Halbkreis und brauchen natürlich auch die Ansiedlung von stärker exportorientierten Unternehmen.
Wir müssen Bundesbehörden ansiedeln; auch das ist keine neue Erkenntnis. Das ist eine Forderung, die schon mehr als 20 Jahre alt ist. Die Bundespolizei bei uns kann sich verstärken. Wir haben den Truppenübungsplatz Oberlausitz; er kann ausgebaut werden. Da kann ein Bataillon hin, da kann eine Kraftfahrausbildung hin, da kann eine wehrtechnische Dienststelle hin. All dies sind Vorschläge, die wir in der Vergangenheit schon gemacht haben.
Auch im Bereich der Bildung müssen wir vorwärtskommen. Deshalb schwebt mir vor, dass wir die Universität in Breslau und in Liberec zusammen mit der Hochschule Zittau/Görlitz zu einer Europauniversität „Dreiländereck“ ausbauen, um hier vorwärtszukommen.
Letzter Satz. Aber gerade bei der Infrastruktur sind dies alles überfällige Maßnahmen. Das ist alles schon längst bekannt. Sie haben es in der Vergangenheit nicht einmal geschafft, 700 Meter Bahnstrecke von der polnischen Grenze bis in den Görlitzer Bahnhof zu verkabeln. Fangen Sie an, es ist Zeit.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank. Es schließt sich noch ein Redebeitrag von Herrn Dr. Lippold von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an. Die Restzeit beträgt noch eine Minute und 49 Sekunden.
ich verstehe wirklich nicht, warum Sie so breitbeinig auftreten angesichts des energie- und klimapolitischen Scherbenhaufens, den diese Koalition angerichtet hat.
Sie stehen hier da ohne ein Energie- und Klimaprogramm, das Sie vollmundig angekündigt hatten. Sie stehen da ohne einen vernünftigen Rechtsrahmen, genau dann, wenn Sie ihn am dringendsten brauchen. Wenn im Zuge des Kohleausstiegs die Erreichung der Klimaziele durch Ausbau erneuerbarer Energien zum zentralen Instrument wird, dann steht Sachsen ohne einen sinnvollen Rechtsrahmen da. Das ist wirklich ein Scherbenhaufen und ein Armutszeugnis an dieser Stelle.
Ich möchte noch einmal Stellung zu der Ansage nehmen, die hier aus zwei Fraktionen kam: Wenn 90 % irgendwo umsiedeln wollen, dann muss das Dorf weg. Ich glaube, Sie haben ein seltsames Verständnis vom Grundgesetz. Hierbei geht es um bergrechtliche Eingriffe in individuelle verfassungsmäßige Rechte. Es geht nicht um 90 %. Selbst wenn dort ein Bleibewilliger klagt und bleiben will, gelten seine Rechte an dieser Stelle. Wenn Sie dann nicht in der Lage sind, ein überwiegendes Gemeinwohlinteresse an der Förderung dieser Kohle unter diesem Dorf nachzuweisen, findet dieses Projekt nicht statt. Das ist der Fakt.
Deshalb ist diese Diskussion, ob 80 oder 90 % umsiedeln wollen, völlig egal. Niemand verbietet diesen Unternehmen, 90 % der Bürger neue Häuser zu bauen. Das können sie gern machen, aber deshalb kommen sie noch lange nicht auch nur an eine einzige Tonne Kohle unter diesem Dorf. Das sollten Sie bitte einmal zur Kenntnis nehmen und diese unsägliche Diskussion über quasi Abstimmung über Vernichtung von Dörfern einstellen in diesem Haus.
Kollege Dr. Lippold, vielen Dank für diesen Redebeitrag. Er macht noch einmal deutlich, dass Sie bei den GRÜNEN in Sachsen nicht kompromissfähig sind. Dieser Kohlekompromiss ist ein Kompromiss. Ich habe Sie aufgefordert, zu diesem zu stehen und ihn mitzutragen. Alle Ausführungen, die Sie gerade gemacht haben, zeigen, dass Sie das nicht sind. Wer nicht kompromissfähig ist, ist neun Monate vor der Landtagswahl auch nicht regierungsfähig. – Vielen Dank.
einschreiten müssen, da sich ja normalerweise eine Kurzintervention auf den Redebeitrag des Vorgängers beziehen sollte. Das hat aber nicht stattgefunden an dieser Stelle, Herr Kollege Rohwer. Es hatte mit dem Redebeitrag nichts zu tun. Ich habe hierbei über Verfassungsrecht gesprochen, das auch Sie nicht brechen können und auch nicht im Konsens mit GRÜNEN oder gegen GRÜNE oder sonst etwas.
Ich habe auch darüber gesprochen, dass Sie einen energie- und klimapolitischen Scherbenhaufen hinterlassen haben, weil es in Sachsen keinen vernünftigen Rechtsrahmen gibt, und zwar genau zu einem Zeitpunkt, wo im Bund noch einmal richtig die Post in dem Rechtsrahmen der Energiewirtschaft abgehen wird. Wo sich dort noch einmal richtig etwas entwickelt, ist Sachsen wieder nicht dabei. Wir fallen an dieser Stelle weiter zurück; das haben wir festgestellt, und das heißt überhaupt keine Verabschiedung von einem Kohlekompromiss, sondern das bedeutet nur, dass wir noch einmal klarmachen, dass Sachsen an dieser Stelle nackt dasteht und keinen Rechtsrahmen hat, und zwar deshalb, weil es aus ideologischen Gründen in dieser Koalition nicht gewollt war und nicht, weil es nicht möglich war.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Danke schön. Meine Damen und Herren! Wir können damit in eine dritte Runde eintreten. Es gibt weiteren Redebedarf. Frau Dr. Pinka von den LINKEN.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, ich versprach Ihnen noch zwei Prüfsteine. Den einen werde ich etwas beiseitedrücken; dazu hat sich gestern Herr Oettinger bereits geäußert, inwieweit er die Verletzung der Wettbewerbsneutralität in Europa mit Subventionierungen und Unterstützungen für die Industrie mittragen wird. Das können Sie dann mit ihm ausstreiten.
Ich möchte gern noch einmal auf das Problem der Finanzierung der Wiedernutzbarmachung eingehen. Darüber haben wir vorhin erst begonnen zu sprechen. Ich halte das nämlich für eines der wichtigen Themen.
Im Endbericht der Kohlekommission steht auf Seite 83 – ich zitiere –: „Die Länder sollten die Möglichkeiten von insolvenzfesten Sicherheitsleistungen ausschöpfen.“