Protocol of the Session on September 27, 2018

(Beifall bei den LINKEN)

Jetzt kommt die prompte Reaktion auf die Kurzintervention. Bitte, Herr Dr. Meyer.

Vielen Dank, Herr Präsident! Frau Dr. Pinka, beim Thema Klimawandel treffen Sie mich bei meinem Spezialthema und Sie wissen selbst, dass das Klima kein lokales Phänomen, sondern ein Weltphänomen ist. Ich habe in meinem Redebeitrag durchaus auch das Thema Innovation angesprochen und Sie wissen, dass wir zu DDR-Zeiten einen Wirkungsgrad in den Braunkohlekraftwerken hatten, der unter 40 % lag. Wir kommen jetzt schon an die 50 % heran. Ich will damit sagen, dass wir Technologien aus Deutschland heraus entwickeln, die weltweit zum Einsatz kommen können. Wenn Sie wissen, dass in China und anderen Regionen dieser Welt ein Zubau von derartigen Kraftwerken mit niedrigem Wirkungsgrad erfolgt, dann ist es, glaube ich, ganz wichtig, dass wir bei diesem Thema auch dranbleiben und dass wir mit neuen Technologien auch die Welt unterstützen, umweltfreundliche Energien zu erzeugen und umzuwandeln.

(Widerspruch bei den LINKEN)

Deswegen ist es wichtig, dass wir an dieser Stelle weitermachen können. Ich habe deutlich gemacht, dass es um einen Ausstieg geht. Nachhaltigkeit hat aber, wie bereits erwähnt, drei Dimensionen. Die Menschen und die soziale Dimension dürfen Sie neben der Umweltdiskussion nicht vernachlässigen. Das ist ganz entscheidend.

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Prof. Dr. Roland Wöller)

Jetzt geht es weiter. Die einbringende SPD-Fraktion hat das Wort, und zwar Herr Kollege Baum.

(Widerspruch bei den LINKEN)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir müssen uns

auch heute wieder in diesem Hohen Hause mit Szenarien zum Thema Braunkohleausstieg beschäftigen. Hintergrund sind die Aussagen von Herrn Pofalla, einem der vier Vorsitzenden der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung, die vor etwa zehn Tagen unter anderem auch im „Spiegel“ veröffentlicht worden sind. Die Kommission hat in der Tat ein sehr straffes Programm und ambitionierte Ziele, soll sie doch nach meinem Kenntnisstand bis Ende Oktober Empfehlungen für Maßnahmen zur sozialen und strukturpolitischen Entwicklung der Braunkohleregionen sowie zu ihrer finanziellen Absicherung vorlegen. Zweitens soll sie bis zur nächsten UN-Klimakonferenz in Katowice Anfang Dezember dieses Jahres weitere Empfehlungen für Maßnahmen zum Beitrag der Energiewirtschaft für die Erreichung der Reduktionsziele vorlegen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich des Eindrucks leider nicht erwehren, dass einigen Mitgliedern dieser Kommission nicht klar ist, was Zielstellung, Strategie und vor allem Maßnahmen sind. Kaum jemand stellt doch das große und über allem stehende Ziel infrage, bis 2050 die selbst gesteckten Klimaschutzziele zu erreichen.

(Jörg Urban, AfD: Doch, wir!)

Der strategische Weg dahin heißt Energiewende, worüber wir uns eigentlich einig sind. Entscheidend – und das ist der Punkt, zu dem wir auch unterschiedliche Auffassungen haben – sind die Maßnahmen dazu und deren Akzeptanz bei den Menschen in den Braunkohleregionen, die dort leben und arbeiten und dies auch noch in 20 bis 30 Jahren tun wollen. Diese Maßnahmen müssen zeitlich differenziert werden, und zwar kurz-, mittel- und langfristig.

Es ist also erst eine deutlich sichtbare und vor allen Dingen nachhaltige Strukturentwicklung einzuleiten und umzusetzen. Zudem muss diese wirksam werden. Danach ist der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung möglich. Es ist eben nicht sinnvoll – auch aus meiner Sicht –, heute ein fiktives Datum oder eine konkrete Jahreszahl festzulegen. Das sorgt nur für Verunsicherung.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Wir erwarten stattdessen von der Kommission konkrete und handfeste Vorschläge, wie der Strukturwandel und der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung gelingen kann. Erste Ideen wie ein Sonderverkehrswegeplan, ein Verkehrswegebeschleunigungsgesetz und das Thema Modellregionen sind weitere wichtige und richtige Ansätze wie auch der beschleunigte Ausbau einer gigabitfähigen digitalen Infrastruktur. Auch die Ansiedlung von Forschungseinrichtungen, Behörden des Bundes und der Länder sind ein wichtiger und richtiger Anfang. Da müssen wir weitermachen.

