Protocol of the Session on April 26, 2018

Danke. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Alle Jahre wieder wird die Polizeiliche Kriminalstatistik für das vergangene Jahr vorgestellt, so auch vor einigen Wochen. Es ist immer wieder Anlass für mannigfaltige Diskussionen, wie wir eben gemerkt haben, gelegentlich auch durch das Kapern von Debatten über Ausstellungseröffnungen oder auch das Sächsische Polizeigesetz. Kann man machen, muss man nicht. Ich würde mich gern auf die Polizeiliche Kriminalstatistik konzentrieren.

Uns war wichtig, dass wir die Statistik hier im Landtag thematisieren, um die Zahlen, die wir dort herauslesen, in eine langfristige Entwicklung einordnen zu können, in das, was wir als Regierung und insgesamt als Landtag hier tun. Zunächst ist festzustellen, dass die Gesamtzahl an Straftaten um 0,5 % oder 1 500 Fälle, die der Polizei weniger bekannt geworden sind, gesunken ist. Das ist richtig. Gleichzeitig stieg die Aufklärungsquote um 3,4 % auf knapp 60 % der Straftaten, was ein ganz ordentlicher Wert ist. Es gibt verschiedene Faktoren, die dazu beitragen. Da ist zunächst auf die Arbeit der Polizeibediensteten hinzuweisen. Ich will das einmal zuspitzen. Wir haben nach wie vor schwierige Rahmenbedingungen bei der sächsischen Polizei. Vor allem der Personalmangel sorgt nach wie vor für eine hohe Arbeitsbelastung in der gesamten Polizei. Angesichts dessen sind die guten Arbeitsergebnisse nicht hoch genug einzuschätzen und ein Grund mehr, allen Kolleginnen und Kollegen der Polizei dafür zu danken.

Aber noch viel wichtiger als der Dank in Worten ist der Dank in Taten. Als Parlament und Haushaltsgesetzgeber müssen wir daran arbeiten, die Arbeitsbedingungen für die sächsische Polizei weiter real zu verbessern, beispielsweise, indem wir im Haushalt für mehr Polizeipersonal sorgen. An der Stelle sei gesagt, ab kommendem Jahr wird es endlich Entspannung geben, und real mehr Personal in der Polizei vorhanden sein.

Doch zurück zur Polizeilichen Kriminalstatistik. Vorsichtig positiv stimmt mich die Entwicklung bei der Eigentumskriminalität. Das klang gerade schon bei Kollegen Hartmann an. Im Bereich der Kfz-Diebstähle haben wir im Langzeitvergleich einen sehr niedrigen Wert. Ich will das mal einordnen. 1996 hatten wir einen Spitzenwert von 20 000 Fällen pro Jahr. 1999 waren das noch 7 500. In dem Jahr der EU-Osterweiterung 2004 hatten wir 4 000 Fälle und inzwischen sind wir mit knapp über 2 000 Fällen wieder bei den Tiefstwerten von 2006 und 2007

angekommen. Da ist ein wirklich deutlich positiver Trend im Langzeitvergleich festzustellen.

Verstehen Sie mich bitte richtig, jeder Fall ist ein Fall zu viel. Auch wenn Maßnahmen greifen, müssen wir weiter dranbleiben, die Aufklärungsquote zu verbessern. Wir müssen mehr Präsenz zeigen, aber auch die Hersteller von Kraftfahrzeugen müssen permanent an mehr Sicherheitstechnik arbeiten. Auch bei der Grenzkriminalität haben wir einen positiv rückläufigen Trend, der sich inzwischen auch zu verstetigen scheint und wo selbst bei ausländerrechtlichen Verstößen inzwischen ein Tiefstwert erreicht ist, ein Allzeittiefstwert, seit wir nach der Wiedervereinigung diese Zahlen erfassen.

Insofern müssen wir als Parlament einordnen, dass es einen eklatanten Unterschied zwischen realer Unsicherheit und gefühlter Unsicherheit gibt und müssen dem durch verantwortliche Entscheidungen in Bezug auf Schwerpunkte gerecht werden.

