Auf den Kollegen Bienst, der seine Ausführungen für die CDU-Fraktion machte, folgt Frau Kollegin Falken für die Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 2008 gab es im Freistaat Sachsen einen Gesundheitsbericht für Lehrerinnen und Lehrer in der Region Chemnitz. 2009 gab es einen Gesundheitsbericht für die Förderschullehrer in den Städten Chemnitz und Zwickau. 2010 gab es einen Gesundheitsbericht im Freistaat Sachsen über alle sächsischen Bildungsagenturen – sprich: über alle Bereiche – für die langzeiterkrankten Lehrerinnen und Lehrer. Vielleicht sollten Sie sich den einmal anschauen.
Diese Ergebnisse, insbesondere der Gesundheitsbericht über die langzeitkranken Lehrerinnen und Lehrer, zeigen ganz klar und deutlich, dass die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer – übrigens in allen Schularten – Jahr für Jahr steigt. Ich möchte hierzu nur zwei Zahlen nennen: Im Schuljahr 2011/2012 waren 351 Lehrer langzeitkrank. Im Schuljahr 2014/2015, also aktuell, waren es zu Beginn des Schuljahres 434 Lehrerinnen und Lehrer, und zum jetzigen Zeitpunkt sind es schon wieder mehr.
Die Kleine Anfrage meiner Kollegin Susanne Schaper mit den Drucksachennummern 6/213 und 6/214 – vielleicht
schauen Sie sich diese noch einmal an –, die sehr umfangreiches Zahlenmaterial zur Entwicklung des Krankenstandes von Lehrerinnen und Lehrern darstellt, liegt vor. Krankenkassen, wie zum Beispiel die DAK oder die Barmer, haben berufsbezogene Untersuchungen durchgeführt. Das Ergebnis für die Lehrerinnen und Lehrer ist eindeutig: steigende Zahlen bei psychischen Erkrankungen. Das heißt, nach meiner Auffassung haben wir genügend aussagekräftige Zahlen und Daten. Diese müssen wir nicht extra erheben. Auch die Zahlen, die Herr Bienst gerade genannt hat, habe ich vorliegen; ich lasse sie jetzt einmal weg.
Was wir in diesem Parlament brauchen, sind Maßnahmen, die eingeleitet werden müssen, um den Krankenstand zu senken oder ihn zumindest im jetzigen Bereich zu halten; denn die Gefahr ist sehr groß – ich komme gleich darauf zu sprechen –, dass die Zahlen in den nächsten Jahren immer weiter steigen werden. Wir brauchen Maßnahmen für bessere Arbeitsbedingungen für Lehrerinnen und Lehrer, und wir brauchen eine Verringerung der Arbeitsbelastung.
Die Lehrerinnen und Lehrer im Freistaat Sachsen – Sie können an jede Schule gehen, an die Sie wollen, an staatliche Schulen oder auch an Schulen in freier Trägerschaft – werden auf Verschleiß gefahren. Sie bekommen immer noch eine Aufgabe obendrauf, und ich sage ausdrücklich: Ich will die Integration, und ich will die Inklusion. Ich will eine hervorragende Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, aber nicht unter den Bedingungen, die die Lehrerinnen und Lehrer zurzeit haben: immer noch eine große Aufgabe obendrauf, ohne dass die Lehrer eine Entlastung erhalten. Das muss zu einem höheren Krankenstand führen; denn Lehrer arbeiten nicht mit Schachteln und Kartons, sondern sie arbeiten mit Kindern und Jugendlichen. Sie sind für diese verantwortlich und sie fühlen sich auch für diese verantwortlich.
Ich hatte es gerade gesagt: Die Zahl der psychischen Erkrankungen steigt. Was wäre jetzt die logische Maßnahme in diesem Parlament? Ja, ich spreche über den nächsten Haushalt, den wir zu beraten haben. Wir brauchen mehr Schulpsychologen. Nun höre ich, es sollen fünf mehr kommen. Ich habe sie im neuen Haushalt noch nicht gefunden; vielleicht kann mir einmal jemand einen Tipp geben. Fünf zusätzliche Schulpsychologen! Bereits zum jetzigen Zeitpunkt sind die Schulpsychologen nur als „Feuerwehr“ für Schülerinnen und Schüler unterwegs. Sie sollen jedoch vorbeugend wirken, und zwar für Schülerinnen und Schüler und für Lehrerinnen und Lehrer. So ist ihr Aufgabenbereich formuliert.
