Protocol of the Session on February 1, 2018

Die Zuständigkeit für die Verhütung liegt immer noch meistens bei der Frau. Die Frauen nehmen die Pille und sind dann einer Hormonbelastung ausgesetzt. Die Kosten für Verhütungsmittel müssen getragen werden.

(Zuruf der Abg. Daniela Kuge, CDU)

Man muss auch über die soziale Dimension von Familienplanung reden. Es gibt eine Studie der Evangelischen Hochschule Freiburg im Auftrag der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung, die Zahlen und Daten zu ungewollten Schwangerschaften zusammengetragen hat. Sie hat qualitative Befragungen von 20- bis 44-jährigen Frauen gemacht. Es kam heraus, dass Frauen, die staatliche Unterstützung erhalten, häufiger mit Kondomen verhüten als mit Spirale und Pille, weil das zu teuer ist. Das Kondom ist deutlich günstiger. 22 % dieser Frauen

haben angegeben, mindestens einmal aus Kostengründen auf Verhütungsmittel verzichtet zu haben; bei einer guten bis sehr guten finanziellen Situation sind es lediglich 4 %.

Zugleich ist einer der häufigsten Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch eine berufliche oder finanzielle Unsicherheit. Es ist doch ganz klar, was zu tun ist: Man muss die Rahmenbedingungen verbessern. Die Kostenfreiheit für Verhütungsmittel haben wir schon oft gefordert. Die Sexualaufklärung muss verstärkt werden, mehr Unterstützung für alle Familien, insbesondere für Alleinerziehende – das muss man dazusagen, wenn es hier gleich mit Scheidung zusammengeworfen wird –, ein Ausbau der Beratungsstrukturen und natürlich auch ein Ende der Kriminalisierung. Denn auch bei umfassender Verhütung ist kein hundertprozentiger Schutz vor Schwangerschaften möglich.

(Stephan Hösl, CDU, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

– Nein, ich möchte jetzt zu Ende reden.

Wer über Lebensschutz spricht – das habe ich hier schon einmal gesagt –, muss auch über den Lebensschutz von Frauen reden. Schätzungsweise sterben jährlich 47 000 Frauen an den Folgen illegaler, unsachgemässer Abtreibungen. Es ist verlogen zu behaupten, dass sich mit einem Komplettverbot von Schwangerschaftsabbrüchen das Problem erledigt hätte.

Ich möchte ein aktuelles Beispiel nennen, nämlich Irland. Das Land gilt gemeinhin als konservativ, ist stark katholisch geprägt und hat bisher eines der strengsten Regelungen zu Schwangerschaftsabbrüchen in der EU. Bis 2013 war es sogar verboten, die Schwangerschaft abzubrechen, wenn das Leben der Frau in Gefahr war. Bis heute ist es selbst nach Vergewaltigungen und bei Gesundheitsgefährdungen nicht möglich – bei illegalen Abtreibungen drohen bis zu 14 Jahre Gefängnis.

In dieser Woche hat der irische Ministerpräsident ein Referendum über die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen angekündigt. Ich zitiere: „Wir wissen, dass jedes Jahr Tausende irische Frauen – aus jedem Bezirk des Landes – für Abtreibungen ins Ausland gehen. Wir wissen, dass viele Frauen Abtreibungspillen per Post erhalten, um ihre Schwangerschaft zu beenden.“

Jetzt habe ich meinen Zettel verloren.

(Zuruf von der CDU: Super!)

Er sagt, es gibt Abtreibungen in Irland; aber sie ist nicht sicher, nicht geregelt und illegal.

(Ines Springer, CDU: Freie Rede, nicht!)

Das war ein Zitat. Das darf ich wohl vortragen, auch wenn es Ihnen nicht gefällt; das glaube ich durchaus.

(Zuruf von der AfD: Was soll denn der Unsinn?)

Die Abschaffung des § 219 a ist ein wichtiges und längst überfälliges Zeichen. Den Diffamierungen und Hetzkampagnen muss Einhalt geboten werden. Das werden wir auch wieder tun, und zwar mit der Unterstützung des Bündnisses Pro Choice und der Gegendemo zum sogenannten Schweigemarsch am 16. Juni 2018 in AnnabergBuchholz. Auch das fällt unter die Meinungsfreiheit und das werden wir selbstverständlich tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Gibt es weiteren Redebedarf seitens der Fraktionen, die noch Redezeit haben? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich jetzt die Staatsregierung um ihre Ausführungen. – Herr Minister Gemkow, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Diese Aktuelle Debatte begleitet eine momentan medienwirksam geführte Diskussion und politische Debatte über die Abschaffung des § 219 a Strafgesetzbuch, der die Werbung für den Schwangerschaftsabbruch verbietet. Auslöser – es wurde hier bereits angesprochen – war die Verurteilung einer Ärztin zu einer Geldstrafe von 6 000 Euro, nachdem sie auf ihrer Homepage über Schwangerschaftsabbrüche informierte. Sofort danach wurden die ersten Stimmen laut, die die vollständige und ersatzlose Streichung dieser Strafvorschrift forderten.

