Noch einmal: Die Überwachung des im Raum gesprochenen Wortes, die Aufzeichnung und Mitzeichnung sowie die Übertragung von Telefonaten an Dritte wird bei dieser TKÜ-Anlage neuer Generation täglich der Fall sein, und die rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts GKDZ muss mit Sicherheit so funktionieren, dass die Verfah
rensbeteiligten ausnahmslos in die Lage versetzt werden, wie es das rechtsstaatliche Verfahren vorsieht, Daten von Beginn an unberührt und ungefiltert entgegenzunehmen. Bei diesem Punkt haben wir noch erhebliche Bedenken. Wir versuchen, diese in gewisser Weise mit dem vorgelegten Entschließungsantrag einzuschränken, der allerdings nichts an der Rechtslegung ändert; in diese können wir noch einmal eingreifen. Er ist appellhaft, aber mehr als nichts, und wir sehen deshalb die Verantwortung, dass zumindest die Entschließungen übernommen werden.
Letzter Satz: Worüber wir heute sprechen und beschließen sollen, ist ein Präzedenzfall technischer Aufrüstung. Kommt sie zustande, wird dies ein Einstieg in weitere Schneisen sein, die dieses Land, seine Bürgerinnen und Bürger immer mehr zum Format eines Überwachungsstaates führen – nicht machen, sie führen jedoch dahin. Wie hoch der Effekt für die Kriminalitätsbekämpfung, für die Gefahrenabwehr tatsächlich sein wird, vermag niemand richtig abzuschätzen. Dass der Preis in puncto Eingriff in Grundrechte hoch ist, gilt für uns als sicher.
Wird weiterhin das Wort gewünscht? – Dies scheint nicht der Fall zu sein. Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Prozess, den wir heute zum Abschluss bringen, ist wirklich ein langwieriger. Es war eine intensive Debatte, was sich heute noch einmal im Plenum verdeutlicht hat. Deshalb ein herzliches Dankeschön all jenen, die in der Diskussion, im Prozess mitgewirkt haben!
Ich denke, das Ergebnis, das uns heute vorliegt, hat Zustimmung verdient. Mit ihm haben wir die rechtlichen Voraussetzungen für unsere Kooperation mit unseren Partnern in Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf feste Füße gestellt. Das neue GKDZ wird, wenn Sie heute zustimmen, 2019 seine Arbeit beginnen und die Telekommunikationsüberwachung der Verfolgungsbehörden der beteiligten Länder unter einem Dach zentralisieren. Es wird uns in die Lage versetzen, mit der rasanten Entwicklung in der Kommunikationsbranche Schritt zu halten und Tätern in einer digitaler werdenden Welt auf Augenhöhe zu begegnen.
Dabei sprechen wir nicht von einer Bagatelle. Telekommunikationsüberwachung, wie wir sie – so viel zu Ihrem Thema, Herr Bartl – bereits jetzt in den jeweiligen Landeskriminalämtern und danach auch im GKDZ betreiben, dient der Aufklärung schwerer Straftaten; Sie wissen das: Mord, Totschlag, Vergewaltigung, Kinder- und Jugendpornografie oder organisierte Kriminalität. Ich habe bei dieser Diskussion, die Sie jetzt geführt haben, überhaupt nicht verstanden, wo Sie das Problem haben;
denn die Arbeit, die jetzt vom LKA erledigt wird, wird in Zukunft genauso im GKDZ stattfinden. Es wird also auch in Zukunft notwendig sein, dass ein Richter anordnet; und wenn die TKÜ-Maßnahme durchgeführt wird, sind Techniker – das sind jene, die in Zukunft im GKDZ sind; heute sitzen sie beim LKA – dafür zuständig. Sie nehmen die Informationen natürlich digital auf und speichern sie in den entsprechenden Apparaten. Danach erfolgt eine Übermittlung zum jeweiligen Sachbearbeiter, zum Polizisten. Ich verstehe überhaupt nicht, worin der Unterschied liegt zwischen dem, wie es heute betrieben wird und wie es zukünftig beim GKDZ betrieben wird. Dass es datenschutzrechtlich sicher erfolgt, dazu sind die getrennten Datentöpfe da.
Können Sie dem Parlament die Sicherheit geben, dass die beim GKDZ respektive bei den dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ankommenden Rohdaten von Providern so, wie sie ankommen, nur in die Ländertöpfe eingespeist, an das LKA weitergehen, damit dieses, davon ausgehend, seine Gefahrenabwehr- bzw. Verfolgungsmaßnahmen strafprozessualer Art machen kann – ungefiltert? Das will ich jetzt wirklich für das Protokoll wissen. Können Sie das dem Parlament zusagen?
