Protocol of the Session on November 7, 2018

Der soziale Wohnungsbau ist ein Instrument, aber nicht das alleinige Instrument. Deshalb werden wir den sozialen Wohnungsbau verstetigen. Wir haben ihn ja nicht nur in der Landeshauptstadt Dresden, sondern auch in Leipzig seit dem Jahr 2017, und wir werden ihn weiter verstetigen.

Doch lassen Sie mich noch einmal zum Thema zurückkommen. Wohnen ist eine der wichtigsten sozialen Fragen, ja. Aber beim Thema Wohnen haben wir es mit einem Gut zu tun, das gleichermaßen ein soziales Gut ist und entsprechend geschützt werden muss, aber auch ein Wirtschaftsgut. Mit Eingriffen in den Preismechanismus, mit Vorschriften, mit Kappungsgrenzen allein – so richtig Sie im Einzelfall auch motiviert sein können – werden Sie das Problem nicht lösen. Was wir brauchen bei steigender Bevölkerung, bei steigendem Zuzug in die urbanen Zentren, ist eine deutliche Ausweitung des Angebotes. Und genau das tun wir mit dem Wohnungsgipfel und mit unseren Maßnahmen im Freistaat Sachsen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Jörg Vieweg, SPD)

Wir brauchen daher eine neue Wohnungspolitik und neue Ansätze. Was wir bereits getan haben und fortführen, ist der seniorengerechte Umbau. Dafür haben wir allein in diesem Jahr 10 Millionen Euro bewilligt, weil gerade auch eine älter werdende Bevölkerung hier ihren Tribut zollt; dem werden wir uns widmen. Gleichermaßen haben

wir in Sachsen auch andere Herausforderungen, nämlich eine stagnierende Bevölkerung, einen steigenden Altersdurchschnitt, das ist richtig, aber auch – und Kollege Fritzsche hat darauf hingewiesen – eine der niedrigsten Wohneigentumsquoten in den deutschen Flächenländern. Im ländlichen Raum haben wir teilweise Angebotsmieten, aus denen wir kaum mehr Sanierung oder Modernisierung finanzieren können, weil die Leerstände zu hoch sind.

Deshalb wird es in Kürze auch neue Ansätze dieser Staatsregierung geben, was Wohnen im ländlichen Raum betrifft. Unser Ministerpräsident hat zu Recht in der Regierungserklärung darauf hingewiesen: Unser Freistaat Sachsen ruht auf den Städten und dem ländlichen Raum gleichermaßen. Beide Säulen müssen wir im Blick behalten, und beide Säulen müssen wir auch entsprechend gleichmäßig nach vorne entwickeln. Das genau tun wir.

Mit der Förderung nicht nur des Familienwohnens, sondern auch der Förderung des Wohnens im ländlichen Raum wollen wir, dass auch Familien und Senioren in den Genuss der Förderung kommen. Wir brauchen keine weiteren Zinszuschussprogramme, sondern ein staatliches Förderdarlehen außerhalb des Bankrechts, damit ich keine Schwierigkeiten habe bei der Versicherung, mit der Kreditfinanzierungsrichtlinie der Europäischen Union. Jeder und jede soll in den Genuss kommen. Das wird ein niedriger Zinssatz, eine lange Laufzeit sein, und das ist genau das Instrument, mit dem wir nicht nur Wohnen im ländlichen Raum fördern, sondern auch den Erfordernissen des Eigentums im besonderen Maße gerecht werden. Eigentum ist gut. Eigentum ist gut für die Kinder. Eigentum ist gut für die Eigentümer, weil es eine Altersvorsorge bedeutet. Eigentum ist gut für die Sicherheit. Ich habe mein Wohnumfeld, meine Heimat, wo ich entsprechend auch wachsamer bin mit den Nachbarn. Ich habe mehr Wege, die ich auf mich nehme, um zur Arbeit zu fahren. Das heißt, es ist auch ein Beitrag zur Entwicklung unserer Heimat im ländlichen Raum, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von den LINKEN und der AfD)

