Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Am 10. Dezember 1948 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen im Paris die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Sie bildete die Grundlage des heutigen internationalen Menschenrechtsschutzes und ist das am häufigsten übersetzte Dokument der Welt, verfügbar in mehr als 500 Sprachen. Den diesjährigen 70. Jahrestag nimmt die Linksfraktion nun zum Anlass, um mittels Antrag eine entsprechende Würdigung der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und die Bekräftigung der universellen Geltung durch dieses Hohe Haus einzufordern.
Darüber hinaus wird die Staatsregierung ersucht, dem Landtag bis zum Ende des ersten Quartals 2019 einen Bericht über den Stand der Verwirklichung der universellen Menschenrechte und mögliche zukünftige Gefährdungen im Freistaat Sachsen abzugeben. Dieser Bericht soll laut Antrag gemeinsam mit NGOs, insbesondere mit Sozialvereinen und -verbänden, Menschenrechts-, Demokratie-, Antidiskriminierungs- und Flüchtlingsorganisationen erarbeitet werden. Einbezogen werden sollen zudem die Ergebnisse des UPR-Staatenberichts der Bundesrepublik Deutschland 2018 des Deutschen Instituts für Menschenrechte, einem seit 2007 praktizierten Prüfverfahren, dem sich alle Mitgliedsstaaten regelmäßig unterziehen.
Werte Kollegen der Linksfraktion! Ihr Anliegen, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte hier noch einmal zu würdigen und zu bekräftigen, ist ja aller Ehren wert. Aber ich frage mich, warum dieser Antrag nur durch eine Oppositionsfraktion eingebracht wurde und keine fraktionsübergreifende inhaltlich-fachliche Diskussion vor der öffentlichen Debatte im Plenum erfolgt ist. Das wäre auch vor dem eigentlichen Jubiläum im Dezember 2018 möglich gewesen.
Sie müssen sich hier schon vorhalten lassen, das Sie ohne Zeitdruck den Weg des geringsten Widerstandes gewählt haben, um dieses Thema hier in irgendeiner Art und Weise
Nun gut, Sie haben sich dann dafür entschieden, den Fachausschuss zu diesem Thema nicht zu bemühen. Es ist Ihre Entscheidung, wie Sie gewisse Themen hier parlamentarisch aufgreifen. Man hätte das besser machen können.
Herr Kollege, geben Sie mir darin recht, dass sich die Fraktion DIE LINKE in dieser Legislaturperiode wiederholt bemüht hat, einen gemeinsamen Antrag zu gewichtigen, auch gesellschaftlich ausgesprochen brisanten Fragen über die Fraktionen hinweg zustande zu bringen, und dass Ihr damaliger Vorsitzender – vielleicht wird es mit dem neuen besser – ausdrücklich erklärt hat, dass es mit der LINKEN keine gemeinsamen Anträge gibt?
Ich habe es ja schon gesagt: Das Bemühen, einen Antrag zusammen mit anderen Fraktionen hinzubekommen – das kann ja beispielsweise auch eine weitere Oppositionsfraktion sein –, hätte uns zumindest gezeigt, dass Sie das Thema ein Stück weit ernster nehmen, als es mit dem Verfahren der Fall ist, das Sie jetzt gewählt haben. Das müssen Sie sich vorhalten lassen.
Sie sagen ja selbst, Sie haben bei denjenigen die vielleicht weniger konsensfähig waren, das Bemühen an den Tag gelegt, hier eine Einigung über Fraktionsgrenzen hinaus zu finden. Deswegen frage ich mich schon, warum dies bei diesem Thema gerade nicht geschehen ist.
Was hätte sich an Ihrem Abstimmungsverhalten geändert, wenn wir es gemeinsam mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemacht hätten?
Das können Sie sehen, wie Sie wollen. Mit dieser Aussage wären alle Ihre Anträge überflüssig. Wenn Sie so an die Themen herangehen, dann hätten wir eine deutlich kürzere Tagesordnung.
