Protocol of the Session on June 28, 2018

(Beifall bei den LINKEN)

Nun die SPDFraktion, Herr Abg. Winkler, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich erst einmal über das mediale Interesse an der Debatte zu unserem Belegstellengesetz. Es liegt wohl weniger an den Belegstellen selbst, sondern mehr an den zu schützenden

Insekten, den Bienen, eines der wichtigsten Insekten, die wir haben und die wir schützen müssen.

Ich möchte im Gegensatz zu den Ausführungen von Frau Dr. Pinka Folgendes voranstellen: Alle Landesverbände und alle mir bekannten Vertreter der sächsischen Imkerzunft begrüßen ausdrücklich das Vorhaben der Landesregierung, ein Gesetz zum Schutz von Belegstellen in den Landtag einzubringen, zumal Sachsen zu den wenigen Bundesländern gehört, die bis heute Belegstellen zum Schutz der Bienen weder gesetzlich regeln noch schützen. Das war der Tenor – ich weiß nicht, bei welcher Anhörung Sie waren, Frau Dr. Pinka – der übrigens sehr interessanten Anhörung am 19. April im Ausschuss. Es war auch Tenor in zahlreichen Gesprächen, die ich mit Imkern geführt habe; denn ohne einen gesetzlichen Schutz von Belegstellen in einem entsprechenden Schutzradius ist die Bienenzucht in Sachsen nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich.

Brauchen wir die Bienenzucht in Sachsen? Über diese Frage lässt sich sicherlich streiten, wir brauchen aber die Biene selbst. Wie wichtig Bienen als Bestäubungsinsekt für unsere Kulturen und Wildpflanzen sind, brauche ich wohl hier im Hohen Hause nicht ausführlich auszuwerten. Wichtig zu wissen ist aber, dass wir hier in Sachsen eine sehr gute flächendeckende Bienenhaltung haben, und die Bestände an Honigbienen, gemessen an Völkern, nehmen im Freistaat weiter zu. Gab es Anfang 2016 in Sachsen noch 52 000 Bienenvölker, so waren es 2017 schon 55 000. Ich denke, das ist gut so, nicht nur im Hinblick auf das beängstigende allgemeine Insektensterben und das Zurückgehen der Artenvielfalt, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht.

Unsere Honigbienen sind ein unverzichtbarer Helfer für die Ernährungssicherheit. Sie haben einen enormen ökonomischen Wert. Ich kann das beweisen. Sie bringen jährlich in Deutschland circa 2 Milliarden Euro Bestäubungsleistungen. Weltweit sind es sogar über 60 Milliarden Euro. 75 % aller Nutzpflanzen und fast 90 % aller Blütenpflanzen sind von Bestäubung abhängig. Unsere Honigbienen sind fleißig und produzieren allein in Sachsen jährlich 22 000 Tonnen Honig. Das sind nur 30 % des allgemeinen Verbrauchs. Sie sind sehr fleißig, unsere Honigbienen. Nur mal nebenbei: Wenn wir unseren Honigbienen für die Produktion eines 500-Gramm-Glases Honig Mindestlohn zahlen müssten, würde ein Glas 132 000 Euro kosten.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir sind uns einig, wir brauchen Bienen und wir brauchen Bienenzucht. Die Einrichtung einer Belegstelle ist für die Reinzucht einer Bienenart sowie für die Steigerung ihres Zuchtwertes unbedingt notwendig. Dazu hat mein Kollege Ronny Wähner schon ausgeführt. Um überhaupt Zucht im Sinne der Zuchtrichtlinien der einzelnen Verbände durchführen zu können, brauchen wir hochwertige und sichere Belegstellen mit der gewünschten Paarungssicherheit. Übrigens ist mit einer guten Zucht auch die Wirtschaftlichkeit der Imker zu erreichen. Das dürfen wir

nicht vergessen. Das ist auch ein ökonomischer Wert. Da die Verpaarung der Biene, wie wir wissen, im Freien stattfindet, dürfen in einem geeigneten Umkreis um eine Belegstelle keine das Zuchtziel gefährdenden Drohnen anderer Arten vorhanden sein. Das ist schon ausgeführt worden.