Lassen Sie mich noch einmal zum spezifisch Sächsischen kommen. Ich bin dankbar, dass es gemeinsam mit der Bundesregierung und allen Ländern gelungen ist, jetzt auch das Baukindergeld wieder einzuführen – 12 000 Euro innerhalb von zehn Jahren für ein Kind. Wir haben in Sachsen noch eins daraufgelegt: Sie können sich jetzt auch dieses Baukindergeld in einer Summe ausbezahlen lassen – Danke an dieser Stelle auch der Sächsischen Aufbaubank –, ohne Zinsen, ohne Sicherheit: für ein Kind 12 000 Euro. Wenn sie zwei Kinder haben, erhält eine Familie sofort 24 000 Euro. Das ist Eigenkapital, mit dem man dem Traum vom Wohnen im ländlichen Raum ein entscheidendes Stück näherkommt. Deshalb stehen wir an Platz zwei aller Bundesländer, die eine hohe Antragsnachfrage beim Baukindergeld haben. Das ist, meine Damen und Herren, der sächsische Weg in der Wohnungspolitik, der dann auch zum Ergebnis führt.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Auch die Städtebauförderung hat ihren Beitrag geleistet und wird ihn weiter leisten: im laufenden Jahr 2018 und im kommenden Jahr 2019 wieder in Höhe von 170 Millionen Euro jährlich.

Wir fördern das Wohnumfeld. Wir stärken die Infrastruktur. Wir sorgen für Wohnraumförderung in den Städten, in den Kommunen. Und wir setzen noch einen obendrauf. Wir haben gesagt: Wir wollen auch, dass wir Verfügungsfonds speisen können, hälftig privat, hälftig staatlich. Das stärkt die Eigenverantwortung, beispielsweise auch bei den Einzelhändlern, die Innenstädte zu verschönern und dort für eine zusätzliche Attraktivität in den Städten und in den Kommunen zu sorgen.

Und, meine Damen und Herren, Kriminalität, Sicherheit und Raum müssen gemeinsam gedacht werden. Deshalb haben wir auf der letzten Bauministerkonferenz in Kiel eine Initiative gestartet, mit der wir auch die Verhinderung von Überfahrttatbeständen – Weihnachtsmärkte gibt es nicht nur in der Landeshauptstadt, auch wenn es der älteste und einer der schönsten ist; die gibt es überall –, städtebaulich finanziell unterstützen, dass wir Sicherheit und ein attraktives Wohnumfeld gleichermaßen in den Blick nehmen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch sagen: Es ist ein Strauß von Maßnahmen. Dazu gehören auch die Entbürokratisierung, die Digitalisierung. Wir müssen bei der Bauordnung entsprechend vorankommen. Sachsen geht hier auch voran. Wir haben eine Eins-zu-eins-Umsetzung bei der Musterbauordnung. Wir halten uns an die entsprechenden Vorgaben und harmonisieren so das Baurecht auch mit anderen Ländern. Wir haben mit dem Freistaat Sachsen eine Initiative gestartet, bei der ein digitaler Bauantrag möglich ist.

Meine Damen und Herren, das ist ein entscheidender Schritt nicht nur zur Entbürokratisierung, sondern auch zur Digitalisierung. Lassen Sie mich abschließend noch einmal deutlich machen: Ich glaube, wir haben die Herausforderung gemeinsam mit dem Bund und gemeinsam mit den Akteuren in Sachsen angenommen. Wir sind auf einem guten Weg, und mit den neuen Maßnahmen wird es uns auch gelingen, in der entsprechenden Zeit für neuen Wohnraum zu sorgen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Damit ist die erste Aktuelle Debatte beendet. Ich rufe auf die

Zweite Aktuelle Debatte

Für einen Mindestlohn, der vor Armut schützt – jetzt handeln, Herr Dulig!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Es beginnt die antragstellende Fraktion. Bitte, Frau Abg. Schaper.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was es bedeutet, für den Mindestlohn zu arbeiten: Ich kenne zum Beispiel den Fall eines Lkw-Fahrers im Erzgebirge. Er steht jeden Morgen um 5 Uhr auf und sitzt den ganzen Tag auf seinen Bock – und das am Ende für 1 100 Euro. Als er nach zehn Jahren seinen Chef gefragt hat, ob er vielleicht 200 Euro mehr bekommen könnte, bekam er zur Antwort: „Du musst ja nicht hier bei uns arbeiten!“

Oder nehmen wir die Reinigungskraft, die laut Vertrag nur zwei bis drei Stunden in einer Einrichtung putzt, aber in Wirklichkeit vier bis fünf Stunden für die Arbeit braucht. Das nicht, weil sie zu langsam wäre, sondern weil eine ordentliche Reinigungsleistung nun mal ihre Zeit braucht. Sie bekommt dann unterm Strich noch nicht einmal den Mindestlohn.

