Im Endbericht der Kohlekommission steht auf Seite 83 – ich zitiere –: „Die Länder sollten die Möglichkeiten von insolvenzfesten Sicherheitsleistungen ausschöpfen.“
Unsere Staatsregierung hat am 6. Dezember 2018 Vorsorgevereinbarungen mit LEAG und MIBRAG veröffentlicht. Damit sollen zwischen 2021 und 2040/2041 Gelder im Sondervermögen angespart und an den Freistaat verpfändet werden.
Das von der Kommission vorgeschlagene Ende der Verstromung liegt aber bei 2038. Schlussfolgernd stellt Herr Rendez von der LEAG fest, dass durch dieses Ausstiegsdatum das LEAG-Revierkonzept, das über das Jahr 2040 hinausreicht, ernsthaft infrage gestellt wird. Ich zitiere: „Der von uns eingeforderte Planungshorizont für den Betrieb der Tagebaue und Kraftwerke im Lausitzer
Fast sämtliche Rahmenbetriebspläne von Braunkohletagebauen in Sachsen enden aber zeitlich vor 2038. Deshalb habe ich vorhin „Lüge“ gerufen, Herr Baum. Sie enden vor 2038. Die Abbaggerung von Pödelwitz und Mühlrose ist noch nicht einmal bergrechtlich genehmigt bzw. beantragt. Das steht auch in dem Text der Kohlekommission. Das können Sie gern nachlesen. Auf Seite 53 steht etwas zum Sonderfeld Mühlrose und den 200 Umsiedlungen sowie zu Pödelwitz und Obertitz und dass dort noch kein zugelassener Hauptbetriebsplan vorliegt. So weit zum Thema. Deshalb habe ich Ihnen vorgeschlagen, dass Sie mit Erlass alles regeln können.
Für diese Vorhaben von LEAG und MIBRAG gibt es keine Verstromungsgarantie. Für Kohle aus nicht genehmigten Feldern kann es doch keine Garantie geben. Sie kann doch nicht Grundlage der privatwirtschaftlichen Überlegungen für unseren Freistaat sein. Entschädigungen oder Stilllegungsprämien für nicht zum Abbau genehmigte Kohlefelder können wir doch gar nicht betrachten.
Deshalb stelle ich fest: Die Kraftwerke sollen schrittweise ihre Verstromung bis 2038 einstellen. Die Kohle dafür ist vorhanden und bereits genehmigt. Großzügige Entschädigungen werden trotzdem angekündigt. Neue Tagebaue sind meines Erachtens nicht erforderlich, das habe ich vorhin bereits gesagt, ich habe es durchgerechnet. Wo ist jetzt eigentlich das Problem? Deshalb noch einmal zu Herrn Rendez. Er meinte nämlich, dass die Sicherheitsleistungen erst erwirtschaftet werden müssen. Das Problem der nicht vorhandenen Mittel liegt nicht bei Ihnen, sondern bei ihm. Er hat sie nämlich seit 2015 nicht eingefordert. Zwischenzeitlich sind drei Jahre drüber, ein Betreiberwechsel vorhanden und Herr Dulig unterschreibt im Dezember über das Oberbergamt einen Vertrag mit der LEAG. Wohlwissend mit dem Ziel, die Kohlekommission wird möglicherweise 2038 das Ausstiegsdatum festlegen, macht er Verträge über das Jahr hinaus. Warum haben Sie das zugelassen?
Warum haben Sie diese Form der Unterschrift zugelassen? Warum konnten Sie nicht – – Sie wissen genau – im Juni soll das vorliegen. Sie warten bis Dezember, dann unterschreiben Sie es und wissen ganz genau, dass im Januar ein Ausstieg kommt. Was soll das?
Sie wussten das! Herr Pofalla hat das schon im September durchgestochen. Das wissen Sie ganz genau, und Sie haben uns vorgeführt, Sie haben alles dafür gemacht, dass die Kosten der Wiedernutzbarmachung auf die Allgemeinheit abgewälzt werden können. Das haben Sie zu verantworten, Herr Dulig. Deshalb fordere ich Sie noch einmal auf: Ändern Sie dieses Konstrukt der Sicherheitsleistung! Ändern Sie die Vereinbarungen mit LEAG und MIBRAG!
Amt. Präsident Thomas Colditz: Meine Damen und Herren! Ich frage noch einmal in die Runde: Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen heraus? – Das ist nicht der Fall. Damit möchte ich die Staatsregierung bitten. Herr Staatsminister.
Sehr geehrter Herr Sitzungspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wende mich von hier aus an die Menschen im mitteldeutschen Revier und in der Lausitz. Sie können sich darauf verlassen, dass die Staatsregierung an Ihrer Seite steht. Sie können sich darauf verlassen, dass wir uns darum kümmern werden, dass das, was die Grundlage vom Freitag ist, so umgesetzt wird, dass es eine gute Perspektive für die gesamten Reviere gibt. Darauf können Sie sich verlassen.
