Lieber Martin Dulig, ich erwarte von dir, dass deine Zusage eine Woche vor der Landtagswahl gilt. „Die Rücknahme der Stellenkürzungen und eine höhere Grundfinanzierung der Hochschulen haben Priorität. Die frei werdenden BAföG-Mittel müssen den Hochschulen zugute kommen“, wurdest du damals als SPD-Spitzenkandidat zitiert.
Tatsächlich wird die Grundausstattung der Hochschulen im aktuellen Haushaltsentwurf weiter abgesenkt. „Ein Mann, ein Wort“ sieht anders aus. Werte Koalitionäre, es tut mir leid, Ihre Bildungspolitik muss nachsitzen.
Bei der Musikschulförderung kommt es zu einer faktischen Kürzung. Zwar erhalten die Musikschulen gegenüber 2014 225 000 Euro mehr, durch die Übertragung des Programmes „Jedem Kind ein Instrument“; auf die
Musikschulen reduzieren sich die ihnen zur Verfügung gestellten Mittel aber um 200 000 Euro. Das ist ein typisches Beispiel Ihrer Trickserei.
Hinzu kommt handwerkliches Unvermögen. Unsere Haushaltsexperten wundern sich über falsche Deckungsvermerke und falsche Jahreszahlen. Sperrvermerke ohne Begründung, einzelne Titel und ganze Titelgruppen wurden einfach ausgeschnitten und umgesetzt, ohne jeglichen Hinweis, wohin sie verschoben worden sind. Wenn Sie glauben, dass Sie so die linke Opposition in die Orientierungslosigkeit führen und außer Gefecht setzen können, dann muss ich Sie enttäuschen.
Wir aus der Opposition produzieren seit 15 Jahren alternative Haushaltsgesetze und daher sind wir resistent gegen haushaltstechnische Verwirrmanöver jeder Staatsregierung, Herr Ministerpräsident.
Die Sportstättenförderung wird halbiert, und das, obwohl der Investitionsstau im Sportstättenbereich laut Landessportbund immer noch im dreistelligen Millionenbereich liegt. Wissen Sie eigentlich, wie viele Menschen jede Woche in Sachsens Sportvereinen gemeinsam etwas für die Gesundheit und für die Gesellschaft zusammen tun? Die Anzahl der Pegida-Demonstrierenden ist nichts dagegen. Vielleicht fangen Sie mal an, hier Verständnis für Sorgen und Nöte zu entwickeln.
Herr Ministerpräsident, Herr Finanzminister, was Sie geschafft haben, ist allgemeine Verunsicherung. Sozialer Unfrieden herrscht im Freistaat. Ich will Ihnen das an einem aktuellen Beispiel vor Augen führen.
Seit Jahresbeginn erleben wir ja eine erregte Debatte über die Realisierung des Mindestlohnes, die wir in der letzten Landtagsdebatte mit unserem Antrag zum MindestlohnMonitoring versachlichen wollten. Mehr als 300 000 Menschen in Sachsen haben bislang für ihre Arbeit so wenig Geld bekommen, dass sie nun gesetzlichen Mindestlohn erhalten. Wir wissen auch: Mit 8,50 Euro Stundenlohn entkommt allenfalls ein Alleinstehender im günstigsten Fall dem Zwang, nach der Arbeit noch zum Amt gehen zu müssen, um sich den Lohn mit Steuergeldern auf das Existenzminimum aufstocken zu lassen. Er entkommt aber nicht der Altersarmut.
Ich unterstelle ja gar nicht allen Unternehmern, die bisher wenig bezahlt haben, ausbeuterisches Gehabe. Viele sahen sich ja auch durch einen ruinösen Wettbewerb zu solchen menschenunwürdigen Löhnen gezwungen. Wer aber stolz darauf ist, seit 25 Jahren die Rahmenbedingungen Sachsens maßgeblich zu gestalten wie die CDU, dem sage ich: Meine Damen und Herren von der CDU, bevor Sie jetzt weiterhin am Mindestlohngesetz herummäkeln, gehen Sie endlich mal in sich, kehren Sie um und tun Sie Buße; denn Sie tragen Verantwortung dafür, dass Hunderttausende Menschen in Sachsen arm trotz Arbeit sind.
Zum Rahmen für ein gedeihliches Leben gehört auch Europa. Mit ein paar Verbindungsbüros außerhalb der Landesgrenzen und etwas Lobbyspiel ist dafür nicht viel getan. Im Rahmen der Subsidiarität ist uns die Chance zur Mitwirkung gegeben. Wir erwarten ganz aktuell und konkret, dass Sachsen wie Brandenburg im Bundesrat darauf drängt, die Makrofinanzhilfe der Europäischen Union für die Ukraine klar unter die Bedingung zu stellen: Keinen Cent für den Krieg in der Ostukraine!
