Protocol of the Session on December 14, 2018

Erstens: Es geht um 10 % der Flächen. Bei natürlicher Entwicklung geht es genau um Sukzession. Ich kann auch so einen Fichtenbestand einfach mal der natürlichen Sukzession anheimfallen lassen, Borkenkäfer reingehen lassen. Die Bäume fallen dann um. Dort werden die gebietsheimischen Bäume früher oder später von ganz alleine kommen.

Unser Antrag bezieht sich nicht auf die Flächen, die Förster manchmal unter hohem Aufwand schon heute mustergültig zu einem gesunden Mischwald umgebaut haben, sondern man kann auch andere Flächen herausnehmen. Das heißt, die Einwände tragen hier nicht. Ich wüsste überhaupt kein Argument, warum man dem Antrag nicht zustimmen könnte und warum man nicht diesem Anliegen, das auch auf Bundesebene an uns gestellt wird, einfach folgt. Wir wissen, dass die Artenvielfalt eine unserer Hauptbaustellen ist.

In weihnachtlicher Vorfreude hoffe ich auf Ihre geneigte weiche Stimmung und auf Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Günther. Ich hoffe, dass die weihnachtliche Vorfreude unsere Reihen nicht zu arg lichtet.

(Heiterkeit)

Als Nächster hat Herr Kollege von Breitenbuch für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Urwälder von morgen auf 10 % der Landesfläche. Wir reden damit über 20 000 Hektar Wald, Staatswald. Dieser hat insgesamt 200 000 Hektar. Wir reden davon, dass wir diese 20 000 Hektar, die jetzt mit Bäumen bestanden sind, die einen Wert haben, dem Verfall preisgeben, sie nicht mehr bewirtschaften. Das heißt, wenn wir sie nicht mehr bewirtschaften, dann sind dort auch keine Menschen unterwegs, wir machen keine Gewinne, wir machen keinen Überschuss, wir wirtschaften dort nicht. Das lehnen wir in der drastischen Art ab.

Abgesehen davon: Was soll dabei herauskommen? Unser Anspruch ist ein anderer. Wir wollen versuchen – das tun

wir seit Jahren und Jahrzehnten, auch durch den Waldumbau –, auf der Fläche das Miteinander von Wirtschaft, Ökonomie und Ökologie herzustellen. Ich möchte diesbezüglich nur Prof. Heinz Lehmann zitieren:

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU)

Aus unserer Sicht kann darauf nicht verzichtet werden, dieses Miteinander weiter – das ist anspruchsvoll, das wissen wir – zu schaffen. Es geht darum, dass man auch einmal auf einen Hohlbaum verzichtet, diesen dem Specht überlässt oder Vernässungen nicht wieder durch Gräben aufzieht. Das sind einzelne Dinge, die natürlich in jedem Wald sehr individuell passieren können.

Der Staatswald ist Volkseigentum,

(André Barth, AfD: Volkseigentum?)

es ist Eigentum, das dem Volk gehört und damit nicht unter die Räuber fallen darf. Dass wir damit jetzt so umgehen, dass wir das einfach dreingeben, das kann es nicht sein.

Das widerspricht auch der Aktuellen Debatte von vorhin. Vorhin haben wir unsere Sorge zum Ausdruck gebracht, wie auf den Flächen, die jetzt geschädigt sind, wieder neuer Wald entstehen kann. Das ist eine Herausforderung, der wir erst einmal stattgeben müssen. Das bedeutet intensive Arbeit und Entscheidung, dann aber auch Umsetzung auf diesen Flächen, was nicht einfach ist. Es tippt auch ein Thema der Vordebatte an. Es geht um Eigentum. Wie gehen wir mit dem Volkseigentum um? Mit der CDU sind in der Art Urwälder von morgen nicht zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Bitte, Frau Kollegin Kagelmann für die Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Werte Damen und Herren Abgeordnete! Um es gleich vorwegzunehmen: Unsere Fraktion unterstützt das Anliegen des Antrages grundsätzlich. Wir werden trotzdem nicht zustimmen. Ich will Ihnen gleich begründen, warum.

Richtig ist, dass Sachsen mit erheblichem Abstand weniger Naturwaldzellen als die anderen Bundesländer aufweist. Bei uns sind lediglich 0,06 % der Waldfläche des Landes als Naturwaldzelle geschützt. Das ist in etwa so viel wie in Brandenburg, aber nur halb so viel wie die übrigen Bundesländer mit bereits unterdurchschnittlich wenigen Naturwaldzellen, wie etwa Hessen, NordrheinWestfalen oder Sachsen-Anhalt aufweisen. Was noch als Naturwaldzelle ausgewiesen werden kann, sollte auch ausgewiesen werden.

(Beifall des Abg. Wolfram Günther, GRÜNE)

Jetzt kommt es – vorsichtig mit dem Klatschen: Anzuerkennen ist aber gleichzeitig, dass Sachsen über die im

Vergleich zu den anderen Bundesländern größten Anteile an instabilen Fichtenbeständen verfügt. Wir haben auch Probleme bei den Kieferreinbeständen. Aber dabei liegt das Land Brandenburg noch vor uns.

