Es ist wichtig, dass wir begreifen, dass die Frage von Krieg und Frieden, aber auch die Frage der Erhaltung des Friedens eine Aufgabe ist, die jeden Politiker und jede Politikerin etwas angeht, auch jeden von uns hier im Raum. Es geht uns deshalb etwas an, weil wir zum Beispiel vor 20 Jahren in der Sächsischen Schweiz die sogenannten Jäger-90-Übungen hatten, und deshalb, weil es immer noch Tiefflieger der Bundeswehr über unsere Natur gibt, die sehr verletzbar ist, natürlich auch in der Sächsischen Schweiz.
Es geht uns auch deshalb etwas an, weil Sachsen ständig Durchmarschgebiet für NATO-Truppenbewegungen ist und unsere Flughäfen, die sich in Sachsen befinden, als Drehkreuze gebraucht werden.
Es geht uns insbesondere auch deshalb etwas an, weil die Bundeswehr aggressiv an Schulen, Universitäten und auf Berufsmessen sowie auf Festlichkeiten in Sachsen wirbt. Wir müssen einfach feststellen, dass dieser Job eben kein Job wie jeder andere ist.
Es ist kein Job wie jeder andere; denn das Risiko, getötet zu werden, ist dabei einkalkuliert, und im Zweifelsfall ist
der Auftrag zum Töten angelegt. Daher sagen wir als Linke, dass es kein „Werben für das Sterben“ geben soll.
Am 11. Juni 2018 fand in Dresden der Tag der Bundeswehr statt. Die Überschrift der MDR-Meldung am Ende lautete: „Kinder, die auf Panzern klettern“. – Nein, es handelt sich nicht um Spielzeug. Es handelt sich um Gerätschaften, die hergestellt wurden, um zu töten. Und wie sie töten! Jeden Tag sterben auf der Welt durchschnittlich 500 Menschen in Kriegen und bewaffneten Konflikten. Während dieser zweiten Aktuellen Debatte sind es wahrscheinlich im Durchschnitt etwa 20 Menschen.
Aber es gibt in Sachsen auch Menschen, die sich dagegenstellen. Dies finde ich ebenfalls bemerkenswert und möchte das hervorheben. Es gibt viele Menschen, die an Ostermärschen teilnehmen und sich im Kleinen einsetzen, mit Spenden helfen und dies vielleicht auch manchmal ganz still tun. Aber ich möchte einen speziellen Dank an 22 sächsische Bürgermeisterinnen und Bürgermeister verschiedener parteipolitischer Ausrichtung aussprechen, die sich in der Organisation Mayors for Peace, Bürgermeister für den Frieden, einsetzen, für eine Welt ohne Atomwaffen kämpfen und sich für Abrüstung starkmachen. Ihnen spreche ich unseren Dank aus.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte schon eine gewisse Spannung auf den Inhalt, den diese Debatte haben und welchen Verlauf sie nehmen würde, und ich hatte gedacht, dass Sie versuchen, den Bogen zum Freistaat zu spannen. Aber wir bleiben in der internationalen Betrachtung.
Von deutschem Boden darf kein Krieg mehr ausgehen – das war, das ist und das bleibt. Ich finde die Differenzierung und den Zungenschlag, den Sie hineingebracht haben, eher unpassend; denn die Frage, dass Deutschland als Teil der NATO und der Staatengemeinschaft Mitverantwortung für den Weltfrieden zu übernehmen hat, ist, denke ich, richtig und das Gebot der Stunde, und es ließe sich trefflich darüber streiten, warum wir in der Vergangenheit als Staatengemeinschaft bestimmten internationalen Prozessen so lange zugeschaut und die Vereinten Nationen bestimmte Entscheidungen spät getroffen haben.
Der Blick auf Deutschland: Die Wehrpflicht ist ausgesetzt, de facto abgeschafft. Wir haben junge Menschen, die sich bewusst entscheiden, zur Bundeswehr zu gehen. Im Grunde ist der Dienst mit der Waffe in der Hand, wie Sie es beschrieben, als Erstes Kern eines elementaren Selbstverständnisses eines Staates, nämlich zur Landesverteidigung, und die Landesverteidigung – der Einsatz
der Bundeswehr zum Schutz des Staates und des Staatsgebietes – eine elementare Kernfrage, auch staatlicher Sicherheit.
Da wir in die Europäischen Union und in die NATO eingebunden sind und damit eine viel größere gemeinschaftlich getragene Bündnispolitik betreiben und einem reinen Verteidigungsbündnis angehören, liegt es wohl in der Natur der Sache, dass der Einzugsbereich dieses Bündnisses so definiert ist, wie er es ist.
Ich halte es für sehr gewagt, von Deutschland und Sachsen als Durchmarschgebiet für NATO-Streitkräfte zu reden. Das belegt ein bisschen die Fantasie, als seien wir hier Aufmarschgebiet für militärische Auseinandersetzungen. Nein, es geht vielmehr darum, diesen Sicherungsauftrag zu erfüllen: die Sicherung der Europäischen Union und der NATO nach außen. Das ist elementares Selbstverständnis staatlichen Handelns.
Tiefflieger der Bundeswehr in verletzlicher Natur. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es liegt irgendwie in der Natur des Selbstverständlichen und des Logischen, dass, wenn ich Militär unterhalte, Selbiges auch trainiert und ausgebildet werden muss. Dass das auch entsprechende Kompromisse mit sich bringt, ist selbstverständlich. Aber an dieser Stelle bedienen Sie Fantasien, die mit der Realität wenig zu tun haben.