Führen Sie also nicht nur einen Dialog mit den Menschen, sondern ändern Sie Ihre Politik! Das kann ich Ihnen in diesem Zusammenhang nur ins Stammbuch schreiben.
ich wusste, dass das kommt –, den neuen griechischen Regierungschef – Sie wissen das –, will ich Ihnen die Freude machen, mich zum Thema Geld und Griechenland zu äußern. Der Finanzminister hat es ja vorgemacht.
Es geht in Athen wie in Dresden um dieselbe Frage: Lassen wir die Folgekosten der Finanzkrise von Angestellten, Beamten und Rentnern bezahlen, die diese Krise nicht verschuldet haben, oder von denen, deren Besitztümer in diversen Jachthäfen von großem privatem Profit zeugen?
Wir LINKEN halten die diversen Millionärsschonprogramme verschiedener CDU- und SPD-Bundesregierungen für verfehlt, und wir werden auch beim Landeshaushalt darauf achten, ob er dem sozialen Ausgleich dient. Die Verpflichtung zum sozialen Ausgleich hat ja nun – dank der LINKEN – sogar einen Platz in der Verfassung. Diesen Maßstab hat das Land auch bitter nötig. Knapp 42 % der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten arbeiten in Sachsen laut der aktuellen Geldstatistik der Bundesagentur für Arbeit zu einem Niedriglohn und damit doppelt so viele wie bundesweit.
Überdurchschnittlich sind auch die Zahlen der Langzeitarbeitslosen, der älteren Erwerbslosen, der Hartz-IVAufstocker/innen unter den Beschäftigten, der Leiharbeiter/innen und der Menschen mit Hartz-IV-Dauerbezug. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit in Sachsen hat nur zu einem geringen Teil etwas damit zu tun, dass Arbeitslose einen Arbeitsplatz bekommen haben, sondern schlicht mit
der demografischen Entwicklung. Viele Ältere gehen von der Arbeitslosen- in die Rentnerstatistik über, weniger Jüngere rücken in das Arbeitsleben nach. Besonders schmerzhaft: Die Zahl der vergleichsweise gut bezahlten
Arbeitsplätze mit betrieblicher Mitbestimmung im produzierenden Gewerbe hat sich seit 1991 von 921 000 auf jetzt 473 000 halbiert.
Was neu entsteht, ist überwiegend prekäre Beschäftigung – Stichworte dazu: Minijobs, Teilzeit, niedrige Löhne. Industriepolitik – in Sachsen Fehlanzeige. Stattdessen betteln Sie in Schweden um den Erhalt von Braunkohlenarbeitsplätzen, ohne selbst etwas für deren Zukunft und einen Strukturwandel hier zu langfristigen Nachfolgeindustrien zu tun.
Sehr geehrter Herr Tillich! Lieber Martin Dulig! So geht es nicht. Prüfen Sie lieber einmal im Rahmen der Verkaufsverhandlungen von Vattenfall die Option, eine Minderheitenbeteiligung des Landes an der Braunkohleindustrie zu erwerben, um steuern und am Strukturwandel mitwirken zu können. Sonst wird die Allgemeinheit am Ende mal wieder auf den immensen ökologischen und sozialen Folgekosten sitzenbleiben, nachdem andere Milliardenumsätze gemacht haben. So einen Unfug wollen nicht nur die Griechen nicht mehr mit sich machen lassen, sondern auch die Sachsen nicht.
Geld ist genug verbrannt worden, wie wir schon bei der Landesbank sehen. Pro Jahr rund 100 Millionen Euro kostet die Menschen in Sachsen der sogenannte Garantiefonds, mit dem alle Einwohnerinnen und Einwohner dafür zahlen, dass die CDU-geführte Staatsregierung aus einem landeseigenen Geldinstitut ein Spielkasino auf Staatskosten gemacht hat. Das sind Dauerschäden in Höhe von jährlichen Finanzierungen aller Kulturräume des Freistaates. Die Musikerinnen und Schauspieler, die mit Haustarifverträgen Gehaltsverzicht üben, um die Kulturinstitution in der Region zu retten, würden sich über so viel Großzügigkeit freuen.
Aber – das freut den Prof. Unland sicherlich – diese Staatsregierung kann auch knausrig sein. Bei der Jugendpauschale wird die Kürzung aus dem Jahre 2010 von 14,30 Euro auf 10,40 Euro nicht zurückgenommen. Man bleibt bei 12,40 Euro pro Kind hängen. Das ist umso unverständlicher, als es zu den Einnahmeausfällen des Staates – die damals als Rechtfertigung für die Sozialkürzungen mit dem Rasenmäher quer durch den Etat herhalten mussten – in Wirklichkeit nie gekommen ist. Die einzige dauerhafte Wirklichkeit sind grundlose Sozialkürzungen.
Dazu passt, dass Sie selbst bei der Krankenhausfinanzierung im ersten Haushaltsjahr 10 Millionen Euro und im zweiten Haushaltjahr 20 Millionen Euro unter dem vom Sozialministerium selbst errechneten Finanzierungsbedarf von 140 Millionen Euro bleiben – gesund ist das nicht.
