Die Gemeinden erhalten zur Förderung der Aufgaben nach diesem Gesetz einen jährlichen Landeszuschuss, der sich jährlich um 10 % erhöht. Somit entstehen den Kommunen keine Mehrkosten. Da die benötigten Fachkräfte kurz- und mittelfristig nicht zur Verfügung stehen, zielt der Gesetzentwurf darauf ab, die von der BertelsmannStiftung empfohlenen Betreuungsschlüssel Kinderkrippe 1 : 3, Kindergarten 1 : 7,5 und Hort 1 : 13, in einem Zeitraum von zwölf Jahren, also bis zum Jahr 2030, zu erreichen. Die notwendigen finanziellen Belastungen für das Land Sachsen sind somit langfristig kalkulierbar und umsetzbar.
Die Fraktion DIE LINKE will den Personalschlüssel in den sächsischen Kitas kurz-, mittel- und langfristig verbessern. Wir brauchen für die Unterstützung mehr Fachkräfte, die zusätzlich gewonnen und für die pädagogische Arbeit in den Kindertageseinrichtungen ausgebildet werden müssen. Wir sind als Gesetzgeber dafür verantwortlich, dass die Grundlagen für eine gute Bildungsarbeit in den Kindertageseinrichtungen zeitnah gestaltet werden.
Der Freistaat Sachsen braucht dringend eine Ausbildungsoffensive, die spätestens mit dem Schuljahr 2019/20 beginnen muss. Wenn es uns nicht gelingt, die Arbeits- und Rahmenbedingungen in den sächsischen Kitas erheblich zu verbessern, werden wir weiterhin ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher verlieren und weniger junge Menschen für diesen schönen Beruf gewinnen können.
Wir müssen jetzt handeln, um die Bildungsmisere im Kita-Bereich abzuwenden. Deshalb werbe ich um Ihre Unterstützung für das Gesetz zur schrittweisen Verbesserung des Betreuungsschlüssels in sächsischen Kindertageseinrichtungen.
Meine Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Abg. Schreiber. Bitte, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ein Mensch, der immer auf Schlagworte reagiert. Frau Junge, ich finde es nicht schön, wenn man sich auf der einen Seite hinstellt und sagt, dass man Fachkräfte gewinnen und junge Menschen im Land halten will, und auf der anderen Seite Worte wie „Aufbewahrungsanstalt“, „Bildungsmisere“ und „Bildungschaos“ usw. in den Mund
nimmt. Es wird sicherlich nicht dazu beitragen – neben den anderen Kriterien, die wichtig sind –, dass sich junge Menschen dafür entscheiden, a) einen bestimmten Beruf zu erlernen und b), wenn sie ihn denn hier erlernt haben, auch im Freistaat Sachsen zu bleiben, wenn wir unser eigenes System an dieser Stelle permanent madig machen.
Damit will ich deutlich sagen: Die sächsischen Kindertageseinrichtungen sind keine Aufbewahrungsanstalten. Das beweisen auch die Erzieherinnen und Erzieher und das zeigt auch deren hervorragende Arbeit, die diese in den Einrichtungen leisten. Ich möchte mich ganz herzlich dafür bedanken, was die Erzieherinnen und Erzieher unter den Bedingungen – damit meine ich nicht nur die Personalausstattung, sondern auch die gesellschaftlichen Bedingungen, die wir heute in unserem Land haben – in den Einrichtungen leisten. Herzlichen Dank dafür!
Frau Junge, der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE ist vom 18. September 2017. Wenn Sie die gesamte Diskussion ehrlich meinen, dann hätten Sie Ihren Antrag vom 12. September 2017 mit dem Titel „Umsetzung der Vor- und Nachbereitungszeit in sächsischen Kitas“ einfach mal daneben gelegt. Aber wahrscheinlich wollten Sie, da wir dort noch einmal über 150 Millionen Euro reden, die Sie über diesen Antrag sozusagen in das System geben wollten, das hier irgendwie verschleiern. Wir gehen mit schnellem Schritt auf das Landtagswahljahr 2019 zu. Wahrscheinlich war Ihnen das selbst zu vermessen, einerseits einen Gesetzentwurf mit einer Forderung in Höhe von 762 Millionen Euro vorzulegen – was es jährlich zusätzlich kosten würde – und das gleichzeitig zu ergänzen um die mindestens 150 Millionen Euro pro Jahr. Das war anscheinend selbst Ihnen zu vermessen.