Meine Damen und Herren von den LINKEN! Insgesamt kann man unterschiedliche Ansätze zu dem Thema haben. Sie kennen alle die Parabel vom Fuchs und vom Igel. Ich halte sehr viel davon, sich vor dem Fuchs nicht ohne das Stachelkleid zu setzen, sondern schon verteidigungsfähig zu sein und zu bleiben. An dieser Stelle möchte ich eine Wertschätzung für all die Bürgerinnen und Bürger in Uniform formulieren, die ihren wesentlichen Beitrag zur Stabilität der deutschen außenpolitischen Sicherheit und als Teil einer Bündnispolitik leisten, meine sehr geehrten Damen und Herren.
In Richtung von Frau Schaper sei gesagt: Sie haben vorhin in der Debatte bemüht: „Nie wieder Deutschland“ ist der Schwur von Buchenwald. Das ist so nicht ganz richtig.
Der Schwur von Buchenwald bezieht sich auf eine klare Feststellung. Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. „Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“ So lautet es richtig, und nicht: Nie wieder Deutschland. Diesen Schwur aufgreifend, heißt es: Wer Frieden schaffen will, muss auch bereit sein, dafür Verantwortung zu tragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren der LINKENFraktion! Es ist zur Kenntnis zu nehmen, dass sich angesichts dessen, was wir international an Spannungen,
Bürgerkriegen, militärischen Auseinandersetzungen, mit Destabilität, internationalem Terrorismus und Übergriffen auf staatliche Souveränität erleben, die Frage stellt, welcher Strukturen der Verteidigung und – unter Beachtung des UN-Mandats – welcher Schutzmechanismen man sich bedient.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundeswehr ist genauso notwendig wie in der Vergangenheit, und sie leistet einen elementaren Friedensbeitrag für die Welt.
Danke. – Herr Hartmann, meine Aussage von vorhin – es war vielleicht nicht deutlich genug ausgedrückt – bezog sich auf die Band „Egotronic“ und die Ereignisse während der Demo „Herz statt Hetze“. Sie haben sich vorher erklärt – in einer Liedpassage kommt vor „Nie wieder Deutschland“ –, dass Sie das Deutschland meinen, bezogen auf den Schwur von Buchenwald von 1933 bis 1945. – Das nur zur Richtigstellung.
Deshalb mache ich es ja jetzt, Herr Meyer, zuhören! Herr Dierks hat mich verstanden, denn er war dabei. Die Band hat es vorher ausgeführt und darauf bezog sich meine Bemerkung. Herr Meyer, vielen Dank für Ihr sachliches Zuhören.
Ich danke Frau Schaper für ihre Richtigstellung, die dafür Sorge getragen hat, dass die vorhin etwas missverständliche Aussage, „Nie wieder Deutschland“ sei der Spruch von Buchenwald, an dieser Stelle von ihr klargestellt worden ist. – Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren! Wir setzen in der Aussprache fort. Ich rufe die SPD-Fraktion auf; Herr Abg. Homann, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der 1. September als Weltfriedenstag
ist für uns alle ein Tag des Gedenkens und des Erinnerns an den Beginn des Zweiten Weltkrieges durch den Überfall Deutschlands auf Polen. Das Ergebnis war ein zerstörtes Europa, Millionen Tote und der einmalige Zivilisationsbruch der Shoa.
Seit Langem diskutieren wir über die Konsequenzen daraus. Es sind unterschiedliche Konsequenzen, und es gibt nicht die eine Konsequenz. Einige davon wurden angesprochen.
Die erste ist überragend wichtig: Von deutschem Boden darf kein Krieg ausgehen. Wir alle sind in der Verantwortung, uns für den Frieden in Europa und in der Welt einzusetzen. Wir haben für uns in Europa und für uns als Deutschland die Konsequenz daraus gezogen, dass dieser Frieden das Ergebnis von internationalem Austausch und Diplomatie sein muss und nicht von gegenseitiger Abschreckung und Hochrüstung. Deshalb ist die richtige Konsequenz, die wir am Weltfriedenstag als Erstes hochhalten müssen, ein gemeinsames Europa als Friedensprojekt.
Niemand hat behauptet, dass das Friedensprojekt Europa einfach wird. Wir erleben, seitdem es Europa gibt, Debatten darüber, was uns Europa bringt, was es uns nicht bringt und welche Probleme es bringt. Wir leben das erste Mal in einer Zeit, in der es Menschen gibt, die glauben, Europa in Gänze infrage stellen zu müssen, und neue nationale Egoismen proklamieren.
Wir sollten an einem Tag wie dem Weltfriedenstag ganz klar sagen: Eine Rückkehr zu nationalem Egoismus darf es nicht geben. Wir müssen das europäische Haus weiterbauen und festigen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Die zweite Konsequenz möchte ich auch vor dem Hintergrund der Debatten der letzten Tage, Wochen und Monate nennen: Das ist das deutsche Asylrecht. Wer politisch verfolgt wird, genießt in Deutschland Asyl. Das ist in unserem Grundgesetz festgeschrieben. Dieses Recht auf Asyl dürfen wir bei allen Debatten darüber, welche Menschen welchen Flüchtlingsstatus in Deutschland haben und welche nicht, niemals infrage stellen lassen. Das Grundrecht auf Asyl steht auch als Konsequenz aus dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland niemals zur Debatte.