Wie damals schon, bezahlt auch heute wieder ein Teil der Lehrerschaft den Preis für die verfehlte Personalpolitik der Staatsregierung. Der Freistaat spart seit Jahrzehnten an den Lehrerinnen und Lehrern.
DIE LINKE fordert die Staatsregierung auf, zur gebührenden Wertschätzung der Arbeits- und Lebensleistungen der Lehrerinnen und Lehrer in Sachsen unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen und Schritte einzuleiten, um allen nicht verbeamteten Lehrerinnen und Lehrern ab dem 1. Januar 2019 eine Ausgleichsleistung gewähren zu können, mit der die künftig entstehenden erheblichen Nettolohnlücken gegenüber den verbeamteten Lehrerinnen und Lehrern geschlossen werden können.
Eine große Mehrheit der Beschäftigten wird aus Altersgründen nicht für die Verbeamtung im Freistaat Sachsen infrage kommen. Die zahlreichen Briefe, E-Mails, Veranstaltungen, auch die Protestaktionen der Lehrerinnen und Lehrer haben ganz klar den Unmut der Lehrerinnen und Lehrer gezeigt.
Wenn wir – ich bitte Sie, mir gut zuzuhören – die Motivation der Beschäftigten verlieren, dann verlieren wir auch die gute Schule in Sachsen. Wir haben jetzt an den sächsischen Schulen die Situation, dass die Motivation der Leistungsträger unserer Schulen, der Lehrerinnen und Lehrer, die lange im Bestand sind, extrem sinkt.
In einer Diskussionsrunde in Pirna sagte eine Lehrerin – meine Kollegen, die dabei waren, werden sich erinnern –: Wir verlieren mit diesen von der Staatsregierung vorgegebenen Maßnahmen zur Verbeamtung die Seele der Schule. Schule ist mehr als Unterricht und Unterrichtsabsicherung – viel mehr! Sie alle wissen das, Sie kennen das auch.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Man muss sich immer wieder wundern, wie DIE LINKE wider besseres Wissen mit solchen Anträgen die Spaltung der Lehrerschaft vorantreibt.
(Beifall bei der CDU – Widerspruch von den LINKEN – Susanne Schaper, DIE LINKE: Wer spaltet denn hier?)
Sie suggerieren mit diesem Antrag, dass die Nettolohnlücke zu schließen sei bzw. zu schließen gehe, wenn der politische Wille da wäre. Übrigens wird dies auch von der GEW in den Schulen so beschrieben.
Ich kann aus vielen Veranstaltungen der letzten Wochen berichten. Die Schreiber der E-Mails und die Teilnehmer an den Protesten und Veranstaltungen kamen aus den Reihen der GEW, nicht aus der Lehrerschaft in Gänze; liebe Conni Falken.
Drei Punkte sprechen gegen diesen Antrag. Sie, sehr geehrte Damen und Herren der LINKEN, kennen diese ganz genau. Ich möchte zuerst auf die rechtlichen Schwierigkeiten eingehen. Sie wollen doch nicht etwa verlangen, dass wir in Sachsen Rechtsbruch begehen?
Wenn wir beabsichtigen, eine Zulage für angestellte Lehrkräfte auszureichen, um die Nettogehaltslücke auszugleichen, dann müssen wir von der Tarifgemeinschaft der Länder die Zustimmung erhalten. Das ist eher unwahrscheinlich. Denn warum sollten die anderen Bundesländer zustimmen, dass Sachsen über die Verbeamtung hinaus derart attraktive und weit über das Tarifgefüge hinausgehende finanzielle Rahmenbedingungen schafft? Denken wir daran, dass mittlerweile fast alle Bundesländer ebenfalls Lehrer im System benötigen und fast alle händeringend Lehrer suchen.
Herr Bienst, kurze Frage – ich hoffe, kurze Antwort –: Werden Sie in Zukunft, ab dem 1. September, zwei unterschiedliche Gehaltssysteme in Sachsen einführen, ja oder nein?
