Ich möchte auch dem Kollegen Rohwer zum Thema CO2Verursachung und der Lausitz noch mitgeben: Es stimmt schlicht nicht, dass wir heute hier stehen und überlegen würden, wann wir mit dem Strukturwandel anfangen, und dass wir dann 30 Jahre lang Zeit dazu hätten. Dieser Strukturwandel findet schon seit Jahren statt.
Vor allem gibt es vor Ort eine große Anzahl engagierter Leute – ob es Initiativen sind, Unternehmer oder Personen in der Verwaltung –, die diesen bereits gestalten und die sich freuen würden, wenn sie darin entsprechend unterstützt würden und wenn man nicht immer wegreden
würde, dass es diesen Strukturwandel gibt. Er wird nicht irgendwie nur von den GRÜNEN herbeigeredet. Daher wünsche ich mir, dass Sie die Leute vor Ort endlich einmal in dem unterstützen, was sie tun.
Herr Günther, Sie sagten gerade, Sie würden sich wünschen, dass ich dabei wäre. Ich wollte Sie fragen: Habe ich Sie bei der Lausitz-Konferenz übersehen? Ich war dort.
Lieber Herr Kollege! Ich glaube nicht, dass die Teilnahme an einer einzelnen Konferenz darüber entscheidet, ob man sich hier, auch als Fraktionsvorsitzender, zu verschiedenen Themen äußern darf. Ich könnte mir vorstellen, dass es auch in Ihrem Leben schon vorgekommen ist, dass Sie sich zu Themen geäußert haben, obwohl zuvor irgendeine Konferenz darüber stattgefunden hat und Sie nicht dabei waren. Ich halte das für einen wenig sachlichen Einwand, mit Verlaub.
Wenn dies das Niveau der künftigen Debatte ist, dann filtern wir hier jeweils immer, welche Veranstaltungen es gegeben hat und wer es geschafft hat, teilzunehmen. Dann debattieren wir am besten gar nicht mehr. Wenn dies das Land voranbringt, dass wir uns damit selbst limitieren, dann herzlich willkommen in dieser Demokratie, wenn das Ihr Verständnis davon ist. Dazu kann ich als GRÜNER sagen: Das halte ich für höchst skurril.
Vielen Dank, Herr Günther. – Jetzt frage ich noch einmal in die Runde: Wird aus den Reihen der Fraktionen noch einmal das Wort gewünscht? – Ich sehe keine Wortmeldung, und diesmal haben es alle gehört. Herr Staatsminister, Sie haben das Wort. Bitte sehr.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob man über ein solches Thema in einer Aktuellen Debatte in dieser Breite wirklich konstruktiv diskutieren kann. Es begann mit Hochwasserschadensereignissen im Vogtland – wie helfen wir den Leuten? –, dann ging es um 10 bzw. 15 Euro, dann wurde gefragt, wie es nun weitergehe mit Anpassungsstrategien in der Landwirtschaft, mit Heckenprogrammen oder der Braunkohleentwicklung im Leipziger Revier oder im Vogtland.
Dann kamen wir zur Windkraft und anderen erneuerbaren Energien. Wir sind von einem Thema in das andere
wenn man diesen großen Strauß aufmacht? – Sie können sich aber auf Themen fokussieren, um das ernsthaft zu diskutieren. Das konnte ich leider nicht feststellen.
Eines möchte ich geraderücken, Frau Dr. Pinka hat das, glaube ich, angesprochen: Ich halte mich – das habe ich schon oft gesagt und gebe es ehrlich zu – nicht daran fest, was nun menschengemacht ist und oder nicht. Sie haben völlig recht: Wenn wir uns mit dieser Diskussion lange aufhalten und dann in 20 oder 30 Jahren feststellen, dass doch alles menschengemacht war, dann ist es zu spät.
Also müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir uns anpassen und wie wir Vorsorge treffen, um etwas zu verhindern. Um es noch einmal klarzustellen: Ich diskutiere hier nicht darüber, ob der Klimawandel nun menschengemacht ist oder nicht, sondern wir müssen natürlich Anpassungsstrategien entwickeln und uns den Entwicklungen stellen, um dem möglichst entgegenzuwirken. Das ist für mich überhaupt keine Frage.
Dann kommt stets das Thema der Ziele von Paris auf. Ja, es ist richtig: Wenn man sich auf das Ausgangsjahr 1990 bezieht und nach Sachsen schaut, dann sind wir nun einmal bei über 50 % CO2-Reduzierung. Dann kommt fast automatisch: Das war ja der Zusammenbruch der ostdeutschen Wirtschaft, der Anfang der Neunzigerjahre eingesetzt hat. Ja, das stimmt und ist völlig richtig, aber einen Aspekt erwähnen Sie dabei nicht. Es stimmt, seitdem haben wir keine Reduzierungen; seit Mitte der Neunzigerjahre ist der CO2-Ausstoß nicht mehr gesunken.