Deswegen sage ich Ihnen ganz deutlich: Die Staatsregierung und die Koalitionsfraktionen haben sich schon längst auf den Weg gemacht. Wir haben uns schon längst auf den Weg gemacht; um nicht nur die Qualität in den Kitas zu verbessern – die schon auf einem sehr hohem Niveau ist –, sondern vor allem, um Erzieherinnen und Erziehern und den anderen Kräften, die in einer Kita mithelfen, entsprechende Unterstützung zu geben.
In der gesamten Debatte wäre auch einmal zu sagen – Frau Junge, das hätte ich von Ihnen erwartet –, dass beim Thema Betreuungsschlüssel nach außen immer suggeriert wird, als würde dieser in irgendeiner Art und Weise Gruppengrößen normieren. Sagen Sie doch bitte den Leuten ehrlich, dass selbst ein Betreuungsschlüssel von 1 : 10, 1 : 11 oder was auch immer und 1 : 3 in der Kinderkrippe nicht garantiert, dass letztlich „nur“ eine Erzieherin für zehn Kindergartenkinder oder drei Krippenkinder zuständig ist. Der Betreuungsschlüssel ist und bleibt – –
Das suggerieren Sie aber auch in jeder öffentlichen Veranstaltung. – Der Betreuungsschlüssel ist und bleibt eine rein mathematische Rechnungsgröße zur Zuweisung von Geld an Kindertageseinrichtungen. Wenn Sie an dieser Stelle Erzieherinnen und Erzieher tatsächlich entlasten wollen, dann sind wir uns mittlerweile, denke ich, auch mit der Fachlandschaft dahin gehend einig, nicht einfach nur darauf abzustellen, aus welchen Studien heraus das auch immer begründet sei. Ein Beispiel ist Bertelsmann, wobei noch nicht einmal so richtig klar ist, worauf sie sich eigentlich beziehen. Sie vergleichen Länder miteinander wie Äpfel und Birnen, wo die Anforderungen an eine Fachkraft völlig anders sind.
Gehen Sie doch einmal in westliche Bundesländer und schauen Sie sich mal an, wer und mit welcher Qualifikation dort in Kindertageseinrichtungen arbeitet. Gehen Sie einmal in westliche Bundesländer und schauen Sie sich an, wie die Betreuungsquote in diesen Bundesländern ist. Wenn wir einmal ansatzweise über gleiche Betreuungsquoten zwischen beispielsweise Baden-Württemberg oder Bayern und Sachsen sprechen, dann schauen wir uns mal an, wie zu diesem Zeitpunkt der Betreuungsschlüssel in diesen Ländern tatsächlich ist. Voraussetzung ist, dass man aus Baden-Württemberg überhaupt Zahlen bekommt, wie denn ein Betreuungsschlüssel in Baden-Württemberg aussieht. Den bekommen Sie nämlich nicht.
Deswegen ist Ihr Gesetzentwurf auf gut Deutsch reiner Populismus. Das gestehe ich Ihnen zu. Dafür sind Sie auch Opposition, Sie haben den Anspruch hier an die Macht zu kommen. Wir haben den Anspruch, an der Regierung zu bleiben. Wir haben den Anspruch, weiterhin maßvoll, manchmal vielleicht auch zu langsam, ordentlich zu regieren und dieses Land auf einen ordentlichen Weg zu bringen. Aber Ihr Gesetzentwurf ist nichts anderes als reiner Populismus und das Suggerieren, dass es mit den LINKEN in irgendeiner Art und Weise anders werden würde.
Dass es mit den LINKEN nicht anders ist, Frau Junge, das können Sie sich in Thüringen ansehen. Ich war letztens erstaunt, als ich Ihren Parteigenossen Holter, der jetzt dort Minister für Kultus ist, zum Thema Betreuungsschlüssel im Radio gehört habe. Man macht sich jetzt in Thüringen auf den Weg, irgendwie die 1 : 14 im Kindergarten hinzubekommen.
Frau Junge, ich sage Ihnen auch, warum das so schwer ist: Als wir über das Thema Einsatz von Kräften, die nicht ausgebildete, staatlich examinierte Erzieher sind, sprachen, als es um die 20 % Anteil für „Hilfsarbeiten“ in der Krippe ab 01.09.2018 ging, wie war die Diskussion von Ihrer Fraktion und insbesondere von Ihnen persönlich? – Um Gottes willen! Um Gottes willen! Um Gottes willen!
Für diese Schlüsselverbesserung von 1 : 13 auf 1 : 12 und von 1 : 6 auf 1 : 5, die die Koalition in dieser Legislatur auf den Weg gebracht hat, braucht es sage und schreibe zusätzliche Vollzeitäquivalente in Höhe von 2 365. Das sind Vollzeitäquivalente und noch keine Köpfe.
