Sie versuchen darüber hinaus, die Braunkohle in einen kausalen Zusammenhang zwischen der Braunkohleverstromung und den Starkregenereignissen in diesem Jahr herzustellen, und ich finde schon, dass das ganz schön an den Haaren herbeigezogen ist. Sicher stimmt es, dass wir im Vogtland beispielsweise in diesem Jahr häufige und stärkere Starkregenereignisse hatten. In Bad Brambach, Markneukirchen und Adorf waren es teilweise bis zu 150 Liter Regen pro Quadratmeter; und einmal abgesehen von den Schäden an Wohnhäusern, Garagen und Autos ist natürlich – damit haben Sie vollkommen recht – das Schlimmste, dass zum Teil Existenzen zerstört worden sind. Darüber muss man selbstverständlich auch sprechen. Aber wir sollten nicht so tun, als wenn wir damit im Freistaat allein wären. Natürlich ist es so, dass es in vielen Regionen des Freistaats Sachsen zu diesen heftigen Unwettern kam, aber nicht nur in Sachsen, sondern in ganz Deutschland.
Der Freistaat – Sie haben das mit den 15 Euro gerade ein wenig heruntergespielt – hat versucht, sich für die Opfer dieser Unwetter möglichst unbürokratisch einzusetzen. Uns geht es dabei um eine konkrete Hilfe vor Ort. Nun kann man sicherlich vortrefflich über die 15 Euro diskutieren, aber ich denke, die unbürokratische Hilfe war eigentlich das Ausschlaggebende.
Ich finde, es ist nicht angemessen, dass Sie auf, sagen wir einmal, populistische Art und Weise versuchen, diese Katastrophe zu instrumentalisieren.
Sicher ist es wichtig und auch richtig, Herr Günther und liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, dass wir über Klimaschutz diskutieren. Wir tun dies ja wirklich auch sehr oft im Hohen Haus.
Wir haben, glaube ich, im Dezember die letzte Debatte zu diesem Thema geführt; aber wie ich vorhin bereits sagte: einen Kausalzusammenhang zwischen der Braunkohleverstromung und den extremen Wetterereignissen der letzten Monate herzustellen ist aus meiner Sicht nicht haltbar und vor allem für die heutige Debatte nicht sinnvoll.
Ohne Zweifel hat der Freistaat eine Verantwortung für den Klimaschutz, deshalb bekennen wir uns zum Beispiel auch zu dem 2-Grad-Ziel von Paris. Darüber hinaus
kommen wir seit vielen Jahren als Freistaat Sachsen mit dem Klimaschutzprogramm unserer Verpflichtung nach. Im Jahr 2001 ist das erste Klimaschutzprogramm des Freistaates Sachsen verabschiedet worden, und auch in den Folgejahren ist es kontinuierlich weiterentwickelt worden. Seit 2008 werden darüber hinaus Maßnahmen zum Klimaschutz und zur nachhaltigen Energieversorgung ressortübergreifend gebündelt, und im Koalitionsvertrag – das können Sie dort alle nachlesen – bekennen wir uns klar und deutlich zu einer wissenschaftlich fundierten Bewertung der vorliegenden Klimaprognosen.
Unabhängig davon arbeitet die Staatsregierung seit geraumer Zeit an der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Weiterentwicklung und Aktualisierung des EKP. Darüber hinaus sind in den vergangenen Jahren aber bereits auch weitergehende konkrete Investitionen in den Klimaschutz vorgenommen worden, um solche Starkregenereignisse wie in diesem Jahr, ich will nicht sagen, zu verhindern, aber dazu beizutragen, dass sie nicht vorkommen.
Da wäre zum Beispiel die Förderrichtlinie Klimaschutz. Hierbei handelt es sich um ein sehr breites Programm für Investitionen zur Erschließung des CO2-Einsparpotenzials im Bereich der öffentlichen Infrastruktur einschließlich öffentlicher Gebäude. Wir haben darüber hinaus im Freistaat Sachsen seit 2007 unsere Sächsische Energieagentur SAENA, die genau in dieser Richtung arbeitet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen daran, dass Sachsen keineswegs – wie es von Ihnen im Debattentitel propagiert wird – ein Klimaschutzverweigerer ist. Es wird sehr viel getan, auch ressortübergreifend, allerdings eben nicht – wie Sie das so oft wollen – ideologisch-moralisch abgehoben oder besserwisserisch. Klimaschutz kann nach unserer Einschätzung nur mit den Bürgerinnen und Bürgern im Freistaat Sachsen gemeinsam funktionieren.
Gerade in der Klimapolitik ist eine genaue Analyse der Ist-Situation unerlässlich, und die vermeintlich einfachen Antworten helfen eben nur bedingt weiter.
