Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 20 Minuten, SPD 18 Minuten, AfD 12 Minuten, GRÜNE 17 Minuten, fraktionslose MdL je 1,5 Mi
Als Antragsteller haben zunächst die Fraktionen CDU und SPD das Wort, die weitere Reihenfolge ist dann DIE LINKE, AfD, GRÜNE, Staatsregierung, wenn gewünscht. Das Wort ergreift jetzt für die einbringende CDU-Fraktion Frau Kollegin Aline Fiedler.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein sehr gutes Zeichen für die Theater- und Orchester im Kulturland Sachsen, sagte Christoph Dittrich, Vorsitzender des Landesverbandes des Deutschen Bühnenvereins hier in Sachsen, zu dem vor wenigen Tagen vorgelegten Vorschlag der Staatsregierung, die Mittel für die Kultur in den nächsten vier Jahren um 40 Millionen Euro zu erhöhen. Diese großartige Nachricht bedeutet, dass das Kulturraumgesetz dann über 100 Millionen Euro verfügt und wir die Kulturraummittel in dieser Legislaturperiode um 20 % haben ansteigen lassen. Das ist eine Zahl, die sich durchaus sehen lassen kann.
Sachsen ist eine der dichtesten Kulturlandschaften Europas. Das spiegelt sich nicht nur in den Einrichtungen wider, sondern auch in den Besucherzahlen. Wenn man die der Orchester anschaut, liegen wir bei den absoluten Zahlen an dritter Stelle hinter Bayern und NordrheinWestfalen, die immerhin deutlich mehr Einwohner haben als Sachsen, drei- bzw. viermal so viele. Wir sind das einzige Bundesland, das Kultur als Staatsziel in der Verfassung hat. Daraufhin ist das Kulturraumgesetz entwickelt worden, das zur solidarischen Zusammenarbeit verpflichtet. In der Evaluierung wurde von den Kulturschaffenden wiedergegeben, dass es sich als einzigartiges und bewährtes Modell der Kulturraumfinanzierung etabliert hat.
Vor wenigen Wochen haben wir die Evaluierung des Kulturraumgesetzes hier im Sächsischen Landtag bespro
chen und beschlossen. Da standen die Vertreter der Koalition an diesem Pult und haben versprochen, sich mit dem Thema Kulturraumfinanzierung noch einmal auseinanderzusetzen und sich das Thema im Rahmen des Haushalts noch einmal anzuschauen.
Wir können heute sagen: Wir haben Wort gehalten. Wir werden die Mittel im nächsten Haushalt erhöhen mit dem Schwerpunkt Theater und Orchester, und da insbesondere für die Personalkosten. Es ist auch richtig so, dass dieser Vorschlag in Richtung Theater und Orchester geht, da sie den größten Teil der Kulturaufwendungen brauchen. Das ist im Übrigen nicht nur in Sachsen so, sondern deutschlandweit.
Wir haben eine der dichtesten Orchester- und Musiklandschaften nicht nur in Deutschland, sondern in Europa und können auf eine lange Tradition verweisen. Hervorragende Impulse sind von hier ausgegangen. Diese Kraft wollen wir lebendig erhalten und in die nächste Generation tragen. Das tun wir als Politiker vielleicht mit Rahmenbedingungen, aber vor allem tun es die vielen hauptamtlich und ehrenamtlich Tätigen in den Musikschulen, im Landesgymnasium für Musik, in den Musikvereinen, in den Laienorchestern, in den zwei der besten Knabenchöre der Welt, in zwei renommierten Musikhochschulen oder einer der besten Tanzhochschulen Europas, um nur einige Einrichtungen zu nennen.
Diese Leistung spiegelt sich in der Spitze wider. Wir haben zwei der besten Orchester der Welt hier in Sachsen, aber auch in der Breite können wir auf eine vielfältige Orchesterlandschaft verweisen. Diese Mitarbeiter leisten eine hervorragende Arbeit, deren Wirkungskreis weit über die Einrichtungen hinausgeht. Sie sind ein wichtiger Anker für die Attraktivität in den Regionen. Natürlich ist uns auch bewusst, dass weitere Einrichtungen eine her
vorragende Arbeit leisten und für das Kulturland Sachsen unverzichtbar sind. Ich nenne nur die Musikschulen, Museen, Filmfeste und Bibliotheken. Deshalb ist es gut, dass im vorliegenden Modell der Staatsregierung diese Einrichtungen mit einer Erhöhung um 3 Millionen Euro im Jahr bedacht werden sollen.
