Ich spreche doch nicht von der faktischen Konsequenz, sondern von dem Anspruchsdenken, das daraus entsteht.
Natürlich gebe ich Ihnen recht, dass es einen Unterschied zwischen dem Nettoeinkommen eines Beamten und dem Nettoeinkommen eines Angestellten gibt.
Natürlich, das ist doch genau unser Problem: Der Lehrer, den wir im Freistaat Sachsen ausbilden und der mit 27 Jahren sein erstes Staatsexamen macht oder sein Referendariat beendet, geht nach Sachsen-Anhalt, weil er dort netto 800 Euro mehr hat.
(Zuruf der Abg. Sabine Friedel, SPD – Ines Springer, CDU: Jetzt kommen wir mal wieder zur Debatte zurück!)
Jetzt kommen wir zu Frau Wilke: Frau Wilke, Sie scheinen sich selbst ja zur Unterschicht zu zählen. Ich habe die Zahlen gerade genannt. Sie zählen laut Ihrer Darstellung dann selbst zur Unterschicht, wollte ich Ihnen nur einmal sagen. Denn Sie als Landtagsabgeordnete haben momentan ungefähr 5 400 oder 5 500 Euro Bruttoeinkommen. Ich habe gerade die Zahlen für Lehrer in Gruppe 13, Stufe 6, genannt. Nach 16 Jahren, ungefähr zwischen 40 und 45 Jahren alt, erreicht man 5 400 Euro brutto. Sie gehören nach Ihrer Darstellung also der Unterschicht an. Ich wünsche Ihnen gute Reise in der Diskussion draußen.
Ich will nicht wissen, wie Sie den großen Rest unserer Gesellschaft, der bei Weitem nicht an solche Einkommen heranreicht, dann nennen und ob es bei Ihnen unter der Unterschicht noch etwas gibt. Ich wäre mit solchen Klassifizierungen einmal ganz vorsichtig. Ich finde das, ehrlich gesagt, eine Unverschämtheit, gesellschaftliche Gruppen danach einzuteilen, wie hoch ihr Gehalt ist. Das ist eine bodenlose Frechheit!
Zu Ihrer Frage, weshalb nur fünf Jahre, Frau Wilke: Es geht nicht darum, jetzt nur für fünf Jahre zu verbeamten. Es geht darum, dass niemand von uns tatsächlich nachweisen kann, lieber Herr Gebhardt, ob das Tarifmodell das Nonplusultra ist oder ob tatsächlich das Beamtenmodell dies ist. Allerdings steht eines fest: 14 Länder verbeamten. Lieber Herr Gebhardt, vielleicht informieren Sie sich einmal: Nicht alle 14 Bundesländer haben grundsätzlich ein Problem mit dem Lehrernachwuchs. NordrheinWestfalen, Baden-Württemberg und Bayern haben Tausende nicht eingestellte Lehrer,
die aber nicht hierherkommen. Die große Diskrepanz oder das Problem, das wir bundesweit haben, liegt im Grundschulbereich, teilweise im Förderschulbereich und teilweise im Oberschulbereich. Grundsätzlich liegt es aber im Grundschulbereich.
Das hat einen Grund, Herr Gebhardt. In der gesamten Bundesrepublik wurden in den letzten zehn bis 15 Jahren viel zu wenig Grundschullehrer ausgebildet – aufgrund der demografischen Voraussagen. Viel zu wenige – das ist der Grund, aber nicht etwa, dass diese Lehrer zu wenig verdienen würden oder sonst etwas. Bleiben Sie doch einfach einmal bei der Wahrheit, bevor Sie hier immer irgendetwas hereinpoltern, von dem Sie an dieser Stelle nichts verstehen.
Herr Gebhardt, im Gegensatz zu Ihnen bin ich jede Woche mindestens einmal in einer Schule und unterhalte mich mit den Leuten. Ich spreche auch mit Referendaren und Studenten. Ich sage Ihnen ganz offen, was sie uns sagen, und das zeigt auch das Selbstbewusstsein, das sie haben. Da wird ganz klar gesagt: Warum soll ich denn in Sachsen arbeiten, wenn ich in Sachsen-Anhalt, in Halle, in Brandenburg oder von mir aus in Köln oder sonst wo zwischen 500 und 900 Euro netto mehr im Portemonnaie habe, zumal ich vielleicht einmal in eine Großstadt will? Natürlich sagen die das.
Deshalb will ich, Frau Falken, zu Ihrem Vorwurf der Zwei-Klassen-Lehrerschaft ganz deutlich sagen: Wenn Sie immer nur davon sprechen und immer nur behaupten, dass es so sei – neben den Einkommenstatbeständen, die
ich gerade genannt habe –, dann sollten Sie sich tatsächlich einmal ansehen, wie das in anderen Ländern ist und wie es dort empfunden wird.
Wir waren in Nordrhein-Westfalen, in Hamm in der Gesamtschule. Da habe ich die Schulleiterin gefragt: Wie viele Einkommensgruppierungen haben Sie hier an der Schule? „Vier“, hat sie gesagt. Und da habe ich gefragt, wie die Beamten das aufnehmen, also ob es Kämpfe, Konflikte gibt. „Na ja“, hat sie gesagt, „da mosert mal einer herum, weil er nur in einer – was weiß ich – A 12 ist und der andere in einer A 13 und der in der A 13 faul und der in der A 12 fleißig ist. Aber ansonsten wird es akzeptiert.“
Und jetzt gehen wir mal in unser Nachbarland, Frau Falken, in dem Ihr Parteigenosse Ramelow regiert, im Übrigen gemeinsam mit der SPD.
und den GRÜNEN, richtig. Was ist denn da seit dem 1. August passiert? Was macht man da seit 1. August, Frau Falken? Da verbeamtet man seit dem 1. August.
