Protocol of the Session on April 25, 2018

Wichtig ist, dass wir im Rahmen der datenschutzrechtlichen Möglichkeiten bleiben. Das ist die moderne Zeit; das ist die Anforderung, und ich bin relativ sicher, dass wir Wege finden. Aber unstrittig ist, dass wir weiter daran

arbeiten müssen, dass die Daten, die wir dann haben – auch durch gute Forschung –, zu einer Verbesserung der Lebenssituation krebskranker Menschen und ihrer Familien beitragen können. Dieses Gesetz ist ein Schritt dazu, deshalb bitte ich um Zustimmung zu diesem Krebsregistergesetz für Sachsen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abg. Wendt, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, zum Gesetz zur klinischen und epidemiologischen Krebsregistrierung im Freistaat

Sachsen ist schon vieles gesagt worden, deshalb fasse ich mich sehr kurz.

Ich glaube grundsätzlich, dass es in unser aller Interesse liegt, dass krebskranke Menschen bestmöglich versorgt bzw. behandelt werden. Dies kann ein klinisches Krebsregister leisten, deshalb ist es meines Erachtens wichtig, dass ein solches Register auch in Sachsen eingerichtet wird. Die Verpflichtung ergibt sich aus dem § 65 c SGB V.

Beim epidemiologischen Krebsregister wird bevölkerungsbezogen analysiert. So werden beispielsweise Erkenntnisse über Auftreten und Häufigkeit von Krebserkrankungen unter Einbeziehung von Wohnort, Geschlecht, Alter usw. gewonnen; dies ist bereits angesprochen worden. Das sind auf jeden Fall wichtige Daten, um daraus Rückschlüsse ziehen zu können und eventuelle Maßnahmen abzuleiten.

Bezogen auf den Gesetzentwurf ist zu sagen, dass wichtige Punkte für uns die Widerspruchslösung, der Datenschutz und die informationelle Selbstbestimmung waren. Hierzu standen wir auch im direkten Kontakt mit dem Datenschutzbeauftragten; ich habe vorgestern noch einmal mit Herrn Schurig gesprochen.

Klar sein dürfte auch, dass wir verlässliche Daten benötigen. Es bleibt also zu hoffen, dass wir diese mit den Möglichkeiten, die uns dieser Gesetzentwurf eröffnet, auch erhalten. Datenschutzrechtlich gesehen ist es wichtig, dass persönliche Daten geschützt werden, da es sich nun einmal um sensible Daten handelt. Dies ist unseres Erachtens im Gesetz gegeben – zumindest auf dem Papier. Hoffen wir einmal, dass es dann auch in der Praxis so umgesetzt wird.

Auch wenn wir dem Gesetzentwurf heute zustimmen, so sollte er 2019 evaluiert werden. Dabei sollte man insbesondere die Vier-Wochen-Meldefrist, die zu Recht kritisch betrachtet wird und unsere Leistungserbringer durchaus unter Druck setzen kann, in den Blick nehmen. Außerdem sollten wir schauen, ob die Datensätze ausreichen und es nötig ist, eventuelle Änderungen vorzunehmen bzw. gegenzusteuern.

Wir stimmen am heutigen Tag dem Gesetzentwurf der Staatsregierung zu und bedanken uns für die Vorlage.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Abg. Zschocke, bitte.

Vielen Dank. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Krebs ist leider eine Volkskrankheit. Zwischen 2005 und 2015 wurden bei rund 135 000 sächsischen Bürgerinnen und Bürgern Krebserkrankungen diagnostiziert: 70 600 Männer und 64 400 Frauen. Vorredner sagten es bereits: Es wird viel getan, um den Kampf gegen den Krebs zu gewinnen, um die Überlebenschancen zu erhöhen.

Neben der Forschung zu neuen Medikamenten und Therapien helfen auch die beiden Krebsregister dabei, Leben zu retten. In beiden Registern werden Daten gesammelt. Das epidemiologische Register hat eine längere Tradition. Auch in Sachsen werden seit circa 20 Jahren die Art der Krebserkrankung, das Alter und das Geschlecht der Erkrankten sowie die Region ausgewertet. So kann die Entwicklung genau erfasst werden, und es kann geprüft werden, wie sich Vorsorge, Früherkennung und bestimmte Behandlungsmethoden auswirken.

