Wir wollen nicht nur eine Bürgerbeteiligung auf Landes-, sondern auch auf kommunaler Ebene, wo es eben nicht reicht, Bürgerbeteiligung auf Bürgerversammlungen zu reduzieren. Es braucht eine Stärkung der Kommunen und der kommunalen Strukturen, denn hier sind doch die Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger am meisten zu spüren.
Ich kann Sie nur auffordern: Vertrauen Sie den Kommunen, vertrauen Sie auch den starken Kommunen und bauen Sie ihre Rechte aus, statt ihre Selbstverwaltung immer weiter zu beschränken. Es reicht eben nicht aus, mit dem Geldsack durchs Land zu laufen, sondern es ist doch nachhaltiger, vor allem die demokratischen Strukturen in den Gemeinden und Landkreisen zu stärken.
Besonders wichtig ist mir die politische Bildung in diesem Land, die es dringend notwendig hat. Es gibt einen riesigen Nachholbedarf sowohl bei den Kindern als auch bis ins hohe Alter und das wird die Landeszentrale für politische Bildung nicht allein bewerkstelligen können.
Mit etwas mehr politischer Bildung wüsste auch die CDU, dass derjenige, der die politische Mehrheit in diesem Land hat, nicht automatisch die Wahrheit gepachtet hat.
Nein. – Auch die Opposition macht hier Vorschläge und gibt konkrete Anregungen, und diese sollten auch lösungsorientiert diskutiert werden. Sie sollten endlich damit aufhören, die Vorschläge, die aus der Opposition kommen, als sinnlos und realitätsfern abzutun oder als zu teuer hinzustellen. Leben Sie endlich die neue parlamentarische Kultur, die auch die SPD hier eingefordert hat und an der sie sich messen lassen muss! Wir brauchen hier eine politischen Neuanfang und eine neue demokratische Kultur, die die Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt und ihnen Chancen einräumt, sich hier einzubringen.
Wir haben hier ein riesiges Potenzial, das wir heben müssen, und das können wir, glaube ich, nur gemeinsam schaffen.
Die zweite Runde wurde eröffnet durch Frau Kollegin Meier. Für die CDU kommt jetzt erneut Herr Kollege Kirmes zu Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Ich wollte eigentlich in der zweiten Runde nicht noch einmal reden, weil die Stöckchen, die uns die Opposition für eine weitere Diskussion hingelegt hat, so flach sind, dass es sich nicht lohnt, darüberzusteigen. Es gibt aber zwei Richtigstellungen zu machen:
Ich habe nicht von einem „Weiter so!“ gesprochen, und die CDU-Fraktion spricht nicht von einem „Weiter so!“. Ich habe gesagt, dass wir in der Koalition nichts von der
Vergangenheit in Stein gemeißelt sehen, sondern dass wir in Zeit und Raum leben, agieren und so unsere politische Ausrichtung auch für die Bürger haben. Dabei geht es eben nicht um die Stunde null – wir machen alles neu und wir bringen neue Konzepte –, sondern es geht um Kontinuität für unseren Freistaat.
Was ich hier erlebt habe in der Debatte, ist, dass wir nach eigenen Ideologien an dem, was wir sagen, vorbeireden.
Nein, wir wollen eben keine reine Klientelpolitik. Verehrte GRÜNE, wenn das Damoklesschwert, sich vielleicht nicht mehr im parlamentarischen Rahmen äußern zu können, doch irgendwo nach den Wahlergebnissen – die Bundestagswahlen müssen nicht die gleichen Ergebnisse wie in Sachsen zeitigen – über uns schwebt, dann sucht man sich immer mehr: Wo kann ich noch irgendetwas außerparlamentarisch regeln, um meine Klientelpolitik rüberzubringen?
Ich will mich gar nicht in das Thema vertiefen, Demokratie weiter in die Breite zu bringen, über die Instrumente, die wir jetzt schon haben. Aber es ist doch deutlich, dass wir nicht die Mehrheit der Sachsen mit irgendeinem Thema, das von irgendeiner Seite kommt, befragen können, damit wir damit weiterkommen.
Wir müssen mit dem leben, was die Bürger tatsächlich schon an politischer Beteiligung gebracht haben.
Bezüglich der Wahlbeteiligung habe ich auch die Gruppierungen aus den verschiedensten Richtungen gebracht, die sich politisch beteiligen, die sich politisch mit ihrer Meinung einbringen – die uns oftmals nicht gefällt, die aber Meinungen sind, auf ihre Wahrheit zu überprüfen und mit denen man sich auseinandersetzen muss.
(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Sie können doch nicht sagen, geht mal aller fünf Jahre wählen, und dann kümmern wir uns! Sie wollen doch Klientelpolitik machen!)
Sorry, wir haben Volksentscheide, wir haben Volkswahlen, wir haben alles! Ihr müsst es doch nur mal nutzen, bitte sehr und nicht nur das „Weiter so!“, damit man irgendwelche Befragungen macht oder irgendetwas hinbekommt.
Bitte nicht hier im Rund des Plenums diese Diskurse ausfechten, wir machen das ganz parlamentarisch – und gehen jetzt weiter in dieser Rederunde. Das Wort ergreift erneut Kollege Richter für die Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen wirklich wegkommen von diesem Verständnis, das Sie hier an den Tag gelegt haben, von dieser lähmenden und Demokratie zerstörenden Herrschaft.
Ich will Ihnen einige Beispiele nennen, was wir tun könnten. Wir als LINKE wollen lebendige Kommunen, starke Städte und Gemeinden, in denen bürgerschaftliches Engagement nicht nur möglich ist, sondern intensiv gefördert wird. Wir wollen starke Kreis-, Stadt- und Gemeinderäte, die etwas zu entscheiden haben und über denen nicht permanent das Damoklesschwert der Finanzierbarkeit und der Pflichtaufgaben hängt.
