Es beginnen die einreichenden Fraktionen CDU und SPD, danach folgen DIE LINKE, AfD, GRÜNE, ein fraktionsloser Abgeordneter und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich bitte die CDU-Fraktion, das Wort zu nehmen. Herr Löffler, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 18. Januar dieses Jahres zog der Sturm „Friederike“ über Irland, Großbritannien, Niederlande, Belgien nach Deutschland und von Deutschland nach Polen. In seiner Form als Sturm war er einer der schwersten in den vergangenen zehn Jahren. Bundesweit haben wir acht Menschenopfer zu beklagen. Es gab
zahlreiche Verletzte, und nicht nur in Sachsen, sondern auch in Teilen von Nord- und Mitteldeutschland haben wir große Verluste durch den Sturm erfahren. Deutschlandweit sind über 500 Millionen Euro Schäden zu verbuchen. An der Stelle gilt es allen ehrenamtlichen Helfern, allen hauptamtlichen Einsatzkräften der Feuerwehr, der Polizei, der Rettungsdienste, des THW, der Hilfsorganisationen, aber auch der Katschutzeinheiten Danke zu sagen; Danke für ihre Einsatzbereitschaft, Danke dafür, dass sie da sind, wenn sich kein anderer das zutraut.
Es gehört aber auch dazu, ein aufrichtiges Beileid an die Familien der beiden Kameraden zu schicken, welche aus dem Einsatz nicht wieder zurückgekommen sind – so geschehen in Bad Salzungen und in Sundern.
Meine Damen und Herren, das ist das Schlimmste, was einer Einsatzkraft passieren kann, und es zeigt sich hier, was die Kameraden und Kameradinnen für uns, für uns alle mit ihrem Tun aufs Spiel setzen: ihre Gesundheit und ihr Leben.
Die Einsatzlage gerade im Bereich der Feuerwehr in der Nacht des Sturms und am Tag danach schlägt mit 6 899 Einsatzlagen allein in Sachsen zu Buche: vom umgestürzten Baum, Unfällen, Versorgung bei Stromausfällen über Sicherung von Straßen, Beseitigung von Gefahrenstellen bei Bahnstrecken bis zu unserer kritischen Infrastruktur. Die Kameradinnen und Kameraden der freiwilligen Feuerwehren – in Summe von 1 372 Feuerwehren im Freistaat Sachsen – und des THW sind bei der Beseitigung dieser Schadenslagen oftmals an das physische, aber auch an das psychische Limit ihres Tuns gegangen.
Dennoch darf man dabei nicht verkennen, dass das Abarbeiten solcher komplexen Einsatzlagen in einem Land mit Sicherheit nicht möglich wäre ohne das professionelle Tun in unseren Rettungsleitstellen, in denen in solchen Szenarien die Einsatzfälle ungefähr um zwei Drittel ansteigen, aber auch in den Organisationen. – Man darf sich nicht an die Ränge wenden, aber es ist trotzdem schön, dass die Kreisbrandmeister anwesend sind, denn in den Landkreisen halten sie die Fahnen hoch, um das Organisatorische eines solchen Aufkommens abarbeiten zu können.
Meine Damen und Herren, ich bin dankbar, dass der Ministerpräsident in seinem 100-Tage-Programm auch einen ganz wesentlichen Aspekt und Augenmerk auf das Thema Brandschutz gelegt hat; denn wir wissen, solche Ereignisse gab es und wird es auch wieder geben. Den absoluten Schutz vor Naturereignissen kann man sich nie erkaufen und man kann sich nicht davor wappnen. Denke
ich allein an meine eigene Heimatgemeinde – wir hatten im August vergangenen Jahres einen Mini-Tornado: Innerhalb von 20 Minuten waren 200 Bäume in einer kleinen Gemeinde mit 4 000 Einwohnern weg; das arbeitet man nicht zwischen Mittag und Kaffee ab.