Das Modell ist richtig, weil es über einen längeren Zeitraum geht – wir reden jetzt über vier Jahre –; und es führt nicht zu einer Reduzierung von Finanzquellen aus anderen Richtungen, sodass das Geld wirklich zusätzlich den Theatern und Orchestern zur Verfügung steht. Mit den 3 Millionen Euro wird auch für die anderen Einrichtungen ein deutliches Signal gesetzt. Wir reden schon heute darüber, weil es in den nächsten Wochen wichtig ist, die Einzelheiten zu besprechen und die konkreten Anträge und Konzepte für die Einrichtungen frühzeitig zu entwickeln, damit rechtzeitig mit dem nächsten Jahr das Geld zur Verfügung gestellt werden kann.
Wir freuen uns über die positiven Signale, die das schon jetzt in der Kulturlandschaft ausgelöst hat, beispielsweise beim Theater Chemnitz, wo gesagt wurde, dass man zum Flächentarifvertrag zurückkehren will. Das ist ein schönes Signal und ich denke, auch die Opposition wird das aufnehmen. Ich habe noch einmal nachgesehen, die LINKEN hatten in ihrem Wahlprogramm stehen, dass die Kulturraummittel auf 100 Millionen Euro erhöht werden sollen. Das ist jetzt erfüllt. Herr Günther hat bei der Evaluierung des Kulturraumgesetzes gesagt, dass
– ein klares Bekenntnis des Freistaates zur Kultur und zu seiner Verantwortung, der wir damit gerecht werden, abgegeben wurde.
Die Aktuelle Debatte ist eröffnet. Die antragstellende Fraktion war durch Frau Kollegin Fiedler vertreten. Jetzt spricht für die ebenfalls antragstellende einbringende Fraktion der SPD Frau Kollegin Kliese.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Laut einer Umfrage sagen 96 % der deutschen Orchestermusikerinnen und -musiker, sie liebten ihren Beruf, sie hätten den schönsten Beruf der Welt. Wer in ein Sinfoniekonzert geht, der kann es hören und sehen. Das ist eine Einstellung, die wir uns gerade im Freistaat auch von anderen Berufsgruppen manchmal wünschen würden.
Die Liebe zum Beruf ist aber kein Grund, Menschen schlechter zu entlohnen als andere. Das ist in der Kultur und in der kulturellen Arbeit nicht anders als im Sozialbereich.
Was mit Leichtigkeit gespielt und dargeboten wird, ist oft hart erarbeitet. Musikerinnen und Musiker beginnen als Kinder bereits, Instrumente zu lernen. Während andere draußen toben können, schwitzen sie in der Musikschule, verbringen den Sommer im Orchesterlager. Sie müssen Teamplayer sein, deren Leistungen nur in wenigen Fällen im Vordergrund stehen. Sie müssen sich einordnen können. Sie trainieren hart wie Leistungssportler.
In den letzten Jahren haben es Haustarifverträge ermöglicht, dass unsere Orchester auf dem hohen Niveau im Freistaat weiter bestehen bleiben konnten, A-Orchester beispielsweise, die wir in einer sehr beachtlichen Anzahl in Sachsen haben. Dafür haben die Musikerinnen und Musiker in vielen Fällen verzichtet.
Wir haben immer gewusst, dass es nicht so weitergehen kann, dass es keine Dauerlösung ist. Deswegen bin ich sehr froh, dass wir jetzt eine Lösung gefunden haben, die es den Häusern ermöglicht, gerade den kleinen Häusern und auch den Häusern im ländlichen Raum, zum Flächentarifvertrag zurückzukehren und damit faire und gute Arbeitsbedingungen für diese Musikerinnen und Musiker zu schaffen.
Ich danke dafür insbesondere Frau Dr. Eva-Maria Stange, die als Ministerin lange an einer Lösung gearbeitet hat. Ich weiß aber auch, dass unser Ministerpräsident diese Tür erst einmal geöffnet hat, dass es also ein Zusammenspiel war. Deswegen hätte der Applaus jetzt kommen müssen.
Wir bekennen uns damit ganz klar zu einem sehr hohen Niveau unserer Kulturlandschaft. Damit unterscheiden wir uns auch international; denn es gibt inzwischen – das ist eine sehr traurige Entwicklung – etliche europäische Staaten, die nur noch vom Abglanz ihres kulturellen Erbes leben, aber nicht in der Lage sind, dieses weiterzuentwickeln.