Die Debatte um ein Ausstiegsjahr lenkt aber vom Konkreten ab. Ich sage es immer wieder neu: Für die Akzeptanz

des Prozesses durch die Menschen vor Ort sind wirtschaftliche Stabilität, Arbeitsplätze und Wachstum unerlässlich. Nur dann sind die Menschen in den Revieren auch bereit, den Prozess positiv mitzugestalten.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Wichtig ist auch – und das sage ich ganz deutlich –, dass die Kommissionsmitglieder nun bald vor Ort in die Region kommen. Sie sollen sich alle selbst ein Bild davon machen, vor welchen Problemen die Region, insbesondere das Lausitzer Revier, steht. Denn hier ist der Bedarf an nachhaltiger Strukturentwicklung am größten.

Für einen erfolgreichen Strukturwandel braucht es einen ausgewogenen Vierklang zwischen den Aspekten des Klimaschutzes, der notwendigen Versorgungssicherheit, der Wirtschaftlichkeit – also der Bezahlbarkeit von Strom – und der Sicherung und Neuschaffung von Arbeitsplätzen. Ich bin der Staatsregierung sehr dankbar, dass sie sich auch weiterhin dafür starkmacht, ein Ausstiegsdatum nicht vor das Ende der Laufzeit der genehmigten Betriebspläne von MIBRAG und LEAG zu setzen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines möchte ich am Ende sagen: Braunkohle ist immer noch ein wertvoller einheimischer Rohstoff. Diese Braunkohle taugt zu mehr, als sie nur zu verbrennen, damit Wasser heiß zu machen und eine Turbine anzutreiben. Was wir brauchen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist Zeit für die Zukunft.

Vielen Dank und Glück auf!

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsminister Prof. Dr. Roland Wöller und Dr. Matthias Haß)

Kollege Baum hatte das Wort für die SPD-Fraktion. Jetzt geht es weiter mit der Fraktion DIE LINKE; Frau Dr. Pinka, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was für ein Paukenschlag ist dieses Thema, mit dem die CDU und die SPD heute über Strukturwandel reden wollen.

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Ein wichtiges Thema!)

Aber da endet bereits meine Euphorie. Denn was haben wir denn hier in den letzten Jahren gemeinsam diskutiert? Das ist doch ganz großes Kino. Wir haben ganz oft mit Ihnen über den Braukohleausstieg diskutieren wollen. Was haben Sie uns als Botschaft immer gesagt? Es wird ihn nicht geben. Ihre letzten Papiere, die ich gelesen habe, sagen einen Braunkohleausstieg bis 2100 nicht vorher.

Eine kleine Kritik sei mir an unserem Landtagspräsidenten Herrn Dr. Rößler gestattet. In seiner heutigen Videobotschaft sagt er: Wir wollen dafür sorgen, dass möglichst lange am Braunkohleausstieg festgehalten wird. Ich glaube nicht, dass alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier hier im Hause das genauso sehen.

(Beifall bei den LINKEN, den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich möchte gern zurückgehen an den Anfang einer Zäsur: nämlich an den Verkauf der Sparte Braunkohle von Vattenfall an die LEAG. Hier hätte meines Erachtens die erste Möglichkeit bestanden, eine sinnvolle Begleitung des Freistaates beim Verkauf und Perspektiven für die Zeit nach der Tagebaubewirtschaftung zu entwickeln. Denn zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass es einen Braunkohleausstieg geben wird. Die Staatsregierung hat sich zurückgezogen – wir haben das hier im Parlament diskutiert – und diesen Verkaufsvorgang eben nicht begleitet. Das Ergebnis ist verheerend. Nicht nur, dass der von Vattenfall gezahlte Kompensationsbeitrag an die LEAG für die Rekultivierung an das Firmengeflecht einfach verschwunden ist und dass es kein Geld gibt, das es dem Freistaat ermöglicht, Rekultivierung im Nachgang zu bezahlen, falls es zum Worst Case kommt, dass die LEAG irgendwann einmal aussteigt. Die Sicherheitsleistungen – wir haben es erst kürzlich wieder diskutiert – existieren nicht. Nach der aktuellen Stellungnahme der Wirtschaftskanzlei Cordes und Partner – das werden Sie wahrscheinlich zur Kenntnis genommen haben – ist die LEAG im Moment einfach nicht in der Lage, schwarze Zahlen zu schreiben. Es gibt intransparente Bilanzen.

