Protocol of the Session on February 1, 2018

Alle Seiteneinsteiger werden jetzt so eingestellt und fortgebildet, dass sie rechtzeitig zu Schuljahresbeginn mit absolvierter Ausbildung vor den Klassen stehen. Das ist ganz viel wert.

Es sind zwei weitere Probleme angesprochen worden, auf die ich kurz eingehen will und bei denen wir noch an Lösungen grübeln und diese auch finden müssen. Das eine ist: Wie schaffen wir es, dass die grundständigen Lehrkräfte in unseren Schulen genug Zeit haben, um die Seiteneinsteiger zu begleiten? Was heißt das ganz praktisch? Als Seiteneinsteiger mache ich Unterricht. Natürlich muss eine ausgebildete Lehrkraft mal in diesem Unterricht sitzen und hospitieren. Damit ist schon mal eine Unterrichtsstunde weg für die ausgebildete Lehrkraft. Mit der einen Stunde ist es aber eigentlich nicht getan,

denn nur Hineinsetzen und Zuschauen genügt nicht. Man muss das hinterher auswerten.

Natürlich muss ich mich als grundständig ausgebildete Lehrkraft mit meinem Seiteneinsteiger zusammensetzen und die Stunde auswerten. Dann geht man die Stunde durch und schaut, was funktioniert hat, wo es zum Beispiel mit der Aufmerksamkeit nicht geklappt hat, wo der Stoffblock gut genug war oder wo es einer Pause mehr bedurft hätte bzw. welcher Schüler vielleicht übersehen worden ist, weil er gerade nicht mitgekommen ist.

Für eine solche Auswertung, für eine solche Reflexion ist momentan viel zu wenig Zeit. Wir müssen es schaffen, dass die Begleitung der Seiteneinsteiger für beide Seiten – sowohl für die Mentoren als auch für die Seiteneinsteiger – besser gelingen kann.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich will noch einen dritten Punkt ansprechen, der auch schon angesprochen worden ist, und dazu ein wenig ausführen. Wir haben Seiteneinsteiger, die bereits mit einem absolvierten Hochschulstudium kommen, ihre Einstiegsfortbildung absolviert haben, jetzt an der Schule anfangen und sich mit ihrem Arbeitsvertrag verpflichtet haben, die wissenschaftliche Qualifizierung zur Lehrkraft, hin zu dem, was dann auch eingruppierungsrelevant ist, innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu absolvieren. Wir müssen es zum einen organisatorisch hinbekommen, dass sie die Chance auch wirklich haben, und müssen aber auch die Studienbedingungen entsprechend gestalten.

Ganz praktisch sieht es eben so aus, dass man mit einem Teilzeitvertrag und demzufolge einem eingeschränkten Gehalt an der Schule tätig ist und dann zwei Tage die Woche studieren geht, ohne dass man dafür – bis auf die vier Anrechnungsstunden – ein Einkommen hat. Das ist besonders für junge Menschen mit Kindern etwas, das sie an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit bringt, und wir müssen schauen, wie wir das verbessern können.

Ich möchte nur einmal kurz aufzeigen, wie kompliziert die Dinge sind. Natürlich muss man überlegen, wenn ich dem Seiteneinsteiger einen Teil seiner wissenschaftlichen Qualifizierung, für den ich ihn verpflichtet habe, bezahle, ob das gegenüber den Studierenden, die ein unbezahltes Studium absolvieren, gerechtfertigt ist. Dabei ist der erste Impuls, erst einmal zu sagen: Nein, das geht ja nicht, dann will ja niemand mehr normal studieren, sondern bewirbt sich sofort als Seiteneinsteiger.

Auf den zweiten Blick muss man aber sagen: Auch die Seiteneinsteiger haben bereits ein Studium absolviert. Also würde es sich dann nur um ein teilfinanziertes Zweitstudium handeln. Ist das schlimm? Ist das nicht schlimm? Bis zu welchem Grad ist es verträglich? Es ist, glaube ich, gar nicht so sehr die Frage der Bezahlung, die dazu führt, dass die Qualifizierungsphase derzeit nicht entlohnt wird, sondern es ist ein gewisses Herantasten an eine Regelung, die verträglich und gerecht ist, und zwar nicht nur gegenüber denjenigen, die die Qualifizierung

machen, sondern auch gegenüber allen anderen. Diesen Weg zu finden, haben wir tatsächlich noch vor uns.

Auch hierzu gibt es einen Auftrag im gemeinsamen Änderungsantrag. Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, ihn zu stellen, und finde es toll, dass wir damit den GRÜNEN-Antrag in geänderter Form beschließen können. Ich würde mich über eine möglichst breite Zustimmung freuen, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Seiteneinsteigerinnen und Seigeneinsteiger, aber auch die Lehrkräfte an den Schulen dies ein wenig als Rückenwind mitnehmen können, dass sich diese Runde hier mit ihren Problemen beschäftigt und man Schritt für Schritt dazu kommt, diese Probleme zu lösen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Für die AfD-Fraktion Herr Abg. Dr. Weigand. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen, denn die Zukunft unserer Kinder sollte uns am Herzen liegen.

