Protocol of the Session on April 26, 2018

Wir sind die einzige Partei, die Grenzkontrollen fordert, ganz konsequent und in diesem Hause.

Jetzt ist meine Redezeit vorbei.

(Beifall bei der AfD)

Herr Kollege Wippel sprach für die AfD-Fraktion. Jetzt kommt Herr Kollege Lippmann für die Fraktion GRÜNE zu Wort, danach in dieser ersten Runde noch Herr Kollege Wurlitzer. Bitte, Herr Lippmann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Diktum: „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“ scheint man im Staatsministerium des Innern offenbar als Aufforderung zum Frisieren von Statistiken fehlinterpretiert zu haben. Anders kann man sich die Posse, die wir in diesem Zusammenhang mit der Polizeilichen Kriminalsta

tistik auch erörtern müssen, um die Sonderstatistik Kriminalität im Zusammenhang mit dem Thema Zuwanderung nicht erklären. So muss ich leider Ihre kleine Feierstunde anlässlich vermeintlicher Erfolge in der Kriminalitätsbekämpfung einmal kurz mit schlichter Mathematik und Logik unterbrechen.

Im Jahr 2017 lebten in Sachsen insgesamt 52 918 Zuwanderer, und gegen 9 493 von ihnen wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Straftat eingeleitet. Ob sie am Ende auch verurteilt wurden, steht bekanntermaßen auf einem anderen Blatt und nicht in der Polizeilichen Kriminalstatistik. Das ist durchaus ein besorgniserregender Zustand und bedarf einer luziden kriminologischen Einordnung, wäre allerdings keine reißerische Geschichte geworden. Die Folge wäre dann auch gewesen, dass niemand in der Koalition, auch nicht Kollege Hartmann, Abschiebung vor Strafverfolgung hätte fordern können, wenn man sich das in Ruhe angeschaut hätte.

Deswegen hat man im Innenministerium Folgendes herbeikonstruiert: Da im Jahr zuvor laut der damaligen PKS noch 63 425 Zuwanderer und vier Tatverdächtige mehr als 2017 gezählt wurden, konnte man den einfachen Schluss ziehen: 10 000 weniger Zuwanderer, aber die gleiche Zahl an Tatverdächtigen – ja, jetzt haben wir es doch, die Zuwanderer sind 2017 krimineller geworden als im Jahr 2016; und schon hatte man die Nachricht, die man brauchte und suchte, um Ressentiments zu schüren – allein sie stimmte nicht.

Dem Sächsischen Flüchtlingsrat und Journalisten ist es zu verdanken, dass wir heute wissen: Der drastische Rückgang der Zuwanderung in Sachsen ist nicht auf einen Exodus zurückzuführen, sondern schlicht auf Scharlatanerie des Innenministeriums. Denn das LKA Sachsen hat diejenigen Zuwanderer einfach nicht mitgezählt, die zum Stichtag 31. Dezember 2017 keinen gültigen Aufenthaltstitel hatten, anders als bei der PKS 2016, wo diese noch darin enthalten waren. Da es im letzten Jahr im gesamten Bundesgebiet über 230 000 Asylbewerber betraf, kann man davon ausgehen, dass es in Sachsen ungefähr 10 000 Bewerber betreffen dürfte, ziemlich genau jene 10 000 Personen, die man in der PKS jetzt vermisst.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Innenminister! Mit derlei Zahlenakrobatik wäre man durch die Erstsemesterprüfung Statistik in jeder Politikwissenschaftsausbildung gefallen. In Sachsen reicht das offensichtlich, um das Innenministerium zu führen. Das ist besorgniserregend!

(Lachen bei der AfD)

Mir wird, ehrlich gesagt, angesichts solcher statistischer Tricks übel. Da Ihnen noch das Statistische Landesamt zugeordnet ist, hätten Sie ja vielleicht einmal dort nach Kompetenz fragen können.

Wenn wir schon bei einem derartigen Statistikvoodoo sind, müssen Sie sich darüber klar sein: Das schürt nicht nur Ressentiments, Sie unterminieren auch die Glaubwürdigkeit der offiziellen Statistiken des Freistaates Sachsen.

Das führt dann zu jener Situation, die wir gerade haben: dass wir bundesweit und auch in Sachsen einen Rückgang der Kriminalität verzeichnen, aber insbesondere – wir haben es gerade gehört – von rechts außen immer wieder vorgetragen wird, dass das alles nicht so stimmt, und versucht wird, das als Lüge darzustellen.

(Zuruf von der AfD: Das stimmt ja auch!)