Und soll ich Ihnen mal sagen, was Thüringen gemacht hat? Thüringen, Frau Falken, hat nicht eine einzige Maßnahme für Lehrer im Bestand vorgesehen, nicht eine einzige Maßnahme.
Die haben lediglich alle neuen Lehrer, die sie einstellen, verbeamtet und das Beamtenalter abgesenkt.
Also hören Sie doch auf, so zu tun, als würden Sie hier für die Mehrheit in diesem Lande reden. Das ist doch eine Illusion. Ich sage es noch einmal: An dieser Stelle bin ich froh, dass wir endlich den sächsischen Sonderweg verlassen, auch wenn das schwer ist für einige in meiner Fraktion – was ich respektiere –, aber ich bin froh. Weil das wahrscheinlich – ich habe keinen Beweis – der einzige Weg ist, um irgendwie unser Problem auch nur annähernd einer Lösung zuzuführen. Dirk Panter hat es gesagt: Es wird morgen nicht Lehrer vom Himmel regnen.
Und da bin ich bei den nächsten Unterstellungen. Frau Falken, Frau Wilke, Sie haben in Ihrer tollen Rechnung, dass 23 000 Lehrer übrig bleiben, einfach mal vergessen, dass wir rund 8 000 bis 9 000 Grundschullehrer in die E 13 heben. Vielleicht rechnen Sie die einfach mal ab. Für die wird wohl nichts getan, oder wie? Nehmen Sie eine
Schule mit 30 Lehrkräften. Ich sage Ihnen, was da konkret getan wird: Diese Schule bekommt erst einmal 9 000 Euro im Jahr, um Leistungsprämien auszuzahlen. Natürlich haben wir nicht den Anspruch, dass die Schulleiter gemeinsam mit dem vor Ort befindlichen örtlichen Personalrat mit der Gießkanne über die Leute ziehen, sondern wir wollen auch, dass den Leuten entsprechend Leistungen und auch Mehrleistungen honoriert werden. Ein Prämienmodell ist kein grundsätzliches Einkommen, sondern ein Prämienmodell ist eine Prämie. Und für eine Prämie steht eine Gegenleistung, eine Mehrgegenleistung als das, was grundsätzlich zu erwarten ist.
Ja, einmal im Jahr, Frau Falken. Einmal im Jahr, so wie in fast allen anderen Berufsgruppen genauso. Das heißt, für diese Schule mit 30 Lehrkräften hat der Schulleiter 9 000 Euro, um sie unter seinen Lehrkräften entsprechend zu verteilen bzw. auszureichen.
Das Nächste ist: Das muss er noch nicht einmal für alle tun, weil er schon für 20 % – nämlich für sechs Lehrkräfte von den 30 – Beförderungsämter in die E 14 hat. Ich sage Ihnen, dass das etwas Richtiges ist, weil es Lehrer gibt, die das verdient haben. Sicher kann man sich hier hinstellen und, weil es toll klingt und man sich überall ein Schulterklopfen abholt, sagen: Alle Lehrer haben das verdient. Ja, das mag sein. Viele, viele Menschen in dieser Gesellschaft bringen viele, viele starke, wichtige und gute Leistungen. Das ist völlig d‘accord. Man muss aber an dieser Stelle auch die Verhältnismäßigkeit wahren.
Nun kommen wir zu dem Vorwurf, Frau Falken, dass wir die Grundschullehrer schon wieder bei der E 14 ausgenommen haben.
Sie wissen doch ganz genau, dass wir momentan mit dem Schritt, alle Grundschullehrer in die E 13 bzw. A 13 zu heben – Brandenburg hat es auch gemacht, übrigens auch mit der SPD-Regierung – –
Einen Moment bitte. Ich beende den Satz noch. – Frau Falken, Sie wissen doch ganz genau, dass wir damit das erste Bundesland mit Brandenburg sind, die Grundschullehrer in die E 13 bzw. A 13 heben. Jetzt kann ich doch nicht sofort kommen und sagen: Wir machen auch noch eine E 14 hinterher. Entschuldigung, das ist für mich nach Dreck in der Suppe zu suchen.
Da wird viel gemacht. Ihre Rede war wirklich dünn, und so richtig Grund zur Kritik haben Sie nicht gefunden. Da brauche ich noch nicht einmal darüber zu reden, was wir
Herr Schreiber, können Sie sich vorstellen, wie schwierig es für einen Schulleiter ist, diese 20 % seiner Lehrerschaft auszuwählen und zu sagen: Du bekommst die Beförderung in die E 14 und du nicht?
Liebe Frau Wilke, ich sage Ihnen ganz ehrlich, auch wenn ich für das eine oder andere, was ich hier gesagt habe, ab morgen wieder damit Zeit verbringe, E-Mails zu beantworten: Für mich ist genau so etwas ein Stück von Eigenverantwortung. Ich kenne viele Schulleiter, die sich seit Jahren genau solche Maßnahmen wünschen, die Instrumente in der Hand haben wollen, um funktionsungebunden Kolleginnen und Kollegen von ihnen für die Arbeit im alltäglichen Dienst als Unterstützung zu belohnen.
Ich sage Ihnen an der Stelle, liebe Frau Falken, wer im Oktober 2016 funktionsungebundene Beförderungsämter verhindert hat: Es waren die Gewerkschaften, die Gießkanne wollten. Wenn was Tolles oben draufkommt, dann bitte schön für alle Gießkanne! Wir müssen uns in dieser Gesellschaft auch tatsächlich irgendwann einmal vom Gießkannenprinzip verabschieden.