Eine weitere Maßnahme – die Mittel, die für Arbeits- und Gesundheitsschutz zur Verfügung gestellt werden; ich kann jetzt erst einmal nur die Zahlen vom letzten Haushalt nennen, weil ich den neuen noch nicht an dieser Stelle angeschaut habe –: Durch die Vorgaben wäre es notwendig gewesen, dass wir im Parlament 2,2 Millionen Euro einstellen müssten; es waren aber nur 1,9 Millionen
eingestellt. Diese sind für Fachkräfte, für den Arbeitsschutz und für die Betriebsärzte gedacht. Wenn ich als Parlament, als Gesetzgeber nicht genügend Geld einstelle, dann brauche ich mich auch nicht zu wundern, wenn die Bedingungen an den sächsischen Schulen, bezogen auf die Gesundheit, sehr problematisch sind. Unser Schwerpunkt im Parlament muss sein, eine Entlastung der Lehrer vorzunehmen, und nicht, statistische Materialien anzufertigen.
Schularten – wenn Sie sich die Zahlen anschauen; wir haben das getan –, die in den letzten Jahren weniger Einstellungen gehabt haben, haben einen steigenden Krankenstand. Das betrifft insbesondere zurzeit die Mittelschulen; da bin ich ganz nah bei Herrn Bienst, der sagte, es habe natürlich auch etwas mit der Altersstruktur zu tun. Aber, Herr Bienst, es genügt nicht, wenn wir die Alten durch die Jungen ersetzen. Wir müssen mehr Lehrerinnen und Lehrer einstellen, um die Belastungen an den Schulen besser verteilen zu können und bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen. Das halte ich für einen sehr, sehr wichtigen Faktor.
das ist wirklich unverschämt, was Sie da gemacht haben. Sie fordern das Parlament auf, einen Antrag zu beschließen, dass die Staatsregierung, die gleichzeitig Arbeitgeber der Lehrerinnen und Lehrer ist, Arbeitnehmerrechte verletzt, auch wenn es auf freiwilliger Basis erfolgt.
Natürlich fordern Sie das. – Das ist eine Unverschämtheit. So etwas geht überhaupt nicht, und ich als Gewerkschafterin bin total ausgerastet, als ich das gelesen habe. Das geht nicht, und ich hoffe und glaube auch, dass die Staatsregierung, insbesondere das Kultusministerium, einem solchen Hinweis nicht nachgeht. Meine Fraktion und ich werden diesem Antrag nicht zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Mal ehrlich: Was soll das, dieser AfD-Antrag zur Evaluierung des Krankenstandes des sächsischen Lehrpersonals? Natürlich wissen wir schon lange, dass wir hier eine Baustelle haben. Das Thema Belastung und Beanspruchung im Lehrerberuf bildet einen Schwerpunkt der empirischen Forschung auf diesem Gebiet. Modelle, aktuelle Forschungsansätze und Forschungsergebnisse lassen sich in entsprechender Fachliteratur nachlesen.
Eine Krankmeldung ist in vielen Fällen doch erst das Ende der Fahnenstange, wenn dann gar nichts mehr geht.
Maßgeblich hierfür sind Faktoren wie professionelle Kompetenz, Bedingungen der jeweils spezifischen Berufssituation, Belastungen und Beanspruchungen im Lehrerberuf über psychische Belastungen im Unterricht, dem vielfältigen Phänomen des Burn-outs bis hin zur inneren Kündigung.
All diese Faktoren müssen in einem inhaltlichen Zusammenhang gesehen werden. Selbstverständlich brauchen wir dazu gegebenenfalls soziale Unterstützung im Lehrerberuf, eine Belastungsregulation, Stressbewältigung und Selbstmanagement.
Aber, meine Damen und Herren Abgeordneten der AfD, Sie glauben doch nicht, diese komplexe Thematik mit einem solchen Vierzeiler erschöpfend abhandeln zu können.