In der letzten Legislatur hat Karl-Heinz Gerstenberg von den GRÜNEN oft von der berühmten Weitergabe der Glut statt der Anbetung der Asche gesprochen. Das ist der Anspruch, den wir haben müssen. Wir müssen die Schätze, die wir haben, nicht nur anbeten, nicht nur preisen, sondern diesen Rohstoff auch weiterentwickeln und als solchen erkennen.
Italien ist ein Negativbeispiel, wo die Musiker schlecht bezahlt sind, wo die kulturellen Schätze regelrecht verrotten. Sachsen geht mit einem guten Beispiel voran. Das wird auch international anerkannt. Darauf können wir sehr stolz sein, dass wir in diesen Rohstoff investieren.
Die Welt der Musikerinnen und Musiker wird immer komplexer. Das geht auch an ihnen nicht vorbei. Sie leben nicht in einer Blase. Deshalb bringen sich auch viele gesellschaftlich ein, zum Beispiel mit Themen wie Integration, kulturelle Bildung oder Inklusion. Das sind alles Leistungen, die sie in ihrer Freizeit erbringen.
Als Beispiel möchte ich das Traumkonzert nennen, bei dem in jedem Jahr Musikerinnen und Musiker des AOrchesters der Robert-Schumann-Philharmonie Chemnitz Kindern mit Handicap Musizieren beibringen und mit ihnen gemeinsam auf der Bühne stehen. Das machen sie alles nebenbei. Auch so etwas sollte Wertschätzung erfahren.
Es gibt nach wie vor Herausforderungen im Kulturbereich, die für uns offenbleiben. Was mich persönlich bedrückt, ist das Lohngefälle innerhalb der Sparten. Wenn Sie sich ansehen, was ein Puppenspieler bekommt, was ein frisch ausgebildeter, ein studierter, ein sehr anspruchsvoll studierter Schauspieler in den ersten Jahren an einem kleinen Haus erhält, dann gibt es ein starkes Gefälle. Das ist natürlich ein Problem, das nicht allein politisch gelöst werden kann. Wir können dafür nur die Rahmenbedingungen schaffen. Das ist etwas, womit wir uns in den nächsten Jahren befassen müssen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht haben Sie es mitbekommen: In den letzten Tagen ist der wunderbare Sir Simon Rattle verabschiedet worden. Er war viele Jahre lang der Chefdirigent der Berliner Philharmoniker. Er hinterlässt ein reiches Erbe, vor allen Dingen im Bereich der kulturellen Bildung. Simon Rattle hat einmal den schönen Satz gesagt: Kunst ist kein Luxus, Kunst gehört zum Leben wie die Luft zum Atmen. Ich hoffe, dass diese Debatte Sie anregt, wieder einmal ins Konzert zu gehen und tief ein- und auszuatmen.
Frau Kollegin Hanka Kliese sprach für die SPD-Fraktion. Jetzt kommt unser Kollege Sodann zu Wort für die Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Die erste Aktuelle Debatte seitens der Koalition: „Kultur in Sachsen – gut gemacht und gut bezahlt“. Einiges an Eigenlob mussten wir schon ertragen. Gleich zu Beginn spricht dieser Titel jedoch Hohn, wie Sie mit Kunst und Kultur und mit den Künstlerinnen und Künstlern im letzten Jahrzehnt und darüber hinaus in diesem Land umgegangen sind.
Dass Sie sich nämlich immer noch der kulturellen Vielfalt rühmen und Sachsen als Kulturland Nummer 1 ausrufen können, ist doch letztlich den Kulturschaffenden, den Künstlerinnen und Künstlern in diesem Land zu verdanken, welche bis heute in weiten Teilen in prekären Arbeitsverhältnissen wirken. Das nenne ich von Ihnen unter
diesen Umständen gut gemacht. Dafür ein herzlicher Dank an Sie an dieser Stelle von unserer Fraktion.
Wissen Sie, was ich amüsant finde? – Noch vor drei Monaten, als wir hier über die Novellierung des Kulturraumgesetzes debattierten, war aus Ihrer Sicht alles in Ordnung, wurde unser Gesetzentwurf, welcher unter anderem eine signifikante Erhöhung der Kulturraummittel beinhaltete, um aus der Haustarifproblematik herauszukommen, mit der Begründung abgelehnt, die Kommunen wären nicht in der Lage, diese Erhöhung gegenzufinanzieren.