Neu eingeführt wurde das klinische Register. Darin sollen Daten zur Behandlung gesammelt werden. Ärzte und Kliniken in ganz Deutschland sind nun verpflichtet, ihre Behandlungsschritte zu melden. Das soll die bestmögliche Therapie garantieren. Einerseits sollen die Register helfen, Leben zu retten. Aber dazu werden eben auch hochsensible persönliche Daten erhoben, mit denen andererseits sehr verantwortlich umgegangen werden muss, meine Damen und Herren. Das Krebsregistergesetz muss beiden Anforderungen gerecht werden.

Der Gesetzentwurf wurde allerdings viel zu spät durch das Sozialministerium vorgelegt. Seit 2013 gibt es das Bundesgesetz, das die Länder beauftragt, die Einführung von klinischen Krebsregistern bis Ende 2017 zu regeln. Alle anderen Bundesländer haben bereits ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Sachsen ist hierbei Schlusslicht.

Durch den Zeitverzug wurde dann im Januar eilig eine Anhörung einberufen. Vor allem der Datenschutz wurde kontrovers diskutiert; die Vorredner haben es bereits deutlich gemacht. Doch die strittigen und rechtlich wirklich komplizierten Fragen, Frau Schaper, zur Datenerstattung und zum Datenschutz konnte, eben nicht ausführlich diskutiert werden,

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Das stimmt! Richtig!)

genau –, weil Staatsministerium und Koalition jetzt Zeitdruck machen. Frau Schaper hat die heiklen Punkte benannt, allen voran die Regelung zum Widerspruch bzw. zur Einwilligung, dass die Daten weitergegeben werden.

Wir GRÜNEN wollen – dafür setzen wir uns auch ein – den höchstmöglichen Datenschutz für die Erkrankten. Die Patienten müssen wissen und verstehen, was mit ihren Daten passiert. Wenn die Betroffenen gegen eine Weitergabe ihrer Daten sind, dann ist es ihr gutes Recht, das unkompliziert durchgesetzt werden muss. Die neue EUDatenschutzgrundverordnung stärkt die Rechte auch in diesem Fall, und der Gesetzentwurf folgt den Vorschlägen des Sächsischen Datenschutzbeauftragten – was aus unserer Sicht gut ist. Ob das Gesetz so nun auch in der Praxis funktioniert, bleibt abzuwarten.

Leider – das möchte ich deutlich sagen – wurden Informationsverfahren, die beispielsweise in Thüringen gut funktionieren und auch im Änderungsantrag der LINKEN formuliert sind, nicht aufgenommen. Ob dies im Nachgang noch untergesetzlich geregelt wird, bezweifle ich. Das bleibt weiter offen.

Zum Änderungsantrag der LINKEN würde ich noch kurz Stellung beziehen, nachdem er eingebracht ist. – So weit erst einmal.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gibt es noch Bedarf für eine zweite Runde? – Das sieht nicht so aus. Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Menschen, die an Krebs erkrankt sind, haben in den letzten Jahren erfreulicherweise deutlich verbesserte Chancen, geheilt zu werden oder mit der Erkrankung zu überleben, und dennoch: Eine Krebserkrankung stellt nach wie vor eine besondere Bedrohung für die Gesundheit der Menschen dar. Frau Abg. Neukirch hat die Wahrscheinlichkeit und die Statistiken sehr treffend angeführt. Deshalb benötigen Patienten, Mediziner und Forscher zuverlässige Informationen über die Qualität der Behandlung einer entsprechenden Erkrankung. Das wird möglich, wenn die Daten über das Auftreten, die Behandlung und den Verlauf der Krebserkrankung in den klinischen Krebsregistern umfassend und möglichst vollzählig erfasst und ausgewertet werden.

Daher hat der Bundesgesetzgeber das Gesetz zur Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister erlassen; meine Vorredner sind bereits darauf eingegangen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir die notwendigen landesrechtlichen Voraussetzungen. Im Freistaat Sachsen gibt es seit circa 20 Jahren klinische Krebsregister an derzeit vier eigenständigen Registerstandorten: Dresden, Chemnitz, Leipzig und Zwickau; und mit der Beibehaltung der regionalen Anwendung klinischer Krebsregister an Trägereinrichtungen bleiben auch die bekannten Stellen und Strukturen vor Ort weiter als Ansprechpartner für die Ärzte bestehen.

Die Umsetzung des Bundesgesetzes erfordert jedoch eine Umstrukturierung, um die Organisation und Arbeitsweise der sächsischen klinischen Krebsregister an die neuen Voraussetzungen anzupassen. Eine neue Aufgabe ist zum Beispiel die Beteiligung der einrichtungsbezogenen und sektorenübergreifenden Qualitätssicherung; denn gerade diese ist aus meiner Sicht das A und O einer guten Versorgung, die nicht zuletzt auch mehr Lebensqualität für die Betroffenen ermöglichen kann.