Angesichts eines dringend notwendigen klimawandelfesten Waldumbaus stellt das eine besondere Herausforderung dar. Aber es macht aus unserer Sicht genauso wenig Sinn, in Waldbestände vor einem vernünftigen Erntealter der Bäume in größeren Umfang einzugreifen. Daher kollidiert der Anspruch einer forcierten Ausweitung von Naturwaldzellen über die wenigen naturschutzrelevanten Flächen hinaus, die bereits als Totalreservate geschützt werden, mit dem Erfordernis auf der anderen Seite, die standortwidrig bestockten Flächen erst einmal umzubauen.

Aber es gibt auch die Wälder, die bereits naturnah bestockt sind, die sich aber zum Beispiel wegen ihrer Steillage nicht ohne Weiteres beernten lassen. In diesen Wäldern gibt es häufig die naturschutzfachlich begehrten ununterbrochenen Habitattraditionen, wie man so schön sagt, weil Generationen von Förstern vorher die eher leicht zugängliche Fläche beerntet hatten.

Auf Seite 37 ff. des Sachsenforst-Naturschutzkonzeptes ist erläutert, was mit diesen Flächen geschehen soll. Sie werden hinsichtlich ihrer naturschutzfachlichen Bedeutung bewertet, und dann sollen sie periodisch aus der Nutzung genommen werden. Das bedeutet aber im Umkehrschluss, dass diese Flächen je nach Kassenlage doch wieder beerntet werden sollen.

Was wir nicht wissen, ist, welchen Gesamtumfang derartige Flächen haben. Vielleicht macht Forstminister Schmidt danach noch einige Aussagen dazu. Sicherheitshalber habe ich aber schon einmal mit einer Kleinen Anfrage nachgefragt.

(Staatsminister Thomas Schmidt: Sehr schön!)

Es kommt noch ein weiteres Problem hinzu: Der Totholzvorrat in Sachsen bewegt sich gerade einmal bei der Hälfte des Bundesdurchschnitts. Insbesondere die starken Dimensionen beim stehenden Totholz fehlen hier, weil diese Bäume bereits geerntet wurden oder werden. Die letzten Refugien im alten Baumbestand befinden sich nämlich häufig im urbanen Raum, das heißt in Parks und an Wegen und Straßenrändern. Dort fallen sie, wie wir wissen, gern Verkehrssicherungsmaßnahmen zum Opfer.

Im Wald dagegen werden die Bäume so früh gefällt, dass sich Baumhöhlen oder morsche hohle Stämme gar nicht erst ausbilden können. Die aber wären wichtig, besonders für Holz bewohnende Insektenarten. Deshalb muss jetzt für diese Habitate vorgesorgt werden, beispielsweise indem einzelne starke Bäume stehen bleiben. Nun erwarte ich nicht, dass Sachsenforst die besten Furnierholzstämme, die Generationen von Förstern gepflegt haben, einfach mir nichts, dir nichts der Verrottung überlässt. Aber es gibt immer wieder starke Einzelexemplare von Bäumen oder bereits abgestorbene Bäume, die besser

nicht ins Brennholz gesägt und aus Gründen des Naturschutzes erhalten werden sollten.

Auf der anderen Seite diskutieren wir ganz aktuell über gefährdete Arten, zum Beispiel das Birkhuhn, das gerade durch die geänderte Waldnutzung seine Habitate verliert, weil die benötigen Offenflächen zuwuchern. Deshalb ist das Birkhuhn in Sachsen fast ausgestorben. Das heißt, unberührte Wälder sind nicht zwingend Garant für eine intakte und höhere Biodiversität. Wir haben zudem noch ein zusätzliches Problem – das haben wir auch schon besprochen –: den Borkenkäfer. Der wirkt in kränkelnden Fichtenreihenbeständen eben besonders gravierend und gefährdet damit umliegende Bestände. Was in Naturschutzgebieten noch in begrenztem Umfang akzeptiert werden kann, findet kein positives Echo bei angrenzenden Privatwaldbesitzern, weil es zu Gewinneinbrüchen führt.

Genau zwischen diesen verschiedenen naturschutzfachlichen, klimapolitischen und letztlich auch betriebswirtschaftlichen Anforderungen muss sich heutzutage moderne Waldwirtschaft bewegen. Und sie ist dabei gegenwärtig noch in aktuellen Waldbaumethoden und Denkschulen gefangen. Guter Waldbau macht es möglich, Flächen dauerhaft oder zeitweilig aus der Nutzung zu nehmen, umzubauen, aber auch einzelne Biotopbäume stehen zu lassen und dem Verfall zu überlassen, wenn der übrige Bestand mit anderen Baumarten aufgeforstet wird. Das widerspricht gegebenenfalls betriebswirtschaftlichen

Überlegungen, dient aber in besonderer Weise dem Naturschutz und stellt damit ein übergeordnetes Gemeinwohlinteresse dar. Das ist es auch, was im Staatswald, im Gegensatz zum Privatwald, leichter und direkter durchgesetzt werden kann, was der besonderen und gesetzlich verankerten Gemeinwohlverpflichtung des Staatsforstbetriebes entspricht und was insofern auch eingefordert werden sollte.

