(Lachen bei den LINKEN und den GRÜNEN sowie vereinzelt bei der CDU – Abg. Patrick Schreiber, CDU: Und warum beachten Sie ihn dann nicht?)
Der damalige Landesvorstand hat empfohlen, zwei Kandidaten von der Liste zu nehmen. Einer hat dem zugestimmt, der andere, er heißt Arvid Samtleben, hat sich dagegen gewehrt.
hat dem Landesvorstand empfohlen, eine Streichung vorzunehmen. Der Landeswahlausschuss, Herr Lippmann, hat irrtümlicherweise diesen Beschluss des Landesvorstands gleichgesetzt mit einer Vertreterversammlung.
Es muss immer eine Vertreterversammlung einberufen werden, wenn Streichungen von der Landesliste vorgenommen werden, bevor die Landeswahlliste durch den Landeswahlleiter festgestellt ist.
Denn nachdem die Liste festgestellt ist, gibt es explizite Gründe, wann man einen Kandidaten streichen kann. Deshalb, Herr Bartl: Als Sie das Gesetz eingereicht haben, war Ihr Gesetzentwurf ehrenrührig, das gebe ich ehrlich zu, und mit einer guten Absicht versehen.
Nachdem wir das Verfassungsgerichtsurteil vorliegen haben, lautet die Frage jetzt nur noch: Wollen wir einen subjektiven Rechtsschutz in unser Wahlgesetz hinein
schreiben – ja oder nein? Herr Baumann-Hasske hat dazu ausführlich für uns ausgeführt, dass es auf Bundesebene und in anderen Ländern einen solchen subjektiven Rechtsschutz gibt. Bei der Bundestagswahl gab es 223 Wahlprüfungsbeschwerden. Es ist aber nicht dazu gekommen, das Wahlverfahren als solches durch die Einräumung dieser subjektiven Rechte besser und effizienter zu machen.
Deshalb warne ich ausdrücklich davor, unser Sächsisches Wahlgesetz mit Ihrem Antrag einer grundlegenden Änderung zu unterwerfen. Wir haben jetzt durch das Verfassungsgerichtsurteil Klarheit darüber, wann und wer durch welches Gremium Veränderungen einer Kandidatenliste vornehmen kann.
so müssen sie jetzt zur Kenntnis nehmen, dass dieser Weg durch das Verfassungsgericht verschlossen ist – Punkt, Schluss, aus. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Seit unsere Vorfahren auf die etwas gewagte Idee gekommen sind, mittels Wahlen Entscheidungen herbeizuführen, sind Wahlrechtsfragen bekanntermaßen Machtfragen. Über die Frage, wer wählen darf, entstanden über Jahrhunderte hinweg Revolutionen. Die Überlegung, wie man wählt, prägten zuletzt die Diskussionen über unser Grundgesetz.
Die Frage, wie logisch ein Wahlrecht zu sein hat, hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt in der berühmten Entscheidung zum negativen Stimmgewicht hinreichend erörtert. Es ist richtig, sinnvoll und notwendig, das Wahlrecht regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen, insbesondere dann, wenn sich eine nachzuzeichnende Rechtsprechung ergeben habe.
Im Wesentlichen drehen wir uns also um zwei große Fragen: Ist unser Wahlprüfungsrecht reformbedürftig? Wie anwendungsfreundlich muss das Wahlrecht eigentlich sein?
Die erste Frage müsste man eigentlich viel, viel grundsätzlicher stellen. Das deutsche Wahlprüfungsrecht krankt auf allen Ebenen an einem entscheidenden Webfehler: Das gewählte Gesetzgebungsorgan selbst hat – und das in der Regel erst nach der Wahl – über das Zustandekommen seiner eigenen Wahl zu befinden.
Ich will zwar nicht den falschen und überdies häufig überstrapazierten Vergleich zwischen Bock und Gärtner bemühen, aber dadurch entstehen schlichte Dysfunktionalitäten. Die Hemmung für uns alle wird groß sein, einen Wahlfehler festzustellen, wenn daran das Dasein eines Abgeordneten hängt.
Auch wenn ich der Überzeugung bin, dass wir hier eigentlich über einen Paradigmenwechsel sprechen müssten, beispielsweise darüber, die Landtagswahlprüfung durch eigenständige Wahlprüfungsgerichte zu ersetzen und den Rechtsschutz bereits im Vorfeld für Zulassungsfragen zu ermöglichen, setzt der Gesetzentwurf der LINKEN doch an einem wichtigen Punkt an. Durch die Möglichkeit der Feststellung der subjektiven Wahlrechtsverletzung dürfte die Hemmung sinken, zumindest kleinere Fehler als solche zu benennen. Das ist keine Garantie, aber die Möglichkeit wäre damit gegeben. Sachsen ist gut beraten, sich dieser bundesweiten Entwicklung im Wahlrecht anzuschließen. In diesem Punkt unterstützen wir den Vorschlag der LINKEN.
