Protocol of the Session on April 26, 2018

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Ja, dann los jetzt! – Heiterkeit)

Behalten Sie Ruhe.

Ich glaube, das hat jeder verstanden, Herr Abgeordneter.

(Heiterkeit – Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Ich denke schon, dass man noch einmal etwas geraderücken muss, gerade das, was der Herr Staatsminister zum

Schluss gesagt hat. Die Grundrechte verpflichten uns zum Schutz der Bürger vor dem Staate. Auch wenn wir als natürliche Personen logischerweise den Wunsch haben, in Sicherheit zu leben – aber ein solches Grundrecht ist nicht konstituiert. Es gibt auch keine Definition für Sicherheit, sehr wohl aber für die Grundrechte, sehr wohl aber für die Freiheitsrechte. Das müssen wir uns klarmachen, meine Damen und Herren. Alles andere führt uns ab von dem Wege, den wir bisher mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gegangen sind.

Nächster Punkt, automatisierte Kennzeichenerfassung: Meine Damen und Herren, das haben wir doch jahrelang hoch und runter besprochen. 3 % Echttreffer, dafür 97 % Erfassung anderer Kfz.

(Sebastian Wippel, AfD: Na und? Die werden doch gelöscht!)

Das darf dann auch noch mit biometrischer Aufzeichnung passieren. Tolle Freiheit, die Sie garantieren wollen! Wie können Sie das ehrlichen Herzens mit den Grundrechten in Übereinstimmung bringen?

Elektronische Fußfessel: Lassen Sie mich noch eines sagen: Erinnern Sie sich an den Gefährder, den Sie in Borsdorf aus der Unterkunft herausgeholt haben, bei dem am Ende von allen Vermutungen nur 4,50 Euro Schwarzfahren bei der Deutschen Bahn übrig geblieben sind? Alles andere hat sich in Luft aufgelöst.

(Zuruf des Abg. Svend-Gunnar Kirmes, CDU)

Da wollen Sie jetzt mit Fußfessel – – Ach nein, den haben Sie gleich abgeschoben. Dieses Instrument haben Sie. Wozu die Fußfessel?

(Zuruf des Abg. Svend-Gunnar Kirmes, CDU)

Richtig, der ist abgeschoben worden.

(Zuruf des Abg. Svend-Gunnar Kirmes, CDU – Zurufe von der CDU und der SPD – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das hat er gerade gesagt!)

Das habe ich gerade gesagt. Zuhören, Kollege! Gut.

(Zurufe von der CDU)

Noch etwas für die Kollegen, die im Europaausschuss stets von uns genervt werden, weil wir sie mit Fragen der Interoperabilität im Rahmen des europäischen Großdatensystems behelligen: In diesem Gesetz wird real, was wir stets und ständig als Gefahr dargestellt haben. Im letzten Europaausschuss erdreistet sich das Innenministerium sogar, eine Juristin zu schicken, die zumindest von dieser Materie keine Ahnung hatte. Wir hatten noch Fragen mitgegeben. Ich denke einmal, die werden irgendwann beantwortet werden oder auch nicht. Ich gehe eher davon aus, dass nichts beantwortet wird.

Fakt ist: Hier wird Gesetz, wovor wir gewarnt haben. Es geht bis dahin, dass ein – – Nehmen wir wieder den spanischen Polizisten, der Sie – Sie nicht, Herr Staatsminister – am Strand kontrolliert und einen Treffer hat,

(Heiterkeit – Beifall bei der CDU – Zurufe von der CDU)

einen Treffer im europäischen Suchportal, also bei der Eingabe Ihres Namens einen Treffer im europäischen Suchportal hervorruft. – Ich bitte um Entschuldigung. – Genau dahin kommen wir jetzt, dass wir am Ende dort auch die Daten aus dem sächsischen IFO wiederfinden werden. Sie leugnen es immer noch. Es wird aber so sein.

Wir sind auf dem Weg nach Bayern, ganz klar, und wir sind auf dem Weg weg von den bisherigen Standards der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Fakt ist auch eines: Ich lasse mir einfach nicht einreden, dass Sie, Herr Staatsminister, heute früh in einer Aktuellen Debatte fein säuberlich ausbreiten, wofür Sie denn jetzt streiten werden, auch mit dem neuen Polizeirecht, und wir sollen bitte schön so lange warten, bis Sie sich bequemen, dem Landtag einen Gesetzentwurf zuzuleiten, obwohl dieser Gesetzentwurf – zumindest in Auszügen, Artikel 1 und 2 – bereits den Kollegen der Presse übergeben wurde, nachdem sie händeringend einen halben Tag lang gesucht haben, wo sie den ganzen Kram finden.

Wir unterstützen den Antrag der GRÜNEN deshalb, weil Sie bisher jeglichen Beweis schuldig geblieben sind, dass das, was Sie jetzt vorhaben, tatsächlich notwendig oder aber tauglich wäre, um das, was Sie als Sicherheit annehmen, umsetzen, erfüllen, garantieren zu können. Deshalb unterstützen wir den Antrag der GRÜNEN, damit bei diesem Vorhaben Transparenz im sächsischen Polizeirecht einzieht.

Punkt. Schluss, aus. Stimmen Sie einfach zu!

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Ich sehe jetzt noch eine weitere Wortmeldung. Herr Abg. Hartmann am Mikrofon 5. Bitte.