Was Sie aber vergessen: Damals hatten wir, wenn man nicht nur die reale Arbeitslosigkeit, sondern auch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Vorruhestand etc. mit einrechnet, bestimmt eine Arbeitslosenquote von 30 % oder 40 %, während wir heute wieder auf Vollbeschäftigung zugehen. Trotzdem ist der CO2-Ausstoß nicht mehr gestiegen, sondern im Verhältnis zu 1990 bei 50 % geblieben.
Wir haben seitdem das BIP-Niveau von 36 Millionen Euro im Jahr 1991 auf heute 121 Millionen Euro gesteigert. Nicht nur die Arbeitslosenquote ist zurückgegangen, sondern die reale Beschäftigung liegt heute bei über 2 Millionen Beschäftigten, trotz der Abwanderung.
Zu anderen Bereichen – wie der Mobilität – brauchen wir keine Statistik zu bemühen. Jeder von uns weiß, wie viele von uns damals ein Auto hatten und wie viele heute eines haben. Die damalige Wohnfläche lag bei durchschnittlich knapp 58 Quadratmetern, zumindest bei Mietern, und
liegt heute bei fast 76 Quadratmetern. Trotzdem liegen wir im Verhältnis zu 1990 in Sachsen bei einer CO2Reduzierung von über 50 %.
Sie sprechen immer nur vom Zusammenbruch, aber den steten Aufwuchs mit neuen Technologien, der hier in Sachsen auf hohem Niveau stattgefunden hat, leugnen Sie. Das ist einfach unredlich und falsch.
Natürlich ist es so: Wenn man sich Ziele setzt, muss man auch in Deutschland die Regionen nach ihren jeweiligen Strukturen betrachten; daran besteht kein Zweifel. Was würde es denn helfen, wenn jetzt Boxberg 50 Kilometer weiter nördlich und Lippendorf weiter westlich stehen würde? Hätten wir dann überhaupt kein Problem? Nein, dann wäre das Thema genau das gleiche. MecklenburgVorpommern hat keine Kohleverstromung mehr, die sind sauber und können sich feiern. Doch sie nehmen unseren Strom ab, um ihr Netz zu stabilisieren. Was ist das also für eine Diskussion? Wir müssen daher schon ganz Deutschland betrachten, wenn man am Ende solche Vorgänge bewerten will.
Nun zu den Strategien: Natürlich gibt es sehr viele Strategien, die in den letzten Jahren aufgebaut worden sind, die in mein Ressort fallen. Nehmen wir einmal das Beispiel Hochwasserschutz: Hier haben wir im Jahr 2002 begonnen, intensive Hochwasserschutzmaßnahmen in Sachsen durchzuführen. Herr Kollege Günther, inzwischen sind es sogar 2,6 Milliarden Euro, die investiert worden sind. Das hatte unter anderem zur Folge, dass wir im Vergleich zu 2002 beim Hochwasser 2013, das in Sachsen sogar noch flächendeckender war und teilweise sogar noch stärkere Niederschläge brachte, die Schäden von über 8 Milliarden Euro und mehreren Toten auf reichlich 2 Milliarden Euro senken konnten. Das ist natürlich immer noch viel zu viel, jedoch gab es 2013 keine Opfer von Menschenleben. Das ist doch ein großer Erfolg in dieser kurzen Zeit von elf Jahren, diese umfangreichen Maßnahmen zu planen und umzusetzen, die Leute zu warnen und zu sensibilisieren, wie sie sich selbst schützen können. Diesen Weg gehen wir daher Schritt für Schritt konsequent weiter. Bis zum Jahr 2023 sind hier nochmals 630 Millionen Euro eingeplant. Das muss man an dieser Stelle einmal anerkennen, denn das sind alles Steuergelder, die wir dafür in die Hand nehmen.
Beim Rückhalt in der Fläche gab es einen großen Maßnahmenkatalog, der aufgestellt worden ist. Dabei war von vornherein klar, dass, wenn man eine Bewertung vornimmt, am Ende nicht jede Maßnahme umgesetzt werden kann. Ich sage Ihnen aber eines: Wir wären in vielerlei Hinsicht auch bei solchen Rückhaltemaßnahmen schon
deutlich weiter, wenn nicht zahlreiche Klageverfahren die Umsetzung verschleppen und verteuern würden. Auch das ist ein Fakt, den man einfach einmal benennen muss.
