Protocol of the Session on April 26, 2018

Kollegin Fiedler hat dankenswerterweise schon die wichtigsten Details genannt. Wir können uns natürlich noch mit der Kritik des Datenschutzbeauftragten beschäftigen, aber wir sollten vielleicht auch einfach konstatieren, dass wir im Bereich des Datenschutzes dringend eine Regelung brauchen, dass es dort noch Unklarheiten gibt, die zu regeln sind. Diese werden wir aber nicht in Sachsen klären, sondern an anderer Stelle; darin sind wir uns sicher einig. Deshalb ist es jetzt besser, die vorliegenden Regelungen in Kraft treten zu lassen, das Ganze positiv zu bescheiden und damit den Weg frei zu machen, damit wir die Datenschutz-Grundverordnung würdigen können.

Ich bin der Meinung, dass es beim Thema Betrauungsnorm – da es daran gerade Kritik gab – richtig und wichtig ist, diese grundsätzlich zu regeln, damit die Anstalten Rechtssicherheit haben. Auch das fällt in die gleiche Kategorie.

Das Thema MDR-Staatsvertrag, das gerade ausführlich angesprochen wurde, werden wir in Zukunft klären; dessen bin ich mir sicher. Es liegt schon lange hier, das ist klar; aber es ist nicht Gegenstand der heutigen Debatte. Insofern werbe ich nochmals bei der Fraktion DIE LINKE um Zustimmung zu den beiden Staatsverträgen und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Das war Herr Kollege Panter. Als Nächste spricht für die AfD-Fraktion Frau Kollegin Wilke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Rede stehen zwei Gesetzentwürfe, die sich größtenteils mit demselben Sachverhalt befassen: Die rundfunkrechtlichen Staatsverträge sollen an die künftig geltende EU-Datenschutzverordnung angepasst werden; wir hörten es schon.

Der erste Gesetzentwurf dient der Zustimmung und Ratifizierung des Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrags sowie den hierdurch erforderlichen Anpassungen an Landesrecht. Der zweite Gesetzentwurf dient der Zustimmung und Ratifizierung des Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages über den Mittel

deutschen Rundfunk zum Zwecke der Umsetzung des EU-Datenschutzrechtes.

Durch die Datenschutz-Grundverordnung ändert sich bereits ab 25. Mai 2018 auch die Regulierung der Verarbeitung personenbezogener Daten durch Presse und Rundfunk grundlegend. Sie erfasst nun auch die Verarbeitung personenbezogener Daten zu journalistischen Zwecken. Diese Neuregelung greift damit in das Recht auf freie Meinungsäußerung, Informations- und Medienfreiheit ein, das sogenannte Medienprivileg, wodurch zur Sicherung der Pressefreiheit der Datenschutz für die Bürger eingeschränkt wird.

Personenbezogene Datenverarbeitung im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung wäre zwar grundsätzlich verboten, sie ist jedoch erlaubt, wenn sie erforderlich ist und zum Beispiel gesetzlich geregelt wird. Regelungsauftrag für die EU-Mitgliedstaaten ist daher, das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen, was die vorliegenden Gesetzentwürfe versuchen.

Hier wird unter anderem der § 9 c des Rundfunkstaatsvertrages neu eingeführt, mit dem das Medienprivileg gestärkt werden soll. Für den journalistisch-redaktionellen und literarischen Bereich können die Medien in Deutschland personenbezogene Daten verarbeiten und nutzen, unabhängig von einer Einwilligung des Betroffenen oder einer gesetzlichen Erlaubnis.

Bürger haben auch keinen Rechtsanspruch auf Auskunft, welche personenbezogenen Daten die Redaktionen gespeichert haben und woher diese Daten stammen. Das ist schon eine Zumutung.

Der Sächsische Datenschutzbeauftragte Schurig äußerte anfangs erhebliche Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Gesetzentwürfe der Staatsregierung mit dem europäischen Recht. So wollten die Gesetzentwürfe dem mitgliedsstaatlichen Gesetzgeber teilweise Kompetenzen verleihen, die von der EU-Verordnung gar nicht vorgesehen sind. Oder umgekehrt: Der Großteil der DatenschutzGrundverordnungsvorschriften hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten zu journalistischen Zwecken wird im Gesetzentwurf der Staatsregierung pauschal für unanwendbar erklärt.