Ihr Hinbiegen von Statistiken ist ein Katalysator dafür, dass Objektivität und harte Zahlen zunehmend durch Bauchgefühl ersetzt werden und der Innenminister zum Vorbild und Helfershelfer von gefühlten Statistiken und Fake news wird. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Das muss ein Ende haben, und ich erwarte, dass nächstes Jahr diese Zahlenakrobatik, dieser Zahlenspuk beendet wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu Voodoo und Bauchgefühl passt dann auch der Witz der Aktuellen Debatte schlechthin, der sich im Titel findet: Diese Koalition will für mehr sichtbare Sicherheit sorgen. Hier wird es wirklich nur noch grotesk. Erst einmal war es die CDU, die durch ihre Einsparungen bei der Polizei und durch den Abbau von Revieren überhaupt dazu geführt hat, dass wir eine Unsichtbarkeit der Polizei in Sachsen hatten. Es gilt zu konstatieren: Ein erhebliches Sicherheitsrisiko haben wir in den letzten Jahren nicht nur in der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik, sondern auch auf den Regierungsbänken dieses Hauses gefunden.

Zweitens ist es falsch, was Sie dann vorgaukeln. Sie sorgen nicht für mehr sichtbare Sicherheit; denn Sichtbarkeit bedeutet Ansprechbarkeit, und davon sind wir im Freistaat Sachsen kilometerweit entfernt. Das SMI musste unlängst zugeben, dass keine einzige Stelle der 1 000 geplanten Mehrstellen in die Verkehrspolizei geht, obwohl diese jeden Tag für unsere Sicherheit im Straßenverkehr sorgt. Im Herbst haben Sie, werte Koalition, unseren Antrag auf mehr Polizeireviere in der Fläche schamlos abgelehnt. Das, was Sie hier machen, ist schlicht pure Heuchelei.

Aber wenn man als Innenministerium, als Koalition das Engagement lieber daran setzt, die Bürgerrechte mit einem harten Polizeigesetz beschneiden zu wollen, anstatt endlich für eine ordentliche Revierstruktur im Freistaat Sachsen zu sorgen, braucht man sich nicht zu wundern, wenn es mit der Sichtbarkeit der Sicherheit nicht so weit her ist.

Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ausreichend Polizeipräsenz, mehr Reviere in der Fläche und das Aufhören, mit so einem Murks in der Statistik irgendwie die Zahlen hinzubiegen, das wäre der Weg, wie man Sachsen tatsächlich sicher machen könnte. Dann brauchten wir uns auch keine Sorgen mehr zu machen, diesen Quatsch von der AfD anzuhören zu müssen.

Vielen Dank.

(Carsten Hütter, AfD: Ihr Quatsch war ja nicht besser!)

Das war Kollege Lippmann für die Fraktion GRÜNE. Jetzt spricht Kollege Wurlitzer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Debattenthema ist wichtig, aber Ihre Interpretation der Lage ist bestenfalls naiv, ist schlimmstenfalls nur Wahlkampfstrategie. Ich sage Ihnen: Sie werden durch Halbwahrheiten und durch lediglich suggerierte verbesserte Sicherheit Ihre Wähler nicht zurückgewinnen.

Ich kann Ihnen sagen, was derjenige denkt, der in vier Jahren achtmal Opfer eines Verbrechens geworden ist und achtmal einen Brief der Staatsanwaltschaft bekommen hat – ich zitiere –: „Sehr geehrter Herr Wurlitzer, das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt, weil der Täter bisher nicht ermittelt werden konnte. Sollte der Täter im Verlauf weiterer Ermittlungen bekannt werden, so erhalten Sie Mitteilung. Hochachtungsvoll gezeichnet Merkel, Staatsanwalt“. Derjenige war in diesem Fall ich.

Sie interpretieren die Kriminalitätsstatistik positiv und sagen, einiges sei besser geworden und Sie seien auf dem richtigen Weg. Aber was wäre denn mit dem Vergleich zu 2013, 2014 und 2015? Hören Sie auf, sich zu feiern! Denn Sie haben uns diese unmögliche Situation eingebrockt. Sie haben die Polizeireform 2020 angezettelt, und Sie haben durch eine unkontrollierte Einwanderung das Ganze gefördert.

Ich male hier einmal ein Bild, das jeder verstehen sollte: Wenn ein Kind mit 38,5 oC ins Krankenhaus eingeliefert wird, am Folgetag bereits 40 oC hat und am Tag darauf 41,8 oC Temperatur hat, kann man feststellen: Das Kind ist krank, und es geht ihm nicht besser. Kein vernünftiger Mensch, auch kein Arzt käme auf die Idee zu sagen: Nur weil am Folgetag die Temperatur nur noch 40,5 oC beträgt, ist das Kind gesund. Das schaffen nur Sie von der Koalition. Passen Sie bloß auf!

Die Redezeit ist zu Ende.

Die Wähler sind nicht dumm. Sie erkennen, wenn sie hinter die Fichte geführt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Wir sind am Ende der ersten Rederunde angekommen und eröffnen die nächste. Für die CDU-Fraktion ergreift jetzt erneut Kollege Hartmann das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht hier nicht darum, die Kriminalitätsstatistik positiv oder negativ auszulegen. Ich könnte jetzt sagen, es geht nicht um Schwarz und Weiß oder Hyazinth, sondern es geht um die Frage, wie sich eine festgestellte Entwicklung in der Folge darstellt.