Unsere Feuerwehren mit ihrer kommunalen Pflichtaufgabe, die sie als Einsatzgruppe unserer Bürgermeister sind, müssen dafür gut ausgestattet sein. Sie brauchen nötige Ressourcen, sie brauchen die Technik und sie brauchen die Unterstützung.
Sie brauchen die Unterstützung vor Ort durch ihre Bürgermeister, und sie brauchen aber auch die Unterstützung von uns als Land. Es ist uns geglückt – uns allen hier im Parlament –, über die vergangenen Jahre klare Zeichen im Brandschutz zu setzen. Umso wichtiger ist es jetzt, ein stärkes Zeichen zu haben, auch zukünftig gerade im Bereich des Brandschutzes wesentliche Akzente zu setzen. Neben diesen 21 Millionen Euro – der Förderung, welche in den letzten Jahren über das Finanzausgleichsgesetz verstetigt werden konnte – ist es mit Sicherheit ein gutes Signal, wenn wir in Zukunft die investiven Mittel für den Brandschutz in den kommenden fünf Jahren auf in Summe 200 Millionen Euro werden anheben können.
Hier kommt die Feuerwehrschule in Nardt ins Rennen – und das werde ich in der nächsten Runde vertiefen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auf den Tag genau elf Jahre nach dem Orkan „Kyrill“ fegte am 18. Januar das Orkantief „Friederike“ über Deutschland und sorgte auch in Sachsen für große Schäden. – Kollege Löffler hat es gerade sehr eindrucksvoll bilanziert; ich muss dem nichts hinzufügen. – Es zeigt die Gefahren, in denen sich ehrenamtliche Helfer, aber auch hauptamtliche Einsatzkräfte aller Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben befinden, und natürlich müssen die Angehörigen dieser Organisationen darauf vorbereitet sein. Das tangiert die Frage von Strukturen in den Organisationen. Es geht um Aus- und Fortbildung, um Zusammenarbeit zwischen den Organisationen, aber auch um konkrete Unterstützung für die Helfer und Einsatzkräfte.
Das gibt mir Gelegenheit, die Situation der unterschiedlichen Behörden und Organisationen zu beleuchten. Meine
Fraktion hat erst im August des vergangenen Jahres eine Blaulichtkonferenz veranstaltet, auf der wir zu ebendiesen Themen mit den Praktikern aus den Organisationen ins Gespräch gekommen sind und gemeinsam teilweise schon sehr konkrete Handlungsempfehlungen erarbeitet haben.
Es gab einen roten Faden, der sich durch die gesamte Veranstaltung zog: die Feststellung, dass den Angehörigen der Organisationen weit mehr Respekt gebührt, als ihnen gegenwärtig aus der Gesellschaft entgegengebracht wird. Die ganze Gesellschaft – und die Politik im besonderen Maße – ist gefragt, das zu ändern.
Die Lage der unterschiedlichen Behörden und Organisationen ist doch recht unterschiedlich beschrieben worden. So ist beispielsweise bei der Feuerwehr im Allgemeinen das Nachwuchsproblem sehr stark thematisiert worden. Auf der anderen Seite gab es im Bereich der Jugendfeuerwehren eine erfreuliche Trendwende. So konnten 2016 545 Kameradinnen und Kameraden mehr als noch 2015 gewonnen werden. Die Herausforderungen sind dann auch ähnlich, um zukünftig Nachwuchs zu sichern: Wir müssen Arbeit, Familie und das Ehrenamt durch die richtigen Maßnahmen und Rahmenbedingungen unter einen Hut bringen.
Die Frage der konkreten Rahmenbedingungen stellt sich sowohl für ehrenamtliche als auch hauptamtliche Kräfte in der Fläche. Richtig ist der Weg, den die Koalition bisher beschritten hat: Anreize in den Kommunen zu setzen, um stärker selbst für Nachwuchs zu werben. So ist die Kopfpauschale für Mitglieder in den Jugendfeuerwehren ein Erfolgsmodell, das fortentwickelt werden sollte. Es sind weitere Maßnahmen nötig und ich freue mich außerordentlich, dass in der Regierungserklärung am heutigen Vormittag diese Themen schon umrissen wurden.
