Ja, Herr Präsident. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Sie haben die Menschen in den Revieren angesprochen. Ich glaube, jetzt ist vor allem eines wichtig, nämlich, dass man ganz klar die Wahrheit sagt und sehr deutlich erklärt, womit die Menschen rechnen können. Sie brauchen Planbarkeit für ihre
persönlichen Lebensentwürfe. Die Unternehmen brauchen Planungssicherheit. Da ist das, was Sie hier gesagt haben, dass Deutschland in Paris unterschrieben habe, bis 2050 aus der Kohle auszusteigen, schon wieder nicht wahr.
Deutschland hat in Paris unterschrieben, ein Ziel zu erreichen: deutlich unter 2 °C, möglichst 1,5 °C. Alles, was wir dazu wissen – das drückt auch der Klimaschutzplan der Bundesregierung aus, der übrigens dieses ParisZiel noch nicht einmal abbildet –, heißt: Wir müssen bis dahin weitestgehend überhaupt aus der Emission von CO2 heraus. Weil das in vielen anderen Bereichen der Industrie, der Wirtschaft, der Landwirtschaft so schwierig ist, muss in den Bereichen, in denen es einfach geht, nämlich in der Energiewirtschaft, dieser Abschied sehr viel schneller passieren.
Es besteht ein absoluter Konsens in der Wissenschaft und in der Energiewirtschaft. Es ist dringend an der Zeit, den Menschen reinen Wein einzuschenken und ihnen nicht vorzugaukeln, sie könnten noch bis 2050 so weitermachen.
Meine Damen und Herren, dann haben wir vielleicht eine unterschiedliche Haltung zu diesem Thema. Ich war bisher immer der Meinung, dass es Konsens ist, dass wir die Menschen in diesen Regionen nicht in große Arbeitslosigkeit stürzen. Ich war der Meinung, dass es nicht darum geht, die Sache über Beschäftigungsgesellschaften abzufedern, sondern dass wir ehrlich daran arbeiten, neue Arbeitsplätze aufzubauen.
Sie alle wissen, wie lange so etwas dauert. Wenn wir es schaffen, in zehn Jahren Straßen und ICE-Verbindungen gebaut zu haben – was ein Rekord wäre in Anbetracht dessen, was sonst möglich ist –, wird es weitere fünf bis zehn Jahre dauern. Dann sind wir bei 20 Jahren, im Jahr 2040. Wenn Sie sich anschauen, welche Stufentagebaue und Kraftwerksblöcke enden, dann wissen Sie, dass die letzten im Jahr 2045 oder 2046 enden. Von daher ist das, was ich beschrieben habe, das normale Szenario. Daran ist überhaupt nichts Besonderes.
Die Frage ist: Engagieren wir uns alle miteinander dafür, dass das gelingen kann? Meine Staatsregierung tut dies, und ich wäre dankbar, wenn sie vom Landtag unterstützt werden würde. Darum, und nur darum geht es: Zukunftsperspektiven zu schaffen, und nicht Regionen oder Menschen in Not zu stürzen. Deshalb brauchen wir die Sache auch nicht zu verkomplizieren. Es ist klar, dass die Braunkohleverstromung enden wird. Das ist eine riesige Chance für die Region, die wir auch ergreifen wollen. Deswegen arbeiten wir so intensiv mit dieser Kommission zusammen.
Das waren Kurzintervention und die Reaktion darauf. Nun gehen wir weiter in der Rederunde. Das Wort ergreift für die CDU-Fraktion Kollege Lars Rohwer.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin dem Ministerpräsidenten sehr dankbar, dass er bereits an dieser Stelle in die Debatte eingegriffen hat. Dies wird zur Versachlichung und zur Zukunftsgewandtheit dieser Debatte führen, davon bin ich fest überzeugt.
Schauen wir aber einmal in das heutige Interview, das die GRÜNEN gegeben und in dem sie sich zu diesem Thema geäußert haben. Ich finde, Frau Kollegin Meier, da haben Sie die Katze aus dem Sack gelassen.
Ich zitiere Sie: „Wir GRÜNE definieren uns ganz anders. Bei uns geht es um Konzepte und um Themen.“ – Also nicht um Menschen, das haben wir verstanden.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der SPD – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ihnen geht es ja auch immer um Sachsen, Herr Rohwer!)
Dann äußert sich der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, Herr Günther – ich darf ihn ebenfalls zitieren –: „Angesichts der unklaren Perspektiven des Kraftwerks trifft Leipzig die einzig verantwortungsvolle Entscheidung. Der Geschäftsplan zeigt, dass eine nachhaltige und klimaschutzgerechte Wärmeversorgung auch wirtschaftlich sinnvoll ist.“
Herr Günther, ein neues Gaskraftwerk an einer anderen Stelle im urbanen Verdichtungsraum zu bauen ist für Sie also grüne Politik? Das kann ich Ihnen nicht wirklich abnehmen;
denn es gibt dann zwei Kraftwerke, die CO2 ausstoßen. Haben Sie nicht aufgepasst, als Sie dieses Zitat freigegeben haben?