Die Kriminalitätsstatistik ist ein Indikator, weil sie gleichbleibende Werte in den Ansatz nimmt, die Auskunft darüber geben, wie sich festgestellte Kriminalität entwickelt – sie ist damit ein Barometer zur Bewertung von Entwicklungen. Die Polizei weist immer wieder darauf hin, im Übrigen auch wir, dass Anzeigen selbstverständlich gemacht werden müssen, auch wenn man es möglicherweise für unsinnig hält, aber allein um zu erfassen, was im Dunkelfeld passiert. Darüber hinaus ist es richtig – darüber haben wir in der Koalition auch schon geredet –: Dunkelfeldstudien sind ein Teilaspekt, um weiter aufzuklären. Ich bin Herrn Stange an dieser Stelle durchaus dankbar, auch wenn er jedes Mal wieder Mahnendes bringt. Es bedarf natürlich mehr als einer statistischen Bewertung, es braucht entsprechende analytische Fragen.

Aber jetzt einmal zu meinen Vorrednern. Herr Lippmann, austeilen und nicht vertragen? Sie beklagten sich vorhin über einen vermeintlichen persönlichen Angriff, und ich sage Ihnen: Das, was Sie gerade dem Staatsminister entgegengeworfen haben, ist unterste Schublade.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Sie generieren ja den Eindruck, als ob der Staatsminister in seinem Büro säße, sich die Zahlen zusammenmalte und sagte: „Dann machen wir mal dort noch was und dort noch was.“ Die Statistiken werden in Zuständigkeit der Polizei erfasst und zusammengetragen und dann entsprechend durch das Innenministerium vorgetragen, und sie haben tatsächlich einen wahren Kern.

Sowohl die AfD als auch die GRÜNEN haben doch gerade ein Lehrstück geboten im Hinblick auf das Problem der öffentlichen Wahrnehmung. Die eine Seite meint, dass wir in Ausländerkriminalität ersticken und Angst haben müssen, noch das Haus verlassen zu können, weil um die Ecke irgendein Schwarzafrikaner steht, der uns erschlägt.

(Zuruf von der AfD: Es könnte auch ein Messer sein!)

Die GRÜNEN sagen: Das ist alles Quatsch, die Statistik ist dort getürkt, eigentlich ist die Welt happy und zufrieden.

Das Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist dabei, dass die Wahrheit in der Tat in der Mitte liegt. Ja, wir haben auch mit der Zuwanderung – um es einmal in Richtung der AfD zu sagen – kein Bevölkerungsexperiment gemacht, sondern das hat etwas mit Humanität zu tun. Vielleicht kommen Sie einmal dazu, auf diesen Fakt zu setzen. Es hat etwas damit zu tun, dass Menschen in Not Aufnahme und Unterstützung erfahren haben. Ja, wir werden nicht müde, zu sagen: Wer hier zu Gast ist, muss sich an die Regeln halten. Ja, wir werden auch nicht müde, zu sagen: Wer Regelverstöße begeht, muss mit den Konsequenzen rechnen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der AfD: Es gibt doch gar keine Konsequenzen!)

Ja, Herr Lippmann, Sie werden auch damit leben müssen, dass ich zumindest für meine Fraktion und mit meiner Fraktion die Position vertrete, dass im Zweifel- und Einzelfall auch Abschiebung der wesentlichere Teil der Diskussion sein wird.

(Zuruf von der AfD: Dann schieben Sie doch einmal ab!)

Sie werden auch damit leben müssen, dass ich für meine Fraktion und mit meiner Fraktion die Position vertrete, dass im Zweifels- und Einzelfall auch Abschiebungen der wesentlichere Teil der Diskussion sein müssen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe der Abg. Carsten Hütter, AfD, und Valentin Lippmann, GRÜNE)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist eben nicht so. Es ist nicht so, dass die Ausländer für das Elend dieser Welt insgesamt verantwortlich sind.

(Carsten Hütter, AfD: Das hat keiner gesagt!)

Die Zuwanderung hat uns eine erhebliche Kriminalitätsmehrbelastung gebracht, und ich will jetzt gar nicht über Zahlen und Prozente diskutieren. Es ist ein Teil der Wahrheit, dass wir in bestimmten Kriminalitätsbereichen auch eine Entwicklung verzeichnen, die vorrangig mit ausländischen Straftätern zusammenhängen. Nein, es sind eben nicht alle Ausländer und Flüchtlinge, die nach Sachsen kommen. Es ist der geringste Teil derer. Die Mehrheit dieser Menschen will die Hilfe und Unterstützung, die wir geben wollen. Aber es braucht einen konsequenten Umgang mit denen, die sich nicht an die Regeln halten, und deswegen ist ein Ausfluss dieser Kriminalitätsstatistik und ein Teil der Wahrnehmung, wenn man es objektiv angeht, die Tatsache, dass wir eine zunehmende Gewaltkriminalität, einen zunehmenden Straftatbestand durch nicht deutsche Tatverdächtige haben, die auch in bestimmten Kriminalitätssegmenten stattfinden.

(Zuruf des Abg. Carsten Hütter, AfD)