Ein hehres Ziel ist auch, das Wahlrecht anwendungsfreundlicher zu gestalten und möglichst viel klar im Gesetz selbst zu regeln. Immerhin ist das Wahlrecht ein Massengeschäft. Seit jeher changiert es daher zwischen dem Anspruch, für die Wählerinnen und Wähler – immerhin der Souverän – verständlich und gleichermaßen bis ins letzte Detail rechtssicher ausgestaltet zu sein.
Das diesbezügliche Highlight hat der Bundesgesetzgeber mit der legendären Sitzzuteilungsvorschrift in § 6 des Bundeswahlgesetzes vorgelegt. Dass die Wählerinnen und Wähler hieraus auch nur im Ansatz ableiten könnten, welche Konsequenz ihre Stimmabgabe hat, ist indes weitgehend illusorisch.
Nach der Entscheidung des Sächsischen Verfassungsgerichts zur Causa Samtleben ist es somit aus Gründen der Verständlichkeit durchaus angezeigt, das Wahlrecht anzupassen und klarzustellen, was Vertrauenspersonen eben nicht dürfen.
Leider schafft der Gesetzentwurf der LINKEN in dieser Hinsicht mehr Probleme, als es ohne Gesetzesänderung geben würde, denn er leidet – ich beziehe jetzt einmal den Änderungsantrag mit ein – unter einer beachtenswerten Unlogik, sowohl in der grundsätzlichen Überlegung, wie Rücknahmen der Wahlvorschläge erfolgen könnten, als auch unter einer vollkommen verkorksten Terminologie.
Aufgrund einer Änderung des § 27 müsste zukünftig für den Fall, dass man einen Wahlvorschlag zurücknehmen möchte, eine Aufstellungsversammlung zum Zwecke der Rücknahme eines Wahlvorschlags geladen werden. Fernab der Frage, ob eine auf eine ersatzlose Rücknahme gerichtete Aufstellungsversammlung sui generis überhaupt möglich ist, schafft man hier maximale Konfusion für die Rechtsanwenderinnen und Rechtsanwender.
Mit Ihrem Änderungsantrag konterkarieren Sie dann auch die eigene Logik, nämlich dass die Nichtteilnahme am politischen Wettbewerb eines Beschlusses des Kreations
organs bedarf. Denn mit Ihrem Änderungsantrag nehmen Sie die Änderung des § 23, die Sie vorhatten, zurück und ändern nur noch § 27. Demnach kann zukünftig nach der Logik der §§ 23, 24 und 27 der im Falle erfolgreicher Wahl mandatsgenerierte Kreiswahlvorschlag weiterhin durch die gemeinsame Erklärung der Vertrauenspersonen zurückgenommen und aus dem Rennen genommen werden, die mandatsgenerierende Liste allerdings nur auf Beschluss des Kreationsorgans.
Das dürfte schon aus Gründen der Wahlgleichheit – weil beide die Möglichkeit eröffnen, in den Sächsischen Landtag einzuziehen – schlicht verfassungswidrig sein. Deshalb können wir, Herr Kollege Bartl, diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen, weil Sie spätestens mit dem Änderungsantrag Ihre eigene Logik brechen.
Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Herr Minister, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Hier liegt ein Gesetzentwurf zur Entscheidung vor, der im Zusammenhang mit dem Wahlprüfungsverfahren Samtleben steht. Die AfD hatte vor der letzten Landtagswahl ihre Kandidatenliste ohne demokratische Entscheidung einer Wahlversammlung geändert.
Unser Verfassungsgerichtshof urteilte im vergangenen April dagegen eindeutig. Die AfD hat gegen das geltende Wahlrecht verstoßen. Der Verstoß hat sich auf die Zusammensetzung des Landtags ausgewirkt. Der Wahlfehler war nur nicht so gravierend, dass der gesamte Landtag deshalb aufgelöst werden musste.
Es lag nahe, aus Anlass dieses Falles über Änderungen im Wahlrecht nachzudenken, und die Verfasser des Gesetzentwurfes wollen nun klarstellen, dass demokratisch aufgestellte Listen nicht durch einen Handstreich von Parteifunktionären geändert werden können.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, das gilt schon heute. Das hat der Verfassungsgerichtshof ja gerade so entschieden. Hier ist nichts mehr klarzustellen. Der Entwurf will außerdem, dass ein Verstoß gegen das Wahlrecht ausdrücklich festgestellt werden kann, auch wenn der Fehler, wie im Fall Samtleben, letztlich folgenlos bleibt. Auf der Bundesebene besteht diese Möglichkeit seit ein paar Jahren. Es wurde auch schon angesprochen. Trotzdem wurde eine solche Feststellung in den über 300 Wahlprüfungsverfahren seitdem noch kein einziges Mal getroffen.