Deshalb erwarte ich, von Sachsenforst, dass der Totholzanteil – insbesondere bei stärkeren Bäumen – durch entsprechende Vorgaben an die Revierleiterinnen und Revierleiter deutlich erhöht wird. Und ich erwarte weiterhin, dass naturschutzrelevante Flächen nicht nur periodisch, sondern auch dauerhaft aus der Nutzung genommen werden. Was ich dagegen für weniger gut halte, sind starre Ziel- und Zeitmarken, wie sie der Antrag der GRÜNEN vorgibt. Als Linke sage ich, angesichts der ohne Zweifel miesen Ausgangsbasis von Naturwaldfläche in Sachsen unter Berufung auf Karl Marx: Jeder Schritt wirklicher Bewegung ist wichtiger als ein Dutzend Programme. Oder anders: Jeder Prozentpunkt nach oben bringt in diesem Fall mehr als objektiv unerreichbare Zielmarken. Insofern wird sich DIE LINKE beim Antrag enthalten.

Danke schön.

(Beifall bei den LINKEN – Christian Hartmann, CDU: Was sagte denn eigentlich Karl May dazu? – Kathrin Kagelmann, DIE LINKE: Der gehört nicht zu unseren Klassikern! – Heiterkeit)

Jetzt spricht Frau Kollegin Lang für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Aufgrund der fortgeschrittenen Stunde und des Arbeitspensums dieser Woche gebe ich meine Rede zu Protokoll.

(Zuruf: Jawohl! – Beifall bei allen Fraktionen)

Vielen Dank, Frau Kollegin Lang. Als Nächste spricht für die AfD-Fraktion Frau Kollegin Wilke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Unter Ziffer 1 des Antrages fordern die GRÜNEN die Staatsregierung auf, über die Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt des sächsischen Staatswaldes zu berichten. Unter Ziffer 2 des Antrages wird die Staatsregierung aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, die aus Sicht der einbringenden Fraktion zur Umsetzung der Strategie notwendig sind. Die AfD-Fraktion wird den Antrag ablehnen.

Dieses Hohe Haus stimmt sicherlich überein, dass die Umsetzung der Strategie wünschenswert ist. Der Antrag wird von diesem Grundgedanken getragen und ist daher in seinem Kern auch richtig. Leider, muss ich sagen, übertreiben es die GRÜNEN wieder einmal mit Art und Ausmaß ihrer Forderungen. Sie fordern etwa, dass 10 % der gesamten Staatswaldfläche dauerhaft aus der forstwirtschaftlichen Nutzung herausgenommen wird. Schauen wir in die Nationale Strategie, sehen wir dahingegen, dass 5 % der Wälder einer natürlichen Entwicklung überlassen werden sollen. Sachsen übertrifft mit einer Fläche von 5,9 % des Staatswaldes, die dauerhaft der forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen ist, die Zielzahl der Strategie bereits. Wieso die einbringende Fraktion plötzlich eine Verdoppelung fordert, erschließt sich aus dem Antrag nicht.

Zudem ist es fraglich, ob die in der Strategie geforderte natürliche Entwicklung als Flächenstilllegung interpretiert werden darf oder ob es nicht auch eine naturnahe Waldbewirtschaftung beinhalten kann. Im Übrigen sollten gerade die GRÜNEN wissen, dass Holz als nachwachsender Rohstoff eine besondere Rolle im Umwelt- und Ressourcenschutz spielt. Pauschale Flächenstilllegungen, wie im Antrag gefordert, würden diesem Zweck zuwiderlaufen.

In Sachsen ist daher vorrangig der Waldumbau voranzutreiben: weg von Fichtenmonokulturen mit ihrer Anfälligkeit für Schadensereignisse, wie Windwurf oder Insektenkalamitäten, hin zu stabilen Mischwäldern. Eine pauschale Flächenstilllegung von 20 000 Hektar Staatswald, wie im Antrag gefordert, würden den dringend notwendigen Waldumbau stark beeinträchtigen. Eine sich selbst überlassene Monokultur führt nicht wie von Geisterhand zu einer standortgerechten Baumartenzusammensetzung.

Wenn der Mensch nicht aktiv plant und tätig wird, bleibt sie eine Monokultur auf lange Zeit.

Grundsätzlich spricht aus Sicht der AfD-Fraktion nichts gegen eine Ausweitung der Prozessschutzflächen. Wir haben dabei aber nicht den Staatswald im Blick, sondern den im Privatbesitz. Durch finanzielle Anreize könnten Privatwaldbesitzer dazu bewegt werden, an der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt teilzunehmen. Das ist eine Maßnahme, die viel Erfolg verspricht. Denn bislang wurden erst 0,36 % des Privatwaldes dauerhaft aus der forstwirtschaftlichen Nutzung herausgenommen. Mit den genannten Anreizen könnte dieser Anteil deutlich erhöht werden. Gerade mit Blick auf die Biotopverbundplanung kann die Einbindung des Privatwaldes sinnvoll sein.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)