Es ist völlig egal, ob 32 oder 36 %, Frau Falken. Interessant ist dabei, dass nur 19 % der LINKEN zutrauen, das Problem zu lösen.
Aber Polemik beiseite. – Frau Falken, wir haben ein Problem. Ich nenne Ihnen zwei Zahlen; Sie kennen sie. Was heißt es denn, wenn im Jahr 2016 zwar 1 327 Absolventen ihr Erstes Staatsexamen an sächsischen Universitäten gemacht haben, davon aber nur 480 Leute im Referendariat in Sachsen ankommen? Das heißt doch, dass wir im Berufseinstieg – viele sagen dann, ich gehe schon vor dem Referendariat, weil ich mich sowieso woanders einstellen lasse, zum Beispiel da, wo man verbeamtet – eine Attraktivitätslücke haben. Diese Attraktivitätslücke können Sie nur über das Beschreiten zweier Wege schließen.
Was die Nettolücke bei den Berufssteigern betrifft, so können Sie entweder in die unterste Einstufung verbeamten – in die A 13, Stufe 3 –, oder Sie füllen das Bruttogehalt im Angestelltentarif so weit auf, dass netto das Gleiche herauskommt wie in 14 anderen Bundesländern.
Was heißt das, Frau Falken? Zur Ehrlichkeit gehört dazu, dass Sie nach Ihrem Modell und auch nach dem Modell der Gewerkschaften dann einen Berufseinsteiger mit dem ersten Tag seines Berufseinstiegs und möglicherweise 27 Jahren mit 5 300 oder 5 400 Euro brutto ausstatten – genauso viel, wie ein Lehrer erhält, der bisher im Schuldienst gearbeitet und zehn Jahre gebraucht hat, um dort anzukommen.
Jetzt stelle ich einfach einmal die Frage – aus meiner Sicht gibt es sowieso keine Gerechtigkeit, denn „gerecht“ definiert jeder anders –: Ist das denn gerecht? Ist es gerecht, dem Berufseinsteiger brutto das Gleiche zu geben wie jemandem, der schon zehn oder 25 Jahre im Schuldienst gearbeitet hat? Ist das gerecht? Das zeigt doch das Dilemma.
Natürlich sind mit der Verbeamtung noch weitere Annehmlichkeiten verbunden; das weiß auch jeder. Sie werfen uns immer vor, dass die CDU in Sachsen immer einen sächsischen Sonderweg gehen wolle;
das haben Sie uns in vielen Bereichen vorgeworfen. Ich bin froh, dass wir an dieser Stelle einmal nicht mehr den sächsischen Sonderweg gehen, sondern das tun, was 14 Länder in dieser Bundesrepublik Deutschland machen. Der sächsische Sonderweg, der gleichsam der Berliner Sonderweg wäre, zeigt, dass er nicht zum Erfolg führt. Das liegt doch auf dem Tisch.
Ist Ihnen bekannt, Herr Schreiber, dass wir einen Nettolohnausgleich nicht nur für die neu eingestellten Lehrkräfte haben wollen, sondern auch für die, die sich bereits im Schulsystem befinden?
– Höhergruppierung für Lehrerinnen und Lehrer mit 20 % das ja überhaupt nicht ausgleichen, gar nicht!
Frau Falken, was Sie an dieser Stelle tun – ich gestehe das Ihnen als Opposition ja zu –, ist doch reiner Populismus. Sie wissen ganz genau, dass Ihr Nettolohnausgleich, auf den Sie hier pochen – –
Natürlich ist es das. Jede Veränderung, die im Tarifsystem von uns vorgenommen werden würde – – Es gibt nun einmal Tariftabellen, die in Tarifverhandlungen ausgehandelt werden. Da geht es erst einmal um Bruttobeträge, nicht um netto. Der Bruttolohn eines Gymnasiallehrers nach zehn Jahren im Freistaat Sachsen beträgt ab 1. Oktober 5 300 Euro, wenn er voll arbeitet. Nach 16 Jahren hat er 5 400 Euro brutto. Was dabei netto herauskommt, ist eine sehr individuelle Geschichte – je nachdem, ob man verheiratet ist, Kinder hat usw.
Das heißt, eine Nettoungleichheit ist ja schon dadurch gegeben, ob jemand in der Lohnsteuerklasse 1 steckt, weil er nicht verheiratet ist und keine Kinder hat, oder ob er sich in Lohnsteuerklasse 3 oder 4 oder sonst wo befindet.
Was Sie wollen, bedeutet doch, dass wir – entgegen tariflichen Vereinbarungen – den Bruttolohn so hoch schrauben, dass Ihre vermeintliche Nettolücke irgendwie geschlossen wird.
Was heißt das in der konkreten Umsetzung? Um das zu tun, müssten Sie natürlich vor die Tarifgemeinschaft der Länder treten und sich eine Ausnahmegenehmigung dafür holen. Jetzt stelle ich einmal – wie ich das hier im Plenum schon mehrfach getan habe – die Frage, wie Sie diese „Gerechtigkeit“, die dann möglicherweise eine Gerechtigkeit für Lehrer ist, allen anderen Angestellten erklären
wollen – sei es in den Kommunen im Freistaat Sachsen, in den Ministerien, an den Gerichten oder sonst wo. Also hören Sie doch einmal mit diesem billigen Populismus auf.
Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich, und dazu stehe ich: Wenn es um die Bedeutung für diese Gesellschaft geht, um das positive Zutun zu dieser Gesellschaft, dann gibt es aus meiner Sicht noch mehr Berufsgruppen als die des Lehrers, die zum Zusammenhalt und für die Funktionalität dieser Gesellschaft wichtig und immanent sind.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Mein Lebenspartner hat zwei Friseurläden und trägt Verantwortung für 15 Angestellte.
Nein, er will nicht verbeamtet werden, Sabine. Ganz im Gegenteil, er ist stolz darauf, dass er mit seiner Hände Arbeit etwas schafft. Er bekommt aber die Krise, wenn er hört, worüber wir hier sprechen, über welche Bruttoeinkommen wir reden. Er bekommt die Krise, weil nämlich irgendjemand in diesem Land – und ich gönne jedem Lehrer sein Einkommen; das ist gar nicht die Frage – diese Einkommen erwirtschaften muss. Das wird in der gesamten Diskussion oft vergessen. Da bitte ich ein Stück weit um Verständnis.
(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD und der AfD – Beifall des Abg. Uwe Wurlitzer, fraktionslos)
Herr Schreiber, geben Sie mir recht, dass finanziell schon ein Unterschied besteht zwischen dem Nettogehalt eines Beamten im Lehrerbereich
Und geben Sie mir recht, dass wir diese Lücke irgendwie schließen müssen? Aber doch nicht mit den Maßnahmen, die Sie sich jetzt einfallen lassen haben. Damit schließen Sie doch keine Lücke. Natürlich muss ich die TdL fragen, ob ich da etwas tun kann.
Nein, ich will das nicht diskutieren. – Geben Sie mir recht, dass es nicht sehr sinnvoll ist, den einen Beruf mit dem anderen Beruf zu vergleichen?
Ist es nicht sehr viel sinnvoller, innerhalb des Berufs zu vergleichen? Mit Ihrer Option würde das ja heißen – geben Sie mir recht? –, dass wir alle Beschäftigten im Freistaat Sachsen komplett gleich bezahlen sollten. Ich weiß nicht, ob das im Sinne des Erfinders ist.
Frau Falken, das ist aber die Konsequenz daraus, wenn Sie an dieser Stelle eine Ausnahmegenehmigung im Rahmen der TdL erwirken wollen.