Protocol of the Session on January 29, 2015

durchgeführt. Die Vorbereitungen sind schon im Gange. Deshalb sind Sie mit Ihrem Antrag ein wenig spät dran. Wir werden einen ersten Zwischenbericht im Herbst 2015

erhalten. Das ist ein angemessener Zeitraum, um belastbare Zahlen und Analysen zu bekommen.

Sachsen wird sich darüber hinaus am Monitoring des Bundes beteiligen und sich bei Bedarf für Veränderungen beim Mindestlohngesetz einsetzen. Aber eines ist klar: Schnellschüsse wird es nicht geben.

Es gab Änderungsvorschläge, was diesbezüglich alles schiefläuft, schon einen Monat nach Einführung des Mindestlohns. Einer solchen Panikmache sind wir vorher schon nicht auf den Leim gegangen. Deshalb sollten wir uns auch jetzt die Zeit nehmen, uns die Dinge genau anschauen.

Zur Mindestlohndokumentationspflichtverordnung: Hierzu wird gesagt, dass es wohl nicht sein könne, einen derart großen bürokratischen Aufwand zu veranstalten. Ich finde es höchst erstaunlich, dass ein Arbeitgeber nicht weiß, wie lange seine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiten. Der Mindestlohn soll doch eingehalten werden. Deshalb ist es doch klar, dass wir Kontrollmechanismen brauchen, die sich nicht nur mit der Höhe des Lohns, sondern auch mit der Arbeitszeit beschäftigen. Es ist doch völlig klar, dass ein Unternehmer vor Ort dokumentieren muss, wie lange seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten. Diesbezüglich gibt es keine formalen Vorgaben. Ein handschriftlicher Zettel reicht aus. Wer glaubt, dass an bürokratischen Hürden ein Projekt wie der Mindestlohn scheitern muss, der zeichnet einen Teufel an die Wand, der schlichtweg nicht existiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Einführung des Mindestlohns gab es bereits eine Gruppe von Langzeitarbeitslosen oder Praktikanten, für die andere Regelungen geschaffen wurden. Auf diesen Kompromiss mussten wir uns als SPD einlassen, aber wir werden uns natürlich auch dieses Monitoringverfahren anschauen, um zu analysieren, für welche Gruppen diese Ausnahmen richtig sind und welche Gruppen, für die es jetzt noch Ausnahmen gibt, in Zukunft unter den Schirm eines Mindestlohns gehören. Das wird die Aufgabe dieses Monitoringverfahrens sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich einen konkreten Blick auf den vorliegenden Antrag werfen. Punkt 1 deckt sich weitgehend mit unseren Festlegungen im Koalitionsvertrag und wird umgesetzt. Wir sind bereits dabei, das heißt, dieser Punkt hat sich erledigt. Punkt 2 greift gewisse Probleme im Voraus auf und versucht, bevor es überhaupt ein ordentliches Monitoringverfahren gab, jetzt schon Antworten zu geben. Das ist nicht seriös. Wenn wir ein Monitoringverfahren wollen, dann müssen wir dieses Monitoringverfahren ernst nehmen und können den Ergebnissen nicht vorgreifen.

Punkt 3: Das Ergebnis der Überprüfung wird dem Sächsischen Landtag vorgelegt, und wir werden es hier in ausreichendem Maße diskutieren, müssen aber wissen, dass wir das Gesetz nur im Bund verändern können.

So richtig und so wichtig die Arbeit im Detail ist, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns

einen Fehler nicht machen: Lassen Sie uns das Licht des großen Erfolgs des Mindestlohns nicht unter den Scheffel stellen.

(Beifall bei der SPD)

Bei all den Problemen, die wir noch werden zu bearbeiten haben – das ist bei diesem Umfang völlig natürlich –, gibt es auch große Fortschritte. Allein in Sachsen müssen 60 000 Menschen ihren Lohn nicht mehr aufstocken lassen. Wir haben eine Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen in dem Bereich, die auch für die Werksarbeiter zählt. Die Vorteile überwiegen klar.

Deshalb: Lassen Sie uns weniger Energie in Studien setzen, die im Nachhinein diesen Erfolg infrage stellen, sondern lassen Sie uns den richtigen Weg des Mindestlohnes akzeptieren und an seinem Feintuning gemeinsam arbeiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Staatsministers Martin Dulig)

Die AfD-Fraktion, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Mindestlohn bewegt wie kaum ein anderes Thema die Menschen in vielen Regionen des Freistaates Sachsen emotional. Überall dort, wo zum Ende des letzten Jahres Löhne gezahlt wurden, die teilweise nur mit dem Wort „unanständig“ zu bezeichnen sind, ist das Thema Mindestlohn allgegenwärtig.