Nun stellt sich die Frage, wie groß der Schutzradius um diese Belegstelle sein soll. An dieser Frage schieden sich während der Anhörung die Geister. Es wurde dort weniger über Zuchtziele gesprochen. Die Zuchtziele definieren die Verbände für ihre jeweiligen Rassen selbst. Wir sollten es vermeiden, im Gesetz Ziele zu formulieren. Das ist Sache der Verbände. Der im ursprünglichen Gesetzentwurf der Staatsregierung festgelegte Schutzradius von sieben Kilometern war zwei von drei Verbänden, die gleichzeitig die drei in Sachsen vorherrschenden Honigbienenarten vertraten, zu gering. Das ist schon von Frau Dr. Pinka gesagt worden. Um reine Verpaarung zu ermöglichen, sollte der Schutzradius ihrer Meinung nach zehn Kilometer betragen, auch unter dem Umstand – das dürfen wir nicht vergessen – des erheblichen Mehraufwandes, dieses große Gebiet sauber, sozusagen rassen- oder artrein zu halten. Im Prinzip drehten sich die Ausführungen der Sachverständigen bei der Anhörung grundsätzlich um diese Frage.

Mit dem Änderungsantrag, der im Ausschuss beschlossen und in den Gesetzentwurf der Koalition eingearbeitet wurde, ist dieses Problem, so denke ich, gelöst und ein möglicher Schutzradius von sieben bis zehn Kilometern ins Gesetz eingebracht worden. Mit diesem Änderungsantrag wird außerdem dem Wunsch einiger Sachverständiger entsprochen, den Begriff der Belegstelle klar zu definieren. Es gab auch Sachverständige, die die Zahl der Belegstellen in Sachsen begrenzen wollten. Dem Wunsch haben wir jedoch bewusst nicht entsprochen, denn das regeln allein der Bedarf und die Gegebenheiten in Sachsen. Dazu hat Ronny Wähner auch schon ausgeführt.

Bei nur drei Verbänden mit drei verschiedenen Bienenrassen, die Zuchtinteressen verfolgen und der eben erwähnten territorialen Einschränkung sowie dem erheblichen Aufwand bei der Einrichtung einer Belegstelle können wir in Sachsen von maximal drei bis vier Belegstellen ausgehen, die in Zukunft gesetzlich geschützt werden müssen. Das heißt also, die Anwendungsfälle des Gesetzes halten sich in engen Grenzen. Dafür haben wir aber, und das ist nicht nur meine Meinung, ein sehr fortschrittliches Gesetz zur Beschlussfassung vorliegen. Zu dem Änderungsantrag der GRÜNEN hat mein Kollege Ronny Wähner schon ausgeführt und dem schließe ich mich uneingeschränkt an.

Ich bitte deshalb das Hohe Haus um Zustimmung zu unserem Gesetz.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Nun für die AfDFraktion Frau Abg. Grimm.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Kollegen Abgeordneten! Heute steht hier die zweite Beratung des Entwurfs Gesetz zum Schutz von Belegstellen für Bienen im Freistaat Sachsen, Drucksache 6/12593, zur Debatte. Ja, ein staatlicher Schutz von Belegstellen für Bienen ist notwendig. Das sieht auch die AfD-Fraktion so.

Wir erinnern uns an die öffentliche Anhörung zu diesem Thema am 13. April hier im Sächsischen Landtag, in der sich alle Sachverständigen einig waren, dass wir den staatlichen Belegstellenschutz brauchen.

Eine Belegstelle ist eine Stätte, zu der Bienenköniginnen gebracht werden, damit sie von Drohnen der gleichen Bienenrasse begattet werden können. Die Belegstelle umgibt ein bestimmter Radius, innerhalb dessen ausschließlich Bienen derselben Rasse gehalten werden sollen, weil es sonst zu Verpaarungen unterschiedlicher Bienenrassen kommt. Aktuell gibt es in Sachsen circa zehn Belegstellen für Bienen. Diese werden aber nicht staatlich geschützt, sondern allein von den Verbänden betrieben. Diese müssen sich mit den Imkern innerhalb des Schutzbezirkes abstimmen. Dies hat in der Vergangenheit gut funktioniert.

