Protocol of the Session on September 28, 2017

Ja, ja, dazu gehört, sich mit der Geschichte auseinandersetzen.

Wir haben bezüglich der Forschungsstruktur in Sachsen deutlich bessere Voraussetzungen vorgefunden und diese – dank kluger Politik der Staatsregierung – bisher sehr gut weiter ausbauen können. Mein Vorredner Dr. Stephan Meyer ging nicht ohne Grund bereits auf die Arbeit der Enquete-Kommission in der vergangenen Legislaturperiode ein, da wir beide Mitglieder dieser Kommission waren.

Es ist im Übrigen auch ein Signal an die sächsischen Steuerzahler, dass nicht nur die Existenz einer Kommission und die Mitgliedschaft in einer solchen wichtig sind,

sondern vor allem die Nutzung der daraus gewonnenen Erkenntnisse und die daraus resultierenden Handlungsempfehlungen für die Zeit danach.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Pohle?

Aber gern.

Bitte.

Herr Pohle, geben sie mir recht, dass Ihre Fraktion gemeinsam mit der FDP damals das Minderheitenvotum von SPD, GRÜNEN und LINKEN abgelehnt haben, bei dem es darum ging, die gemeinnützigen Industrieforschungseinrichtungen und deren Bedeutung festzuhalten und ihnen eine institutionelle Förderung zuzuschreiben?

Ja, das ist nachzulesen. Frau Pinka, warum fragen Sie mich das, wenn man es nachlesen kann?

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Weil Sie heute das vielleicht hätten …!)

Das hätten Sie sich sparen können.

Die von der Enquete-Kommission vorgenommenen Analysen der Stärken und Schwächen unserer sächsischen Forschungs- und Innovationslandschaft zeigten, dass wir es bei unseren gemeinnützigen Industrieforschungsinstituten mit Schmucksteinen zu tun haben. Sie gleichen das enorme Defizit uns fehlender Industrieforschung aus, die im Bundesdurchschnitt etwa 68 % der F+E-Ausgaben aufbringt. Im Detail ist es nachzulesen im Abschlussbericht Seite 81 ff. Zudem erweisen sie sich als markt- und dienstleistungsorientiert und stellen so ideale Partner unser mittelständischen Wirtschaft dar. Mit ihrer Orientierung am Kunden – eben der mittelständischen Wirtschaft – gleichen sie auch Unwuchten aus, die sich aus einer oft einseitigen exzellenz- und hightech-orientierten europäischen Förderpolitik ergeben – ebenfalls zu lesen im Abschlussbericht auf Seite 89.

Die entsprechende imreg-Studie – Institut für Mittelstands- und Regionalentwicklungs-GmbH-Studie von 2014 – unterstreicht ebenfalls eindrucksvoll die Bedeutung unserer industrienahen Forschung. Wirft man nun einen genaueren Blick auf die Finanzierung unserer Industrieforschungseinrichtungen – IFE –, dann erweist sich, dass diese laut Erkenntnissen der Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH Graz 89 % ihrer Fördermittel beim Bund, 6,5 % bei der EU und lediglich 2,9 % beim Freistaat Sachsen einwerben. Mit anderen Worten: Sie akquirieren Forschungsgelder für unsere sächsische Wirtschaft. Zudem kofinanzieren sie ihre F+EProjekte mit Eigenmitteln, die sie erst aus den von ihnen selbst erbrachten innovativen Industriedienstleistungen

und ihren Weiterbildungsleistungen für die sächsische Wirtschaft erbringen.

Ich möchte daran erinnern, dass die Gemeinschaft der Institute bereits zum zweiten Mal einen parlamentarischen Abend im Landtag organisiert und dabei mit Fachvorträgen und persönlichen Gesprächen auf die Tiefe der Problematik aufmerksam gemacht hat. Ich bin der festen Überzeugung, dass es deshalb höchste Zeit war, die Leistungen der IFE für die Wirtschaftskraft des Freistaates mit einem Förderprogramm zu würdigen, das passgenau auf ihre Bedürfnisse eingeht. Es geht um dringend benötigte, nicht projektgebundene Investitionsmaßnahmen, die aufgrund der geringen Eigenkapitalausstattung und anderweitig fehlender Förderprogramme für die Institute nur schwer zu stemmen sind. Von diesen hängt aber die Zukunftsfähigkeit und eben auch die breite Ausrichtung der Einrichtungen entscheidend ab. Ich bin deshalb sehr stolz, dass es uns im Doppelhaushalt 2017/2018 endlich und erstmalig gelungen ist, dafür 7 Millionen Euro bereitzustellen.