Abweichungen und Ausnahmen, die der nationale Gesetzgeber in diesen Gesetzentwürfen festgelegt hat, widersprechen demnach den Vorgaben der DatenschutzGrundverordnung im Hinblick auf die Erforderlichkeit, das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Medien bzw. Meinungsäußerung in Einklang zu bringen. Darüber hinaus ist die Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörde nicht gewährleistet.

Der Sächsische Datenschutzbeauftragte hat damit gewichtige Argumente für die Unvereinbarkeit des Gesetzentwurfs der Staatsregierung mit dem EU-Recht geliefert. Die EU-Vorgabe darf nicht so pauschal und undifferen

ziert zugunsten des mitgliedsstaatlichen Gesetzgebers ausgelegt werden.

Dennoch hat Schurig in der letzten Sitzung des Wissenschaftsausschusses seine Stellungnahme selbst abgeschwächt und den Fraktionen die Interpretation nahegelegt, dass er damit nicht zur Ablehnung der Entwürfe aufgerufen habe. Diese Logik kann ich nicht nachvollziehen.

Auch die Stellungnahmen der Sachverständigen aus der Anhörung vom 26. Februar 2018 ergaben kein einheitliches Bild. Während die Medienexperten von MDR und Deutschlandradio fanden, dass die vorliegenden Gesetzentwürfe einen ausreichenden Datenschutz gewährleisten und den geforderten Einklang schaffen, meinte der Datenschutzbeauftragte des Südwestdeutschen Rundfunks, das Rundfunkrecht sei Sache der Länder bzw. Mitgliedsstaaten und nicht der EU. Die Frage der Zulässigkeit von Ausnahmen und Abweichungen von den EU-Vorgaben ließ er jedoch offen.

Erst der Berliner Rechtsanwalt Jan Mönikes sprach das eigentliche Problem des generellen Konflikts zwischen Medienfreiheit und Datenschutz an, der auch durch die vorliegenden Gesetzentwürfe noch nicht gelöst wird. Er hat zu Recht betont, dass das Presse- und Rundfunkrecht eine derart komplizierte Materie ist, dass man sie zunächst definieren muss, bevor man sie in Einklang mit dem Datenschutz bringt.

Da mit den vorliegenden Gesetzentwürfen keine ausreichenden Regelungen in den angesprochenen Bereichen präsentiert wurden, müssen wir beide ablehnen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Auf Frau Kollegin Wilke folgt nun Herr Kollege Lippmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass Datenschutz kein Nischenthema ist, haben wir bereits heute Mittag umfassend diskutiert. Mit den nun zu diskutierenden Gesetzentwürfen wird allerdings eindrucksvoll deutlich, welche erheblichen Folgen die Geltung der EU- Datenschutz-Grundverordnung hat.

Bevor ich dazu komme, einige Worte zum Thema Betrauungsnorm. Die Änderung im § 11 des Entwurfes des Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrages

zur Stärkung der Zusammenarbeit von ARD, ZDF und Deutschlandradio begrüßen wir als GRÜNE ausdrücklich. Sie entspricht den Anforderungen der Länder und der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs an die Anstalten, durch Kooperation bei Verwaltung und Technik zu sparen. Die dafür notwendigen Ausnahmen im Kartellrecht, die dem bisher entgegenstanden, werden nun festgeschrieben. Sachliche Einwände – das hat auch die Anhörung aus unserer Sicht ergeben – bestehen dagegen keine.

Während die Betrauungsnorm gut umgesetzt wurde, kann man das für die Aspekte des Datenschutzes, die den Hauptteil der Staatsverträge betreffen, leider nicht sagen. Das Ergebnis scheint uns mehr als unausgegoren.

In einem wesentlichen Punkt, der heute schon angesprochen wurde, regeln Sie zu wenig. Das betrifft den Bereich des sogenannten Medienprivilegs. Wir haben Zweifel an der Nichtregelung von Ausnahmen im Sinne des Medienprivilegs für nicht journalistische Anbieter von Telemedien. In diesem Staatsvertrag wird augenscheinlich so getan, als hätte es in den letzten 20 Jahren keine Medienentwicklung gegeben. Schließlich speist sich die öffentliche Meinung heute auch aus Blogs und anderen öffentlichen Äußerungen einzelner Menschen oder Organisationen.

