Protocol of the Session on May 30, 2018

Deshalb haben wir nicht nur seit Kurzem die WillkommensKITAs, sondern seit vielen Jahren schon ein ausgereiftes Konzept der schulischen Integration. Alle Schüler verschiedenster Nationalitäten, die die deutsche Sprache nicht oder nicht ausreichend beherrschen, besuchen zuerst eine sogenannte Vorbereitungsklasse. Hier lernen sie Deutsch als Zweitsprache und werden auf den Übergang in die Regelklasse ihrer Altersstufe vorbereitet. Dieser Übergang erfolgt ganz individuell und in drei Stufen.

Was der Staatsregierung, vor allem dem Kultusministerium, hier besonders wichtig ist: Dabei wird das vorhandene Sprachpotenzial der Kinder, die in Sachsen zwei- und mehrsprachig aufwachsen, als Begabung wahrgenommen und, wenn möglich, im Rahmen des herkunftssprachlichen Unterrichts gefördert.

Wenn wir über Bildung sprechen, dann müssen wir auch die im Blick haben, die nicht mehr schulpflichtig sind, weil sie älter als 18 Jahre sind. Vielen dieser jungen, erwachsenen Flüchtlinge fehlt neben Deutschkenntnissen vielfach auch die erforderliche Schulbildung für den Einstieg in eine Berufsausbildung. Gleichzeitig ist das Potenzial der Helfertätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt schon sehr begrenzt. Das Kabinett hat sich dazu Mitte April auf ein gemeinsames Konzept zur Schaffung eines entsprechenden Angebots geeinigt, dass wir jungen und erwachsenen Flüchtlingen ohne ausreichende Schulbildung eine Ausbildungsreife ermöglichen. Wenn alles gut geht, werden wir im September die ersten Ü18-Kurse starten.

Die Hochschulen sind seit jeher ein Hort von Offenheit und Internationalität, sodass das Handlungsfeld Hochschulbildung und Wissenschaft von besonderem Interesse für den Freistaat Sachsen ist. Der Zugang zu den Hochschulen steht Unionsbürgern und Drittstaatsangehörigen

zu den gleichen Bedingungen offen wie Deutschen. Internationale Studierende stellen dabei ein wachsendes Potenzial für den sächsischen Arbeitsmarkt dar.

Die sächsische Wissenschaftslandschaft profitiert vom Zugewinn an internationalen Nachwuchskräften und Expertinnen und Experten. Der Career-Service an den sächsischen Hochschulen fördert zum Beispiel die Vernetzung von akadamischen Nachwuchskräften und potenziellen Arbeitgebern. Das Engagement im Bereich der humanitären Zuwanderung zeigt sich darin, dass beispielsweise fünf Hochschulen in Sachsen zusätzlich Sprachkurse zur Vorbereitung von Flüchtlingen auf die deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang eingerichtet haben.

Das ist aber nur ein Beispiel des großen Engagements von Wissenschaftsministerium und Hochschulen. Das Handlungsfeld der Aus- und Weiterbildung sowie der Arbeitsmarkt Integration sind überaus umfangreich. Das ist selbstverständlich, denn gut gebildete Menschen mit Migrationshintergrund können zur Fachkräftesicherung in Sachsen beitragen. Durch ihre Kompetenzen und ihre Ideen können sie Impulse für Innovation geben. Ihre Sprachkenntnisse und Kontakte in die Heimatländer können ferner dem Ausbau und der Pflege weltweiter wirtschaftlicher Beziehungen dienen.

Neben den bundesgeförderten Initiativen, wie beispielsweise dem Netzwerk Integration durch Qualifizierung, kurz IQ-Netzwerk, welches sich auf die fachliche Vorbereitung von Zugewanderten auf den sächsischen Arbeitsmarkt konzentriert, praktiziert Sachsen seit dem Jahr 2011 die Maßnahmen „Ausländische FachKräfte-Zuwanderung effizient und sensibel steuern“, kurz AKZESS genannt. Es handelt sich hierbei um ein beschleunigtes Verfahren in ausgewählten Ausländerbehörden für Ausbildungs- und Bildungsmigranten sowie ihre Familienangehörigen. Hinzu kommt neuerdings die Erstberatung durch die Beratungsstelle für ausländische Beschäftigte in Sachsen, kurz BABS genannt. Das Angebot richtet sich an alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus EU-Mitgliedsstaaten, die in Sachsen ihre Tätigkeit ausüben oder dies planen.