Das war Herr Kollege Hippold, CDU-Fraktion. Nun gibt es eine Kurzintervention des Herrn Kollegen Günther von den GRÜNEN.
Zunächst möchte ich einmal festhalten, dass wir hier weder Populismus noch Ideologie verbreiten. Es waren, denke ich, relativ klare Fakten, die wir hier vorgetragen haben, und ich lade Sie herzlich ein, sich mit diesen Fakten auseinanderzusetzen.
Genauso haben wir nicht kritisiert, dass es eine unbürokratische Soforthilfe gab mit diesen 15 Euro, überhaupt nicht. Wir haben gesagt, das sei ein guter Schritt. Aber ich habe danach leider nichts gehört, dass man gesagt hätte: Ja, wir machen das jetzt, weil es schnell gehen muss, und jetzt entwickeln wir mal eine Strategie, wie wir dazu kommen, dass wir nicht jedes Mal so ad hoc reagieren müssen, sondern an die Ursachenbekämpfung herangehen. – Das hat schlichtweg gefehlt. Ich habe von Ihrer Seite nichts gehört. Man hat sich nur gefeiert, dass man die 15 Euro bringt. Ja, das ist schön, aber das reicht eben nicht. Das ist nur eine Soforthilfe und keine Strategie.
Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Günther, danke für die Kurzintervention und die Möglichkeit, darauf zu reagieren. Fakten an sich, da bin ich ganz ehrlich, konnte ich jetzt in Ihrer Rede nicht erkennen. Ich hatte sie ja als „Feuerwerk der Unterschiedlichkeiten“ bezeichnet, und dazu stehe ich auch. Sicher waren viele Dinge enthalten, die Sie angesprochen haben; aber eine Lösung in irgendeiner Weise haben Sie nicht angeboten. – Punkt 1.
Punkt 2: Man sollte nicht so tun, als ob in den letzten Jahren überhaupt nichts geschehen sei. Wenn ich mir überlege, was seit 2002 allein in den Hochwasserschutz in Sachsen investiert worden ist, auch in die Prävention, um
(Wolfram Günther, GRÜNE: Das habe ich alles gesagt und sogar die Zahlen genannt: 2,4 Milliarden und 0,4 %!)
solche Möglichkeiten zu verhindern, dann finde ich es trotzdem unredlich, so zu tun, als wenn hier in den letzten Jahren überhaupt nichts passiert wäre.
Das waren Kurzintervention und Reaktion. Nun setzen wir mit den Reden fort. Das Wort ergreift Frau Kollegin Dr. Pinka für die Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Fraktion DIE GRÜNEN, ich habe Ihren Debattentitel von Anfang an verstanden. Ich hätte ihn vielleicht sogar noch ergänzt und vielleicht „weggepustet“ ergänzt; denn wir haben außer den Hochwässern in 2002, 2010 und 2013 oder den Starkniederschlägen im Vogtland vor Kurzem auch Tornados beobachten müssen, zum Beispiel in Großenhain, oder die letzten großen Stürme „Herwart“ und „Friederike“, die ebenfalls große Schäden verursacht haben. Von daher hätte ich, wie gesagt, dem Titel noch „weggepustet“ hinzugefügt.
Die heutigen Auswirkungen des Klimawandels zeigen sich offenbar in Extremwetterereignissen und den daraus folgenden Schäden. Es gibt Wissenschaftler, die sich damit beschäftigen. Zum Beispiel hat das Institute of Environmental Change in Oxford Szenarien berechnet, um den Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und den Extremwetterereignissen aufzuzeigen.
Gleichzeitig ist natürlich nicht jedes Extremwetterereignis auf den Klimawandel zurückzuführen, und wahrscheinlich wird eine unmittelbare Kraftwerksstilllegung in Boxberg nicht verhindern, dass es einen weiteren Klimawandel geben wird. Aber natürlich wissen wir alle, dass der Treibhausgasausstoß die Ursache dafür ist. Bislang habe ich aber den Eindruck, dass es sich in der Staatsregierung verbietet, die Verbindung zwischen CO2-Austrag und Trockenheiten bzw. Fluten wissenschaftlich zu begleiten. Über die lang anhaltende Trockenheit im Frühjahr sagte selbst Umweltminister Schmidt in einer Pressemitteilung – ich zitiere –: „Seit Anfang April sind Niederschläge außergewöhnlich lange ausgeblieben oder nur in außergewöhnlich geringer Menge gefallen. Betroffen sind dabei nicht nur Gebiete, die üblicherweise besonders unter Trockenperioden leiden, sondern Regionen im ganzen Freistaat.“ – Ja, offensichtlich ist das Ergebnis für ihn gottgegeben.
