Ich möchte auf Herrn Kollegen Dierks zurückkommen, der – ich habe es vorhin gesagt – in der Zeitung zu der Frage, wie die Frauenquote in der Union verbessert werden könnte, mit dem Satz zitiert wurde: „So etwas lässt sich nicht zentral steuern.“ Doch, es lässt sich zentral steuern, es muss sogar zentral gesteuert werden, würde ich sagen; denn wenn es nicht zentral gesteuert wird, wird sich nichts ändern.
Zwei Möglichkeiten stehen dafür zur Verfügung, zum einen – ich erwähnte es schon – eine in der Satzung der Parteien verankerte verbindliche Quotenregelung. Die andere Möglichkeit ist eine gesetzliche Regelung zur Parität. Wir als Partei DIE LINKE haben, wie andere auch, gute Erfahrungen mit einer erprobten und übrigens auch juristisch geprüften Mindestquotierung.
Frau Kollegin Hanka Kliese hat schon gesagt: Man hat dann immer schnell das Problem, dass Frauen im Parlament als Quotenfrauen bezeichnet werden, die nicht aufgrund ihrer persönlichen Leistung und fachlichen Eignung dort seien.
Frau Kollegin Buddeberg, würden Sie mir recht geben, dass die Aussage, die Sie wörtlich richtig zitiert haben, sich darauf bezog, dass es sich schwer zentral steuern lässt, dass in den Wahlkreisen Kandidaten des jeweiligen Geschlechts paritätisch nominiert werden?
Würden Sie mir auch darin recht geben, dass die Erfahrungen mit sogenannten Parité-Gesetzen in Ländern, die diese Gesetze haben, vor allem dazu führen, dass die Parteien letztendlich Abschläge bei der staatlichen Parteienfinanzierung hinnehmen müssen, weil das eben nicht die gewünschte Wirkung entfaltet?
Vielen Dank für diese Fragen. Für die Direktwahlkreise – dazu komme ich noch – gibt es sehr wohl Regelungen, die auch das ParitéGesetz vorsieht. Das ist die eine Möglichkeit.
Die andere Möglichkeit – ich spreche jetzt über beide Varianten, die man angehen kann –: Es würde schon viel helfen, wenn die CDU ihre Ämter und ihre Listen quotiert besetzen würde. Eine solche Absicht ist bei Ihnen nicht zu erkennen.
(Unruhe bei der CDU – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Komisch, dass sich bei euch nur die Männer aufregen, wenn es um eine Quote geht! – Glocke des Präsidenten)
Ja, natürlich, wir haben eine Quote. Darüber wollte ich gerade sprechen. Wir haben damit gute Erfahrungen.
Wenn es heißt, Frauen seien nur aufgrund der Quote im Parlament und nicht aufgrund persönlicher Leistung und fachlicher Eignung, würde ich zunächst einmal sagen, dass sich das nicht ausschließen muss. Ich möchte nicht despektierlich sein, aber ich bin mir nicht sicher, ob wirklich alle Männer, die in den Parlamenten sind, aufgrund ihrer persönlichen Leistung und fachlichen Eignung ein Mandat errungen haben oder ob das nicht doch eher Netzwerke waren oder andere Voraussetzungen, die ihnen den Weg geebnet haben.
Liebe Kollegin Buddeberg, geben Sie mir recht, dass die 59 Abgeordneten der CDU, die hier sitzen, alle direkt durch das Volk gewählt worden sind, und dass die 28 oder 29 Abgeordneten der LINKEN, die hier sind, bis auf eine einzige Abgeordnete lediglich deshalb ins Parlament gekommen sind, weil Ihre Partei intern eine Liste aufgestellt hat?
Ich wusste gar nicht, dass dies gleich eine solche Aufregung auslöst. Es wurde eine Zwischenfrage gestellt, und das Wort hat jetzt die Kollegin hier vorn, die darauf antwortet.
Es geht hier aber darum, wie mehr Frauen in der Politik aktiv sein können. Darüber möchte ich sprechen. Bei uns – wenn Sie das vergleichen würden, würden Sie es sehen – sind in den Direktwahlkreisen sehr viel mehr Frauen nominiert worden als Männer. Bei Ihnen in der CDU ist das anders. Das hat einen Grund, über den ich jetzt sprechen möchte – direkt gewählte Abgeordnete hin oder her.