Das sind keine Einzelfälle, meine Damen und Herren. Das geht Hunderttausenden Beschäftigten in ganz Sachsen so. Laut dem Bundesarbeitsministerium erhalten knapp 3,7 Millionen Menschen in Deutschland weniger als

2 000 Euro Brutto im Monat, obwohl sie in Vollzeit arbeiten. In Sachsen betrifft das also mehr als ein Drittel der Vollzeitbeschäftigten. Das ist der zweitschlechteste Wert aller Bundesländer, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Dass wir einen Mindestlohn haben, freut uns wirklich sehr. Wir waren ja auch die erste Partei, die ihn im Bundestag gefordert hat, nämlich bereits im Jahre 2001. Steter Tropfen höhlt den Stein; 2015 kam dann die Einführung. Davon profitieren laut dem Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung 300 000 Beschäftigte allein in Sachsen. Das zeigt, wie nötig eine gesetzliche Lohnuntergrenze ist – und das gerade hier im Freistaat.

So erfreulich es ist, dass es sie gibt, sosehr muss man ihre geringe Höhe bemängeln, denn CDU, CSU und SPD haben bis jetzt dafür gesorgt, dass der Mindestlohn nicht vor Armut schützt. Mit aktuell 8,84 Euro kann man selbst in Vollzeit und mit 45 Beitragsjahren keine Rente oberhalb der Grundsicherung erreichen.

Zum anderen erzielt man damit bis heute kein Einkommen, das ausreicht, um mehr als eine Person im Haushalt mit versorgen zu können. Daran wird auch diese mickrige Erhöhung von 35 Cent ab dem 1. Januar 2019 nichts ändern. Da hilft es auch wenig, wenn Sie, sehr geehrter

Herr Dulig, jetzt feststellen, dass ein Mindestlohn von 12 Euro nötig wäre. Die Mindestlohnkommission hat schon Ende Juni den Mindestlohn für 2019 und 2020 festgelegt. Vielleicht hätte Herr Dulig früher aufwachen können und sollen, und vielleicht hätte die SPD die Forderung eines ordentlichen Mindestlohns vor der Kommissionssitzung statt hinterher formulieren sollen und können.

(Beifall bei den LINKEN)

Der heutige Mindestlohn schützt selbst Menschen, die in Vollzeit arbeiten, nicht vor Armut; denn der Mindestlohn verhindert keine Niedriglohnbeschäftigung, da er weit unterhalb der aktuellen Niedriglohnschwelle liegt. Diese beträgt rund 60 % des mittleren Einkommens in Deutschland und lag bereits 2010 bei 10,36 Euro und 2014 bei 11,09 Euro. 20 % der Beschäftigten in Deutschland verdienen also weniger. Der Mindestlohn muss daher deutlich angehoben werden, um den Niedriglohnsektor endlich auszutrocknen.

Auf ihrer jährlichen Renteninfo sehen also der LkwFahrer und die Reinigungskraft dann übrigens, dass sie im Rentenalter, sofern die Gesundheit überhaupt mitmacht, unweigerlich in die Grundsicherung fallen. Das ist dann so, als hätten sie nie gearbeitet. Damit der Mindestlohn wirklich zum Leben reicht und eine Rente ermöglicht, die zumindest ein bisschen die Arbeitsleistung der vielen Jahre widerspiegelt, müsste er sehr zügig auf mindestens 12,63 Euro pro Stunde steigen. Diese Zahl kommt nicht von uns, sondern von der Bundesregierung. Arbeit darf nicht arm machen, sondern muss ein Leben in Würde ermöglichen. Menschen bleiben aber auch mit dem heutigen Mindestlohn arm, und dies ein Leben lang. Das ist der eigentliche Skandal.

Bitte zum Ende kommen.

Ich bin fertig.

(Beifall bei den LINKEN)

Gut. – Dann rufe ich jetzt die CDU-Fraktion auf, Herrn Kiesewetter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Ansatz der LINKEN, den Mindestlohn zu erhöhen, ist ja nicht neu. In der zuletzt geführten Diskussion stehen 12 Euro pro Stunde im Raum. Ungeachtet dessen, dass es sich hierbei natürlich in erster Linie um ein bundesrechtliches Thema handelt, erlauben Sie mir in der Sache vielleicht doch ein paar Ausführungen dazu.