In den vergangenen 27 Jahren kam es in Sachsen, in seinen Landkreisen und Kommunen, zu unzähligen Privatisierungen in allen Bereichen. Das hat die Entscheidungsspielräume vielfach auf ein Minimum reduziert.
Selbst Sie als CDU wissen, wie schwer es ist, Menschen für ein Mandat in einem Stadrat, in einem Kreistag oder in einem Gemeinderat zu begeistern. Selbst Sie wissen das!
Wir wollen den Menschen in diesem Land mehr Mitsprachemöglichkeiten einräumen. Dabei geht es einerseits natürlich um Beteiligungsformen auf allen Ebenen und in möglichst vielen Bereichen. Es ist wichtig, dass eine Demokratie diejenigen einbezieht, die etwas zum Gemeinwohl beizutragen haben.
Wir wollen, dass das Know-how, das so viele Personen haben, auch ein Mehrwert für diese Gesellschaft ist. Wir sind neugierig auf die Akteure in Dorf, Stadt und Land. Wir wollen deswegen, dass sie sich umfassend einbringen können.
Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, wollen auch wichtige Änderungen des Petitionsrechts erreichen. Es muss doch möglich sein, dass die vielen Anliegen der Bürgerinnen und Bürger im Freistaat besser Gehör finden und dass mehr Möglichkeiten geschaffen werden, in konkreten Fällen zu helfen. Ich fand die Ausschussreise des Petitionsausschusses nach London und Edinburgh in dieser Hinsicht wirklich faszinierend; denn dort gibt es die Kultur, dass der Staat auch in der Lage ist, sich für Fehler zu entschuldigen, dass der Staat seinen Einwohnern sagt: Ja, wir haben einen Fehler begangen. Wir gestehen den Fehler ein und entschuldigen uns dafür. – Das ist so einfach! Ich finde, dass wir insoweit noch viel Luft nach oben haben. Das ist ein ganz einfacher Schritt, den auch wir gehen könnten.
Wir, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wollen die direkte Demokratie in Sachsen stärken und engagiert ausbauen. Wenn man mit 5 % in den Sächsischen Landtag
gewählt werden kann, dann muss es auch möglich sein, ein Quorum auf 5 % abzusenken, damit die Volksgesetzgebung wirklich den gleichen Stellenwert bekommt wie eine Wahl zum Sächsischen Landtag. Wenn wir die Sächsische Verfassung ernst nehmen, dann haben wir zwei gleichberechtigte Gesetzgeber. Ich glaube, da dürfte es gar keine Frage nach dem Ob geben, sondern nur danach, wie wir es schnellstmöglich umsetzen können. Das wäre nur ein minimaler Schritt, aber ein wirklich großer Beitrag zur demokratischen Kultur, zur Diskussionskultur in diesem Freistaat.
Was ist denn das Problem? Wir können doch nicht annehmen, dass 126 MdL klüger seien als 3,3 Millionen Menschen. Die Debatten und Diskussionen, die damit einhergingen, wären doch ein wahnsinniger Vorteil für diese Gesellschaft. Wir hören erst einmal, was die Menschen dazu zu sagen haben, wenn es Entscheidungen zu treffen gilt. Das ist doch wertvoll. Ich glaube, wir sollten darüber noch einmal intensiv diskutieren.
Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, wollen, dass die Vereine, Initiativen und Organisationen sich in die gesellschaftliche Debatte einbringen können, und zwar ohne dass der Staat ihnen Misstrauen entgegenbringt. Demokratie ist eben nichts Feststehendes oder Abgeschlossenes, nichts, was man nur einmal in der Legislatur bestätigt und was dann okay ist. Demokratie ist vielmehr ein ständiger Aushandlungsprozess, ein ständiger Aushandlungsprozess zwischen Regierenden und Regierten. Solange Sie das nicht verstehen, so lange werden Sie auch Demokratie nicht verstehen.
Dann muss man noch eines sagen: Wir müssen in diesem Land die Grundrechte als lebendigen Bestandteil von Demokratie wieder stärken. Ich rede zum Beispiel von der Frage der Demonstrationen. Demonstrationen und Versammlungen sind eben kein Teufelszeug, wie Sie es oftmals darstellen. Es ist eben nicht so, dass die Leute, die demonstrieren wollen, Bittsteller sind. Sie wollen ein Grundrecht ausüben.
Die Wahrnahme dieses Grundrechts muss nicht nur gewährleistet sein, sondern es muss sehr viel weiter liberalisiert werden.
Noch ein konkretes Beispiel: Nach der Befragung der Staatsminister werden wir eine längere Debatte zur politischen Bildung an Schulen haben. Ich habe gerade gelesen, dass der Ministerpräsident insoweit Fehler einsieht, das heißt, dass es Fehler gegeben hat. Ich finde, dass Sie jetzt Gelegenheit hätten, einmal wirklich etwas zum Parlamentarismus beizutragen, und zwar, dass Sie hier nicht nur mit uns kritisch diskutieren, sondern dass Sie am Ende auch einmal über Ihren Schatten springen und wirklich mitmachen, um an der politischen Kultur hier, aber auch an der politischen Bildung etwas zu ändern.
Ich komme zum Schluss. Wir als LINKE stehen für die Stärkung der Demokratie in allen Bereichen im Zusammenspiel mit Humanismus und Solidarität. Ich glaube, das ist in der Rede klar geworden.