Protocol of the Session on September 5, 2018

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Der vorliegende Antrag ist ein Teil dieser herbeigeschriebenen und herbeierzählten Hysterie. Wir werden ihn ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Meine Damen und Herren! Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Wenn die Staatsregierung das wünscht, hat sie jetzt das Wort. Herr Minister, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die sächsische Polizei ist seit Tagen gerade in Chemnitz hohen Belastungen ausgesetzt. Ich denke, ich spreche auch in Ihrem Namen, wenn ich unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten von dieser Stelle meinen herzlichen Dank ausspreche.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Die Einsätze der letzten Tage zeigen auch, die sächsische Polizei steht fest auf dem Boden des Grundgesetzes und der Verfassung des Freistaates Sachsen, setzt Recht und Ordnung im Freistaat durch und sichert die Ausübung der Grundrechte für jedermann. Dies gilt selbstverständlich auch für das Grundrecht auf Informations- und Pressefreiheit. Dies geschieht nicht nur aus Pflicht, sondern aus tiefer Überzeugung der übergroßen Mehrheit der Polizistinnen und Polizisten. Ich sage an dieser Stelle klar: Angriffe und Übergriffe auf Journalisten und Medienvertreter sind zu verurteilen und zu ahnden, und sie werden auch konsequent verfolgt.

Die Polizeidirektion Chemnitz hat nach dem Einsatz am vergangenen Sonnabend, also am 1. September, Journalisten gebeten, Übergriffe auf Medienvertreter mitzuteilen. Das ist auch geschehen. Sieben Beschwerden bzw. Anzeigen sind eingegangen. Wir gehen ihnen nach.

Ich bitte die Medienvertreter, Überfälle auf Journalisten der Polizei direkt mitzuteilen und nicht über soziale Medien, deren Prüfung erneut Zeit beansprucht, wertvolle Zeit, die woanders dringend benötigt wird.

Meine Damen und Herren! Die sächsische Polizei schützt die Ausübung des Grundrechts der Pressefreiheit nicht erst seit den jüngsten Ereignissen.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Das hoffe ich!)

So waren es Bereitschaftspolizisten, die Journalisten der „Sächsischen Zeitung“ im Sommer 2015 in Heidenau vor einer Flüchtlingsunterkunft vor Rechtsextremisten beschützten und den Fortgang ihrer journalistischen Arbeit ermöglichten. Es waren auch Einsatzkräfte der sächsischen Polizei, die bei einer Veranstaltung in der Landeshauptstadt Dresden vor ein paar Tagen, am 25. August, Ordner der „Identitären Bewegung“ in Gewahrsam nahmen, als diese Journalisten bedrängten.

Ja, mitunter gibt es berechtigten Anlass zur Kritik. Doch gewährleisten die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten 365 Tage im Jahr landesweit die Einhaltung von Recht und Ordnung. Sie haben gerade bei Demonstrationen auch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und die Rechte Dritter auf Unversehrtheit von Leib und Leben und Gesundheit zu schützen. Das alles ausgewogen zu gestal

ten ist eine große Herausforderung für die Einsatzkräfte vor Ort.

Meine Damen und Herren! Nun zu den Vorfällen am 16. August dieses Jahres. An diesem Tag – es ist bereits ausgeführt worden – kam es am Rande einer Pegida/AfD-Demonstration in Dresden zu einer lautstarken Auseinandersetzung zwischen einem Kamerateam, das im Auftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens unterwegs war, und einer Gruppe von Kundgebungsteilnehmern. Der Fall ist Ihnen allen bekannt. Beamte der sächsischen Bereitschaftspolizei haben zuerst den Presseausweis und später auch die Personalausweise der Journalisten und des Kameramanns erbeten, um deren Identität festzustellen.

Insgesamt haben die erste Kontrolle und die darauffolgende Anzeigenaufnahme sowie das Gespräch mit dem Pressesprecher der Polizeidirektion Dresden etwas mehr als 45 Minuten gedauert, in denen die Journalisten ihrer Arbeit nicht nachgehen konnten. Die eigentlichen Maßnahmen – Identitätsfeststellung und Eröffnung eines Tatvorwurfs – waren bereits in weniger als 30 Minuten abgeschlossen. In dieser Zeitspanne konnten die Journalisten über mehrere Minuten mit ihrer Redaktion telefonieren. Rund eine Viertelstunde stand ihnen der Pressesprecher der Polizei zur Erläuterung des polizeilichen Vorgehens zur Verfügung.