Es besteht deshalb kein Zweifel daran, dass Korrekturen nötig waren, um das Ziel zu erreichen, dass Menschen von ihrer Arbeit auch leben können. Vordergründig liegt hierfür die Einführung eines Mindestlohns auf der Hand, und die jetzt mehr Geld verdienenden Menschen freuen sich im ersten Moment – verständlicherweise. Dennoch wird die Freude wesentlich schneller der Ernüchterung weichen, als uns allen lieb ist.

Meine Damen und Herren! Emotionalität ist nicht die Kernkompetenz der Politik – und meine ist es auch nicht. Ich bin Handwerksmeister und möchte aus dieser Sicht einen Überblick über die fatalen Folgen geben, die schon nach so kurzer Zeit sichtbar geworden sind. Umfragen bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, dem Rückgrat unserer Wirtschaft, ergeben ein eindeutiges Bild der sich abzeichnenden Entwicklung: Verkürzung von Ladenöffnungszeiten, Personalentlassungen, Streichung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Schließungen in der Gaststätten- und Hotelbranche sowie im Handwerk, zum Beispiel Bäckereien, Nutzung von Schlupflöchern bezüglich der Ausdehnung der Arbeitszeiten und weitere Preissteigerungen.

Meine Damen und Herren! Dieses Bild entspringt nicht meiner Fantasie, sondern es ist die Realität, die Sie bei allen Vorteilen, die der Mindestlohn vordergründig hat,

gegenrechnen müssen. Um die Auswirkungen des Mindestlohns konkret darzustellen, möchte ich ein Fallbeispiel nennen: Eine Vollzeitkraft hat bis Dezember 2014 1 200 Euro brutto verdient, zusätzlich hat sie 98,43 Euro steuerfreie Zuschläge und 100 Euro pauschal besteuertes Fahrgeld erhalten. Bei Steuerklasse I blieben ihr bis dahin netto 1 112,73 Euro. Mit der Einführung des Mindestlohns wird diese Person jetzt unter exakt den gleichen Bedingungen steuerlich hochgestuft und erhält nur noch 1 071,83 Euro und damit 40,90 Euro weniger als noch im Dezember 2014. Wo bleibt die Differenz? – Beim Staat!

Meine Damen und Herren von den LINKEN! Auch wenn Sie in Ihren Betrachtungen die Arbeitgeber systematisch ausblenden, so sollten Sie dennoch nicht übersehen, dass es besonders diese sind, die den Mindestlohn zahlen müssen. Wie erklären Sie dem Dorfbäcker, der ohnehin nur schwer über die Runden kommt, dass er jedem Mitarbeiter – ungeachtet seiner Qualifikation –, so auch dem Hilfsarbeiter, den Mindestlohn zahlen muss? Was soll dann aber, um gerecht zu bleiben, der qualifizierte Facharbeiter verdienen?

(Marco Böhme, DIE LINKE: Mehr!)

Auch im Bereich der Normarbeit gibt es hier Dissonanzen, weil mit den 8,50 Euro allein die Anwesenheit, nicht aber die erbrachte Leistung bezahlt wird.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Das Gesetz hat weitere schwere Mängel. Die Mehrbelastung für Unternehmen, die die Arbeitszeiten für Mitarbeiter bis zu einem Einkommen von 3 000 Euro brutto akribisch dokumentieren müssen, ist enorm und steht in keinem Verhältnis mehr.

Darüber hinaus ist ein flächendeckender identischer Mindestlohn völlig unsinnig. Es widerspricht doch jeder Logik, dass ein Arbeitnehmer in München den gleichen Mindestlohn erhält wie der in Rostock, obwohl die Lebensunterhaltkosten in München wesentlich höher sind.

(Staatsminister Martin Dulig: Dort ist der Mindestlohn deutlich höher!)

Meine Damen und Herren, welchem Arbeiter, ob qualifiziert oder nicht, ist damit geholfen, wenn, um im Beispiel zu bleiben, die Bäckerei als Konsequenz ganz schließen muss?

Der Mindestlohn ist für alle Akteure ein Schuss in den Ofen. Bevor Ihre Kollegen im Bundestag den Mindestlohn beschlossen haben, hätten sich diese besser dem eigentlichen Problem bei Löhnen und Gehältern widmen sollen, nämlich den längst überfälligen Steuersenkungen und vor allem der Abschaffung der kalten Progression. Das hätte den Arbeitnehmern wirklich geholfen. Die kalte Progression ist nämlich dafür verantwortlich, dass die Menschen trotz Mindestlohnes hinterher dennoch weniger Geld zur Verfügung haben.

Aber nein, durch den eingeführten Mindestlohn sind nun der Staat und die Krankenkassen die wahren Gewinner.

Es wäre ein Leichtes gewesen, wenn schon Mindestlohn, diesen doch wenigstens etwas der Realität anzupassen. Es hätte zum Beispiel schon geholfen, in europäische Nachbarländer wie etwa nach Luxemburg zu schauen, wo es zwei Mindestlöhne gibt: einen für qualifizierte und einen für nicht qualifizierte Mitarbeiter. Es wäre schon viel geholfen, den Mindestlohn regional anzupassen. Das wiederum könnte ein gutes Mittel sein, Anreize zur Arbeit in sonst strukturschwachen Regionen zu setzen.