Dass alle, die nicht im journalistischen Bereich publizieren, nun vollkommen vom Medienprivileg ausgenommen werden, ist aus unserer Sicht unverständlich. Das könnte, obwohl es darüber Streit gibt, zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit führen, die wir GRÜNEN problematisch sehen. Wir können uns doch nicht – das muss man deutlich sagen – immer wieder etwas von Digitalisierung und neuen Medien in diesem Haus erzählen und an den entscheidenden Stellen vergessen, die Grundlagen ordentlich zu regeln. Kurzum: Hier ist Nachbesserungsbedarf gegeben.

In der Anhörung traf der entsprechende Hinweis eines Sachverständigen auf keinerlei Widerspruch in dieser Frage, im Gegenteil. Es stellte sich heraus, dass das geprüft werden müsse und dass die Länder für Klarheit sorgen müssen. Fragen Sie auch den Deutschen Journalistenverband oder den Deutschen Presserat. Sie haben die Lücke in den Stellungnahmen ebenfalls angesprochen, obwohl sie selbst von dieser überhaupt nicht betroffen sind.

Die Hoffnung, die vorgetragen wurde, dass Streitfälle vor Gericht im Zweifel zugunsten der Meinungsfreiheit entschieden werden, ändert nichts an der Tatsache, dass zunächst Einzelne – vor allen Dingen durch die Angst vor Klagen – erheblich in ihrer meinungsbildenden Tätigkeit eingeschränkt werden könnten. Hier darf sich der Gesetzgeber nicht wegducken und das Problem einfach an die Justiz und die Verwaltung weiterreichen, sondern sollte erst einmal abwarten, was passiert.

Was Sie versäumen, holen Sie dann im Überschwang bei anderen Ausnahmen von der Datenschutz-Grundverordnung nach. Das geht so leider nicht. Der Datenschutzbeauftragte hat sich in einem mehrseitigen Brief an den Ausschuss gewandt und unter anderem klar dargestellt, dass ein pauschaler Ausschluss von Klagemöglichkeiten mit dem lapidaren Satz „Kapitel VIII der Verordnung (EU) 2016/679 findet keine Anwendung, soweit Unternehmen, Hilfs- und Beteiligungsunternehmen der Presse der Selbstregulierung durch den Pressekodex und der Beschwerdeordnung des Deutschen Presserates unterliegen“ nicht zulässig ist.

Die Geltung des entsprechenden Kapitels VIII der Datenschutz-Grundverordnung kann nach Artikel 85 in dieser Form nicht beschränkt werden. Der Rechtsweg muss offenstehen. Ähnliches gilt für weitere pauschale Ausschlüsse der Datenschutz-Grundverordnung im Bereich der Medien. Insoweit gibt es auch einen erheblichen Nachbesserungsbedarf.

In der Anhörung wurde zudem die Frage der Unität zwischen dem Rundfunkdatenschutzbeauftragten als Aufsichtsorgan und dem betrieblichen Datenschutzbeauftragten aufgeworfen. Die pragmatisch nachvollziehbare Ausübung beider Funktionen durch eine Person führt nun auch, wie der Datenschutzbeauftragte wiederum ausführte, in der Praxis zu Problemen. Darüber hinaus besteht die Problematik schon allein aufgrund der Frage, ob hier die Unabhängigkeit in dem Maße vorliegt, wie es die EUDatenschutz-Grundverordnung vorgibt; denn durch die Stellung und seine Bestellung bestehen erhebliche Zweifel, die auch der Datenschutzbeauftragte ausführt. Sollte er nicht unabhängig sein, wäre das nach der DatenschutzGrundverordnung ein echtes No-Go.

Kurzum: Wir haben durchaus erhebliche Zweifel, ob die Staatsverträge gut gemacht sind und ob sie in Teilen europarechtskonform sind. Wir folgen aber dem Petitum des Datenschutzbeauftragten, diese Gesetzentwürfe nicht abzulehnen, weil es besser sei, eine unzureichende Regelung zu haben als gar keine. Wir sind hier ja auch nicht bei der FDP.