Der zuständige Polizeipräsident Horst Kretzschmar hat am 24. August in einem Gespräch mit den Journalisten und einem Justiziar des ZDF die polizeiliche Handlungsweise dargestellt und sein Bedauern über die Gesamtdauer geäußert.

Die Journalisten haben auch auf zwei Unzulänglichkeiten in der ersten Pressemitteilung der Polizeidirektion Dresden hingewiesen. In diesem Gespräch haben die Beteiligten auch weitere Aspekte und Maßnahmen erörtert, welche künftig Journalisten und Polizisten vor Ort gleichermaßen zugute kommen.

Über diese und weitere Überlegungen werde ich morgen mit Vertretern des Deutschen Journalisten-Verbands Sachsen zusammen mit dem Landespolizeipräsidenten sprechen. Ziel ist, den Prozess wieder aufzunehmen und mit der Maßgabe fortzuführen, das gegenseitige Verständnis zwischen Journalisten und Polizisten zu fördern und aus diesem Gespräch konkrete Maßnahmen beispielsweise auch im Hinblick auf die Aus- und Fortbildung von Polizisten abzuleiten.

Meine Damen und Herren! Zum Schluss sei mir noch folgender Hinweis gestattet: Sollten extremistische Gruppierungen die Polizei vorsätzlich instrumentalisieren wollen, um die Arbeit von Journalisten mittelbar zu beeinträchtigen oder die Polizei unmittelbar von ihren eigentlichen Aufgaben abzuhalten, so werden wir dies nicht hinnehmen.

Rechte Gruppierungen, die dies alles im Namen Sachsens oder gar Deutschlands tun, haben nichts, aber auch gar nichts von der friedlichen Revolution 1989 und von den Träumen derer verstanden, die damals für Recht und

Freiheit auf die Straße gegangen sind. Diesen Idealen der friedlichen Revolution sind wir verpflichtet. Unsere Demokratie ist und bleibt wehrhaft.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wir kommen zum Schlusswort. Bitte, Herr Lippmann.

Verehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für die Debatte. Ich will es kurz machen. Herr Kollege Hartmann, es ist ja schön, dass Sie hier wie ein Löwe gebrüllt haben, was an diesem Antrag alles falsch sei und dass alles nicht so schlimm sei, wie wir behauptet haben. Ich habe von Ihnen allerdings kein einziges inhaltliches Argument außer einem zunehmenden Maß an merkwürdigen persönlichen Anfeindungen erlebt, die ich etwas skurril finde. Aber vielleicht klären wir das einmal am Rande des Plenums, weil es mit der Sache nichts zu tun hat.

Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass jeder Einzelfall in diesem Bereich einer zu viel ist. Es ist nicht so, dass es nur dieser einzelne Fall gewesen wäre. In den vergangenen Jahren – Kollege Stange hat es dargelegt; auch Kollege Pallas hat es angesprochen – haben wir in Sachsen immer wieder Einschränkungen im Bereich der Pressefreiheit erlebt, entweder durch aktives Handeln, häufiger aber durch passives Handeln auch von Polizistinnen und Polizisten.

Kollege Stange hat angesprochen, dass wir hier in diesem Hohen Hause schon einmal eine Debatte darüber hatten, wie wir die Pressefreiheit gerade im Umfeld von PegidaDemos sichern können, als nahezu wöchentlich Journalistinnen und Journalisten angegriffen wurden. Es sind also keine Einzelfälle, und man darf sich auch die Frage stellen, was wir aus den damaligen Ereignissen eigentlich gelernt haben.