Ich erinnere mich an einen Satz, der während der dazu erfolgten harten Haushaltsverhandlungen fiel: Irgendwie lag das Thema jahrelang auf der Archivstraße zwischen SK, SMWK und SMWA. Nun haben wir das Thema von der Straße aufgelesen und erwarten zielstrebige und freudige Umsetzung in Form transparenter und unkomplizierter Förderbedingungen. Umso mehr verstehe ich die Frustration, die sich unter den Instituten langsam breit macht, dass das Geld zwar bereit, aber nicht zur Verfügung steht, weil immer noch eine entsprechende Förderrichtlinie fehlt.

Wir befinden uns mittlerweile am Ende des dritten Quartals des ersten Haushaltsjahres. Nun hörte ich auch wieder auf der Straße, dass ein österreichisches Institut damit beauftragt worden sei, komplexe Erhebungen zur Ausgestaltung der Förderrichtlinie durchzuführen und die bisher durchgedrungenen Kenntnisse über das Fördermodell von den Betroffenen als „Fördermonster“ empfunden werden. Das war aus meiner Sicht nicht unsere Ambition in den Haushaltsverhandlungen. Uns ging es darum, den Instituten so unkompliziert wie möglich Investitionsmittel bereitzustellen. Aber vielleicht kann das SMWA an dieser Stelle ja auch noch falsche Informationen korrigieren.

Sehr geehrte Damen und Herren, in diesem Zusammenhang ist es vielleicht auch noch wichtig, auf eine Tatsache hinzuweisen, die nicht so bekannt zu sein scheint. Industrieforschungseinrichtungen sind kein Alleinstellungsmerkmal der neuen Bundesländer. In den alten Ländern erhalten sie teilweise sogar staatliche Grundfinanzierungen. Verstehen Sie mich nicht falsch, das wollen wir gar nicht.

Mit sich weitgehend wirtschaftlich selbstragenden Instituten sind wir einen Schritt weiter. Wir brauchen keine neue Subventionskuh auf Sachsens gepflegter Steuerwiese. Aber wir wollen, dass dringend benötigte und auf Zukunftsfähigkeit gerichtete Steuermittel zeitlich begrenzt, aber auch zeitnah die Adressaten erreichen. Dies deckt

sich dann wieder mit den Handlungsempfehlungen, zu denen die heute mehrfach erwähnte Enquete-Kommission 2013 im Abschlussbericht Seite 112 ff. gelangte.

Frau Dr. Pinka, es ist eben nicht so, dass 7 Millionen Euro Brosame sind. Es ist ein Anfang, und wenn gar nichts passiert, dann ist es eben nicht. Wenn Sie genau zugehört haben: Ich bin genau darauf eingegangen, dass wir das ebenfalls kritisch sehen und dass wir einfordern, dass es passiert und dass es ein Anfang ist.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Dann schreiben Sie es in den Antrag hinein!)

Für uns ist er schlüssig.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Für mich nicht!)

Herr Beger, ein Vorlesen des Antrages schindet Zeit, deswegen bringt es aber nicht mehr und besonders viel Inhalt. Besser wäre es, wenn vielleicht Vertreter Ihrer Fraktion öfter bei öffentlichen Veranstaltungen wie parlamentarischen Abenden und weiteren zugegen wären.

(Mario Beger, AfD: Ich wurde ausgeladen!)

Man würde vielleicht den einen oder anderen Input mitnehmen. Sie können vielleicht in der Bibliothek die Berichte der Enquete-Kommission nachlesen, aber aktuell – so sage ich es – wäre es günstig, wenn Sie ab und zu dort vorbeischauen würden, das bringt das eine oder andere mit.

(Mario Beger, AfD: Wie Sie wissen, wurde ich leider ausgeladen!)

Herr Dr. Lippold, Sie verwirren mich etwas mit Ihrem Redebeitrag. Der Beginn war positiv, aber ich habe mich gewundert, dass Sie diesem Antrag doch nicht folgen wollen. Deswegen ergibt es sich vielleicht in der zweiten Runde, dass Sie das möglicherweise noch korrigieren können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, beenden möchte ich meine Ausführungen mit einem anderen, mir wichtigen Zitat von Franz Josef Strauß: „Konservativ heißt, nicht nach hinten zu blicken, konservativ heißt, an der Spitze des Fortschritts zu marschieren.“ In genau diesem konservativen Sinne unterstütze und flankiere ich den vorliegenden Antrag.