Wir haben, wenn man die Strategien weitergeht, natürlich auch in puncto Landwirtschaft vieles auf den Weg gebracht. Ich sehe Ihnen nach, dass Sie in Ihrer Fraktion keinen Landwirt haben, aber Sie reden immer gern über die Landwirte und dass man diesen einmal erklären müsse, wie sie Landwirtschaft zu betreiben hätten.
Sie wissen alles immer viel besser. Das ist einfach unredlich, und das sollten Sie auch unterlassen, so mit den Bauern umzugehen. Wir haben mittlerweile einen sehr hohen Ausbildungsstand in der Landwirtschaft; das sind hochintelligente Leute.
Jetzt sind wir schon ziemlich weit vorgerückt. Einmal abgesehen von den Landwirten, wo wir diesen nichts erklären wollen, sondern sie bei den Dingen unterstützen, die sie anbauen, wollte ich eigentlich meine erste Zwischenfrage noch zum Thema Wasser stellen. Sie wissen ja sicher, dass die Probleme aus Flächennutzungskonflikten herrühren. Dabei muss Land durch Landwirte hergegeben werden. Nun möchte ich Sie einmal fragen, ob es beim zentralen Flächenmanagement eine Schwerpunktstrategie dafür gibt, solche Flächen zur Verfügung zu haben, damit man diese Konflikte lösen kann. Wird das intensiv angegangen, damit es nicht zu Klagen kommt, sondern dass man schon im Vorfeld den Leuten etwas anbieten kann?
Zunächst einmal gibt es zahlreiche Klagen, die gar nicht unmittelbar etwas mit dem Flächeneigentümer zu tun haben. Sie kommen aus ganz anderen Richtungen; das wissen Sie auch. Es kommen auch Klagen aus dem Naturschutz, und es kommen Klagen von Anwohnern. Das also hat nicht immer etwas mit dem Flächeneigentümer zu tun.
Der Flächenausgleich ist eine sehr theoretische Diskussion. Wenn ich beim zentralen Flächenmanagement eine Fläche am Rand von Dresden habe und eine Hochwasser
schutzfläche in der Nähe von Plauen, dann nützt das im Austausch dem Landwirt dort gar nichts, sofern es nicht zufällig gerade in der Nähe eine Fläche gibt. So etwas kann man natürlich – da haben Sie recht – über das zentrale Flächenmanagement viel besser bearbeiten, wenn es in der Region gerade möglich ist. Das muss dann aber auch genau in dem Moment gegeben sein.
Noch einmal einige Worte zu den Bewirtschaftungsflächen: Als Freistaat Sachsen haben wir insgesamt über 50 % unserer Fläche in Agrar-, Umwelt- und Klimamaßnahmen in der Bewirtschaftung. Hervorzuheben ist hierbei die pfluglose Bodenbearbeitung, die den Wasserrückhalt erheblich verbessert. Es gibt nur sehr wenige Bundesländer, in denen der Anteil pflugloser Bodenbearbeitung so hoch ist wie im Freistaat Sachsen. Mit dem künftig anstehenden Glyphosatverbot wird es möglicherweise schwierig, das zu erhalten, weil dann wieder mehr geackert wird, sodass mehr Schlamm anfallen wird. Da müssen wir uns noch etwas einfallen lassen.
Wir haben uns auch dem Heckenprogramm gestellt. Auch das wissen Sie, denn Sie haben sogar schon einmal im Ausschuss gelobt, dass wir als einziges Bundesland die GAK für ein Heckenprogramm nutzen. Es gibt niemanden sonst, der das macht. Natürlich haben wir auch eine Verantwortung gegenüber den Landwirten. Daher sichern wir diese Maßnahmen des ökologischen Landbaus und der Agrar-Umwelt-Maßnahmen durch erhebliche Umschichtungen aus anderen Bereichen. Ich weiß die Zahl zwar nicht ganz genau, aber das sind mindestens 30 Millionen Euro – wenn nicht sogar noch mehr –, die wir genau für diese Maßnahmen umgeschichtet haben. Kollegen von den GRÜNEN aus anderen Bundesländern erzählen mir, dass sie nicht wissen, wie sie diese Maßnahme finanzieren sollen. Wir dagegen stehen zu unserem Wort, nehmen das ernst und unterstützen die Landwirte. Wir gehen also nicht etwa strategielos vor, wie Sie uns vorwerfen, sondern wir gehen sehr zielgerichtet vor. Das werden wir uns von Ihnen auch nicht schlechtreden lassen.
Meine Damen und Herren! Die zweite Aktuelle Debatte ist damit abgeschlossen. Ich schließe Tagesordnungspunkt 2.