(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU – Valentin Lippmann, GRÜNE: Offensichtlich schon!)
Geht es Ihnen um die Zahlen? In diesem Fall halten wir die Drucksache 6/82 – auch allgemein als Herbstlaub bekannt – für hinreichend aussagekräftig. Hier kommt der Freistaat als Arbeitgeber seiner Pflicht durchaus nach.
Wollen wir jedoch grundlegend etwas für die Lehrer- und auch die Schülerschaft tun – denn der Unterrichtsausfall ist letztendlich nur ein spätes Warnsignal –, dann bitte systematisch durch ein geplantes Vorgehen in Sachen Monitoring und Personalentwicklung, das dann auch datenschutzrechtlichen Bedenken standhält.
Unsere derzeitige Situation ist ein Spiegelbild einer immer älter werdenden Lehrerschaft. Hier müssen Teilzeitverträge auch in der Realität ankommen und bereits etablierte Maßnahmen zur Gesundheitsbildung weiter ausgebaut werden. Die Studienorientierung muss aufklären, was es heißt, Lehrer zu werden, und dies auch hinsichtlich des Arbeitsaufwands und der persönlichen Belastung.
Wir als SPD-Fraktion stehen für eine grundsätzliche Neubewertung dieser komplexen Problemlage. Aus diesem Grund lehnen wir diesen, nach bloßer Öffentlichkeit heischenden Schnellschussantrag ab.
Frau Zais wird jetzt für die Fraktion GRÜNE sprechen. Sie folgt ihrer Vorrednerin Frau Raether-Lordieck.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Erzgebirge sagt man „dickschen“ für eine Situation, wenn ein kleines Kind nicht das bekommt, was es will. In Erinnerung an die letzte Sitzung des Schulausschusses – wir haben den Verweis gehört – hatte ich dieses Gefühl, als ich den
Antrag las. In der Sitzung des Schulausschusses wurde nämlich die Frage zu Krankheitsverläufen gestellt. Unter Verweis auf datenschutzrechtliche Bestimmungen hat Frau Staatsministerin Kurth gesagt: Das mache ich nicht.
Nun dickscht die AfD und macht es mit einem Antrag, der nach Auffassung der GRÜNEN wenig konstruktiv ist. Es ist auf weiterführende Untersuchungen zur Lehrergesundheit bereits hingewiesen worden. Ich möchte aber eines ergänzen: Es ist keineswegs so, Frau Raether-Lordieck oder Frau Falken, dass die Lehrer eine kranke Truppe sind, die von Burn-out bedroht und von rheumatischen Erkrankungen besonders betroffen ist. Wenn man die Anzahl der Gesamtbeschäftigten betrachtet, sind das Erscheinungen, bei denen wir insgesamt eine Zunahme von Erkrankungen bei allen Beschäftigten und nicht nur im Lehrerberuf haben.
Im Gegenteil ist es so: Die Langzeitbetrachtung zur Lehrergesundheit hat sogar gezeigt, dass die Lehrkräfte zum Beispiel im Durchschnitt mehr Sport treiben und weniger rauchen als der Durchschnitt. Insgesamt muss gesagt werden, dass wir in Deutschland über alle Berufsgruppen hinweg eine Zunahme von Langzeiterkrankungen zu verzeichnen haben. Das hat etwas mit den Arbeitsbedingungen zu tun. Das betrifft nicht nur das sächsische Bildungswesen. Das möchte ich der Seriosität halber hier noch einmal betonen.
Allerdings ist es so – diesbezüglich müssen wir auch im Schulausschuss dranbleiben –, dass Studien zeigen, dass es im Förderschulbereich zu einem abweichend höheren Krankenstand kommt als in anderen Schularten. Das muss man insgesamt verfolgen. Ob sich die Erfassung des Krankenstandes nachhaltig auf die Arbeitsfähigkeit und die Arbeitszufriedenheit auswirkt, Frau Kersten, wagen wir zu bezweifeln.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN will mehr Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen und gute Arbeitsbedingungen. Das ist ein Beitrag zur Lehrergesundheit. Der Antrag der AfD ist es nicht.