Bereits an dieser Stelle ist festzustellen, dass es äußerst unsicher ist, ob die Beendigung des Braunkohlebergbaus, ob die notwendigen Rekultivierungsmaßnahmen, die dann anstehen, überhaupt noch von diesem Betreiber finanziert werden können.

Da frage ich insbesondere Herrn Rohwer, der am 17. März 2016 hier im Parlament gesagt hat, dass die Zuverlässigkeit des neuen Betreibers geprüft werde, ob das zu diesem Zeitpunkt denn tatsächlich erfolgt ist. Die einzige Perspektive, die durch den Freistaat bislang geboten wird, ist nämlich die, dass die große Gefahr besteht, dass die Steuerzahler letztendlich für die Sanierung der Braunkohletagebaue bezahlen werden – und das nicht etwa mit wenig Geld. Ich rechne mit mehreren Hundert Millionen Euro, wenn nicht sogar mehr, einmal abgesehen von den Ewigkeitslasten, die wir als Freistaat dann zu tragen haben.

Unter diesem Blickwinkel – das frage ich auch Herrn Vieweg von der SPD – erscheint doch die Aussage vom 31. Mai 2018 hier im Plenum, dass die Koalition alles dafür tun werde, LEAG und MIBRAG zu erhalten, mehr als fragwürdig.

(Jörg Vieweg, SPD: Nein!)

Aber selbst der Entwurf der Staatsregierung für den Doppelhaushalt 2019/2020, der uns jetzt vorliegt, bietet keinerlei Perspektiven. Da werden 300 000 Euro jährlich für die Wirtschaftsregion Lausitz GmbH bzw. eine Gesellschaft des mitteldeutschen Reviers eingestellt. Ein Gesellschaftszweck der Wirtschaftsregion Lausitz ist nun einmal die effiziente Braunkohlenutzung. Da werden weiterhin jährlich 500 000 Euro Verwaltungskosten für Planfeststel

lungsverfahren zur Erweiterung der Braunkohlentagebaue Nochten und Vereinigtes Schleenhain eingestellt, und das, obwohl bereits jetzt feststeht, dass in allen Revieren große Kohlenmengen genehmigt worden sind und dass bei gleichbleibender Kohleverstromung schon ein Überhang entsteht, Herr Baum. Sie sind schon genehmigt; wir brauchen keine weiteren Planfeststellungsverfahren für Nochten II und Schleenhain.

Daher sind keine Gelder vorhanden, die tatsächlich etwas mit dem Strukturwandel in den sächsischen Braunkohlenrevieren zu tun haben. Deshalb: Was Sie genannt haben – sind das die einzigen Perspektiven, die Sie vorhaben?

(Beifall bei den LINKEN)

Das war Frau Dr. Pinka für die Fraktion DIE LINKE. Nun spricht für die AfD – – Entschuldigung, Herr Urban, an Mikrofon 6 habe ich eine Kurzintervention übersehen; die kommt jetzt zum Zuge. Bitte, Herr Kollege Rohwer.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Dr. Pinka hat mich in ihrem Redebeitrag gerade persönlich angesprochen. Frau Dr. Pinka, ich will es Ihnen gerne noch einmal erklären, weil Sie die Renaturierung und den Steuerzahler angesprochen haben. Darauf habe ich eine ganz klare Sicht. Wenn Sie es mit Ihren politischen Freunden weiterhin betreiben, den Braunkohleausstieg nach vorne zu ziehen, dann werden die Unternehmen nicht das Geld erwirtschaften, um die Renaturierung erfolgreich gestalten zu können. Dann werden sich diese zurückziehen

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

und sagen: Weil politisch eingegriffen worden ist, werden wir diese Renaturierung nicht mehr bezahlen. Diese Gefahr steht real vor uns.

Deswegen warne ich davor, den Braunkohleausstieg vorzuziehen. Er ist bereits beschlossen. Wir wissen, wie lange Ausschachtungen von Braunkohlegebieten möglich sind und wie lange die Kraftwerke laufen.

Daher sage ich noch einmal: Wenn Sie Bilanzen nicht verstehen, sollten Sie hier am Rednerpult nicht so dummes Zeug loslassen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der AfD)

Ja, vielleicht – –

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Ich will keinen Ordnungsruf!)

Sie sind nicht empfindlich

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Nein!)