Auch das Wirtschaftsministerium engagiert sich für Flüchtlinge und startet unter anderem das Modellprojekt „Arbeitsmarktmentoren für Geflüchtete“. Ziel ist es, sächsischen Unternehmen unter die Arme zu greifen und ihnen dabei zu helfen, geflüchtete Menschen möglichst rasch und nachhaltig in eine Berufsausbildung oder sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bringen.

Weitere Handlungsfelder befassen sich mit dem Bereich Wohnen und Wohnumfeld, dem Bereich Gesundheit und Pflege und der Frage des Gewaltschutzes.

Beim Thema Gleichstellung von Mann und Frau komme ich zu einem weiteren wichtigen Handlungsfeld meines Geschäftsbereichs. Die Arbeit mit Menschen mit Migrationshintergrund erfordert hier aufgrund der geschlechtsspezifischen Rollen- und Rechtsvorstellungen in anderen Kulturen teilweise eine besondere Aufklärungs-, Sensibi

lisierungs- und Beratungsarbeit für beide Geschlechter. Hier haben wir in den letzten Jahren gelernt, dass sich Initiativen zur Demokratisierung der Geschlechterverhältnisse im Migrationsbereich nicht wie bisher fast ausschließlich an Frauen richten dürfen, sondern sie müssen verstärkt auch an die Männer mit Migrationshintergrund gerichtet sein. Gleichwohl bleiben gezielte Angebote zur Stärkung und Bildung von Frauen mit Migrationshintergrund von großer Bedeutung; denn wir wissen, dass sie aufgrund ihrer häufig starken Stellung in den Familien auch als die eigentlichen Integrationsmotoren gelten.

Am Ende dieses Kapitels schließen sich die Handlungsfelder Antidiskriminierungspolitik und interkulturelle Öffnung an. Bei dem zuletzt genannten Punkt wird die Sächsische Staatsregierung noch in diesem Jahr ein weiteres Zeichen setzen: Wir werden, wie im Koalitionsvertrag geeinigt, die „Charta der Vielfalt“ unterzeichnen und damit zeigen, welche große Rolle beispielsweise die Frage der interkulturellen Öffnung auch für unsere sächsische Landesverwaltung hat.

(Beifall bei der SPD sowie vereinzelt bei den LINKEN und der Staatsregierung)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sprach vorhin vom Bedarf an Akzeptanz. Einerseits Akzeptanz für das vorliegende Papier, die sich aus der erkennbaren Bereitschaft zur Mitgestaltung am ZIK ablesen lässt, und andererseits Akzeptanz für Integration allgemein, die hilft, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu wahren und zu stärken. Unter dem Begriff des gesellschaftlichen Zusammenhalts versteht die Staatsregierung das, was die Qualität des solidarischen Miteinanders unserer Gesellschaft ausmacht. Gern wird auch vom „Kitt der Gesellschaft“ gesprochen.

Das ZIK widmet dem gesellschaftlichen Zusammenhalt daher einen ganzen Abschnitt. Hintergrund sind unter anderem die ernüchternden Ergebnisse der Länderberichte der Bertelsmann Stiftung in Bezug zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und zur aktuellen Studie „Sozialer Zusammenhalt in Deutschland 2017“. Ergänzt werden diese Befunde durch die zum Teil alarmierenden Ergebnisse der Sachsen-Monitore aus den Jahren 2016 und 2017, die die Haltung zur Demokratie, menschenfeindliche und extremistische Einstellungen, Gerechtigkeitsempfinden oder das Verhältnis von Bürgern und Behörden erfassen.

In diesen Analysen spiegelt sich nach meinem Ermessen der derzeitig geringe gesellschaftliche Zusammenhalt wider. Das äußert sich für Sachsen in einer vergleichsweise schwachen Identifikation mit dem Gemeinwesen: mangelndes Vertrauen in die demokratischen Institutionen und Parteien und auch eine weniger ausgeprägte Solidarität und Hilfsbereitschaft als in manch anderem Bundesland. Doch jetzt bitte keine schnellen Schlüsse ziehen. Studien hatten bereits vor dem hohen Flüchtlingsaufkommen in den Jahren 2015 und 2016 gezeigt, dass es in Sachsen – übrigens wie in ganz Ostdeutschland – deutlich häufiger Vorbehalte gegen Menschen mit Migrationshintergrund sowie rechtsextremistische Ausländer und

fremden- und menschenfeindliche Einstellungen gibt. Doch was mich besonders betroffen macht: In beiden Sachsen-Monitoren ist insbesondere die hohe gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit der jüngeren Generation besorgniserregend.