Danke, Herr Präsident! Ich möchte reagieren auf den Abg. Stange in aller gebotenen Kürze.

Im Sinne einer Kurzintervention oder?

Ja, bitte.

Als Erstes, Herr Stange, ist es zweifelsohne so, dass ein autarkes Recht auf Sicherheit kein Grundrecht ist. Ich möchte aber darauf verweisen – das kann ich nicht unkommentiert stehen lassen –, dass wir das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung, das Recht auf Unverletzlichkeit der Person, das Recht am Eigentum haben. Das sind alles elementare Grundrechte. Das, worüber wir reden, ist genau auf dieser Seite die Sicherung von Grundrechten. Sie können das nicht negieren unter Verweis auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Es gibt Grundrechte, die den Staat

verpflichten, dafür zu sorgen, dass Personen, dass Eigentum, dass Leben gesichert sind. Darum geht es uns, und das ist originäre Verantwortung des Staates. – Danke.

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Prof. Dr. Roland Wöller)

Herr Stange, Sie möchten erwidern?

Vielen Dank, Herr Präsident! Wiederholung ist die Mutter der Weisheit. Kollege Hartmann, noch einmal: Die Grundrechte, die verfassungsrechtlichen Grundrechte sind Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat. Punkt. Verstehen Sie es endlich!

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Somit kommen wir zum Schlusswort. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Abg. Lippmann. Bitte sehr, Herr Lippmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das war die erwartbar illustre Debatte zum Polizeigesetz, die vorweggenommen wurde. Vielen Dank für alle Redebeiträge, auch wenn ich keinen, außer die der LINKEN, auch nur im Ansatz nachvollziehen kann.

Ein paar Anmerkungen zum Schluss: Die Spezifik des jetzt vorliegenden Referentenentwurfs ist sicherlich, dass er sich anders als in Bayern und auch anders als andere Gesetzentwürfe – wir werden sehen, was am Ende wirklich dabei herauskommt – bei der Ausweitung des Instrumentariums zurückhält. Das erkenne ich durchaus an. Er macht aber den fatalen Fehler, bei den Eingriffsschwellen deutliche Änderungen vorzunehmen und zukünftig beispielsweise die einfache Gefahr als eine gegenwärtige Grundlage von nahezu jedem Handeln vorzusehen – so weit sind wir beim Lesen schon gekommen – und das Ganze auch noch wachsweich zu formulieren. Ganz absurd wird es bei der Videoüberwachung, die dann bereits beim Bestehen einer abstrakten Gefahr

(Albrecht Pallas, SPD: Sie behaupten, Sie spekulieren!)

Kollege Pallas – eingesetzt werden kann. Eine abstrakte Gefahr besteht immer, damit ist die Grundlage für die Videoüberwachung immer gegeben. So viel einmal zum Konkreten, Herr Kollege Pallas.

Herr Kollege Hartmann, Sie mahnen hier eine fachliche Debatte an. Das war der Sinn dieses Antrages. Um eine fachliche Debatte zu führen, wäre es ganz hilfreich, vorher ein paar Fragen beantwortet zu bekommen.

(Zuruf des Abg. Albrecht Pallas, SPD)

Wir stimmen aber immer noch über den Antrag ab, Herr Kollege Pallas. Mehr als Fragen wollten wir hier nicht beantwortet haben. Herr Pallas, das ist das, was dann die

Grundlage für eine Diskussion sein kann. Von daher verstehe ich gar nicht, warum Sie den Antrag ablehnen, außer Sie wollen keine Antworten auf diese Fragen haben.

Vor diesem Hintergrund können Sie, Herr Staatsminister, die Frage Präventiv-TKÜ versus StPO im Regelungsbereich des § 89 Abs. a, b, c hier als juristische Spitzfindigkeit abtun. Das können Sie gern tun. Das ist dann aber irgendwie selbstentlarvend. Was Sie dann hier machen, ist, einen Grundrechtseingriff nach dem Bauchgefühl vorzunehmen. Die juristischen Spitzfindigkeiten sind nun einmal meist das, worum es bei den Grundrechtseingriffen geht. Von daher finde ich es vermessen, als Staatsregierung so heranzugehen. Da wird mir, ehrlich gesagt, angst und bange, was uns hier demnächst noch vorgelegt werden wird.

Herr Staatsminister, auf welchen Applaus warten wir? Ich bin da ehrlich: auf keinen. Mir geht es bei der Frage nicht darum, wer applaudiert, weil es mir nicht darum geht, irgendwie auf die Wählerschichten zu schauen, die man möglicherweise durch Härte akquirieren kann. Nein, das Grundgesetz applaudiert nun einmal nicht. Aber das ist die Verpflichtung und sind nicht irgendwelche Wählerinnen und Wähler, die der CDU hinterherrennen sollen.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Wir dürfen Sicherheit nicht nur für die oberen 10 % gewährleisten. Da bin ich vollständig bei Ihnen. Aber wir dürfen auch Freiheit nicht nur für die obersten 10 % gewährleisten,

(Albrecht Pallas, SPD: Was ist Ihre Antwort, Herr Lippmann? Was soll das Ganze, Herr Lippmann? Sie haben keine Antworten!)

nämlich für diejenigen oberen 10 %, die sich einen ordentlichen Rechtsanwalt leisten können, um dagegen zu klagen.