Leider wurde aber die CDU von der SPD zu einem Schnellschuss gezwungen, bei dessen Abfeuern schon klar war, dass es zu massiven Problemen kommen würde. Die Aussage von Frau Merkel, dass man sich die Abläufe beim Mindestlohn drei Monate anschauen und dann über Korrekturen nachdenken wolle, spottet jeder Beschreibung. Wenn ein derart richtungweisendes Gesetz eingeführt wird – ein Gesetz, das erstmals die Tarifautonomie in Deutschland aushebelt –, dann hätte man erwarten müssen, dass man schon vorher alle Eventualitäten abklärt, wissenschaftlich betrachtet und deren Wirkungen bedenkt.

Meine Damen und Herren, die AfD lehnt den Mindestlohn aus inhaltlichen Gründen ab, da er genau das Gegenteil dessen erreicht, was er bezwecken soll. Daher ist es eine logische Folge, dass wir den Antrag der LINKEN ablehnen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die Fraktion der GRÜNEN Frau Abg. Zais, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Mindestlohn hebelt nicht die Tarifautonomie aus, sondern reguliert die Niedriglohngrenze, und das ist seit vielen, vielen Jahren, wenn man Deutschland mit Europa vergleicht, auf der Tagesordnung gewesen. Das ist auch das Mindeste, was wir als Politik für diejenigen, die für wenig Geld gearbeitet haben, tun konnten. Ich finde es gut – auch wir GRÜNEN finden es gut –, und wir stehen zum Mindestlohn.

Es kann nicht sein, wenn ich Ihr Beispiel höre, 1 100 Euro netto in Steuerklasse 1 zu verdienen. Dann frage ich mich, wie man davon – hat man gegebenenfalls noch ein Kind, ist alleinerziehend – leben soll. Diese Frage muss man sich doch auch stellen. Es kann nicht sein, dass wir eine Politik fortführen, in der über viele Jahre hinweg in Sachsen Unternehmenskonzepte auf Kosten des Steuerzahlers finanziert wurden; auf Kosten des Steuerzahlers deshalb, weil – die Zahl ist von Henning Homann genannt worden – allein 60 000 neben dem Lohn Leistungen über das ALG II beziehen mussten. Da muss man sich fragen, ob diese Unternehmenskonzepte stimmen. Das ist die Frage, die Sie leider nicht beantwortet haben. – So viel zu dem, was Sie gesagt haben.

Zum Antrag der LINKEN. Ich muss sagen, wir stimmen Henning Homann zu. Wir haben mit Freude gesehen, dass

im Koalitionsvertrag das Monitoringverfahren vereinbart wurde. Insofern werden wir uns heute bei dem Antrag der LINKEN enthalten. Wir denken, es ist legitim, der Koalition – hier schaue ich besonders auf die Kolleginnen und Kollegen von der SPD – eine Chance zu geben, dieses Monitoringverfahren tatsächlich durchzuführen, aber – und das ist angesichts der Debatten der letzten Wochen unsere Sorge – auch zu schauen, mit welcher Zielrichtung dieses Monitoring durchgeführt wird – nicht, um die Axt an den gerade frisch eingeführten Mindestlohn zu setzen, sondern um zu schauen, wo es Nachregelungsbedarf gibt.

Die ganz große Euphorie, lieber Kollege Henning Homann, kommt natürlich nicht auf, wenn man die vielen Ausnahmen sieht. Diese Kröte musste die SPD schlucken. Leider ist es auch so, dass es Branchen gibt, in denen in Sachsen nicht wenige Menschen arbeiten, die nach wie vor unter dieser Mindestlohngrenze von 8,50 Euro liegen. Das gehört zur Wahrheit dazu. Zum Beispiel die Fleischindustrie mit 8,00 Euro, Land- und Forstwirtschaft sowie Gartenbau mit 7,20 Euro – Ausnahmeregelungen noch für mindestens zwei Jahre –, Textil- und Bekleidungsindustrie mit 7,50 Euro, Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft bei 8,00 Euro. Diese Ausnahmen gilt es zu beobachten, und wenn Sie das tun, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, dann haben Sie uns an Ihrer Seite.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Für die Linksfraktion Frau Abg. Schaper, bitte.

(Zuruf von der SPD)

– Schön, dass Sie sich freuen.

(Heiterkeit)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Krauß, Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass Sie irgendwelche Urheberrechte haben, wenn Sie etwas in den Koalitionsvertrag schreiben.

(Frank Heidan, CDU: Doch!)

Wer zuerst über Mindestlohn und Monitoring gesprochen hat, das wäre erst noch zu klären und zu beweisen.