Andere Bereiche machen mir mehr Sorgen. Dabei sei auch die Rauschgiftkriminalität genannt. Herr Hartmann hat darauf hingewiesen. Es ist Kontrollkriminalität. Die Polizei hat da offensichtlich mehr gemacht, und auch die angekündigte Dunkelfeldstudie wird uns mehr Erkenntnisse bringen. Bereits jetzt lässt sich anhaltend großer Handlungsdruck in den Bereichen Prävention, Suchthilfe und Therapie erkennen, aber eben auch beim Verfolgungsdruck durch die Polizei.

Letzte Woche ist die Bundes-PKS vorgestellt worden. Es ist ein Städtevergleich angestellt worden. Ich würde den Faden mal weiterspinnen, den Kollege Hartmann nicht zu Ende bringen konnte. Unter den unsichersten Großstädten Deutschlands finden sich jede Menge ostdeutscher Großstädte, darunter Dresden auf Platz 4, Leipzig auf Platz 5 und Chemnitz auf Platz 18. Dresden hat hier einen Sondereffekt, darauf hat Polizeipräsident Kretzschmar am Montag hingewiesen. Es gab den Infinus-Skandal mit bundesweit 40 000 geschädigten Personen, 23 000 Fälle, die nicht alle in Dresden stattgefunden haben, aber Dresden statistisch zugeordnet wurden, weil Infinus hier seinen Firmensitz hatte. Wenn man das herausrechnet, kommt Dresden auf einen Stellenwert wie Chemnitz, sie würden sich Platz 17 und 18 teilen. Ich will damit sagen, es ist vielleicht nicht ganz so schlimm, –

Die Redezeit ist zu Ende, Herr Kollege.

– aber wir dürfen die Augen nicht vor dem bundesweiten Vergleich der Sicherheit in sächsischen Großstädten mit vergleichbaren Großstädten im gesamten Bundesgebiet verschließen. Mehr dazu werde ich in der zweiten Runde ausführen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Martin Dulig)

Das war Kollege Pallas für die SPD-Fraktion. Jetzt geht es weiter mit Kollegen Stange für DIE LINKE, dann kommt die AfD und GRÜNE. Danach eröffnen wir sicher eine zweite Rednerrunde. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle Jahre wieder, das hat Kollege Pallas gesagt. Es ist ja schön, jedes Jahr bewegen wir die Zahlen hin und her, ventilieren wir das Auf und Ab in der Polizeilichen Kriminalstatistik, aber kommen in der Analyse nicht wirklich einen Schritt weiter. Die Frage ist: Was bietet uns eigentlich die Polizeiliche Kriminalstatistik? Sie haben auf einen Sondereffekt mit Infinus hingewiesen. Man kann mit dieser Statistik erheblich Schindluder treiben – ich will Ihnen das verdeutlichen.

Der Polizeipräsident von Leipzig, Kollege Merbitz, hat darauf hingewiesen und im Mai 2017 aufgeschrieben, dass die Kinder- und Jugendkriminalität in Leipzig massiv angewachsen sei, dass das alarmierend sei und deshalb dieses Projekt in Leipzig – ich glaube, es heißt Haus des Jugendrechts – weitergeführt werden müsse.

Ich bejahe ohne Weiteres, dass das fortgeführt werden sollte, richtig. Aber die Dramatik kann ich nicht erkennen. Was der gute Mann einfach weggelassen hat, ist der Sondereffekt bei ausländerrechtlichen Verstößen, wenn man sich das über die Altersgruppen ansieht, vor allem bei Kindern. Das ist ja logisch: Kinder kommen mit ihren Eltern mit, die Eltern werden für Verstöße gegen das Ausländerrecht erfasst und die Kleinen natürlich gleich noch mit. Diesen Sondereffekt von knapp 1 100 Fällen hat er unter den Tisch fallen lassen.

Das ist keine Journalistenschelte, die ich jetzt betreibe, aber es gibt dann dankbare Kolleginnen und Kollegen von der schreibenden Zunft – wie etwa den Kollegen Döring von der LVZ –, die das aufgreifen, aber nicht nachfragen, wie dieser Effekt denn zustande kommt. Sie kommen gar nicht darauf, zu prüfen, wie sich das zusammenbaut, und schon haben wir einen dramatischen Anstieg der Kinderkriminalität. Solchen Unfug kann man mit dieser Polizeilichen Kriminalstatistik treiben.

