Protocol of the Session on March 15, 2018

Die Ersatzfahrzeuge wären wieder mit Dieselmotoren ausgestattet. Nutzfahrzeuge mit Benzinantrieb stellen unsere deutschen Autobauer nicht her.

(Zuruf des Abg. Marco Böhme, DIE LINKE)

Das hat etwas mit Physik und mit Realitäten zu tun.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Wer will denn den Diesel abschaffen?)

Herr Böhme, man kann sich die Welt auch schönreden. In Ihrem Redebeitrag war nicht alles schlecht wie damals auch in der DDR. Es war nicht alles schlecht.

(Heiterkeit – Beifall bei der CDU)

Der Kraftstoffverbrauch eines beladenen Transporters würde sich nämlich von zwölf bis 13 Litern Dieselkraftstoff auf 25 bis 30 Liter auf 100 Kilometer bei gleicher Leistung erhöhen,

(Frank Heidan, CDU: Richtig!)

Kraftstoff, der Ressourcen erfordert, Abgase produziert und letztlich über den Posten Anfahrt auf der Kundenrechnung landet.

Ich habe schon bei der Handwerkskammer zu Leipzig angeregt, dass man Innenstadtzulagen bezahlen bzw. auf den Rechnungen umlegen sollte, damit sich die Industrie und die Verbraucher an den Kosten beteiligen; denn das Handwerk ist nicht auf Rosen gebettet.

Ersetze ich meine Fahrzeuge aber nun nach nur wenigen Jahren durch neue Dieselfahrzeuge, wer kann mir zusichern – deshalb die Rechtssicherheit –, dass nicht eine japanischen und amerikanischen Autoherstellern nahestehende Nichtregierungsorganisation neue Grenzwerte und eine vielleicht pinkfarbene Plakette fordert?

(Heiterkeit)

Wie das Unternehmen gestalten, die größere Fahrzeugflotten benötigen, möchte ich lieber gar nicht erst wissen. Das ist nämlich ein Eingriff in die unternehmerische Freiheit. Eine BWA zum Beispiel – das heißt Betriebs

wirtschaftliche Auswertung für diejenigen, die das nicht kennen – –

(Heiterkeit)

Ein kleiner Unternehmer muss seine Investitionen in irgendeiner Form planen und abschreiben.

Nun möchte ich doch etwas größer denken, und zwar in der Größe der gut 50 Diesellokomotiven, die täglich allein an meinem Haus vorbei zum Leipziger Hauptbahnhof und somit direkt in die Leipziger Stadtmitte fahren. Eine solche Diesellok ist wahlweise mit zwei Dieselmotoren á circa 366 PS oder einem Motor mit 2 700 PS ausgestattet.

Dass der Stickstoffoxidausstoß pro Tonnenkilometer günstiger als der meines Transporters mit 129 PS ist, hilft der Qualität der Atemluft in der Leipziger Innenstadt nur wenig, zumal diese Dieselloks ausschließlich Menschen und weder meine Tore noch sonstige Güter zum Hauptbahnhof transportieren.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Ehrlich?)

Nicht anmerken muss ich sicherlich, dass an meinem Haus nur ein kleiner Teil der Dieselloks vorüberfährt, die Leipzig täglich ansteuern.

Schauen wir mal aus dem Fenster – na gut, leider Gottes ist es jetzt gerade nicht der Fall.

(Zuruf der AfD: Schlechte Planung!)

Aber dann sehen wir, dass zumindest in der schönen Jahreszeit ein anderes Dieselproblem an uns vorüberzieht. Allein die Dresdner Dampfschiffflotte benötigt insgesamt acht mit Heizöl, sechs mit Diesel und eine mit Kohle Betriebenen – –

Die Redezeit ist leider zu Ende, Herr Kollege Pohle. Aber Sie haben noch Redezeit für die Fraktion.

Es tut mir ausdrücklich leid, ich hätte gern noch zu Ende gesprochen.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Dritte Runde!)

Insofern würde ich dann in der dritten Runde noch einmal kommen.

(Beifall bei der CDU)

Kollege Pohle hat gerade die zweite Runde eröffnet, und es geht weiter. Es spricht für die SPD-Fraktion, die auch Einbringerin ist, Kollege Homann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich und mit mir die SPD-Fraktion glauben, dass wir verschiedene Ziele, die auch heute von unterschiedlichen Debattenrednern vorgetragen wurden, nicht gegeneinander ausspielen dürfen.