Ich möchte noch einmal über die Quotierung sprechen. Ich weiß, es ist sehr schwer zu ertragen für die vielen Männer, die hier im Parlament sitzen und die sich das nicht gefallen lassen wollen. Ich werde meine Rede jetzt trotzdem weiter halten.
Die Quotierung ist ein Mittel zum Zweck, denn das Ziel ist eigentlich eine geschlechtergerechte Gesellschaft, in der das Geschlecht keine Rolle mehr spielt. Sie zielt also darauf ab, sich selber überflüssig zu machen. Sie hat aber einen wichtigen Effekt – und das ist genau auch die Antwort auf Ihre Frage–: Wenn eine Partei weiß, dass sie die Hälfte ihrer Ämter und Mandate mit Frauen besetzen muss, dann hat sie ein sehr großes Interesse an der Mitarbeit von Frauen und wird eine nachhaltige Förderung, gerade was die Frauen angeht, anstreben. Genau das macht meine Partei, deswegen haben wir gut qualifizierte
weibliche Abgeordnete und überhaupt kein Problem, unsere Liste quotiert zu besetzen und Direktkandidatinnen für die Direktwahlkreise zu finden.
Die Frage, ob die Quotierung undemokratisch ist, muss sich eine Gegenfrage gefallen lassen, nämlich die Frage nach dem Demokratieverständnis. Warum hat denn eine Demokratie eigentlich kein Problem damit, relevante Teile der Bevölkerung im Parlament auszuschließen? Man muss aber diese Frage der Repräsentanz von Frauen in den Parlamenten nicht den Parteien überlassen, denn das kann auch nach hinten losgehen – wir hörten es schon. Aktuell gibt es einen sinkenden Frauenanteil im Bundestag durch den Zuwachs rechtskonservativer Parteien. Was die AfD von der Geschlechtergerechtigkeit hält, hat Frau Wilke vorhin in ihrer unfassbar kruden Rede ausgeführt. Das werden wir auch im Haushalt noch einmal hören.
Ich möchte aber darauf hinweisen, dass bei der AfD die Frauen eigentlich nicht einmal aufbegehren könnten, denn die AfD lehnt nicht nur Quoten ab, sondern ihre Bundessatzung verbietet explizit parteiinterne Frauenorganisationen. Das muss man sich einmal vorstellen vor dem Hintergrund, dass das Frauenwahlrecht gar nicht hätte eingeführt werden können, wenn die Frauen sich nicht hätten organisieren können.
Will man die Repräsentanz von Frauen also nicht den Parteien überlassen, dann braucht es allgemeine gesetzliche Regelungen. Auch hier lohnt sich wieder der Blick zur Wiege der Französischen Revolution. Frankreich führte das Frauenwahlrecht zwar erst später ein, nämlich 1944, aber seit 2001 gilt das Parité-Gesetz. Das schreibt nicht nur vor, dass die Wahllisten paritätisch besetzt sein sollen, sondern eben auch ein Tandemprinzip bei Wahlkreisen. Das würde übrigens das Problem mit den direkt Kandidierenden lösen. Die Diskussion um das ParitéGesetz ist nun endlich auch in Deutschland angekommen. Darüber wird hier kontrovers diskutiert. Wir haben schon gemerkt, dass das ein Aufregerthema ist. Natürlich ist das so, denn hier geht es um Macht und Einfluss.
Selbstverständlich gibt es juristische Vorbehalte, die ernst zu nehmen und zu prüfen sind. Meiner Meinung nach muss einfach einmal ein Bundesland mutig sein, vorangehen, das Gesetz beschließen und es gegebenenfalls einer Prüfung beim Bundesverfassungsgericht unterziehen. Ich gehe einmal davon aus, dass es kein CDU-geführtes Bundesland sein wird, das diesen mutigen Schritt geht.
(Patrick Schreiber, CDU: Da frage ich mich, warum Thüringen nicht damit anfängt. Wo ist denn der Herr Ramelow? Das ist übrigens auch ein Mann!)
Der Kampf gegen das Parité-Gesetz ist erbittert, ungefähr so erbittert, wie es der Kampf gegen das Frauenwahlrecht war. Wir als LINKE werden dafür kämpfen, dass es nicht weitere hundert Jahre braucht, bis es umgesetzt wird.