Oder werden die technischen Mitarbeiter, von denen Sie sprechen, bereits selektiv eingrenzend, beeinflussend tätig, sodass nur ein Teil der Ausgangsdaten überhaupt noch beim LKA ankommt und für das weitere Verfahren gewissermaßen in dieser – in Anführungsstrichen – bearbeiteten Form und nicht mehr in unberührter Form vorliegt? Können Sie das ausschließen?
Herr Bartl, ich kann Ihnen bestätigen, dass die Arbeitsweise, so wie sie heute im LKA stattfindet, auch zukünftig im GKDZ so sein wird. Es ist die gleiche Arbeitsweise, und das, was mit den Daten passiert – egal, ob heute beim LKA oder zukünftig im GKDZ –, ist vergleichbar.
(Klaus Bartl, DIE LINKE: Ja, vergleichbar! – Cornelia Falken, DIE LINKE: Da haben Sie aber ganz schön rumgeeiert! – Zuruf von den LINKEN: Das war nicht die Frage!)
Zurück zum Thema, meine Damen und Herren. Bei der Einrichtung des GKDZ geht es aber nicht darum, auf dem neuesten Stand der Technik zu sein, sondern wir müssen auch mit den Technologien von morgen Schritt halten.
Externe Berater haben bereits im Jahr 2013 attestiert, dass die geplante Kooperation verfassungs-, verwaltungs- und
datenschutzrechtlich in einer rechtsfähigen Anstalt öffentlichen Rechts möglich, wirtschaftlich günstiger als die bisherigen Länderlösungen sowie zukunftsfähig und innovativ ist.
Anders, als es hier vorgetragen wurde, ist es so: Ich habe Vertrauen in die Gutachter. Das GKDZ steht damit rechtlich auf festem Boden und ist wirtschaftlich sinnvoll.
Die Zahlen sind genannt worden. Herr Lippmann. Selbst wenn es entgegen den damaligen Annahmen zu Kostenerhöhungen kommen sollte, würde das – wenn wir so weitermachen würden wie bisher – natürlich die einzelnen Länder genauso betreffen und eine Kostenmehrung eintreten.
Dem Beschluss wurde in den anderen vier Ländern – von Thüringen bis Berlin – bereits zugestimmt. Durch diesen Staatsvertrag werden alle Fragen geregelt, die für die Errichtung und den Betrieb des GKDZ zwischen den Trägerländern von grundsätzlicher Bedeutung sind, insbesondere, was die Aufgaben und das anzuwendende Recht, den Datenschutz, den Standort, die Finanzierung, die Organisation und die Personalgewinnung angeht. Doch was heißt das konkret?
Das GKDZ wird selbst keine eigenen hoheitlichen Aufgaben übernehmen. Die Entscheidungen zu den TKÜMaßnahmen verbleiben bei den Trägerländern. Es werden auch keine neuen Befugnisse geschaffen oder Befugnisse erweitert. Es erfolgt eine nach den beteiligten Ländern getrennte Datenverarbeitung und -speicherung, und zwar mit dem Anstaltssitz in Leipzig und mit einem redundanten Rechenzentrum in Dresden.
Was schließlich die polizeilichen Befugnisse angeht, so werden diese an dieser Stelle nicht erweitert. Das, was bislang an rechtlichen Voraussetzungen in Sachsen galt, gilt auch weiter. Entscheidungen zum Ob und welche Telekommunikationsüberwachung es geben wird, verbleiben damit auch in der Hoheit der beteiligten Länder.
Außerdem erinnere ich an die Genese und an das, was wir jetzt diskutiert haben sowie daran, dass der Datenschutzbeauftragte von Anfang an eingebunden ist. Herr Stange, noch ein Wort zu dem, was Sie jetzt angesprochen haben, weil Sie auf die IMK reflektiert haben und das Datenhaus angesprochen haben, was unser Ziel ist: Es ist natürlich ein richtiges Ziel. Es ist klar, dass es immer um die Balance zwischen der öffentlichen Sicherheit und den notwendigen Grundrechtseingriffen gehen muss.
Ich möchte besonders in der Situation, in der wir uns befinden – ein Jahr nach Anis Amri – noch einmal auf die Kritik zu sprechen kommen. Was war denn damals die Diskussion, die geführt worden ist? Es war doch so, dass in unterschiedlichen Datentöpfen, sage ich jetzt einmal, zwar Schnittstellen vorhanden gewesen sind, aber die
Informationen nicht so abgelegt waren und für die Kollegen nicht in der Weise zur Verfügung standen, wie es hätte sein müssen.