(André Barth, AfD: Aha!)

Es ist richtig, dass wir als Politik der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger einen hohen Stellenwert beimessen. Wenn wir über die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger sprechen, dann reden wir unter anderem auch über saubere Luft, die wir alle zum Atmen brauchen. Auf der anderen Seite ist es natürlich wichtig, dass wir uns als Sachsen zur Industriepolitik bekennen. Wir wollen die vielen Tausend Arbeitspätze in Sachsen erhalten, und wenn wir ganz ehrlich sind, wollen wir noch mehr Industriearbeitsplätze in Sachsen. Wir sagen natürlich auch – und das ist mir als Sozialdemokrat immer wichtig –, dass es in diesem Land auch gerecht zugehen muss und dass für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich von ihrem hart erarbeiteten Geld einen Diesel kaufen, durch Betrugsskandale, durch inkonsequentes politisches

Handeln dieser Diesel an Wert verliert und er Probleme hat, seinem Job mit diesem Fahrzeug weiter nachzugehen.

Wer jetzt behauptet, dass eines dieser drei Ziele nicht legitim wäre und es nicht wichtig ist, dass Politik genau dieses Ziel verfolgt, der – finde ich – schadet dieser Debatte; denn alle drei Ziele sind richtig und müssen Politik im Blick haben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Am Ende geht es in der Debatte auch für uns um Glaubwürdigkeit.

(Gunter Wild, fraktionslos, steht am Mikrofon.)

Herr Homann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Bitte, Herr Kollege Wild.

Danke, Herr Präsident. Sehr geehrter Herr Kollege Homann, Sie haben ganz großen Wert auf die Gesundheit und auf die Schädlichkeit dieser Stickoxide gelegt. Meine Frage: Wissen Sie, dass das Verbrennen von Briketts in Kaminöfen in einer Stunde genauso viele Schadstoffe erzeugt wie 100 Kilometer Autofahren?

(Zuruf des Abg. Frank Kupfer, CDU)

Wissen Sie das?

Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Erstens, ich habe von Stickoxiden noch gar nichts gesagt. Zweitens, ich habe eben nicht nur über Gesundheit gesprochen, sondern auch über Arbeitsplätze und über soziale Gerechtigkeit. Dass Sie nur einen Punkt aufgreifen, zeigt, wie lange Sie mir zugehört haben, nämlich, genau nur ein Drittel meiner Redezeit.

(André Barth, AfD: Seien Sie nicht so überheblich!)

Entschuldigung, dass ich mir nicht dieselben Details und Beispiele in Vorbereitung dieser Debatte herausgesucht habe wie Sie. Dass Sie nun versuchen, mich auf diese Art und Weise hier vorn zur Rede zu stellen, schadet der Debatte wiederum.

(Zuruf von der CDU)

Nein, ich kenne dieses Beispiel nicht, aber ich kenne viele andere. Damit würde ich gern in meinem Redebeitrag fortfahren.

Mir geht es darum: Wir haben an dieser Stelle glasklare Grenzwerte. Wir sollten diese Grenzwerte, nur weil sie uns vor ein politisches Problem stellen, nicht infrage stellen. Denn zu behaupten, sie wären nicht auf der Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen entwickelt worden, ist schlichtweg falsch. Es sind die Weltgesundheitsorganisation und viele andere internationale Organisationen, die mit der Wissenschaft eng kooperieren, die diese Grenzwerte definieren.

(Jörg Urban, AfD: Richtig!)

Wir sollten zweitens auch nicht so tun, als wenn Stickoxide oder Feinstaub vielleicht doch nicht so gefährlich wären, und das damit begründen, dass wir doch heute bei so vielen Autos trotzdem länger leben. Also allen, die an diese Argumentation glauben, möchte ich sagen: In den letzten 100 Jahren hat es auch einen technischen Fortschritt in der Medizin gegeben, der unser Leben verlängert. Das hat vielleicht gar nichts mit Stickoxiden zu tun. Wir haben die Arbeitsbedingungen der Menschen verbessert. Das verlängert auch das Leben.