Herr Staatsminister, ich begrüße ausdrücklich, dass Sie die Gespräche wieder aufnehmen; das war auch Teil des Antrags. Ich wünsche dabei wirklich gutes Gelingen. Uns allen muss es darum gehen, dass daraus eine gegenseitige Sensibilisierung zustande kommt und dass daraus auf der anderen Seite auch ein stärkeres Verständnis von Journalistinnen und Journalisten für die polizeiliche Arbeit erwächst. Auch dafür haben wir damals geworben. Ich wünsche Ihnen an dieser Stelle viel Erfolg und hoffe, dass dies am Ende fruchtbar ist.

Gestatten Sie mir dennoch die Anmerkung: Ich glaube, man muss in diesen Fragen durchaus über eine Erlass- und Hinweislage sprechen; denn wir haben die Situation, dass auch bei den Polizistinnen und Polizisten große Unsicherheit besteht, beispielsweise in der Frage des Rechts am eigenen Bild und der Datenschutz

Grundverordnung. Die öffentliche Aufregung um dieses Thema in den letzten Monaten – weniger bei der Polizei als vielmehr generell bei der Umsetzung der Datenschutz

Grundverordnung – hat in der Wahrnehmung einiges verkompliziert. Auch die Frage, welche Rechte am eigenen Bild Polizistinnen und Polizisten eigentlich haben, wenn man Aufnahmen macht, führt regelmäßig zu Debatten und gegenseitigen Missverständnissen. Ich glaube, dass man mit einer klaren Hinweislage diesbezüglich viel erreichen kann.

Ich würde Sie – unabhängig davon, wie wir mit diesem Antrag verfahren – noch einmal bitten zu prüfen, ob man in der Polizei einen Informationsstand herstellen könnte, der das zukünftig ermöglicht.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist wichtig, dass man diese Fragen in einer solchen Situation auch als Landtag diskutiert. Die Pressefreiheit ist ein entscheidendes Grundrecht. Ich lasse mir nicht vorwerfen, ich hätte Ereignisse angeblich überdramatisiert, Herr Kollege Hartmann. Wie gesagt, jeder Einzelfall ist einer zu viel.

Wenn mich die Oppositionsarbeit der letzten Jahre eines gelehrt hat, dann das, lieber erst einmal einen solchen Antrag zu stellen, bevor nichts passiert. Ich bin, wie gesagt, dankbar, dass jetzt etwas passiert.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Enrico Stange, DIE LINKE)

Zum Schluss kommend will ich noch sagen: Auch wenn Kollege Hartmann der Meinung ist, dass sei alles Stuss, während Kollege Pallas da schon etwas offener ist, sollten wir den Antrag tatsächlich noch im Innenausschuss diskutieren, um aufzunehmen, was Sie, Herr Wöller, möglicherweise aus den Gesprächen berichten können. In diesem Sinne danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit und beantrage die Rücküberweisung des Antrags in den Innenausschuss, Frau Präsidentin.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Albrecht Pallas, SPD)

Meine Damen und Herren! Wer der Rücküberweisung des Antrags seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit – nein, eine Stimmenthaltung. Damit ist der Überweisung des Antrags zugestimmt.

(Christian Hartmann, CDU, meldet sich zu Wort.)

Ich kann jetzt nur noch eine Erklärung zur Abstimmung zulassen; das bekommen wir hin.

Frau Präsidentin! Selbiges sollte es sein. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal deutlich machen – das habe ich auch ausgeführt –, dass wir zu den Vorkommnissen um den 16. August und auch zu der Frage von Einzelfällen durchaus Handlungsbedarfe sehen – respektive erkennen, dass sich die Polizei im Bereich der Fehlerkultur mit dem Thema auseinandersetzen sollte.

Ich habe mich nur deutlich gegen eine Pauschalisierung der Situation und einen grundsätzlichen Angriff auf die Pressefreiheit gewandt. Deshalb habe ich auch dafür gestimmt, im Ausschuss weiterhin über konkrete Maßnahmen zu diskutieren.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Albrecht Pallas, SPD)

Gibt es weitere Erklärungen? – Das kann ich nicht erkennen. Damit ist der Tagesordnungspunkt 10 beendet.

Tagesordnungspunkt 11

Schutz des Persönlichkeitsrechts im öffentlichen Bereich

18. Tätigkeitsbericht des Sächsischen Datenschutzbeauftragten