Nun gut. Ich würde gern weiter zu Ihrem Antrag sprechen. Wie stellt sich der Antrag denn bei Lichte dar? Man könnte jetzt unterstellen, dass die einbringende Fraktion gar kein wirkliches Interesse an der fachlichen Auseinandersetzung mit den tatsächlich wichtigen Fragen der Gewährleistung der Menschenrechte hat. Geht es vielmehr darum, ein politisch als Themenschwerpunkt besetztes Feld in der Öffentlichkeit aufzurollen? – Ich habe die Frage schon beantwortet: Ja, so sehen wir das. Sie wollen das Signal setzen: Wir sind die Einzigen, die sich wirklich für Menschenrechte einsetzen.
(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Sie können das Signal setzen! Das Parlament soll das beschließen? – Weitere Zurufe von den LINKEN)
Nein, Sie haben den Weg gewählt, zu sagen, wir sind die Einzigen, die sich für das Thema interessieren, wir sind die Einzigen, die es aufgreifen, und Sie wollen damit den Eindruck erwecken, Sie seien auch die Einzigen, denen dieses Thema wichtig ist.
Wir sollten zu den Tatsachen sprechen und zu dem Antrag, so wie er uns vorliegt. Die Erklärung der Menschenrechte ist zweifelsohne ein Meilenstein in der Geschichte der Menschenrechte. Zur Wahrheit gehört auch: In vielen Teilen der Erde gibt es täglich Tausende Menschenrechtsverletzungen. Damit können wir uns auch nicht abfinden; darin herrscht doch völlige Einigkeit in diesem Hohen Hause. Das ist aber ein Kernproblem, dem wir uns ge
meinsam stellen müssen. Daher sollte man dann auch in der Bewertung Maß und Mitte nicht aus dem Auge verlieren.
Wenn ich mir ansehe, wie die Situation weltweit ist und welche Menschenrechtsverletzungen tagtäglich weltweit begangen werden, und wenn Sie das in einen Kontext mit ordnungspolitischen Maßnahmen der Sächsischen Staatsregierung setzen, dann verlieren Sie Maß und Mitte an dieser Stelle eindeutig aus dem Auge. Das muss man in aller Deutlichkeit sagen. Sie suggerieren, die Menschenrechte seien in Sachsen gefährdet. Dieser Bewertung und dieser Einschätzung treten wir mit aller Entschlossenheit entgegen.
Deutschland hat sich verpflichtet, die Menschenrechte zu wahren. Deutschland ist allen verbindlichen Menschenrechtsabkommen beigetreten, und aufgrund der Bestimmungen des Grundgesetzes wie auch der Sächsischen Verfassung gelten die Menschenrechte uneingeschränkt in der Bundesrepublik Deutschland und auch im Freistaat. Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass dies seine volle Gültigkeit hat, und es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass dies auch im täglichen Verwaltungsvollzug und auch bei dem, was an ordnungspolitischen Maßnahmen beschlossen wurde und in Zukunft beschlossen werden wird, seine Gültigkeit haben wird. Frieden, Freiheit und Mitbestimmung sind nicht selbstverständlich. Dazu genügt ein Blick in unsere eigene Geschichte, in der Tat, aber auch über die Grenzen Europas hinaus.
Wir als CDU-Fraktion betonen die essenzielle Bedeutung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in dem universellen Menschenrechtsschutz, die unter dem Eindruck der Gräueltaten des Zweiten Weltkrieges verabschiedet wurde. Deshalb sieht es die CDU-Fraktion auch als ihre Aufgabe an, darzustellen, dass in Sachsen die Menschenrechte grundsätzlich Verfassungsrang haben und im Einklang mit der UN-Menschenrechtscharta auch umfassend gewährleistet sind. Das ist kein Selbstläufer; hier sind wir jeden Tag alle gemeinsam aufs Neue gefordert.