Die Argumente, die dabei ins Feld geführt wurden, waren zum Beispiel, dass die Vorschrift nicht mehr zeitgemäß und die praktische Bedeutung gering sei. Außerdem würde das Recht auf Informationsfreiheit von Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen wollen, eklatant verletzt. Anderseits dürften Ärztinnen und Ärzte nicht dafür kriminalisiert und sanktioniert werden, dass sie ihrer Aufklärungspflicht gegenüber Patientinnen nachkämen.

Aber was, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eigentlich der Grund für diese Eile? Ist es denn tatsächlich so, dass der eingangs erwähnte Einzelfall die schnellstmögliche und vollständige Abschaffung des § 219 a nach sich ziehen sollte? Ist es ferner tatsächlich so, dass hier eine veraltete Norm einfach nur einmal an die Oberfläche gespült werden musste, damit wir erkennen, dass sie nicht mehr in die Zeit passt?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube das nicht; denn wenn man die Systematik und die Vorschriften der §§ 218 ff. genau anschaut, dann wird mir jedenfalls schnell deutlich: Hier geht es nicht nur um eine bloße Rechtsbereinigung oder die Abschaffung einer nicht mehr

zeitgemäßen Norm aus einer lange zurückliegenden Zeit, sondern es geht im Kern um nichts Geringeres als das menschliche Leben.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Mein Standpunkt ist – das ist vielleicht ein höchstpersönlicher Standpunkt –, dass es sich bei Abtreibungen eben nicht um eine Dienstleistung eines Arztes wie jede andere handelt. Deswegen ist auch die Strafbewehrung bei Werbung für Abtreibungen in meinen Augen kein überholter und unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Ärzte, sondern ein aus ethischen Gründen gebotenes Korrektiv.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Das Ziel, die Banalisierung der Abtreibung zu einer normalen medizinischen Dienstleistung und die Kommerzialisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in der Öffentlichkeit zu verhindern, ist in meinen Augen unverändert erstrebenswert. Ich möchte nicht, dass der Schwangerschaftsabbruch als eine von vielen Dienstleistungen angepriesen wird. Ich glaube, das wird dem Stellenwert des menschlichen Lebens nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Natürlich muss und soll es Schwangeren unbedingt möglich sein, sich über Angebote zum Schwangerschaftsabbruch zu informieren. Aber das verbietet der § 219 a auch gar nicht; denn die sachliche Information über straffreie Schwangerschaftsabbrüche durch Behörden, Beratungsstellen und viele andere Einrichtungen, denen es zweifelsfrei nicht um Gewinnerzielung geht, wird vom Tatbestand des § 219 a nicht erfasst.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die Regelungen sind letzten Endes – auch das wurde schon gesagt – ein Kompromiss aus den Neunzigerjahren. Ich glaube, wir sollten diese auch im Sinne der betroffenen Frauen, des Schutzes des ungeborenen Lebens und der beteiligten Ärzte vernünftige Linie nicht ohne Not verlassen. Ich glaube jedenfalls: Eine Abschaffung des Paragrafen würde dem Wert des menschlichen Lebens nicht gerecht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Meine Damen und Herren! Damit ist die zweite Aktuelle Debatte abgeschlossen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 2

Befragung der Staatsminister

Für die Staatsregierung berichtet zunächst der Staatsminister der Justiz, Herr Gemkow, zum Thema „Starker Rechtsstaat und starke Justiz – Kampf gegen Drogenkriminalität und Drogenmissbrauch“. Hierfür stehen laut Geschäftsordnung bis zu 10 Minuten Redezeit zur Verfügung. Anschließend haben die Fraktionen über eine Dauer von insgesamt 35 Minuten die Möglichkeit, dem Staatsminister Fragen zu seinem Bericht zu stellen.