Recht vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Die SPD-Fraktion, Frau Raether-Lordieck, bitte. Sie können schon vorkommen, es gibt aber zunächst eine Kurzintervention von Frau Dr. Pinka.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Also, ich bin wirklich ein wenig perplex. Wir hatten vor Jahren eine Enquete-Kommission. Ich habe es gerade gesagt: Das Minderheitenvotum von LINKEN, SPD und GRÜNEN hatte einen eigenen Abschnitt Industrieforschungseinrichtungen. Dort haben wir damals schon

formuliert, dass Sachsen dieses Alleinstellungsmerkmal hat. Sie als CDU-Fraktion haben das damals abgelehnt. Sie haben es gar nicht erkannt. Sie haben viele Jahre nichts getan. Ich gebe Ihnen recht, Sie haben im Doppelhaushalt Geld eingestellt. Ich habe deshalb Brosame gesagt, weil es niemand benutzen kann, wenn Sie das Geld nicht abfließen lassen und wenn Sie es diesen Industrieforschungseinrichtungen nicht zukommen lassen.

(Zuruf des Abg. Dr. Stephan Meyer, CDU)

Ihre Koalition. Mir ist es egal, wer in der Regierung dafür verantwortlich ist. Sie sind gemeinsam für diesen Doppelhaushalt verantwortlich, nicht ich.

(Zurufe von der CDU)

Dann sollten Sie es vielleicht innerhalb Ihrer Gruppen diskutieren. Sie brauchen uns das nicht hier im Landtag einbringen. Schreiben Sie doch diese Forderungen, die Kollege Pohle gerade genannt hat, in den Antrag hinein. Ich brauche doch nicht solch einen Schaufensterantrag, wenn Sie keine wirkliche Forderung an Ihre Regierung aufmachen. Was ist denn die Aufgabe einer Legislative? Genau diese Aufträge deutlich zu formulieren, damit wir aus der Opposition es vielleicht auch verstehen, und nicht nur das, was Sie in irgendwelchen Vier-Augen-Gesprächen oder Hinterzimmertür-Gesprächen machen. Nehmen Sie uns doch mit!

(Zuruf von der CDU)

Herr Pohle, bitte.

Eine Kurzintervention. Also, Frau Dr. Pinka, ich wundere mich. Ich war Mitglied dieser Enquete-Kommission, und wir hatten dort ein sehr gutes Miteinander. Es steht natürlich der Linkspartei frei, ein Minderheitenvotum zu formulieren. Uns steht es frei, aus dem gesamten Enquete-Kommissions-Bericht die Dinge umzusetzen, die dem Freistaat nützlich sind. Anstatt Sie dem zustimmen und einfach mal sagen, ja, sie haben es erkannt, sie setzen es um, mäkeln Sie immer noch daran rum. Ich weiß nicht, was das soll.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: … und nicht immer nur als Ihren verkaufen! – Unruhe)

Moment, Moment! Meine Damen und Herren! Herr Urban war der Nächste, der sich gemeldet hat. Bitte, Herr Urban, eine Kurzintervention.

Danke schön, Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Pohle, weil Sie in Ihrem Redebeitrag meinem Kollegen Herrn Beger vorgeworfen haben, bei der Veranstaltung am Dienstabend nicht anwesend gewesen zu sein, möchte ich Sie darauf hinweisen: Sie wissen, warum er nicht anwesend war. Es war nicht seine Schuld.

Ich möchte Sie in dem Zusammenhang auch auf Folgendes hinweisen: Wenn Sie glauben, uns vorwerfen zu müssen, dass wir in schlechtem Kontakt zu Industrie und Handwerk stehen, dann schauen Sie sich die Wahlergeb

nisse an. Schauen Sie sich an, welche Gruppen die AfD wählen: Es sind vor allem Selbstständige und Arbeiter. Also machen Sie sich keine Sorgen um unseren Kontakt zu Selbstständigen und zur Industrie; dieser besteht, auch wenn er bei einer Veranstaltung einmal nicht ersichtlich ist.

Herr Pohle.

Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass ich zu diesem Thema explizit die zwei parlamentarischen Abende angesprochen habe. Dort waren Sie nicht zugegen.