Protocol of the Session on September 28, 2017

Als wir 2013 eine Analyse des Status quo ermittelten, hielten wir im Bericht der Enquete-Kommission fest – Zitat – : „Der Anteil von Unternehmen mit mehr als tausend Beschäftigten an den gesamten Forschungsaufwendungen liegt in Sachsen nur bei knapp 47 %.“ Im Datenreport zum Innovationsverhalten der sächsischen Wirtschaft ist dieser Anteil der großen Unternehmen und der Forschungstätigkeit in Sachsen dramatisch auf 21 % gesunken. Das heißt im Umkehrschluss: Wir haben den größten Anteil mit kontinuierlichen Aktivitäten in kleinen und mittelständischen Unternehmen, wahrscheinlich

sogar nur bei Unternehmensgrößen mit bis zu 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern; denn in der Datenstatistik des Wirtschaftsministers gibt es die Sammelgruppe 250 plus. Früher haben wir noch in 250 bis 999 und mehr als 1 000 Angestellte unterschieden. Ich kann daher nicht wirklich bewerten, in welchen Bereichen wir Technologieförderung erfolgreich betreiben und wie sich das auf die wirtschaftliche Entwicklung Sachsens auswirkt.

Sicher kann man ein eigenes Landesprogramm für kleine und mittelständische Unternehmen aufstellen. Das kann sicherlich nichts schaden; denn 93 % der Forschung und Entwicklung betreibenden Unternehmen in Sachsen sind kleine und mittlere Unternehmen. Aber, nichts Genaues weiß der geneigte Leser, die geneigte Leserin eben leider nicht, wenn sie den Antrag durchforsten.

Eigentlich müssten wir zunächst ein Leitbild für ein innovationsfreundliches Sachsen diskutieren, wie sich Sachsen zu einem sozialen, gerechten, offenen, modernen Bildungsland entwickeln soll, als Mittler zwischen Ost und West und mit dem Ziel einer selbsttragenden, wirtschaftlichen Entwicklung, aus eigener Kraft und einer Ausrichtung an sozialen und ökologischen Gesichtsgrundwerten. Ich nenne das für mich die Umsetzung einer Nachhaltigkeitsstrategie.

In diesem Zusammenhang kann man aber weder etwas der Arbeit der Ministerien, noch den Forderungen der Koalitionsfraktionen entnehmen. Ich stelle dazu nur einmal einige Fragen: Gibt es eine besondere technologische Anreizfinanzierung, um Wachstum und Ressourcenverbrauch zu entkoppeln oder Material- und Energieeffizienz zu steigern?

Heute fokussieren wir uns in der Diskussion auf die externen Industrieforschungseinrichtungen. Aber was ist mit den sozialen Innovationen oder denen im Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft? Meines Wissens gibt es in Sachsen immer noch keinen zweiten Kulturwirtschaftsbe

richt. Wie erreichen wir mit Forschungs- und Entwicklungsförderung die sächsischen Handwerksbetriebe? Und, und, und.

(Zuruf des Abg. Ronald Pohle, CDU)

Solch einem schlechten und inhaltslosen Antrag kann meine Fraktion nicht zustimmen. Warten Sie die Berichte der Ministerien ab, dann können wir uns gern wieder darüber unterhalten.

(Beifall bei den LINKEN)

Die AfD-Fraktion, Herr Beger, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ist die Summe aus 59 plus 18? Das ist einerseits die Summe von 77 Sitzen für CDU und SPD in diesem Hohen Haus. Es ist andererseits eine Kleine Anfrage, die 77 Mandatsträger als Antrag getarnt kurz vor Abgabeschluss in den Landtag eingebracht haben.

Diese Kleine Anfrage lautet wie folgt: Fragen an die Staatsregierung für das kommende Plenum:

Erste Frage. Wie haben sich die gemeinnützigen wirtschaftsnahen externen Industrieforschungseinrichtungen in Sachsen in den vergangenen fünf Jahren entwickelt?