Was den von Ihnen ins Spiel gebrachten Bericht über die Verwirklichung der universellen Menschenrechte im Freistaat angeht, sei Folgendes gesagt: Wie Sie wissen, sind die Vertragsstaaten der Menschenrechtsabkommen bereits jetzt verpflichtet, Rechenschaft abzulegen. Die Federführung hierfür liegt beim Bund; aber natürlich werden die Bundesländer dabei einbezogen. In dem erwähnten Staatenbericht des Deutschen Instituts für Menschenrechte heißt es: „Deutschland verfügt über eine aktive Zivilgesellschaft, auch im Bereich der Menschenrechte. Sie beteiligen sich intensiv in den internationalen Monitoringverfahren …“
Wir sind wieder beim Kern der Sache; denn statt weiter über Berichtspflichten nachzudenken, muss von uns allen um eine lebendige Zivilgesellschaft gerungen werden. Zusammen mit einer demokratischen, rechtsstaatlichen Verfassungspraxis ist sie wesentlicher Garant für die Überwachung und die Einhaltung der Menschenrechte.
In unserem gesamten politischen Handeln, in unserem täglichen Einsatz für die verfassungsmäßige Ordnung würdigen wir heute und künftig die Geltung der universellen Menschenrechte. Wir müssen die Menschenrechte leben. Den Antrag halte ich für Aktionismus, er geht am Ziel vorbei.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich mit 19 Jahren meine erste eigene Wohnung bezogen haben, hängte ich dort stolz ein Plakat auf. Ich hatte es mir in Straßburg bestellt und darauf stand: „Human rights are yours and mine“ – Menschenrechte gehören dir und mir. In den folgenden Jahren habe ich mich dann viel mit dem Thema Menschenrechte und Menschenrechtsverletzungen befasst, beispielsweise mit der Unterdrückung der indigenen Bevölkerung in Südamerika, mit dem sogenannten Verschwindenlassen durch die Farc oder auch durch rechtsgerichtete Milizen in Kolumbien, über die Situation von Frauen, die in Brasilien in Gefängnissen sitzen ohne einen Rechtsbeistand.
Diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit berühren mich sehr, doch sie sind für uns alle auch sehr weit weg. In Deutschland könnte man den Eindruck gewinnen, wir seien über so etwas erhaben. Doch das stimmt nicht und deswegen ist es gut, dass es diesen Antrag heute gibt. Denn der Antrag verweist zu Recht darauf, dass wir nicht müde werden dürfen, auch Menschenrechte in Sachsen und in Deutschland zu schützen, sei es zum Beispiel mit einem klaren Widerspruch gegen die Vorratsdatenspeicherung, wie ihn der SPD-Landesverband einst gegen den Bundestrend einlegte, oder mit einem Engagement für Familiennachzug, worin wir nicht nachlassen sollten. Auch das sind menschenrechtlich relevante Fragen.
Die Antragstellerin erklärt zu Recht, dass Flucht kein Verbrechen ist. Es ist noch gar nicht lange her, da wurden Fluchtversuche in unserem Land durch Selbstschussanlagen und Mauerschützen geahndet. Auch das bewegt mich, wenn ich über Menschenrechte in Deutschland nachdenke.
Ihrem Antrag als grundlegendes Bekenntnis zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zuzustimmen wäre unproblematisch. Im Gegenteil, es gäbe überhaupt keinen Grund, es nicht zu tun. Sie knüpfen allerdings das Bekenntnis an einen Bericht, den wir nicht für sinnvoll halten. Einerseits handelt es sich bei den kritischen Themen, wenn man sich zum Beispiel die AmnestyBerichte anschaut, ausschließlich um Bundesthemen. Andererseits ist die Gefährdungslage durch regelmäßiges Anzeigen von Verstößen so in Deutschland nicht gegeben.