Aber auch für die hauptamtlichen Kräfte tun wir bereits etwas. So ist im Landtag gegenwärtig bereits die Dienstrechtsnovelle in Diskussion. Teil dieser Dienstrechtsnovelle ist es, die Übernahme von Schmerzensgeldansprüchen für Beamte zu regeln. Das richtet sich zunächst einmal an die Polizeibeamtinnen und -beamten, hat aber auch Relevanz für hauptamtliche Feuerwehrleute.
Im Rettungsdienst finden wir eine andere Situation vor. In der derzeitigen Vergabepraxis erhält der Leistungserbringer mit dem wirtschaftlichsten Angebot den Zuschlag. Wenn dabei 80 bis 90 % der Kosten die Personalkosten ausmachen und dadurch Lohnunterschiede von bis zu 30 % entstehen, dann sorgt das natürlich für Unruhe bei den Beschäftigten.
Das haben wir alle in den letzten Monaten teilweise schmerzhaft zu spüren bekommen. Deshalb müssen wir die Situation verbessern. Ich bin sehr froh, gemeinsam mit meiner Kollegin Sabine Friedel, dass es jetzt die AG Rettungsdienst im gemeinsamen Landesbeirat für Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungsdienst gibt. Die Aufgabe der AG ist es, im Laufe dieses Jahres Empfehlungen zu erarbeiten. Unsere Aufgabe als Gesetzgeber wird es sein, diese Empfehlungen in das sächsische
Ein anderes Problem in diesem Bereich packen wir auch schon an. Ich bin wieder bei der Dienstrechtsnovelle. Es soll nämlich eine Rechtsgrundlage für eine Erschwerniszulage für Notfallsanitäter geschaffen werden.
Meine Damen und Herren! Es gibt eine weitere zentrale Botschaft aus der Blaulichtkonferenz der SPD-Landtagsfraktion, nämlich dass die Zusammenarbeit der Dienste wichtig ist. Komplexe Lagen können nicht von einer Behörde oder Organisation bewältigt werden. Wir brauchen die Fähigkeiten aller. Genau deshalb ist es das Ziel der Koalition, noch in dieser Legislatur eine Novelle zum BRKG auf den Weg zu bringen und darin eben nicht nur die wichtigen Feuerwehrthemen zu regeln, sondern auch die Rettungsdienstproblematik unter Beachtung der Empfehlungen der Arbeitsgruppe.
Nach dem Sturm ist vor dem nächsten Einsatz. Wir brauchen genügend und vor allem motivierte ehrenamtliche und hauptamtliche Einsatzkräfte – auch künftig. Lassen Sie uns bitte gemeinsam dafür sorgen, dass sie für ihre unschätzbare Arbeit ausreichend Respekt und Wertschätzung erfahren und gute Rahmenbedingungen vorfinden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst sicherlich nicht nur im Namen meiner Fraktion noch einmal der Dank an die Kameradinnen und Kameraden der freiwilligen und Berufsfeuerwehren, an die Katastrophenschützer, an die Rettungskräfte und an die Menschen, die sich in dieser Sturmnacht in Bereitschaft hielten, um im Zweifelsfall helfen zu können, und an die, die sozusagen nicht hinter ihrer Wohnungstür geblieben sind, sondern gesehen haben, wenn Nachbarn, Freunde oder Menschen im Ort Hilfe brauchten, und unkompliziert geholfen haben. Auch denen gilt, glaube ich, an dieser Stelle unser aller Dank – Menschen, die einfach gezeigt haben, dass die Hilfe in Notlagen ganz wichtig ist und sicherlich jedem zur Ehre gereicht.
Der Sturm – das ist hier schon gesagt worden – war nach „Kyrill“ der stärkste, den wir in Sachsen in den letzten Jahrzehnten hatten. Er war auch ein Gradmesser für das, was wir an Leistungsfähigkeit innerhalb des Katastrophenschutzes und innerhalb unserer Hilfsdienste haben.