Die Menschen in den Revieren haben mit großem Interesse auf die Entscheidung von Freitagnacht geschaut. Ich vermute, die Gefühlslage war zwischen Skepsis und Hoffnung. Skepsis, weil erst einmal nur das bedruckte Papier da ist. Skepsis aber auch, weil die Lebenserfahrung der Menschen vom Strukturwandel geprägt ist. Sie haben diese Erfahrung schon einmal gemacht und manche bitter bezahlt für Deindustrialisierung und Arbeitslosigkeit. Sie achten sehr genau darauf, wie substanziell die Vereinbarungen jetzt sind, und sie achten sehr genau darauf, dass nicht nur das Wort gilt, sondern daraus konkretes Handeln entsteht.
Genau das ist es, worauf sich die Menschen auch verlassen müssen. Nicht auf Debatten, die sich nur um sich selber drehen, sondern bei denen die Menschen merken, dass es um sie geht. Dass wir um das Beste für ihre Perspektive ringen und dass es nicht nur darum geht, dass man selber recht haben will.
Genau diese Überschrift über unserem Handeln steckt in Ihrer Überschrift zur aktuellen Debatte. Sie fordern genau das, was wir tun.
Vernünftig und verantwortungsvoll handeln wir, weil wir neben dem Wohl der Menschen in den Revieren auch die Sicherheit und die Bezahlbarkeit unserer Energieversorgung im Blick haben müssen. Sozial handeln wir, weil es um die Perspektiven für die 12 000 direkt Beschäftigten in der Kohleindustrie gehen muss, aber auch, weil die
Region lebens- und liebenswert bleiben soll. Ich verstehe darunter etwas anderes als das, was Sie sozial verträglich nennen.
Mein Ziel war es immer, die Energiewende in der Lausitz und im mitteldeutschen Revier mit den ansässigen Unternehmen zu gestalten. Erst die Unternehmen zu vertreiben und danach die Energie zu importieren und Tausende in die Arbeitslosigkeit zu schicken – das wollen wir nicht!
Aber gerade Sie von den LINKEN müssen doch nachvollziehen können, dass Menschen keine Beschäftigungsgesellschaften mehr wollen – was Sie uns noch im vergangenen Mai als Lösung verkaufen wollten.
Schließlich gestalten wir die Strukturentwicklung partizipativ, weil wir schon seit dem vorvergangenen Jahr die zwei GRW-Modellvorhaben „Zukunftswerkstatt Lausitz“ und „Innovationsregion Mitteldeutschland“ in den beiden Revieren unterstützen. Beide erhalten sowohl aus den Mitteln des Bundes als auch des Freistaates bis Ende 2020 jeweils rund 8 Millionen Euro, um neben den ersten Projekten für die Strukturentwicklung in den Revieren vor allem einen strategischen Leitprozess zu führen.
Das heißt, dass nicht die Staatsregierung quasi von oben herab Strukturentwicklung betreibt, sondern dass die Regionen ihr Zukunftsbild selbst entwickeln und gestalten können. Deshalb ist Ihr Vorwurf schlichtweg falsch. Die Instrumente und Maßnahmen, die im Maßnahmenpaket enthalten sind, sind bereits Teil des Prozesses. Das sind Forderungen aus der Region. Schauen Sie sich doch einmal die Infrastrukturliste an, die Bestandteil des Maßnahmenpaketes werden soll.
Das Zweite ist – auch da lohnt es sich durchaus, noch einmal den Kommissionsbericht zu lesen –: Neben den 1,3 Milliarden Euro, die für konkrete Maßnahmen veranlagt werden, gibt es 700 Millionen Euro für Projekte, die heute noch nicht absehbar, aber für eine Strukturentwicklung notwendig sind. Wir reden hier über eine Perspektive von 20 Jahren. Deshalb geht Ihr Vorwurf komplett ins Leere.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bereits im November 2014, also noch vor den UN-Klimabeschlüssen von Paris vor gut vier Jahren und auch noch, bevor der Bund sich intensiv mit dem Thema befasst hat, haben wir uns in der Koalition gemeinsam darüber verständigt, den Strukturwandel anzugehen, zu fördern und sozial gerecht zu gestalten.
Bis vor Kurzem wurde der Strukturwandel in den sächsischen Braunkohlerevieren als regionale Herausforderung betrachtet. Erst durch die Beharrlichkeit der Menschen vor Ort – Hand in Hand mit den Bemühungen unserer Staatsregierung – wurde daraus eine nationale Aufgabe gemacht, die jetzt auch durch die Kommission endlich diese Dimension erreicht hat.
Ganz Deutschland blickt auf die Lausitz, blickt auf das mitteldeutsche Revier. Denn hier entscheidet sich, ob der Strukturwandel jenseits der Braunkohleverstromung
gelingen kann. Genau deshalb haben wir auch darauf gedrungen, dass auf der Ebene des Bundes keine Kohleausstiegskommission eingerichtet wird, sondern die Kommission „Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung“.
Es geht um mehr, als Sie uns weismachen wollen. Deshalb ist es auch richtig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Staatsregierung im letzten Dezember dagegen interveniert hat, es auf einen einzigen Punkt zu reduzieren. Genau an dieser Stelle war es richtig zu intervenieren.