Berlin hat zwar eine Zusage für seine Zulagen erhalten, aber diese bewegen sich immer noch im Rahmen des bestehenden Tarifgefüges. Das heißt, diese Zulagen sind mit dem Vorziehen der Erfahrungsstufen verbunden.
Zweitens möchte ich die finanzielle Auswirkung betrachten. Unsere Lehrer sind Teil des öffentlichen Dienstes im Freistaat Sachsen und unterliegen damit den Regeln des öffentlichen Dienstes. Einen solchen Nettolohnausgleich nur für die Lehrer zu schaffen ist rechtlich nicht möglich; das müsste auf alle Angestellten übertragen werden. Dass damit die Kosten exorbitant ansteigen würden, brauche ich nicht näher zu erläutern; laut Berechnungen des SMK sprechen wir von circa 800 Millionen Euro jährlich. Ich möchte auch nicht an die zusätzliche finanzielle Belastung der kommunalen Ebene denken, die automatisch mit im Boot säße.
Drittens möchte ich das Verhältnis „Angestellte – Beamte“ beleuchten. Wie jeder weiß, sind Beschäftigte im öffentlichen Dienst entweder Angestellte oder Beamte. Die Unterscheidung wird vorgenommen, da die Personengruppen einen unterschiedlichen Status haben, aus dem sich unterschiedliche Rechte und Pflichten ergeben.
Es ist sicherlich jedem hier im Hohen Haus bekannt, dass Beamte in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zu ihrem Arbeitgeber stehen. Sie dürfen zum Beispiel nicht streiken – das stört sie sicherlich – und können im Zweifel auch ohne ihr Einverständnis an einen anderen Arbeitsort, eine andere Schule zum Beispiel, versetzt werden. Im Gegenzug ist der Staat in besonderer Weise verpflichtet, seine Beamten zu alimentieren. Dies schlägt sich in der Besoldung der Beamten nieder, die nicht höher ist als die der Angestellten. Die Unterschiede im Nettoeinkommen resultieren aus der geringeren Abgabenlast; zum Beispiel erfolgen keine Einzahlungen in die Sozialversicherungen.
Angestellte hingegen sind Arbeitnehmer mit weitgehenden Arbeitnehmerrechten. Stellen wir doch einmal folgendes Gedankenexperiment an: Wenn wir die finanziellen Unterschiede aufheben würden und den unterschiedlichen Status beibehielten, stellte sich automatisch die Frage nach dem Sinn des Beamtentums. Dieser Diskussion möchte ich mich nicht stellen in Anbetracht der Tatsache, dass deutschlandweit 80 % der Lehrer verbeamtet sind, und in Anbetracht des in Deutschland üblichen Beamtentums im Allgemeinen.
Und: Mit welcher Begründung soll eigentlich die Nettolohnlücke nur für die Lehrer aufgehoben werden? Richtig ist, dass Lehrer ein sehr wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft sind und hervorragende Arbeit verrichten. Man muss aber an dieser Stelle auch die Vergleichsfrage stellen: Sind sie bessere oder wichtigere Angestellte des öffentlichen Dienstes als andere Berufsgruppen, die ebenfalls mit dieser Unterscheidung in ihrem Berufsfeld umgehen müssen und die dies seit vielen Jahren tun? Es gibt eben beide Gruppen, Angestellte und Beamte, trotz derselben Arbeit.
In anderen Bundesländern ist es Realität, und zwar weitgehend problemlose, dass in den Lehrerzimmern angestellte und verbeamtete Lehrer arbeiten. Der Unterschied zu Sachsen ist, dass die Situation bei uns im Freistaat neu ist. Dass dies Unverständnis und Verärgerung, ja Frust bei einem großen Anteil unserer Lehrer hervorruft, dafür habe ich großes Verständnis. Genau aus diesem Grunde sprechen wir gerade jetzt mit vielen Lehrern, vor allen Dingen an Gymnasien, und müssen immer und immer wieder erklären, warum wir gerade jetzt die Verbeamtung benötigen, warum wir gerade jetzt genau die Maßnahmen treffen, die im Handlungsprogramm vereinbart wurden und zeitnah umgesetzt werden müssen.