Wir müssen zumindest klar und deutlich feststellen, es hat funktioniert. Ich will dies als deutlich positiv benennen. Wir haben ein Funktionieren gesehen. Wir haben dieses Funktionieren aber hart an der Grenze dessen gesehen,
was machbar war. Ein wenig mehr, ein wenig mehr Sturm, ein wenig mehr Katastrophe, und wir wären – so ehrlich müssen wir sein – an unsere Grenzen gestoßen oder hätten die Grenzen deutlich überschritten.
Das hat etwas mit den zur Verfügung stehenden Kräften bei den freiwilligen Feuerwehren, bei den Katastrophenschutzdiensten und Ähnlichen zu tun. Das hat etwas damit zu tun, dass wir seit Jahren einen Unterschied zwischen der Ist- und Sollstärke haben und dass wir dringend etwas unternehmen müssen – ich bin als Beispiel im Bereich der freiwilligen Feuerwehren –, um den Dienst in der freiwilligen Feuerwehr attraktiver zu gestalten, um Menschen dazu zu animieren, in die freiwilligen Feuerwehren zu gehen. Das kann eben nicht nur eine Auszeichnung für viele verdienstvolle Jahre im Ehrenamt der Feuerwehr sein. Wir müssen tatsächlich darüber nachdenken, wie wir das machen können.
Ich will in dieser Runde aber noch ein paar andere Punkte ansprechen, weil solch eine große Sturmlage natürlich Dinge mit sich bringt, anhand deren man schauen kann, wie es funktioniert hat. Wir müssen, glaube ich, prüfen, ob tatsächlich alle Systeme so annähernd funktionierten und NINA und BIWAPP das leisteten, was wir von ihnen erwartet haben. Sind die Systeme rechtzeitig scharf geschaltet worden? Hat die Koordinierung über die Landfunkstellen, nachdem die integrierten Leitstellen quasi das System scharf geschaltet haben, funktioniert? Ist jederzeit im richtigen Moment die richtige Aktion ausgelöst worden?
Ich möchte damit nicht sagen, dass wir darauf schauen sollten, wer etwas falsch gemacht hat, sondern darauf, was wir verbessern können, weil wir mit Sicherheit davon ausgehen können, dass die nächste Unwetterkatastrophe – ob es nun ein Hochwasser oder wieder ein Sturm ist – auf uns zukommen wird.
Wir werden uns dann wieder darauf verlassen müssen, dass die Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr, der Rettungsdienste und des Katastrophenschutzes nicht nur bereit sind – daran habe ich überhaupt keinen Zweifel –, sondern auch die bestmöglichen Einsatz- und Alarmierungsbedingungen haben.
So ein Sturm gibt natürlich auch die Chance, einfach einmal zu prüfen, ob all das, was wir in der Theorie aufgeschrieben oder in Übungen gemacht haben, auch tatsächlich funktioniert hat. Ich bitte darum, dass wir diesen Prozess schonungslos angehen und Fehler finden und analysieren.
Die nächsten Extremwetterereignisse werden, wie ich gesagt habe, schon kommen. Wenn dann die Leitstelle – das will ich hier an dieser Stelle in der ersten Runde sagen – der Polizei in der Polizeidirektion Görlitz in Spitzenzeiten nur noch 50 % der Notrufe bearbeiten kann, weil der Auflauf zu hoch ist, dann müssen wir uns fragen, ob wir etwas anders, etwas besser machen müssen, weil die mehr als 500 Anruferinnen und Anrufer, die über den Polizeinotruf nicht durchgekommen sind, in diesem Moment natürlich in erhebliche Verunsicherung gestürzt worden
sind. Eigentlich geht man davon aus, wenn man in unserem Land die 110 oder 112 wählt, dass dann auch Hilfe am anderen Ende der Leitung ist.