Ein weiterer Themenkomplex wurde von der AfDFraktion beantragt: „Asylklagen massiv gestiegen – Gerichte vor dem Kollaps.“

Ich erteile jetzt Herrn Staatsminister Gemkow für seine Einführung das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es besteht kein Zweifel, im Kampf gegen Kriminalität muss der Rechtsstaat Stärke zeigen. Das gilt im besonderen Maße für den Kampf gegen Drogenkriminalität und Drogenmissbrauch.

Drogenkonsum und Drogenabhängigkeit stellen ein seit Jahren wachsendes Problem für die gesamte Gesellschaft dar. Nicht nur die direkt Betroffenen haben darunter erheblich zu leiden, sondern letztendlich ruinieren Drogenkonsumenten ihre Gesundheit. Sie isolieren sich häufig von ihren Angehörigen und ihrem bisherigen Freundeskreis, sie verlieren ihre Zukunftschancen und wenden sich einem äußerst problematischen sozialen Umfeld zu. Nach einiger Zeit des Konsums von Drogen sind die Betroffenen oft nicht einmal mehr in der Lage, Grundanforderungen des Alltags zu bewältigen, und sie starten oft dramatische kriminelle Karrieren mit allen damit verbundenen Folgen.

Aber der wachsende Konsum von illegalen Drogen hat auch für alle anderen Bürger erhebliche Folgen. Die Menschen sehen mit Sorge, dass Bahnhöfe, Parkanlagen oder andere Einrichtungen und Plätze als Orte des Drogenhandels oder des Drogenkonsums missbraucht werden. Die mit regelmäßigem Konsum von illegalen Drogen häufig verbundene Beschaffungskriminalität oder die dramatischen persönlichen und gesundheitlichen Folgen führen zu Leid bei Familienangehörigen, bei Freunden und bei anderen Mitmenschen, die selbst nicht das Geringste mit Drogenkonsum zu tun haben.

Der Schwerpunkt der Aufmerksamkeit liegt derzeit wie schon seit einigen Jahren auf dem Stoff, der immer noch eine hohe Anziehungskraft hat. Das ist Methamphetamin, umgangssprachlich auch Crystal Meth oder Crystal genannt. So sind zwar nach der polizeilichen Kriminalstatistik die Rauschgiftdelikte mit Methamphetamin in kristalliner Form, also Crystal, von 4 225 im Jahr 2015 auf 3 706 im Jahr 2016 gesunken; die Zahlen befinden sich aber weiterhin auf einem viel zu hohen Niveau.

Noch immer sind wir hier in Sachsen durch unsere Grenzlage zur Tschechischen Republik und zur Republik Polen von der Crystal-Problematik überproportional betroffen. Was aber als lokales Phänomen im hiesigen Grenzraum begann, hat sich mittlerweile auf das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet; es stellt mittlerweile ein auch länderübergreifendes Problem dar. Dem vielschichtigen Problem des Drogenmissbrauchs müssen wir uns deshalb grenzüberschreitend mit Entschlossenheit und der ganzen Stärke des Rechtsstaats entgegenstellen.

Deshalb bin ich froh und danke meinen Kollegen aus der Staatskanzlei und dem Finanzministerium, die jetzt zwar nicht da sind, denen ich dies aber später noch ausrichten werde, dass wir bereits im aktuell laufenden Doppelhaushalt aus dem Demografiepool neben zehn Stellen für die Verwaltungsgerichte, die ebenfalls sehr wichtig sind, weitere zehn Stellen für die sächsischen Staatsanwaltschaften bekommen haben. Das ist gestern in der Regierungserklärung etwas zu kurz gekommen, aber dies hier ist noch einmal eine Gelegenheit, das deutlich zu sagen. Diese 20 zusätzlichen Stellen im höheren Dienst für den Justizbereich werden uns sehr helfen.

(Beifall bei der CDU)

Die sächsische Justiz, meine sehr geehrten Damen und Herren, stellt sich dem Kampf gegen Drogenkriminalität und Drogenmissbrauch auf verschiedenen Feldern. Ich möchte zunächst zur Problematik Chlorephedrin kommen; wir haben schon oft darüber gesprochen. Ich halte dies trotzdem noch einmal für eine Gelegenheit, ein paar Worte dazu zu sagen. Bei Chlorephedrin handelt es sich um einen sogenannten Grundstoff, also eine Substanz, die zwar selbst kein Rauschgift ist, sich aber für dessen Herstellung missbrauchen lässt. Anfang November 2014 beschlagnahmten Rauschgiftfahnder des BKA bei