Deshalb halte ich hiermit fest und zitiere das ZIK: „Ziel sächsischer Politik ist es, die Verbundenheit aller in Sachsen lebenden Menschen unabhängig von ihrer Herkunft zu stärken. Außerdem soll ihre Identifikation mit dem demokratischen Gemeinwesen als solchem und dessen Institution unter Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen in Großstädten sowie in Städten und Gemeinden in den ländlichen Räumen Sachsens unterstützt werden. Dazu gehört auch, die Bereitschaft zur aktiven Mitwirkung der Menschen am Gemeinwesen und deren grundsätzliche Orientierung am Gemeinwohl zu fördern.“

Ich möchte das noch untermauern: Damit Sachsen allen Menschen, die hier leben, wirklich eine gute Heimat ist, sind aus Sicht der Staatsregierung Maßnahmen in drei Bereichen erforderlich: Zum einen muss die Zufriedenheit mit der Demokratie und zur aktiven Mitwirkung angeregt werden. Zweitens muss gegenseitiger Respekt und Offenheit gegenüber kultureller Vielfalt erworben werden. Und letztendlich sind staatliche Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit und zur Prävention gegen Extremismus den Erfordernissen anzupassen.

(Beifall bei der SPD)

Zum ersten Punkt. Demokratie braucht Zustimmung und Beteiligung. Sie lebt davon, dass die in dieser Gesellschaft lebenden Menschen Vertrauen in die politischen Institutionen haben und sich unter Beachtung demokratischer Spielregeln beteiligen. Wichtig ist, dass mehr Menschen in Sachsen ermutigt werden, demokratische Verantwortung zu übernehmen und sich aktiv für ein friedliches und demokratisches Zusammenleben einzusetzen. Wo viele Menschen zusammenleben, sind unterschiedliche Interessen und Meinungen sowie Konflikte normal. In der Demokratie geht es genau darum, diese Konflikte friedlich und gewaltfrei zu lösen.

Der Staat schützt die Rechte und Freiheiten des Einzelnen, aber jeder Einzelne trägt auch die Verantwortung, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Sich selbst kümmern, sich beteiligen und sich eigenständig einzumischen ist hier letztendlich genauso wichtig, wie sich um die zu kümmern, die sich nicht selbstständig beteiligen können.

Gerade im Flüchtlingsbereich ist das sehr deutlich geworden. Die Ankunft der Flüchtlinge hat auch in Sachsen einen beispielhaften Anstieg des freiwilligen gesellschaftlichen Engagements bewirkt. Wir müssen hier im Rückblick wirklich ehrlich sagen: Auf das Jahr 2015 war niemand vorbereitet. Ohne die Vielzahl der Ehrenamtlichen hätten wir die aktuellen Fragen von Unterbringung, Versorgung, Begleitung und Betreuung damals nicht lösen können.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN, den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU – Beifall bei der Staatsregierung)

Diesen Dank und diese Wertschätzung gilt es immer wieder auszudrücken.

Doch reden wir nicht nur über das ehrenamtliche Engagement für Zugewanderte, nein, wir müssen sie auch als eigene Akteursgruppe betrachten. Insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund sind immer wieder zu ermutigen, sich aktiv für das Gemeinwesen einzusetzen. Die menschlichen Begegnungen in der Feuerwehr, im Heimatverein oder im Sozialverband sind praktische Wege zur sozialen Integration von Zuwanderern. Aber ich sage hier auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir uns immer wieder neu überlegen sollten, wie wir das richtige und wichtige Engagement der Menschen für die Gemeinschaft stets aufs Neue gesellschaftlich anerkennen und wertschätzen können.

Der zweite Punkt „Respekt und Offenheit gegenüber kultureller Vielfalt“ ist ebenfalls nicht einfach zu erreichen, denn Toleranz und Offenheit gegenüber kultureller Vielfalt kann von der Staatsregierung nicht verordnet werden.