Also, ich bin schon ziemlich entsetzt, was Sie den Menschen in der Zeitung beibringen wollen, und sie werden es lesen und sich merken. Das wird aber den GRÜNEN, denke ich, keinen Schwung geben.
Was wollen wir als Union? Ich denke, darin sind wir uns mit unserem Koalitionspartner einig: Wir wollen erst Jobs und dann den Ausstieg.
Wir wollen kein „Husch husch!“, sondern verlässliches Agieren. Uns geht es um die Menschen in unserem Land.
Sie schreiben in Ihrer Überschrift, dass wir eine Blockade gegen Klimaschutz und Strukturwandel aufbauen würden. Dies tun wir eben gerade nicht. Das, was wir tun, ist, diesen Prozess mit Verlässlichkeit und Planbarkeit voranzutreiben, und Sie stören dabei ständig die Umsetzung.
Was wir noch lernen können, ist, dass die Kommission eben nicht „Kohleausstieg“ heißt, sondern „Wachstum“.
Ja, aber was heißt denn Wachstum? Wenn ich Arbeitsplätze einfach beerdige und Betriebsvermögen vernichte und überhaupt nicht weiß, in welchen Unternehmen ich den Menschen in der Region dann Arbeit geben soll, dann ist das kein Wachstum, das ist Niedergang. Deshalb hat die Kommission zuallererst die Überschrift „Wachstum“.
Der nächste Punkt ist der Strukturwandel. Der Ministerpräsident hat uns gerade sehr intensiv und eindrucksvoll Hinweise gegeben, wohin es gehen kann, und ich denke, dass Sie das unterstützen können. Aber Sie müssen mit Ihren Störfeuern aufhören, sondern sich auf die Sache konzentrieren. Der Strukturwandel ist also der nächste große Punkt, und zwar nicht nur in der Lausitz, sondern – das sage ich ganz ausdrücklich – auch im mitteldeutschen Braunkohlerevier.
Zum Schluss geht es um Beschäftigung. Die Menschen wollen eine Zukunft. Sie wollen sich selbst mit ihrer Arbeit ernähren sowie Familien gründen und finanzieren können. Deshalb brauchen wir diese Beschäftigungsinitiativen, und das ist bekanntlich nicht von heute auf morgen durchzusetzen.
Wir als CDU-Fraktion unterstützen das Vorgehen der Staatsregierung hin zu einer festen, verlässlichen Finanzierungsform. Uns schwebt ein Finanzierungsfonds oder, besser noch, eine Stiftung vor. Wir wollen sehen, was zum Schluss herauskommt. Dann muss dieses Maßnahmenpaket, das erarbeitet wird, die klare Zustimmung des Deutschen Bundestags bekommen, und wir werden sehen, wie die GRÜNEN agieren werden: ob sie dann einfach nur bei der Jahreszahl herummosern oder ob sie unterstützen, dass Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung stattfinden können. Wenn dieses Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist, werden wir in die Umsetzung gehen, damit sich die Menschen darauf verlassen können.
Kollege Rohwer sprach für die CDU-Fraktion. Für die Fraktion DIE LINKE spricht nun Frau Kollegin Dr. Pinka.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte macht mich schon sehr, sehr nachdenklich; denn wenn ich
sehe, dass gerade nebenan, in Polen, eine Konferenz stattfindet, die auf Agieren der Ministerpräsidenten von Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen für Deutschland eben keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, dann macht mich das sehr, sehr nachdenklich, wie Sie hier gerade sprechen.
Es ist gut, wenn sich Bürgermeister oder Ministerpräsidenten für ihre Gemeinde bzw. ihr Land einsetzen, unbestritten; aber in den Zusammenhängen, die wir jetzt gerade betrachten – Klimaschutz und die Endlichkeit der Art Mensch –, muss man anders diskutieren, Herr Ministerpräsident, und kann den Blick nicht nur auf die Gemeinde oder den Freistaat richten. Im Übrigen nennt sich dieses Phänomen – –
Vielen Dank, Herr Präsident. Frau Dr. Pinka, ich habe Ihnen gerade den Nachhaltigkeitsbericht auf den Tisch gelegt. Sie sagten, Sie hätten darin gelesen.
Geben Sie mir recht, dass Nachhaltigkeit drei Dimensionen hat, nämlich eine wirtschaftliche, eine umweltpolitische und eine soziale, und man das auch bei den Themen Strukturwandel und Braunkohle berücksichtigen muss?