Ich muss Ihnen trotzdem die Frage stellen – ich habe sie vorhin schon einmal gestellt –: Haben Sie sich überhaupt mit Kommunalpolitikern unterhalten?
Wenn Sie das getan hätten, würden Sie zu ganz anderen Erkenntnissen kommen als zu denen, die Sie hier dargelegt haben, und Sie würden nicht so etwas von uns als Koalition verlangen. Das muss ich wirklich noch einmal deutlich sagen.
Ich möchte auf ein paar weitere Fragen eingehen, die klar und gut geregelt worden sind. Ich nenne als Beispiel die Einführung der Dreimonatsfrist bei der Privatisierung bzw. Veräußerung kommunaler Unternehmen. Dadurch verbessert sich die Rechtsschutzmöglichkeit der Bürger gegenüber Entscheidungen des Rates. Bürger mussten bisher zur Vermeidung der frühen Vollziehung einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmen, damit nicht vollendete Tatsachen geschaffen wurden, während noch die Sammlung von Unterschriften lief. Ab jetzt gilt eine Art Soft-Variante der Privatisierungsbremse.
Wir haben auch nicht-wirtschaftliche Unternehmen klar definiert, um Abgrenzungsprobleme in der Praxis zu vermeiden. Im Bereich der Beteiligungsunternehmen steht es dem Gemeinderat künftig frei, bei Beteiligungen unterhalb der zweiten Beteiligungsebene auf die ortschaftliche Rechnungsprüfung zu verzichten – um Doppelprüfungen zu vermeiden, Herr Wendt, nicht, um generell Prüfungen zu vermeiden.
d’Hondt ist bei der Sitzverteilung im Benennungsverfahren zu den Ausschüssen künftig nicht mehr zwingend anzuwenden.
Durch die nunmehr ausdrückliche Erwähnung der Senioren- und der Naturschutzbeiräte in der Gemeinde- und der Landkreisordnung wird klargestellt, dass der Gesetzgeber diese Beiräte für besonders wichtig hält.
Die Verordnungsermächtigung, die noch gar keiner erwähnt hat, zur Festlegung von Höchst- und Mindestbeiträgen für die Entschädigung kommunaler Räte wird ein wichtiger Beitrag zur Stärkung und Anerkennung des Ehrenamtes sein.
Noch einmal zurück zur Fraktionsfinanzierung: Es wird demnächst auch eine untergesetzliche Regelung geben, die die Fraktionsfinanzierung vor allem in den Kreistagen klarstellen wird.
Mit dem Änderungsantrag zum Gesetzentwurf wird aber auch einer im Landtag anhängigen Petition teilweise abgeholfen. So werden mitgliedschaftlich organisierte Wählergemeinschaften, die im Gemeinderat vertreten sind, von der Sammlung von Unterstützungsunterschriften in Vorbereitung von Wahlen befreit und politischen Parteien quasi gleichgestellt.
Insofern, meine Damen und Herren, bin ich – entgegen der Auffassung der Opposition – durchaus der Ansicht, dass man angesichts der vielfältigen Änderungen dieser Kommunalrechtsnovelle von einem angemessenen Wurf
nicht nur reden kann, sondern auch reden muss, der den sächsischen Kommunen, den kommunalen Mandatsträgern vor Ort sowie den Bürgerinnen und Bürgern zahlreiche Verbesserungen bringen wird. Daher werbe ich hier noch einmal ausdrücklich um Zustimmung.
Gibt es weiteren Redebedarf zum Gesetzentwurf? – Das sieht nicht so aus. Herr Minister, dann darf ich Ihnen jetzt das Wort übergeben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Ende einer intensiven Debatte und eines intensiven Gesetzgebungsverfahrens möchte ich beginnen mit einem herzlichen Dankeschön an all diejenigen, die im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens mitgearbeitet haben, die dafür gesorgt haben, dass das Gesetz heute so zur Abstimmung kommen kann.
Wir haben schon im Jahr 2014 das Kommunalrecht umfangreich fortentwickelt. Deswegen könnte man mit Ausnahme der Ortschafts- und der Stadtbezirksverfassung, die ja heute wieder für eine ganze Menge Emotionen gesorgt haben, zum Ergebnis kommen und sagen, der vorliegende Entwurf ist weniger spektakulär, und wenn ich es betrachte, eher technischer Natur. Natürlich haben wir uns verschiedene Dinge angeschaut, die in der Vergangenheit noch anpassungs- und verbesserungsbedürftig gewesen sind. Herausgekommen ist eine Novelle, die sich aus der konkreten Praxis ergibt, die Verbesserung für die Aktiven vor Ort bieten soll und mit der wir selbstverständlich auch elektronische Verfahren fördern. Zum Beispiel können Kommunen die Protokolle ihrer Sitzung nun auch per E-Mail an interessierte Bürger senden.