Vor diesem Hintergrund – das ist eine ganz andere Baustelle, deswegen will ich darauf hinweisen – möchte ich sagen: Dieses Datenhaus und die Ablage von polizeilichen Daten in einem solchen Datenhaus sind sinnvoll unter der Maßgabe, dass der Datenschutz zwar berücksichtigt wird, jedoch die Sacharbeiter in der Lage sein müssen, entsprechend zuzugreifen.
Im kommenden Jahr, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden wir mit unseren Partnern an die personelle und technische Feinplanung gehen. Die Ausschreibungen und die anschließende Errichtung der technischen Systeme müssen vorangetrieben werden. Ich werde Sie selbstverständlich über den Fortgang informieren, und zwar offen und transparent.
Damit das dann sozusagen in einer parlamentarisch nachvollziehbaren Art und Weise passiert, gibt es jetzt diesen Entschließungsantrag. Vor diesem Hintergrund bitte ich um die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf inklusive des Entschließungsantrags.
Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den soeben debattierten Gesetzentwurf. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Innenausschusses in der Drucksache 6/11426. Es liegen keine Änderungsanträge vor. Ich würde die Artikel wieder zusammenfassen: Überschrift; Artikel 1 – Zustimmung, Artikel 2 – Inkrafttreten. Wer möchte den Artikeln und der Überschrift die Zustimmung geben? – Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist dennoch den Artikeln und der Überschrift zugestimmt worden.
Ich rufe noch einmal den Gesetzentwurf in Gänze auf. Wer gibt die Zustimmung? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Auch hier gleiches Abstimmungsverhalten. Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist der Gesetzentwurf dennoch mit Mehrheit zum Gesetz beschlossen worden.
Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Entschließungsanträge. Wir beginnen mit dem Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 6/11492. Es wird noch einmal Einbringung gewünscht. Herr Stange, bitte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Staatsminister, herzlichen Dank, dass Sie das Hohe Haus gebeten haben, dem Entschließungsantrag zuzustimmen.
Das finde ich vollkommen in Ordnung, denn es geht darum – ich will jetzt nicht die Feststellungen erörtern, denn diese haben wir vorhin bereits in den Redebeiträgen ausgewalzt –, wozu wir als Parlament die Staatsregierung auffordern müssen. Es geht um die parlamentarische Kontrolle und die Sicherstellung der parlamentarischen Kontrolle, es geht um Betretungsrechte der Abgeordneten, um die Kontrollfunktion des Hohen Hauses und seiner Mitglieder.
Es geht um die Festschreibung, dass wir nach zwei Jahren die Evaluierung unter wissenschaftlicher Begleitung durchführen müssen, und zwar auch in den Bereichen, die Kollege Bartl ausgeführt hat. Es geht darum, dass das Parlament über die noch zu erarbeitenden Konzeptionen unterrichtet wird, dass auf jeden Fall der Schutz des Kernbereichs privater Lebensführung und der Schutz von Berufsgeheimnisträgern beachtet wird sowie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Wir wollen noch einmal das festschreiben, was sowohl die physische als auch die logische Trennung – dabei gehen wir weiter als das, was uns immer mit dem Staatsvertrag vorgetragen wird – betrifft. Wir brauchen nicht nur die logische Trennung, wir brauchen auch die physische Trennung der Daten im GKDZ, um die getrennte Verarbeitung sicherzustellen.
Wir wollen, dass eine in allen Ländern geltende Rechtsverordnung geschaffen wird über die Dokumentation zu Informationspflichten, über die parlamentarischen Kontrollbefugnisse mit Akteneinsicht und über Informations-, Frage-, Zugangs- und Kontrollrechten der Abgeordneten der beteiligten Länder. Wir wollen festschreiben, dass alle zwei Jahre eine Evaluierung stattfinden muss. Weiterhin wollen wir festschreiben, dass der Rechtsgehalt der Informationsfreiheitsgesetze der Länder, soweit diese Länder eines haben, auch hierfür gültig ist. Wir brauchen ein Moratorium für dieses GKDZ, ein Daten- und Rechtsschutzmoratorium, bevor überhaupt die in den Antragspunkten II und III des Entschließungsantrags geforderten rechtlichen Rahmensetzungen geschaffen sind. Vorher darf das GKDZ nicht in Betrieb gehen.
Herzlichen Dank für Ihre Zustimmung, Herr Staatsminister. Wir werden das beobachten, ob Sie dem auch zustimmen.
(Beifall bei den LINKEN – Staatsminister Markus Ulbig: Damit waren natürlich die Koalitionsfraktionen gemeint!)
Wir werden dem Entschließungsantrag der LINKEN nicht zustimmen können, sondern ablehnen müssen; denn er kommt besonders im feststellenden Teil mit einer ganzen Menge an Behauptungen um die Ecke, die im Antrag leider nicht begründet