Der gegenseitige Respekt bildet aber nun einmal die Grundlage unseres demokratischen Gemeinwesens und des Miteinanders vor Ort. Als solcher ist er von allen Beteiligten in jeder Situation zu fordern und zu fördern. Wir alle kennen das probateste Mittel gegen Vorurteile und Stereotype: direkte Begegnungen. Deshalb ist es wichtig, dass wir beispielsweise mit der Richtlinie „Integrative Maßnahmen“, aber auch in der Kunst- und Kulturförderung sowie im Sport über Förderprogramme verfügen, die genau diesen Austausch, diesen Dialog unterstützen und fördern, ob in Patenschaften, Begegnungszentren oder beim Sportfest.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuwanderung in Sachsen braucht mehr als in anderen Teilen Deutschlands gesellschaftliche Akzeptanz. Die Integrationssituation im Freistaat Sachsen wie auch in anderen ostdeutschen Ländern ist aufgrund der historischen Entwicklung von einer Besonderheit gekennzeichnet: Ein positives Erleben von Zuwanderung anhand von Alltagskontakten konnte hier nur im begrenzten Maße stattfinden. Zuwanderung wurde auch nach der Wiedervereinigung lediglich temporär angesehen. Mittelfristig wanderten Spätaussiedler oder anerkannte Flüchtlinge nicht selten in die alten Bundesländer ab. Im Freistaat Sachsen besteht nach wie vor in der Bevölkerung eine weit verbreitete Skepsis gegenüber Zuwanderinnen und Zuwanderern. In der aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung zum sozialen Zusammenhalt gaben beispielsweise 43 % der Befragten in Sachsen an, ungern einen ausländischen Nachbarn zu haben. In Hamburg waren das nur 10 %. Der Bundesschnitt lag bei 22 %. Dabei ist zu bedenken, dass der Ausländeranteil in Sachsen 2016 lediglich bei knapp über 4 % lag.

Hinzu kommt, dass die Integration von manchen jungen Flüchtlingen, die mitunter über ein nur geringes Bildungsniveau verfügen, nicht immer leicht ist. Das müssen wir ganz klar benennen. Auch dürfen wir die veränderte Sicherheitslage nicht unter den Tisch kehren.

Das sind Probleme, zu deren Lösung eine frühzeitig angesetzte Integrationspolitik mittel- und langfristig beitragen kann. Insbesondere die Förderung von sprachlichen und beruflichen Kompetenzen bietet Perspektiven. Geduld und Anstrengung auf allen Seiten sind dabei unvermeidlich. Integration braucht diese Zeit und lässt sich nicht ohne einen gewissen finanziellen Aufwand realisieren.

Eine aktuelle Studie des Sachverständigenrates Deutscher Stiftungen für Integration und Migration bestätigt, dass die meisten Zuwanderer und insbesondere Flüchtlinge schnell Arbeit finden und sich weiterbilden wollen. Wenn die Bedingungen stimmen, würden viele gern in kleineren Kommunen und im ländlichen Raum bleiben.

Zuwanderung ist aber nicht gänzlich problemfrei, so wie Menschen nun einmal nicht frei von Fehlern sind. Deshalb gehört für uns als dritter Punkt zum Thema gesellschaftlicher Zusammenhalt der Bereich Sicherheit und Extremismusprävention.

Sicherheit ist ein menschliches Grundbedürfnis und zugleich ein wichtiges Kollektivgut. Mangelnde Sicherheit, ob real oder gefühlt, stellt sofort eine Gefährdung des Zusammenlebens dar. Die Betrachtung dieser Gefährdung im gesellschaftlichen Zusammenhang in einem Zuwanderungs- und Integrationskonzept war bisher nicht selbstverständlich. Ich halte dies jedoch zum jetzigen Zeitpunkt für unabdingbar.

Kriminalität sowie politischem oder religiösem Extremismus müssen klare Grenzen aufgezeigt werden. Es darf im Freistaat auch künftig keine Parallelgesellschaften geben.

(Beifall des Abg. Geert Mackenroth, CDU)

Hier sage ich deutlich: Meine Toleranz ist gleich null.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den LINKEN, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Derartigen Entwicklungen muss durch Aufklärung, Prävention und Intervention sofort entgegengewirkt werden. Das bedeutet jedoch auch, politisch motivierte Straftaten mit einem fremdenfeindlichen Hintergrund durch die Organisationseinheiten des polizeilichen Staatsschutzes der sächsischen Polizei konsequent zu bekämpfen. Dazu hat das Innenministerium erst kürzlich das Polizeiliche Terrorismus- und Extremismusabwehrzentrum eingerichtet.