Ich möchte Ihnen aber eine Frage stellen:. Wenn Sie sicher durch die Lüfte fliegen wollen, wer soll denn dann der Pilot sein? Jemand, der ganz schnell einen Crashkurs zum Flugkapitän gemacht hat? Oder wollen Sie nicht lieber jemanden am Knüppel sitzen haben, der jahrelang fleißig geübt hat und umfassend geprüft wurde?

Ich habe so ein wenig das Gefühl, dass wir uns hier auf die Seiteneinsteiger im Cockpit festlegen und damit die Bildung im Sinkflug hinbekommen. Natürlich brauchen wir in der aktuellen Situation Seiteneinsteiger, weil wir einen Lehrermangel haben. Die Frage ist nur: Führt diese Debatte dazu, dass wir einen Lösungsweg finden, oder – und das befürchte ich zum Teil – wird sie dazu führen, dass wir den Seitensteiger beginnen zu etablieren und damit die Schulen weiterhin destabilisieren?

Ich befürchte weiterhin, dass zukünftig sächsische Spitzenergebnisse bei PISA nur noch in den Annalen zu finden sind. Natürlich sind die Seiteneinsteiger im aktuellen Fall notwendig, und wir danken ihnen recht herzlich für ihren Einsatz. Aber dass es dazu gekommen ist, für diesen Sachverhalt muss sich die Regierung selbst an die Nase fassen.

Meine Damen und Herren! Sie haben davon gesprochen, was wir für die Seitensteiger verbessern können. Frau Falken, Sie werden mir sicherlich recht geben, denn auch ich war bei dem Treffen an der TU Dresden dabei: Dort haben die Professoren ein anderes Bild dargestellt, indem sie sagten, dass die Lehramtsstudenten des oberen Semesters demotiviert seien. Diese fragten sich nämlich, warum sie denn zu Ende studieren sollten, wenn jemand, der kein Studium hat, in denselben Beruf einsteigen könne.

(Lothar Bienst, CDU: Jeder hat einen Hochschulabschluss? – Weitere Zurufe von der CDU)

Ja, er hat einen Hochschulabschluss, aber er hat natürlich keine pädagogische Ausbildung, meine Damen und Herren.

(Zurufe von der CDU)

Und das demotiviert die Studentinnen und Studenten. Die Professoren haben davon berichtet. Fragen Sie einmal Ihre Kollegen, diese waren ja dabei.

(Zurufe von der CDU – Valentin Lippmann, GRÜNE: Das haben wir aber ganz anders verstanden als Sie! – Weitere Zurufe von der CDU und den GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Nicht aus der Ruhe bringen lassen, einfach weitermachen!)

Herr Weigand, bitte setzen Sie einfach in Ihrer Rede fort.

Ich habe mich auch mit mehreren Lehrerinnen und Lehrern unterhalten, die dieses Chaos sehen. Sie fühlen sich in ihrer Berufsehre auch ein bisschen verletzt, und das sollten wir beachten.

Ich finde es gut, dass Daten erhoben werden, um einen Weg aus dem Tal zu finden. Da auch die Befürchtung besteht, dass wir das zementieren – das wollen wir als AfD-Fraktion nicht –, werden wir uns bei der Abstimmung über den Antrag der Stimme enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Nun die fraktionslose Abg. Frau Dr. Muster. Bitte sehr, Frau Dr. Muster.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dem ursprünglichen Antrag der GRÜNEN können die Abgeordneten der blauen Partei nicht vollumfänglich zustimmen. Ich werde aber der Einfachheit halber jetzt über beide Anträge reden: über den Antrag der GRÜNEN und den Änderungsantrag der Koalition.

Der erste Teil des GRÜNEN-Antrags enthält eine bloße Feststellung. Dem können wir zustimmen. Die Einsetzung einer interministeriellen Arbeitsgruppe lehnen wir allerdings ab. Wir befinden uns in guter Gesellschaft; der Änderungsantrag möchte auch seine Streichung.

Als Erstes möchte ich nicht versäumen, an dieser Stelle den Seiteneinsteigern außerordentlich zu danken für ihr Engagement und auch für ihre Kraft, sich dieser Doppelbelastung auszusetzen. Ich achte das außerordentlich. Jedoch kann die Absicherung des Unterrichts durch Seiteneinsteiger nur eine vorübergehende Lösung und kein dauerhafter Zustand sein. Daher muss das Problem

des Lehrkräftemangels grundlegend angegangen werden, Herr Kultusminister.