Trotzdem ist es richtig, dass die Arbeit der Imker und die Bienenzucht staatlich geschützt werden. Die Frage ist nur, wie soll dieser Schutz konkret ausgestaltet werden? Es wäre schön gewesen, wenn sich die Staatsregierung in ihrem Entwurf an einem Bundesland orientiert hätte, das den staatlichen Belegstellenschutz sehr imkerfreundlich ausgestaltet hat. Am Beispiel Thüringen hätte man sich gut orientieren können. Dort ist das Ganze mit einer Verordnung geregelt. Wenn in Thüringen Belegstellen geschaffen werden, sind von Anfang an nicht nur die zuständigen Behörden involviert, sondern auch der Landesverband Thüringer Imker e. V.

Eine ganzheitliche Einbringung der sächsischen Verbände fehlt in dem hier zu beschließenden Gesetzentwurf völlig. Aber gerade das halten wir für extrem wichtig. Während in Thüringen auf das Einvernehmen aller Beteiligten abgezielt wird, steht im sächsischen Entwurf die staatliche Regulierung im Mittelpunkt. Belastend kann dies insbesondere für die Imker werden, deren Bienenvölker innerhalb des Schutzbezirkes stehen und die nicht der Zuchtrasse angehören, die in der Belegstelle gezüchtet werden.

Diesen Imkern räumt der Gesetzentwurf lediglich die Gelegenheit zur Stellungnahme ein. So werden die Interessen der Belegstellenbetreiber bevorzugt. Diese werden sich dann über die Interessen des kleinen Imkers stellen und ihn auffordern, seine Völker entweder auf die Bienenrasse der Belegstelle umzustellen oder seine Bienen außerhalb des Schutzbezirkes zu verbringen. Dass dies durchaus ein ernst zu nehmendes Problem ist, kam auch bei der Anhörung heraus.

In Sachsen werden vornehmlich drei Bienenrassen gezüchtet: erstens die am häufigsten vorkommende Bienenrasse Carnica, die es jetzt vermutlich für zwei im Gesetz

genannte Belegstellen sein soll, zweitens die Urbiene und drittens die Buckfastbiene.

Was also soll ein Urbienenimker machen, wenn er sich in einem Carnica-Schutzgebiet befindet? Darauf gibt der vorliegende Gesetzentwurf keine zufriedenstellende

Antwort.

Zum Glück wurde die Forderung nach einem Mindestradius von 10 Kilometern nicht übernommen. Es ist äußerst begrüßenswert, dass im Gesetzentwurf nunmehr eine Regelung geschaffen wurde, dass der Schutzradius bis zu 10 Kilometer betragen kann, also auch 7 Kilometer.

Wir haben als AfD-Fraktion Bauchschmerzen damit, was den eben geschilderten behördlichen Umgang mit den Bestandsimkern angeht. Aus unserer Sicht ist der vorliegende Entwurf leider nur eine halb gare Lösung, weswegen wir uns bei der Abstimmung der Stimme enthalten werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die Fraktion GRÜNE Herr Abg. Günther.

(Wolfram Günther, GRÜNE, zögert auf dem Weg zum Rednerpult.)

Ich hatte Sie schon aufgerufen, Herr Günther. Das ist doch Ihr Name, oder?

(Heiterkeit)

Ja, ja. Ich habe es nicht gehört. Ich erinnere mich.

(Heiterkeit)

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ja, für Beschleunigung wurde schon gesorgt. Ich habe mich ganz kurz gefragt, was wir hier eigentlich machen, weil ich hier eine Pressemitteilung vom SMUL von 13:30 Uhr vor mir liegen habe – es gibt auch nicht irgendwelche Schutzfristen. Darin steht schon:

„In seiner Sitzung beschloss der Sächsische Landtag heute am 28. Juni 2018“

(Heiterkeit)

„das Sächsische Belegstellengesetz.“

(André Barth, AfD: Das ist aber erstaunlich!)