Zweite Frage. Welchen Beitrag leisten die gemeinnützigen wirtschaftsnahen externen Industrieforschungseinrichtungen für Forschung, Entwicklung und Innovation, insbesondere im Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Sachsen?

Dritte Frage. In welchem Umfang wurden öffentliche Zuwendungen für Forschung und Innovation vom Land, vom Bund und von der EU durch die Industrieforschungseinrichtungen eingeworben?

(Holger Mann, SPD: Kannst du aber gut vorlesen!)

Vierte Frage. Welche bestehenden Förderprogramme existieren für Industrieforschungseinrichtungen auf

Bundes- und Landesebene?

Meine Damen und Herren! Aus diesen Fragen wird nun auch kein Antrag, wenn Sie die Staatsregierung auffordern, diese im Plenum zu beantworten. Nichts Anderes fordern Sie unter Punkt III. Sie nennen es nur nicht „Beantworten“, sondern „Sicherstellen“, jedoch ohne einen Fahrplan dafür zu geben, wie diese Sicherstellung gewährleistet werden soll.

Das sieht aber eine Kleine Anfrage auch nicht vor. Selbst die halbseitige Begründung macht aus Ihrer Kleinen Anfrage keinen Antrag. Hier gibt es etwas, das nennt sich „Vorwort“. Ich freue mich ja immer, wenn Anträge aus dem Kuriositätenkabinett in den Landtag eingebracht werden – in der Regel, damit die Staatsregierung ihre Erfolge präsentieren kann. Aber das hier ist nicht nur peinlich, es ist oberpeinlich. Man möge sich vorstellen, die Antragsteller hätten – wie es für einen Berichtsantrag

üblich ist – die Antwort der Staatsregierung eingeholt. Der sogenannte Antrag wäre vollständig erledigt gewesen.

Meine Damen und Herren von der CDU- und der SPDFraktion, brauchen Sie jetzt wirklich die Zustimmung des Landtags, um Kleine Anfragen zu stellen? Laut § 56 der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtags nicht.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Wow, die haben Sie gelesen?! Respekt!)

Wir als AfD-Fraktion möchten uns nicht in die Themenauswahl Ihrer Kleinen Anfragen einmischen. Daher werden wir uns konsequenterweise bei dieser Kleinen Anfrage enthalten.

(Beifall bei der AfD)

Für die Fraktion GRÜNE, Herr Dr. Lippold, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die gemeinnützigen externen Forschungseinrichtungen verfügen zwar im Vergleich zu anderen außeruniversitären Forschungseinrichtungen über eine deutlich unterdurchschnittliche Finanzausstattung, aber sie tragen gerade im Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen, deren Wettbewerbsfähigkeit für die Zukunft des Freistaates von ausschlaggebender Bedeutung ist, überdurchschnittlich zur Innovationsfähigkeit bei. Allein daraus folgt doch schon, dass an dieser Stelle eine erhebliche Hebelwirkung besteht, und wenn hier Bremsen gelöst werden, dann kann sich das sächsische Alleinstellungsmerkmal der gemeinnützigen Industrieforschungseinrichtungen zu einem wirksamen Wettbewerbsvorteil für die sächsische Wirtschaft entwickeln.

Wir können es uns gar nicht leisten, vorhandene Wettbewerbsvorteile nicht so gut wie möglich zu nutzen, denn wir haben strukturelle Nachteile auszugleichen. Wir müssen eine Menge tun, um wenigstens nicht weiter zurückzufallen. Insofern ist es zunächst gut und richtig, dass die Koalitionsfraktionen in ihrem Antrag fordern, den sächsischen Innovationsstandort zu stärken und Industrieforschungseinrichtungen bei forschungs-, entwicklungs- und infrastrukturbezogenen Investitionen zu unterstützen.