Zweitens. Jetzt komme ich zum zweiten Teil des Antrags. Er fordert einen Bericht, Berichte sind immer gut. Die Fragen der GRÜNEN sind gut, die Fragen der Koalition und ihre Verbesserung sind noch stärker, verdeutlichen und ergänzen noch besser. Beide Berichtsteile sind zustimmungsfähig.

Jetzt zum dritten Antragsteil, der Nummer II 2 im Antrag der GRÜNEN. Diesen können wir leider nicht unterstützen. Ich nenne nur einen Punkt: Wir möchten keine zusätzliche Koordinierungsstelle für Seiteneinsteiger. Wahrscheinlich ist es ein weiteres Bürokratiemonster und frisst weitere Lehrer als Mitarbeiter, die wir dringend in den Schulen vor den Klassen brauchen. Das ist meine Sorge.

Für sinnvoll und wichtig halten wir jedoch die vielen Ergänzungen im Änderungsantrag von CDU und SPD, insbesondere die Aufforderung, bis zum 31. Oktober 2018 eine Seiteneinsteigerbedarfsprognose bis zum Jahr 2025 vorzulegen. Dies ist eine gute Grundlage für Vereinbarungen mit den Hochschulen. Es ist auch wichtig, dass die Einstiegsfortbildung der Seiteneinsteiger so zeitnah wie möglich beginnt, sodass sie zum Schuljahresbeginn oder zum Halbjahr als Lehrer zur Verfügung stehen.

Dem Änderungsantrag der Koalition stimmen wir zu, dem Antrag der GRÜNEN in einigen Punkten. Noch ein Punkt, liebe Koalition: Das Zeitmanagement der Koalition ist stark verbesserungsfähig.

Vielen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Wortmeldungen für eine weitere Runde? – Von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht. Die CDU-Fraktion? – Auch nicht. Gibt es überhaupt Wortmeldungen aus den Reihen der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Nun frage ich die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Piwarz, bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Angesichts des für die kommenden Jahre prognostizierten Personalbedarfs im Lehrerbereich und der zu erwartenden Absolventenzahlen in der grundständigen Lehrerausbildung wird relativ deutlich, dass wir Seiteneinsteiger brauchen und dass wir sie weiterhin in den sächsischen Schuldienst einstellen werden.

Ich bin den GRÜNEN sehr dankbar, dass wir dieses Thema heute hier im Hohen Haus miteinander beraten, da es eine Wertschätzung gegenüber denjenigen darstellt, die diesen für sie neuen Beruf, den Lehrerberuf, ergreifen wollen. Ich hoffe, dass es uns gelingt, möglichst viele von denjenigen, die jetzt als Seiteneinsteiger bei uns im sächsischen Schuldienst sind, auch tatsächlich zu voll

ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern zu machen. Herzlichen Dank, dass wir darüber diskutieren können!

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Ich will meiner Rede neben der Würdigung der Seiteneinsteiger ebenso voranstellen: Es muss klar sein und es ist auch Leitlinie unseres Handelns in der Koalition und in der Regierung, dass wir mittel- und langfristig zum Ziel haben, wieder ausschließlich grundständig ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer im Freistaat Sachsen einstellen zu wollen. Das muss klares Ziel sein.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wie wir den Weg dahin finden, darüber befinden wir uns gerade in engen Abstimmungen und Verhandlungen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir dafür miteinander einen Weg vereinbaren werden, der dieses Ziel erreichbar werden lässt.

Zurück zu den Seiteneinsteigern. Das Sächsische Staatsministerium für Kultus hat nicht zuletzt mit der Umsetzung des Maßnahmenpaketes der Staatsregierung „Zukunftsfähige Schule für Sachsen“ bisher Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Seiteneinsteiger auf ihre Lehrtätigkeit vorbereitet und berufsbegleitend weiterqualifiziert werden. Die dreimonatige Einstiegsfortbildung ist nunmehr etabliert und findet in der Zwischenzeit Anerkennung. Den Seiteneinsteigern ist darüber hinaus bewusst, dass sie sich grundsätzlich in Abhängigkeit von ihrer individuellen Vorqualifikation berufsbegleitend qualifizieren müssen.

Ich will Frau Kollegin Falken durchaus recht geben, dass wir in der Frage, wie wir mit Seiteneinsteigern umgehen, noch Verbesserungsbedarf haben, dass wir sie dort abholen müssen, wo sie sich tatsächlich mit ihrer Qualifikation befinden, und dass wir ihnen frühzeitig, wenn sie den Wunsch und den Willen äußern, bei uns im Schuldienst tätig zu werden, Wege und Möglichkeiten aufzeigen müssen, wie sie möglichst schnell zu einer vollwertigen Lehrerin bzw. einem vollwertigen Lehrer werden. Sie können sich sicher sein, dass auch ich mich diesem Anspruch verpflichtet fühle, gemeinsam mit der Schulverwaltung ein besseres Anspracheverhalten an den Tag zu legen.