Weiterhin ist eine jährliche, landesbezogene Auswertung der Daten vorgesehen. Dafür wurde bereits im September 2017 eine gemeinsame Auswertungsstelle bei der Sächsischen Landesärztekammer eingerichtet. Außerdem hat der GKV-Spitzenverband in einem Kriterienkatalog Mindestanforderungen an die Qualität der klinischen Krebsregister, ihre Strukturen und Prozesse als sogenannte Förderkriterien aufgestellt.

Mit der jährlichen Auswertung und dem Kriterienkatalog wird eine bundesweit einheitliche und belastbare Datengrundlage für eine effiziente und effektive Auswertung und Bewertung der onkologischen Versorgung geschaffen. Letztlich ist die Erfüllung der Förderkriterien eine Voraussetzung für die Finanzierung der klinischen Krebsregister durch die GKV.

Mit den Erkenntnissen aus der Krebsregistrierung können künftig Therapien auf ihren Erfolg hin überprüft sowie Qualitätsdefizite in der onkologischen Versorgung erkannt und beseitigt werden. Darüber hinaus sind die Länder aufgefordert, Effizienzreserven zwischen den klinischen und epidemiologischen Krebsregistern zu nutzen. Auch wir haben im vorliegenden Gesetzentwurf zur Rechtsvereinfachung die neuen Vorschriften mit den bereits bestehenden Regelungen des Sächsischen Krebsregisterausführungsgesetzes als jeweils eigenständige Teile zusammengeführt.

Im Zusammenhang mit der landesrechtlichen Umsetzung des Sächsischen Krebsregistergesetzes finanziert das Sozialministerium 10 % der Betriebskosten der klinischen Krebsregister. Dafür sind in unserem Haushalt für das Jahr 2018 Mittel in Höhe von 525 000 Euro eingestellt. Außerdem finanzieren wir weiterhin den Betrieb der gemeinsamen Geschäftsstelle und deren Auswertung dazu in Höhe von circa 130 000 Euro jährlich.

Ich möchte kurz auf das bereits sehr ausführlich diskutierte Thema der Datenschutzregelung eingehen. In der Tat sah unser Gesetzentwurf kein Widerspruchsrecht vor. Das hat dazu geführt, dass es eine ziemliche zeitliche Verzögerung gegeben hat. Aber nach Abwägung aller Interessen wurde in Abstimmung mit dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten der Gesetzentwurf so gefasst, dass der Betroffene das Recht hat, der Speicherung der ihn betreffenden Daten in dem klinischen Krebsregister zu widersprechen. Mit dieser Regelung folgt Sachsen allen anderen Bundesländern.

Nunmehr ist es wichtig, dass die Arbeit der klinischen Krebsregister auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wird. Wir sind in Zeitverzug, und deswegen bitte ich um

Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf, damit die Arbeit aufgenommen werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Sächsische Krebsregistergesetz. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales und Verbraucherschutz, Gleichstellung und Integration. Hierzu liegt ein Änderungsantrag vor. Dieser ist vorhin schon mit eingebracht worden.

(Zuruf von den LINKEN)

Fraktion DIE LINKE: Oder möchten Sie das noch machen? – Ich hatte es so verstanden, dass sie es vorhin schon gemacht haben.

(Zuruf der Abg. Susanne Schaper, DIE LINKE)

Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte den Änderungsantrag vorhin schon eingebracht, zumindest habe ich schon zu einigen Punkten gesprochen. Ich möchte trotzdem noch etwas dazu sagen.

Sie haben sich jetzt am Datenschutz bezüglich dieser Änderung maßgeblich abgearbeitet, wenngleich ich davon ausgehe, dass auch wir einen rechtssicheren Vorschlag gemacht haben. Manchmal ist auch die Lebensrettung nicht so einfach.

Ich hätte gern gewusst, warum die Staatsregierung oder die Koalitionsparteien die anderen Punkte nicht aufgenommen haben. Hierzu nenne ich zum Beispiel die Meldefrist, den Katalog der Meldeanlässe, den § 7 a, Auskunftsanspruch bei Intervallkarzinomen, und auch die Überprüfung.

Wenn man sich überlegt, dass jährlich circa 250 000 Männer und circa 220 000 Frauen – also fast 500 000 Menschen – neu erkranken, dann sollte man das einmal auf den Freistaat Sachsen herunterbrechen. Ich muss dazu sagen, dass anderthalb Jahre zu viel Zeit sind, denn das ist Zeit, die verloren geht. Das ist eine einfache Rechnung.