Deshalb werden wir uns hier und heute bei der Abstimmung enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war Kollege Lippmann. Als Nächste spricht Frau Kollegin Dr. Muster zu uns.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nicht nur in Deutschland verschärft sich derzeit die Debatte über den öffentlichrechtlichen Rundfunk. In Österreich nimmt die FPÖ den ORF ins Visier, in Frankreich bezeichnet Präsident Macron das öffentliche Fernsehen als – Zitat – „die Schande der Republik“, in Dänemark fordert eine Volkspartei Kürzungen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und in der Schweiz fand am 4. März dieses Jahres eine Volksabstimmung zur Abschaffung der Rundfunkzwangsgebühren statt.

(Zurufe von den LINKEN und der SPD)

Sie haben völlig recht und ich spüre, Sie haben das Ergebnis der Volksabstimmung alle erkannt. Das Ergebnis ist richtig, verschwiegen wird aber häufig die Selbstverpflichtung des Schweizer Rundfunks vor dieser Abstimmung zu erheblichen Sparmaßnahmen und zu einer Absenkung des Rundfunkbeitrages. Das heißt, der Rundfunk ist eine Selbstverpflichtung eingegangen und

dadurch hat er sich gerettet. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung am öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den europäischen Ländern wird jedenfalls immer lauter und lauter.

Und was macht die deutsche Politik? ARD und ZDF mussten im Herbst letzten Jahres ihre Sparpläne vorlegen und die waren nach allen Auffassungen unzureichend. Den beiden wurde eine Nachfrist bis April dieses Jahres gesetzt – davon haben sie gar nicht erst Gebrauch gemacht.

Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs hingegen hat die Millionenpolster für den Zeitraum bis 2020 in Höhe von 544 Millionen Euro durchaus ausgemacht. Unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk verharrt auf seiner Position. Er verdrängt die allgemeine Unzufriedenheit am öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht nur in Deutschland, sondern in Europa, und er hofft auf weitere Privilegien in der neuen Medienwelt und eine weiterhin großzügige – ich möchte geradezu sagen: komfortable – Finanzausstattung.

Die Ministerpräsidenten gehen diese Großbaustelle – Herr Kretschmer ist leider nicht da – derzeit nicht an. Aber wir haben noch vier weitere Großbaustellen, die auch nicht angegangen werden, auch nicht mit diesem Vertrag: erstens Telemedienauftrag, zweitens Weiterentwicklung des Rundfunkbegriffs, drittens Medienkonzentrationsrecht und viertens Plattformregulierung. Wir haben fünf Großbaustellen und über alle wird in diesem Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag geschwiegen.

Was regelt denn der Einundzwanzigste Rundfunkänderungsstaatsvertrag: die Datenschutz-Grundverordnung im Wesentlichen. Aber er ist kein großer Wurf und auch in dieser Beziehung ist er lediglich der kleinste gemeinsame Nenner. Selbst hier bei der Beschränkung dieses Regelungsgegenstandes der Anpassung an die DatenschutzGrundverordnung kommt es zu schwerwiegenden Fehlern. Alle Datenschutzbeauftragten der Länder äußern einhellig erhebliche Bedenken gegen die Vereinbarkeit von Teilen der vorgesehenen Regelung mit europäischem Recht.

Die Sächsische Staatskanzlei hatte bereits Kenntnis von diesen Bedenken im November 2017. Trotzdem hat unser Ministerpräsident sehr selbstbewusst im Dezember den Staatsvertrag unterschrieben. Die Rechtswidrigkeit steht nach meiner Auffassung dem Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag sehr deutlich auf der Stirn geschrieben. Es ist für mich unerträglich, dass die MPs in großer Eintracht einen rechtswidrigen Staatsvertrag unterschreiben und der Sächsische Landtag diesen heute in Landesrecht umsetzt. Für mich gilt nicht der Satz: Besser überhaupt eine Regelung statt keine Regelung. Das ist für mich keine Alternative.

Wir sollten auch nicht auf ein Vertragsverletzungsverfahren auf EU-Ebene warten. Sicherlich wird es da Beanstandungen und Korrekturen geben.

Die Landtagsabgeordneten der blauen Partei lehnen den Gesetzentwurf zum Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag nachdrücklich ab. Gleiches gilt für den MDR-Datenschutzstaatsvertrag.

Vielen Dank.