Conny, mit dem Thema beschäftigen und dann mitreden! – Die Schlüsselverbesserung nach den heutigen Kriterien, nach unserer sächsischen Qualifikations- und Fortbildungsverordnung, die die Grundlage dafür ist, wer dort arbeiten darf und wer nicht, wer in den Schlüssel einbezogen wird und wer nicht, besagt, dass wir allein für die Schlüsselverbesserung um jeweils eins, ohne Hort, 2 365 VZÄ pro Jahr zusätzlich brauchen. Jetzt frage ich Sie einfach mal, wie Sie das auf Langfrist sehen, auch wenn Sie die eine oder andere Stufe einbauen. Im Schulausschuss haben Sie ja noch gesagt, man könnte irgendwann einen Break machen, wenn man merkt, man schafft es nicht.
Bis 31. Herr Gebhardt, wir bilden momentan 2 000 im Jahr aus. Haben Sie mal untersucht, wie viele davon hier bleiben? Erst einmal rechnen
und dann mal nachweisen, Herr Gebhardt, dass das, was Sie politisch wollen, umsetzbar ist. Ich will Ihnen grundsätzlich gar nicht absprechen, dass es definitiv notwendig ist, in diesem Bereich etwas zu tun. Aber nicht populistisch versprechen, sondern realistisch umsetzen! Das tun wir als Koalition,
indem wir den Schlüssel in dieser Legislatur verändert haben. Herr Gebhardt, wenn Sie etwas zu diesem Thema zu sagen haben – –
Herr Gebhardt, wenn Sie etwas zu diesem Thema zu sagen haben, dann kommen Sie doch einfach ans Pult und teilen Sie es uns mit.
Fakt ist: Wir handeln mit Maß. Wir haben in dieser Legislatur den Schlüssel, wie wir es zugesagt haben, von 1 : 13 auf 1 : 12 und von 1 : 6 auf 1 : 5 verändert. Ich gebe
zu, dass der Hort in diesem Punkt nichts abbekommen hat. Wir handeln jetzt wieder mit Maß, indem wir ganz klar gesagt haben: Das Thema Vor- und Nachbereitungszeit und damit die direkte Entlastung von Erzieherinnen und Erziehern kommt in das Kita-Gesetz. Jede Erzieherin und jeder Erzieher soll von dieser Vor- und Nachbereitungszeit profitieren. Das werden wir umsetzen.
Frau Junge, Sie wissen auch, was allein diese zwei Stunden Vor- und Nachbereitungszeit a) für einen zusätzlichen Personalbedarf mit sich bringen und b) an finanziellen Mitteln bedeuten.
Am Ende sieht die ganze Sache so aus: Wir als Freistaat Sachsen – das sage ich ein Stück weit mit Stolz, weil es gut angelegtes Geld ist – geben im Jahr 2020 mittlerweile über 800 Millionen Euro für den frühkindlichen Bereich aus. Das ist gut angelegtes Geld, vor allem, wenn man weiß, dass es theoretisch nur ein Drittel von dem ist, was im Gesamtsystem drin ist; denn das andere Drittel kommt aus den Kommunen – ich rede von der Theorie – und das letzte Drittel kommt von den Eltern über Elternbeiträge.
Schließlich will ich der Ehrlichkeit halber noch zu dem, was Sie hier an 720 Millionen Euro Mehrkosten produzieren, sagen – denn darüber wird nämlich nie geredet –: Abgesehen davon, dass die Zahlen überhaupt nicht stimmen – denn es sind wesentlich höhere Beträge, die Sie in Ihren Gesetzentwurf schreiben müssten –, wissen Sie ganz genau, wer am Ende ein Drittel dieser gesamten Kosten, neben denen, die wir als Freistaat haben, bezahlt. Das sind nämlich die Eltern über die Elternbeiträge. Personalkosten sind Betriebskosten. Die Diskussionen in den Kommunen vor Ort sagen uns ganz deutlich: Wir zahlen gern für gute Qualität, aber irgendwann ist bei jedem Geldbeutel das Maß voll. Diese Diskussion, dass jede Qualitätsverbesserung, die ich gar nicht abstreite, am Ende in den Geldbeuteln der Eltern spürbar wird, verschweigen Sie, und Sie wissen genau, warum.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schreiber hat es schon gesagt: Seit 2014 ist kein Jahr vergangen, in dem wir nicht nur über Qualitätsverbesserungen gesprochen, sondern sie tatsächlich im Freistaat Sachsen auch umgesetzt haben.