Konkret, und da will ich nur ein paar Aspekte herausgreifen, weil die Zeit ja schon fortgeschritten ist, geht es bei der vorliegenden Novelle erstens um die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, und zwar so, dass der guten Arbeit in den Kommunen keine Steine in den Weg gelegt werden. Es geht darum, es den Mitarbeitern der Rechtsaufsichtsbehörden und Rechnungsprüfungsämter zu erleichtern, als Gemeinderäte tätig zu sein, die Besetzung beschließender Ausschüsse freier gestalten und Stellvertreter flexibler ernennen zu können.
Das Thema Spendenregelung ist angesprochen worden. Den Inhalt möchte ich nicht mehr diskutieren, aber ich hoffe, dass wir das Thema, nachdem nun nochmals Änderungen vorgenommen worden sind, bei der nächsten Novelle nicht mehr anpacken müssen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Zweitens ging es auch um das kommunale Haushaltsrecht, ganz allgemein vor allem darum, den Rahmen zur
Umstellung der Doppik zu verbessern. Deshalb fällt in diesen Kontext der Verzicht auf die Fortschreibung des Finanzplanes im zweiten Jahr der Haushaltsplanung, der Verzicht auf die öffentliche Bekanntgabe des Jahres- und Gesamtabschlusses und der Verzicht auf eine Nachtragssatzung, wenn bereits im Finanzhaushalt veranschlagte Mittel für neue Investitions- oder Investitionsfördermaßnahmen verwendet werden sollen. Zusätzlich aufgenommen wurde der Verzicht auf die Erstellung eines Gesamtabschlusses, wenn der zu konsolidierende Aufgabenträger von untergeordneter Bedeutung ist. Im Endeffekt heißt das, Verfahren in den Gemeinden werden vereinfacht, gerade auch im Hinblick auf die Erstellung der Jahresabschlüsse bis zum Haushaltsjahr 2015.
Was drittens betrifft, die Kommunalwirtschaft: Auch hier haben wir uns am Prinzip „vereinfachen statt verkomplizieren“ orientiert.
Viertens haben wir, wie schon vielfach angesprochen wurde, im Koalitionsvertrag explizit vereinbart, dass gesellschaftliche Gruppen künftig noch besser berücksichtigt werden. Vor allem geht es um die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Das ist ein wichtiges Thema. Bei kommunalen Vorhaben sollen diese vor allem dann stärker ins Boot geholt werden, wenn ihre Belange betroffen sind, und bei den Heranwachsenden hören die Verbesserungen nicht auf. Es geht um die Interessen von Senioren, aber auch um die Belange des Naturschutzes. Diese werden künftig durch Senioren- und Naturschutzbeiräte als kommunale Beiräte besser umzusetzen sein. Außerdem erinnere ich in diesem Zusammenhang an die Regelungen zur Bestellung von Beauftragten zur Migration und Integration in den kreisfreien Städten. Darüber haben wir im letzten Plenum ganz ausführlich gesprochen.
Schlussendlich kann man sagen, mit dieser Novelle ist uns eine vernünftige Lösung für eine Vielzahl von ganz praktischen Herausforderungen gelungen. Vor allem werden die Akteure vor Ort künftig mehr Gestaltungsspielraum haben, was – da bin ich mir ganz sicher – im Sinne einer starken Demokratie in der Fläche ist. Deswegen, meine Damen und Herren, bitte ich Sie um Ihre Zustimmung.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Zweite Gesetz zur Fortentwicklung des Kommunalrechts. Wir stimmen auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Innenausschusses, Drucksache 6/11427, ab.
Es liegen zwei Änderungsanträge vor. Wir beginnen mit dem Änderungsantrag der Fraktion der AfD, Drucksache 6/11507. Herr Wippel, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Ja, wir haben einen Änderungsantrag. Ich hatte es vorhin schon angekündigt.
Ich möchte Ihnen noch einmal drei Punkte vorstellen. Das können Sie gern nachlesen. Vielleicht werden es auch vier Punkte.