Der Unterschied in der Herangehensweise der Koalition bzw. die Diskussion an der Basis mit betroffenen Lehrern zum vorliegenden Antrag der LINKEN ist: Wir erklären sachlich die Situation und nähren eben nicht unrealistische und unerfüllbare Erwartungen, wie es in unverantwortlicher Art und Weise seitens der LINKEN mit diesem Antrag und seitens der GEW mit ihrer öffentlichen Aktion getan wird.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Freistaat Sachsen wird seine Lehrkräfte künftig verbeamten und diese Tatsache führt zu der Nettolohnlücke, die im Antrag der LINKEN beschrieben ist.
Der Antrag der LINKEN enthält zum einen den Dank und die Wertschätzung an die Lehrkräfte – dazu werde ich im zweiten Teil etwas sagen – und zum anderen, dass die Staatsregierung aufgefordert werden soll, unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen und Schritte zu ergreifen, um für alle nicht verbeamteten Lehrkräfte diese Nettolohnlücke zu schließen.
Das funktioniert inhaltlich nicht. Wir haben dafür schon Gründe gehört. Dass die Nettolohnlücke entsteht, hat keine landesrechtliche Substanz. Sie entsteht ja nicht, weil die Beamten brutto mehr Geld bekommen, weil es ihnen
nämlich keine Sozialabgaben und keine Rentenversicherung. Deswegen behalten sie mehr Netto vom Brutto übrig. Das ist der Grund, warum eine vollständige Schließung dieser Nettolohnlücke nicht funktioniert.
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, davon bin ich überzeugt. Das ist der Grund, warum wir gesagt haben, wenn wir das vermeiden wollen, dann dürfen wir nicht verbeamten. Wenn wir aber verbeamten, halte ich wenig von Gewerkschafts-Bashing, Herr Kollege Bienst; da gibt es Gewerkschaften, die waren dafür bzw. dagegen, am Ende hat ein Meinungsbildungsprozess stattgefunden, dessen Ergebnis man akzeptieren muss. Wenn wir verbeamten und trotzdem den Willen haben, zwar nicht vollständig auszugleichen, weil das dann nicht mehr geht, aber wenigstens ein Signal zu senden, um diese Lücke zu lindern, muss man halt einen anderen Weg suchen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Deshalb haben wir den zweiten Weg gesucht, eine übertarifliche Zulage, wofür es die Zustimmung der TdL braucht. Ich höre, es gäbe negative Signale. Ich habe noch keine Kenntnis von einem negativen Beschluss, aber es gäbe negative Signale. Wenn das so ist, glaube ich nach wie vor daran: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Dann müssen wir einen dritten Weg wählen. Da machen wir es im Wege einer tariflichen Zulage nach § 16 Abs. 5 TdL. Die ist nicht zustimmungspflichtig. Dann müssen wir uns über die Kriterien unterhalten, nach denen wir die Zulage zahlen könnten.
Wenn dieser Weg auch nicht geht, müssen wir einen vierten Weg suchen oder einen fünften oder einen sechsten. Das machen wir gerade. Ich kann es ja sagen: Wir haben noch keine einheitliche Rechtsauffassung. Wir müssen weiter schauen, wie wir zusammenkommen. Es gibt jetzt einen Entwurf für das Artikelgesetz, der in der Anhörung ist. Da ergeben sich vielleicht noch einmal von den Externen wertvolle Hinweise, die uns zu einer Lösung führen könnten. Ich bleibe dabei: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Was ich in den letzten Wochen leider lernen musste, ist: Nicht überall wo ein Weg ist, ist auch ein Wille. Es wäre schön, wenn das nur ein Zwischenfazit bleibt und nicht das abschließende.