Das verbreitet Angst. Die Oma traut sich mit ihrer Handtasche nicht mehr aus dem Haus. Aber mit der Realität hat das nichts, aber auch gar nichts zu tun. Das ist Statistik, wie man sie sich gestaltet. Und der Kollege Merbitz ist natürlich durchaus ein prononcierter Vertreter, wenn es darum geht, gewisse Interessen zu artikulieren und die Statistik dann auch einmal, sagen wir, nicht ausführlich darzustellen. Also: Vorsicht an der Bahnsteigkante, wenn es um die Polizeiliche Kriminalstatistik geht!

Die Kriminologen Singelnstein und Kunz haben in ihrem Buch „Kriminologie“ in der 7. Auflage 2016 auf Seite 206 Folgendes formuliert: „Die Kriminalstatistik ist keine mengenmäßige Beschreibung der den Behörden zur Kenntnis gelangenden kriminellen Wirklichkeit – sie drückt nicht registrierte Kriminalität aus, sondern Regist

rierungsverhalten der strafrechtlichen Kontrollinstanzen.“ Genau das ist es.

Ein Blick in das Vorwort der Polizeilichen Kriminalstatistik – ich habe hier einmal das Vorwort der PKS 2016 genommen und versuche, mich zu beeilen –: „Entgegen der Erwartung mancher Leser liefert das vorliegende Jahrbuch kein exaktes Abbild der tatsächlichen Kriminalitätslage des Jahres 2016. Dies liegt einerseits an dem je nach Deliktart und -schwere unterschiedlich großen Dunkelfeld, jenen Straftaten also, die der Polizei wegen ausbleibender Anzeigen nicht bekannt geworden sind.“ Darauf haben Sie hingewiesen, Kollege Hartmann. „Zum anderen bewirkt die Erfassung nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen einen Zeitverzug“ usw.

Infinus: Da hat der damalige LKA-Chef Michaelis mit einem netten Brief zur Kenntnisnahme im Innenministerium im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschlussberichts der Evaluation darauf hingewiesen, welchen Kokolores man mit der PKS treiben kann, wenn es darum geht, Personal zu berechnen, und was man alles außen vor lässt, sodass es in der PKS gar nicht vorkommt. Er hat auch auf den Zeitverzug hingewiesen. Er hat damals schon über Infinus gesprochen, über 22 000 oder 23 000 Fälle. Sie kommen erst jetzt, in der PKS 2017, überhaupt zum Tragen.

Es wird also Angst verbreitet angesichts von Vorfällen, die fünf oder sechs Jahre zurückliegen. Leute, das ist PKS. So kann man die Sicherheitslage – –

Ihre Redezeit ist zu Ende, Kollege Stange.

Vielleicht noch ein wenig.

(Heiterkeit)

Letzter Satz.

So kann man die Sicherheitslage natürlich nicht betrachten. Da muss zwangsläufig ein Fehlurteil herauskommen. Deshalb bitte ich darum, dass wir viel mehr Sachlichkeit walten lassen und vor allem viel mehr Analyse aufwenden, –

Kollege Stange, in der nächsten Rederunde.

– wenn es um die Sicherheit in Sachsen und um die PKS geht.

Ihre Redezeit ist zu Ende.

Vielen Dank, Herr Präsident, für Ihre Geduld.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war Kollege Stange für die Fraktion DIE LINKE. Jetzt spricht Herr Kollege Wippel für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Ja, wir sprechen dieses Jahr wieder einmal, wie es in diesem Haus schon Tradition ist, über die jährlich wiederkehrende Polizeiliche Kriminalstatistik. Den Vortrag von Herrn Stange zum Thema Dunkelfeld hätten wir uns sparen können, denn dazu haben wir in diesem Haus ja schon einmal eine Debatte geführt.

Glaubt man der Überschrift von CDU und SPD, dem Debattentitel, dann ist ja alles schön geworden. Die Frage lautet: Ist es das wirklich oder ist es das nicht? Ich sage ganz klar: Keinesfalls ist alles so schön geworden, wie man sagt. Die Entwicklung hätte sich ja fortsetzen müssen.

Aber schauen wir uns einmal drei Tage in Sachsen an. 13. April: Ein Eritreer sticht einem schlafenden Libyer in den Nacken. 14. April: In Döbeln stechen unbekannte Ausländer einem 23-jährigen Mann ein Messer in den Bauch. 15. April: In Dresden wird ein 13-jähriges Kind von einem Araber mit Stockschlägen seines Fahrrads beraubt. Das Kind musste ins Krankenhaus. Das, meine Damen und Herren, ist die Realität auch in Sachsen.