Zum Ersten unterstützen wir ausdrücklich die Möglichkeit, Kinder und Jugendliche an kommunalen Entscheidungen zu beteiligen, wir sehen aber eine Pflicht dazu als unpraktikabel an. Die quasi verpflichtende Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den Landkreisen bei Planungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, lehnen wir ab. Es hätte den Landkreisen und Gemeinden als Möglichkeit gereicht, wenn man das mit einer Kannvorschrift unterlegt hätte.
Zum Zweiten. Die Absenkung der für die Berufung zum Fachbediensteten für das Finanzwesen nachzuweisenden drei Jahre auf ein Jahr bei Vorliegen der entsprechenden Qualifikation tragen wir mit. Wir wollen allerdings eine Ergänzung dahin gehend, dass in Gemeinden mit bis zu 5 000 Einwohnern für die Bestellung zum Fachbediensteten für das Finanzwesen das Vorliegen der Laufbahnbefähigung für die Laufbahngruppe 1 der Fachrichtung Allgemeine Verwaltung zuzüglich drei Jahre Berufserfahrung im öffentlichen Rechnungs- und Haushaltswesen und eine erfolgreich absolvierte Fortbildung zum kommunalen Finanzbuchhalter genügen sollen.
Zum Dritten befürworten wir die beabsichtigte Förderung des elektronischen Weges im Bereich des Haushaltsauslegungsverfahrens. Hier wollen wir aber ein „und“ haben, also beides, sowohl elektronisch als auch die angestammte Papierform.
Ich komme zum letzten Punkt, den wir uns noch vorgestellt haben. Wir stehen als AfD dem Beauftragtenwesen grundsätzlich sehr skeptisch gegenüber. Deswegen wollen wir die Verpflichtung, Ausländerbeauftragte und Gleichstellungsbeauftragte zu benennen, streichen. Gleichwohl wollen wir den Kommunen die Möglichkeit belassen, wenn sie Bedarf erkennen, einen Beauftragten für die entsprechende Personengruppe zu benennen.
Frau Präsidentin, herzlichen Dank. Ich werde es gleich von hier tun. Erstens habe ich in meiner Rede umfassend darauf hingewiesen, dass für uns die Zielstellung der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen kein „ob“ ist, sondern dass die Fragestellung ist, „wie“ die kommunale Ebene die möglichen Instrumente nutzt. Insofern ist es in der Koalition so, dass wir eine verpflichtende Regelung, sich der Thematik anzunehmen, durchaus als sinnvoll ansehen.
Das zweite Argument, warum wir diesen Antrag nicht mittragen können, ist, dass wir im Bereich des Fachbediensteten für Finanzwesen darauf hingewiesen haben – und auch darauf bin ich vorhin sehr umfänglich eingegangen –, dass die weitgehenden Rechte im Haushaltsrecht
bis hin zu der Frage, Haushaltssperren im Haushaltsvollzug für die Gemeinde zu erlassen, ohne dass es einer Zustimmung des Bürgermeisters oder des Gemeinderates bedarf, in sich eine entsprechende Qualifikationsnorm bedingt. Deswegen kann das Ziel nicht die Senkung der Norm sein, sondern die gemeinsam zu klärende Frage, wie wir die notwendige personelle Ressource oder entsprechende Kooperationen organisieren, die dem Anforderungsprofil Rechnung tragen. Das sind zwei Gründe, warum wir diesem Antrag nicht zustimmen können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion wird den Änderungsantrag ablehnen. Wir stellen darauf ab, dass durch solche konkreten Änderungsanliegen der AfD-Fraktion deutlich wird, dass mit ihren vollmundigen Versprechungen von mehr Demokratie und mehr Beteiligung, mit denen sie durch die Lande zieht, immer dann Schluss ist, wenn es konkret wird. Wer es jetzt tatsächlich schafft, die Kinder- und Jugendbeteiligung infrage zu stellen, wer es schafft, mehr kommunale Demokratie infrage zu stellen, der sollte sich überlegen, ob es nicht heuchlerisch ist, permanent das eine zu plakatieren und im Landtag für das andere zu stimmen. Deswegen werden wir das ablehnen.
Gibt es weiteren Redebedarf zum Antrag? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über diesen abstimmen. Wer gibt dem AfDÄnderungsantrag seine Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte. – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung, wenige Stimmen dafür. Damit ist der Änderungsantrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.