Bei der Einführung des Mindestlohnes gab es gute Gründe, den Mindestlohn nicht vom Staat festlegen zu lassen, sondern von einer Mindestlohnkommission. Sie ist paritätisch besetzt, mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern; Frau Schaper hat das ausgeführt. Sie handelt gewissermaßen das Ergebnis aus und legt es vor. Die Kriterien, wie und nach welchen Maßstäben ausgehandelt wird, sind im

Mindestlohngesetz bundeseinheitlich fixiert, und dazu gibt es auch Berichtspflichten.

Es gibt gute Gründe zu sagen, dass der Staat nicht den Mindestlohn festlegen soll. Der erste ist aus meiner Sicht die Überzeugung, dass dann, wenn der Staat den Mindestlohn festlegt, dieser entsprechend politisiert wird, und in der Folge dessen kommt es natürlich auch zu einem entsprechenden Unterbietungswettbewerb. Das halte ich nicht für sonderlich seriös, insbesondere dann nicht, wenn Wahlen anstehen. Ich denke, wenn man den Mindestlohn vollkommen von wirtschaftlichen Prozessen entkoppelte, dann wäre das natürlich schädlich.

Der zweite Grund: Wenn wir uns nun an den Mindestlohnvorschlägen von 12 Euro orientierten und sagten, das müsste es jetzt sein, dann würde er natürlich auch Tarifabschlüsse, die darunter liegen, entsprechend verdrängen. Auch das müsste man dann bundesseitig einheitlich regeln. Wenn man einmal dabei ist, dann kann man eigentlich auch gleich die Löhne staatlich festlegen. Dann braucht man keine Gewerkschaften mehr, und da Löhne mit Preisen zusammenhängen, kann man auch Preise festlegen. Das hatten wir in unserer Geschichte schon einmal, und das brauche ich an dieser Stelle nicht weiter auszuführen.

Deshalb wollen wir, dass Tarifpartner die Mindestlöhne aushandeln, so wie es vorgesehen ist. Das ist eine subsidiäre Struktur. Subsidiarität schützt die Freiheit, und wir wollen eine freiheitliche Wirtschaftsordnung, keine reglementierte.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Lohndumping!)

Das dritte Argument ist, dass der Mindestlohn, so wie wir ihn jetzt mit 8,48 Euro haben oder dann ab 1. Januar 2019 mit 9,19 Euro haben werden, nicht vor Armut schützt. Das ist richtig; der Mindestlohn ist eben auch keine sozialpolitische Maßnahme, sondern eine ordnungspolitische. So ist es auch im Gesetz vorgesehen. Er soll Ordnung in den Wettbewerb bringen und verhindern, dass der Wettbewerb über Lohndrückerei erfolgt.

Mindestlohn ist nicht der gerechte Lohn, den sich manch einer vielleicht wünscht. Ich denke, wir sollten bei dem bleiben, was die Politik entsprechend ihrem Auftrag leisten kann, nämlich sinnvollerweise zu regeln, was ordnungspolitisch richtig und nützlich ist. Das ist keine Politik von Ungerechtigkeit. Vielmehr ist es Voraussetzung für Gerechtigkeit, Ordnung auf den Markt zu bringen. Dieser Ordnungsansatz ist richtig und notwendig. Die Zahlen zeigen das.

Ich war erst am Freitag bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit und habe mich dort zu den Aufgaben und den anstehenden Herausforderungen insbesondere zu diesem Feld informiert. Selbstverständlich brauchen wir in diesem Zusammenhang vernünftige Kontrollen, dass die Regeln eingehalten werden, insbesondere bei der Dokumentation der Arbeitszeiten. Ich will nicht in eine Situation hineingeraten, in der dann argumentiert wird, lieber keinen als einen schlecht kontrollierten Mindestlohn. Ich

denke, wir sind es den Leuten schuldig, die in diesem Bereich arbeiten, dass dort vernünftige Kontrollen durchgeführt werden.

(Beifall des Abg. Henning Homann, SPD)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich würde ganz gern weiter ausführen; ich komme gleich zum Ende.