„Zielstellung… und wir freuen uns…“ Also, wunderbar. Der Staatsminister begrüßt es schon.

(Staatsminister Christian Piwarz: Machen Sie jetzt einfach, Herr Kollege!)

Teil der Beschleunigung, hier für das Sommerfest. Vielleicht sollten wir uns doch ein klein wenig ernst nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der AfD)

Wir als GRÜNE-Fraktion haben uns in dieses Verfahren eingebracht. Es ist, glaube ich, Konsens, dass man ein Belegstellengesetz durchaus verabschieden kann. Es gab einen Bedarf vonseiten der Imker, auch wenn es nicht alle Imker für notwendig erachten. Die klare Aussage von allen ist allerdings: Wenn man es macht, dann, bitte schön, auch so, dass es funktioniert.

Wenn es darum geht, im Prinzip Eingriffsrechte des Staates zu schaffen – es geht nicht nur passiv um den Schutz einer Belegstelle, also der Stelle, an der man Bienenzucht betreibt, sondern vor allen Dingen um Abwehrrechte, die man gegen andere Imker hat, die sich im Umkreis bewegen würden und dorthin ihre Völker bringen wollen –, dann muss es natürlich funktionieren. Es braucht auch klare Ziele – Kollegin Pinka hat es schon angesprochen –, dass man den öffentlichen Nutzen wirklich definiert, damit man es rechtfertigen kann, dass man in Rechte von anderen eingreift.

Genau dazu haben wir Vorschläge gemacht. Diese beziehen sich auch auf die Eigenschaften. Man sollte klären, worin der öffentliche Nutzen bestehen soll. Er kann bestehen in Krankheitstoleranz, Toleranz gegen Schädlinge, Varroatoleranz, auch Schwarmträgheit, Friedfertigkeit und solche Dinge. Das sollte man auch hineinschreiben, damit klar ist, wenn jemand ein Leistungsziel aufmacht, Eigenschaften, auf die hin er züchten will, dass es tatsächlich einen öffentlichen Nutzen gibt. Ansonsten könnte jeder Imker, der von dort vertrieben wird, sagen, er klagte dagegen, weil er es gar nicht einsehe. Ein Gesetz allein sagt ja immer noch nicht, dass man deswegen in die Grundrechte eingreifen darf.

Was vor allen Dingen wichtig ist: Alle Sachverständigen haben gesagt, wenn man einen Schutzbezirk kleiner als 10 Kilometer ausweist, dann wird es nicht funktionieren. Man kann dort züchten und sich Dinge vornehmen und Imker verjagen; es reicht ein Einziger, der mit seinen Drohnen in diesen Bezirk kommt, wobei es zu einer Begattung kommt, dann ist das alles obsolet, was man vorher gemacht hat.

Wenn die Sachverständigen alle sagen, dass es bei weniger als 10 Kilometer nicht funktionieren wird, dann frage ich mich, warum man immer noch die 7 bis 10 Kilometer hineinschreibt. Nur weil in dem Ursprungsentwurf einmal 7 Kilometer standen, es gesichtswahrend hinüberzuretten, halten wir für falsch. Wir sagen, mindestens 10 Kilometer, im Regelfall. Wenn jemand detailliert darlegen kann, dass es im Einzelfall mit weniger geht, aber eben auch funktioniert, dann wäre das nach wie vor möglich. Ich glaube, unsere Formulierung käme den Realitäten deutlich näher.

Was auch wichtig ist: Wenn wir andere Imker von dort fernhalten wollen, dann reicht es nicht, dass es einfach einmal im Amtsblatt steht. Wer liest das? Man muss es in mehreren lokalen Medien, regionalen Medien verbreiten. Ansonsten kann es nicht funktionieren. Dann habe ich die Belegstelle, aber jemand, der es gar nicht weiß, bringt irrtümlich seine Drohnen dorthin. Dann hat es sich auch schon wieder erledigt.