Schäden werden aus einer Förderrichtlinie „Krisen und Notstände“ beglichen, die Betriebe dürfen ausnahmsweise ökologische Vorrangflächen für Futtergewinnung oder für direkte Beweidung mit Tieren benutzen. Damit ist die Sache für ihn offenbar ärgerlich, aber erledigt. Dennoch gibt es zeitgleich im Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie eine Befassung mit Extremwetterereignissen. Es steht zum Beispiel auf deren Homepage: „Infolge der Erwärmung treten auch in Sachsen gehäuft extreme Wetterereignisse auf.“
Es steht also die Frage: Wann können wir sicher konkrete klimawandelnde Katastrophen beschreiben? Ist es wichtig, jedes Ereignis dem Klimawandel zuzuordnen oder das Gegenteil zu beweisen? Oder ist es vielleicht sogar schon für Sachsen zu spät? Was bleibt dabei aus dieser diffusen Debatte beim Klimaschutz – ist der Klimawandel nun vom Menschen gemacht oder nicht? – bei der Bevölkerung hängen? Aus den vielen Erklärungen und Rechtfertigungen bleibt oft nur die Meinung: Irgendetwas stimmt doch hier draußen nicht.
Deshalb zitiere ich gern Angela Merkel aus ihrer Regierungserklärung von 2017: „Wir wollen und müssen diese existenzielle Herausforderung“ – gemeint ist der Klimaschutz – „bewältigen, und wir können und werden nicht darauf warten, bis auch der Letzte auf der Welt von der wissenschaftlichen Erkenntnis des Klimawandels überzeugt werden konnte.“ Mit anderen Worten: Das Klimaabkommen ist unumkehrbar und es ist nicht verhandelbar.
Ich bin ja nicht so häufig einer Meinung mit der Kanzlerin, aber dieses Statement war sehr, sehr hilfreich. Wir
dürfen uns auch in Sachsen nicht aus der Verantwortung für unsere Kindeskinder verabschieden, denn jede Kapriole wird zukünftig vielleicht mit dem Klimawandel verbunden sein. Möglicherweise ist es – ich sagte es gerade – an mancher Stelle schon zu spät. Sie sprachen von dem Elbe-Hochwasser, Niedrigwasser und anderen Dingen. Herr Böhme wird in der zweiten Runde darauf eingehen, was Sachsen hierfür tut.
Eines will ich aber sagen, da wir gestern ja nicht über die Nachhaltigkeitsstrategie diskutiert haben: Wenn ich die Indizien, die Ziele und die Indikatoren sehe und noch einmal die Nachhaltigkeitsstrategie von 2013 verinnerliche, stelle ich fest: Dort steht nichts vom Ausstieg aus der Braunkohleverstromung. Das steht nicht drin. Es steht darin: Wir werden sehen, wie wir das CO2 besser verpressen und wie wir die chemische Nutzung der Braunkohle vorantreiben. – Aber etwas anderes schreiben Sie dort nicht. Sie sprechen davon, dass die CO2-Emissionen seit 1990 verringert wurden. Dass das aber kein eigentlicher Erfolg Ihrer Regierung ist, sondern dass es dem Zusammenbruchs des DDR-Wirtschaftssystems geschuldet ist, das verschweigen Sie.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Kollege Günther, in vielem, was Sie gesagt haben, haben Sie recht. Und mit vielem, was Sie gesagt haben, haben Sie auch mir aus dem Herzen gesprochen – mir, der Klimaschutz nicht nur hier, von der Kanzel, predigt, sondern das als Sozialdemokrat selbst lebt und dies mit Fug und Recht von sich behaupten kann.
Ich möchte, bevor ich zu Ihren Ausführungen komme, etwas eher anfangen. Ich mache mir im Moment sehr große Sorgen, ob wir unsere Ziele beim Klimaschutz wirklich einhalten können. Wir wissen jetzt, dass wir die Ziele 2020 nicht mehr erreichen werden. Wir reißen die Treibhausgasreduzierung von 40 % um 8 % – das sind keine guten Zahlen. Das Gleiche gilt auch für die Energiewende. Klimaschutz und Energiewende hängen für mich unmittelbar zusammen, und hier ist sprichwörtlich die Luft raus.
Wie gehen wir jetzt damit um? Ich möchte mich in meinem ersten Redebeitrag auf das Thema Verkehrswende beschränken, weil das für uns in Sachsen sehr, sehr
wichtig ist. Wir erleben gerade in Sachsen einen Trend von immer mehr Blech auf der Straße, von zunehmendem Verkehr. Das ist für uns, gerade als Automobilland Sachsen, eine sehr wichtige Herausforderung.
Ich sehe es so: Sachsen ist ein Industrieland. Wir als Land Sachsen sind ein Automobilland, und wir müssen die Verantwortung annehmen und endlich liefern. Die Technologien beim Thema Verkehrswende sind ja in der Schublade.