Aber nun zum allgemeinen und statistischen Teil. Die Kriminalität hat geringfügigst abgenommen. Das ist ohne jede statistische Signifikanz. Wir haben nach wie vor den dritthöchsten Wert an gezählten Straftaten – seit zehn Jahren. Rechnet man den Sondereffekt von Infinus heraus sowie die Straftaten, die andere Bundesländer quasi für uns aufgeklärt haben, dann ist die Aufklärungsquote etwa die der Vorjahre. Der Unterschied ist marginal, eigentlich gar nicht zu messen und liegt innerhalb statistischer Schwankungsbreiten.

Wir haben – das ist positiv – immer weniger deutsche Tatverdächtige. Wir haben insgesamt 72 601 Tatverdächtige gezählt, und es werden immer weniger Deutsche. Aber leider – das zeigt sich hier – ist das Bevölkerungsexperiment, das in Deutschland und auch in Sachsen stattfindet, grandios gescheitert. Zum Beispiel wird der Rückgang bei Rohheitsdelikten, den wir bei deutschen Tatverdächtigen verzeichnen können, von ausländischen Tatverdächtigen überkompensiert, und zwar ganz erheblich. Das sind dann zum Beispiel solche Fälle, die ich eingangs genannt habe. Nichtdeutsche Tatverdächtige sind leider völlig überrepräsentiert. Bei einem Anteil von 4,2 % an der Wohnbevölkerung in Sachsen stellen sie 28 % der ermittelten Täter.

Meine Damen und Herren! Auch bei handfesten Straftaten wie Vergewaltigung, Raub und schwerer Körperverletzung ist mehr als jeder Dritte ermittelte Tatverdächtige ein Nichtdeutscher. Schauen wir uns einmal besondere, spezielle Gruppen an, zum Beispiel Georgier. Auch diese sind besonders „geschäftstüchtig", insbesondere bei organisiertem Ladendiebstahl. Wir haben vor über einem Jahr die Staatsregierung gefragt: Was erwarten Sie eigentlich von der Visafreiheit für Georgier? Da wurde mir geantwortet: Wir erwarten eigentlich gar nichts Negatives. Das haben wir damals anders bewertet, denn es war

absehbar, dass Georgier hier besonders zuschlagen werden. Natürlich nicht alle Georgier, aber Banden. Für diese Einschätzung wurde ich hier in diesem Haus gescholten. Nun stellt sich aber dar, dass wir realistisch waren und dass Sie leider Unrecht hatten.

Schauen wir uns weitere Spezialfälle im Bereich der Statistik an. Leipzig ist unter den ostdeutschen Großstädten die Kriminalitätshochburg – herzlichen Glückwunsch zu diesem Spitzenplatz. Zum anderen sind Kfz-Diebstähle in Sachsen zwar insgesamt gesunken, aber im Landkreis Görlitz, innerhalb der Polizeidirektion Görlitz sind die Zahlen um über 30 % angestiegen. Die Grenzkriminalität an der polnischen Außengrenze ist ebenfalls gestiegen, entgegen dem Trend. Da sehen wir natürlich auch den industriellen Aufschwung auf der tschechischen Seite, das muss man ganz klar sagen.

Wir brauchen diese Grenzkontrollen. Das weiß natürlich auch der Herr Innenminister, und das weiß auch Herr Kretschmer. Bei Ihrem Besuch in Görlitz haben Sie abends um 23 Uhr, begleitet von einigen Kameras, zufälligerweise Polizisten getroffen, die eine Grenzkontrolle durchführten. Es gab sogar einen kleinen Stau, habe ich mir sagen lassen. Es standen vier Autos vor der Grenze,

(Heiterkeit des Abg. Carsten Hütter, AfD)

man musste warten.

Was aber tun Sie? Sie vergackeiern letzen Endes die Bürger, weil Sie in der Öffentlichkeit erzählen und den Eindruck erwecken, –

Die Redezeit ist zu Ende.

– dass das jeden Tag stattfinden würde. Das findet nicht jeden Tag statt, das weiß ich leider.

Herr Kollege Wippel.

Wir sind die einzige Partei, die Grenzkontrollen fordert, ganz konsequent und in diesem Hause.