Hier sei auch die Stärkung des Demokratiezentrums Sachsen mit der dort verorteten Koordinierungs- und Beratungsstelle Radikalisierungsprävention, kurz KORA, genannt. Die hier tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unter anderem für die Aufklärung in den Bereichen gewaltfreier Islamismus beziehungsweise Salafismus,

Dschihadismus sowie Islam- und Muslimfeindlichkeit zuständig.

Wie Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir ein ZIK erstellt, das die Chancen genauso in den Blick nimmt wie die Risiken, die Hoffnung genauso wie die Befürchtungen. Der Vorteil dieses Konzeptes ist, dass nicht unerhebliche Teile schon jetzt in der praktischen Umsetzung sind.

Was die Umsetzung betrifft, so wissen wir, dass es für Integration kein Patentrezept gibt, außer Lernen an guten Beispielen und Sammeln von Erfahrungen. Das nunmehr fortgeschriebene ZIK verstehe ich daher auch als Diskussions- und Denkpapier.

Folgendes kann ich nicht oft genug betonen: Eine erfolgreiche Integrationspolitik benötigt verlässliche Aussagen darüber, wie sich Integrationsprozesse vollziehen und inwieweit Erfolge in der strukturellen oder auch sozialen Integration messbar sind. Alle Häuser sind daran beteiligt. Alle Ministerien haben ein Interesse daran zu wissen, ob die in ihrem Ressort stattfindenden Maßnahmen greifen oder eben auch nicht. Deshalb bauen wir weiterhin ein umfangreiches sächsisches Integrationsmonitoring auf.

Ich bin mir sicher, dass dieses ZIK zum richtigen Moment kommt, nämlich am Ende von vier eindrucksvollen und arbeitsreichen Jahren, die uns in einem kollektiven Intensivkurs gezeigt haben, dass Integration beziehungsweise Integrationspolitik ganz viel Engagement, Organisation und Abstimmung erfordert, aber eben auch ein großes Maß an gesellschaftlicher Akzeptanz.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir befinden uns in einem gesamtgesellschaftlichen Erfahrungs- und Veränderungsprozess, der seine Zeit dauern wird, aber gestaltet werden muss. Ich bin der festen Überzeugung, dass jede Investition in eine aktive und moderne Integrationspolitik gleichzeitig eine Investition in den Wohlstand, die Sicherheit und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft ist. Dazu gehört für mich vor allem, dass das Zugehörigkeitsgefühl in Sachsen wieder wächst und eine starke demokratische Zivilgesellschaft entsteht, in der Herkunft keine Rolle spielt. Der Weltbürgermeister Bart Somers hat auch hier eine passende Aussage. Er meint, es sei die Zukunft, die zählt, nicht die Herkunft.

Vor diesem Hintergrund sehe ich viele Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in Sachsen, die motiviert sind und täglich ihren wichtigen Beitrag für ein gutes Miteinander leisten. Trotzdem ist Ehrenamt und Eigenengagement nicht alles. Wir brauchen auch weiterhin eine aktive Integrationspolitik. Hier bin ich vor uns und gegenüber den Mitmenschen offen und ehrlich: Ja, Integration kostet Geld. Wir werden weiterhin finanzielle Unterstützung für Vereine, Verbände, Landkreise, Städte und Gemeinden benötigen. Doch zur Wahrheit gehört auch: Integration kostet Geld, keine Integration kostet viel mehr.

Um es deutlich zu sagen: Mit unseren Integrationsmaßnahmen nehmen wir keinen Einfluss auf den formalen Aufenthaltsstatus von Flüchtlingen. Wir verstetigen

keinen Aufenthalt. Wir sorgen lediglich dafür, dass vor allem humanitär Zugewanderte – unabhängig davon, wie lange sie in unserem Land bleiben dürfen – konfliktfrei, selbstständig und im Wissen um unsere Sprache und Grundwerte mit uns leben können.

Eines muss uns allen klar sein: Isolation und Passivität sind keine guten Wegbereiter für einen starken gesellschaftlichen Zusammenhalt.