Das war Frau Kollegin Zais für die Fraktion GRÜNE. Wir könnten jetzt in eine zweite Rednerrunde eintreten. Wird das von der Antragstellerin begehrt? – Das kann ich nicht erkennen. Gibt es andere Fraktionen, die noch Redebedarf anmelden? Redezeit ist bei allen noch ausreichend vorhanden. – Das sehe ich nicht. Dann haben Sie, Frau Staatsministerin, das Wort. Bitte, Frau Kurth.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Gesundheit ist unser wichtigstes Gut. Durch enorme und dauernde Belastungen psychischer und physischer Natur kann es zu Erkrankungen und zu Ausfallzeiten kommen. Dabei haben die beruflichen Anforderungen, die heute an jeden Einzelnen gestellt
werden, stetig zugenommen. Das gilt auch, aber nicht allein für den Lehrerberuf. Wir müssen Belastungen reduzieren, um Erkrankungen und Ausfallzeiten zu vermeiden.
Ein wichtiger Aspekt ist dabei die personelle Ausstattung unserer Schulen. Nur wenn die zu erledigende Arbeit auf viele Schultern verteilt werden kann, können die individuellen Belastungen in Grenzen gehalten und damit gesundheitliche Beeinträchtigungen vermieden werden. Das gilt nicht nur für die Schule, sondern für alle Bereiche unseres beruflichen Lebens.
Für unsere Schulen bin ich sehr froh sagen zu können, dass die Staatsregierung die unbefristete Einstellung von mindestens 6 100 neuen Lehrerinnen und Lehrer als prioritäre Maßnahme im Koalitionsvertrag festgeschrieben hat, und wenn der Haushalt so verabschiedet werden wird, auch zum Vollzug kommt. Wir haben darüber hinaus in den vergangenen Jahren eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht, um den Unterricht in unseren sächsischen Schulen abzusichern. Dabei rückt vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung Sachsens inklusive des stetig steigenden Durchschnittsalters der Beschäftigten – übrigens in allen Bereichen, nicht nur in unseren Schulen – ein Personalmanagement in den Vordergrund, das sich ebenso um deren Gesundheit und Wohlergehen kümmern muss. Dazu zählt auch die Erhebung des Krankenstandes.
Seit der 2. Wahlperiode berichtet die Staatsregierung in regelmäßigen Abständen, insbesondere auf Kleine Anfragen, über die Fehlzeiten der Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen Schulen im Freistaat Sachsen. Zuletzt geschah das sehr umfangreich auf eine Anfrage der Abg. Frau Giegengack.
Derzeit werden in meinem Haus die detaillierten Werte für das Kalenderjahr 2014 zusammengefasst. Zugleich will ich darauf hinweisen – wie schon gesagt wurde, zuletzt im Ausschuss für Schule und Sport am 16. Januar 2015 –, dass die Erfassung der Ursachen für Erkrankungen durch den Arbeitgeber im Allgemeinen und damit auch durch mein Ressort rechtlich nicht zulässig ist.
Meine Damen und Herren! Mit den Daten, die wir erheben dürfen, wird in unserem Ressort auch gearbeitet. Zum einen werden die Daten von der Sächsischen Bildungsagentur als der Personal verwaltenden Stelle aus Arbeitgebersicht und unter dem Blickwinkel der Unterrichtsversorgung analysiert, zum anderen nutzt der Arbeitsmedizinische Dienst die Daten für seine umfangreichen Aufgaben in der Prävention und Gesunderhaltung. So gibt es beispielsweise seit dem Jahr 2009 sachsenweit neben einer sicherheitstechnischen Betreuung eine betriebsärztliche Betreuung.
Unser leitender Arbeitsmediziner, Herr Prof. Klaus Scheuch, hat dazu das Dresdner Modell der Lehrerbetreuung im Freistaat Sachsen entwickelt – übrigens einzigartig für alle Bundesländer – mit dem Fokus auf der zentralen Rolle der Betriebsärzte und deren Aufgabenspektrum. Im Mittelpunkt stehen die allen Lehrerinnen und Lehrern