Der Etatentwurf der Regierung wird bisher weder den Anforderungen durch die UN-Behindertenrechtskonven
tion noch dem Ziel Barrierefreiheit gerecht. Mit Ihren drei Milliönchen, die zum großen Teil bereits durch ein laufendes Investitionsprogramm gebunden sind, bringen Sie nicht einmal den sprichwörtlichen Tropfen auf den heißen Stein des enormen Nachholbedarfs bei der Schaffung barrierefreier öffentlicher Gebäude.
Natürlich freuen wir uns, dass es wieder eine Gleichstellungsministerin gibt. Aber wenn beispielsweise die 2013/2014 eingestellte Förderung der Existenzgründungen und Unternehmenssicherung von Frauen im ländlichen Raum nicht wieder eingeführt werden soll, werden Reserven deutlich. Die neue Ministerin muss künftig mehr Ellenbogen am Kabinettstisch zeigen als bei den Haushaltsverhandlungen 2015/2016 – unsere Unterstützung ist ihr dabei gewiss.
Auch wir LINKE wissen, dass Sicherheit nicht nur eine soziale Frage ist; wir brauchen auch Polizei und Justiz. Sachsen hat ja gerade bei dem Ranking der Verfahrensdauer von Verwaltungsgerichten unrühmlich abgeschnitten. Es ist schon sehr zweifelhaft, ob die vorgesehenen zwei zusätzlichen Richterstellen bei den Verwaltungsgerichten in den kommenden Jahren ausreichen werden, um der Verfahrensflut Herr zu werden.
Noch trauriger sieht es bei den Polizeistellen aus. Bis zu 650 Beamte werden pro Jahr bis zum Jahre 2025 aus dem Dienst ausscheiden. 400 Nachwuchskräfte wollen Sie pro Jahr einstellen – wovon nach aller Erfahrung langfristig maximal 300 bleiben. So schrumpft Sachsens Polizei vor sich hin, obwohl längst erwiesen ist: Mit jedem aufgegebenen Polizeistandort in der Fläche steigt die Anzahl der Bürgerwehren, wie wir erst heute wieder in der Zeitung lesen konnten.
Was wir brauchen, ist eine Aufwertung des Polizeiberufes durch verbesserte Besoldung, bessere Ausrüstung und bessere Arbeitsbedingungen. Nur so bleibt die Nachwuchsgewinnung für die Polizei konkurrenzfähig und die öffentliche Sicherheit dauerhaft gewährleistet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Regierungsentwurf der neuen Koalition ist nicht viel mehr als die Reparatur der immensen Bauschäden, die die Vorgängerkoalition hinterlassen hat. Zusammengefasst: Wo sehen wir die größten Baustellen? – Im Bereich des Sozialstaates, bei der Kinder- und Jugendhilfe, bei der Schaffung von Barrierefreiheit, bei der Gleichstellung und in der Krankenhausfinanzierung. Im Bereich Bildung sind es die Lernmittelfreiheit, die Schulsozialarbeit, die ausufernde Drittmittelfinanzierung an den Hochschulen; die Baustelle freie Schule ist ungesichert.
Bei der Baustelle Justiz und Polizei haben Sie mit dem Haushaltsansatz maximal verhindert, dass die von der CDU geschaffene Grube größer wird – Sie haben aber nichts getan, dass das Loch, das Sie selbst geschaffen haben, zugeschüttet wird.
Die Baustellen Umwelt, Landwirtschaft, ländlicher Raum, Bodenpreise waren in Sachsen schon immer eine Randbebauung – egal, welcher CDU-Minister dem Ministerium aktuell gerade vorsteht.
Dass es eine Baustelle Zivilgesellschaft gibt, haben Sie noch nicht einmal zur Kenntnis genommen. In einem Zeitungskommentar war dieser Tage zu lesen: „Das Volk sind nicht nur die, die am lautesten schreien.“
Der Landtag muss den Regierungsentwurf so verändern, dass der Landeshaushalt der schweigenden Mehrheit der Menschen guten Willens den Rücken stärkt. Der Landtag muss den Regierungsentwurf so verändern, dass das öffentliche Kapital nicht in einem Sparstrumpf verbleibt, sondern unter anderem in den Bau des Fundamentes attraktiver Rahmenbedingungen für kluge Köpfe fließt.
Der Landtag muss den Regierungsentwurf so verändern, dass der Landeshaushalt den Beherzten und Engagierten, die keine Vorurteile, sondern Mitmenschlichkeit pflegen, eine Stütze im Alltag ist.
Wir LINKE werden mit unseren Änderungsanträgen zu diesem Doppelhaushalt zeigen, dass wir mit dem zur Verfügung stehenden Geld Weichenstellungen vornehmen können, die eine solidarische Gesellschaft fördern, zu der alle gehören, die hier in Sachsen leben wollen.
Kollege Gebhardt sprach für die Fraktion DIE LINKE. – Jetzt ergreift Kollege Michel das Wort; er spricht für die CDUFraktion.