Doch das alles ist nicht neu. Bereits seit der EnqueteKommission der letzten Legislaturperiode ist das völlig klar. Bereits 2013 hatte deshalb die GRÜNE-Landtagsfraktion eine Unterstützung der Industrieforschungseinrichtungen mit Landesmitteln gefordert und diese Forderung konkretisiert. Seitdem sind mehr als vier Jahre ins Land gegangen. Wir haben wieder und wieder in den Haushaltsdebatten diese Forderungen vorgetragen, begründet und mit konkreten Summen untersetzt.

Deshalb keimte diesmal Hoffnung, als die Koalition im letzten Doppelhaushalt tatsächlich 7 Millionen Euro für die Unterstützung der Industrieforschungseinrichtungen

einplante. Ich ging davon aus, das sei das Ergebnis eines längeren Abwägungsprozesses gewesen. Zeit war schließlich mehr als genug, um sich die Entwicklung und die Finanzierungsstruktur der als sehr wichtig erkannten Einrichtungen anzuschauen, Defizite innerhalb der Förderungslandschaft zu identifizieren, den Unterstützungsbedarf zu quantifizieren und sich dann auch Gedanken über geeignete Förderrichtlinien zu machen. Sicherlich – so dachte ich – stünden ja hinter der Bereitstellung von 7 Millionen Euro und der konkreten Aufteilung in Jahresscheiben bereits qualifizierte Vorüberlegungen der Staatsregierung.

Umso entsetzter sehen Sie mich angesichts dieses Antrages, der nach fünf Jahren der Diskussion das ganze Thema zurück auf „Los!“ zu setzen scheint. Zumindest aber wird klar, dass die Mittel im Haushalt eben nicht auf Grundlage einer Analyse der Entwicklung, der Tätigkeit, der Finanzierung und der tatsächlichen Bedarfe der Industrieforschungseinrichtungen eingestellt worden sind. Damit wird auch klar, warum diese Mittel bis heute mangels Förderkonzept und Richtlinie von denjenigen, die sie brauchen und für die sie gedacht waren, gar nicht abgerufen werden können. Man muss das leider als klassisches Beispiel von Symbolpolitik bezeichnen.

Sie haben Geld in einen Topf mit einem Namen darauf gepackt, mehr erst einmal nicht, und Sie werden auf jeden Fall politisch davon profitieren – im Idealfall sogar zweimal: das erste Mal, wenn Sie damit klingeln gehen können, Geld für die Innovationen in der sächsischen Wirtschaft eingeplant zu haben, und das zweite Mal, wenn der Finanzminister das nicht abgeflossene Geld als Erlös verbuchen kann, um es dann in einem seiner Fonds zu bunkern. Worauf es allerdings wirklich ankommt, ist die Verbesserung der Finanzausstattung und damit der Leistungsfähigkeit der sächsischen Industrieforschungseinrichtungen.

Ganz am Ende der Begründung zu Ihrem Antrag – leider nicht im Antragstext selbst – äußern Sie sich immerhin dahin gehend, dass Sorge getragen werden sollte, dass die Mittel 2017/2018 wirklich abfließen können. Dann sollte es für Sie eine Selbstverständlichkeit sein, unserem Änderungsantrag zuzustimmen, den ich an dieser Stelle gleich mit einbringe. Darin schlagen wir nämlich vor, dass man zunächst einmal die nicht abgerufenen Mittel aus 2017 dadurch für das zu schaffende Programm rettet, dass man sie auf 2018 überträgt. Das ist eine unverzichtbare Ergänzung Ihres Antrages, meine Damen und Herren, damit er überhaupt Sinn macht.

Wir setzen gleichzeitig eine Ziellinie Ende Januar 2018 für die zu erarbeitende Förderrichtlinie. Wir müssen gemeinsam eine solche Vorgabe setzen, ansonsten macht die Aussage, es ginge um das Abfließen der 2017/2018 bereitgestellten Mittel, schlicht keinen Sinn.

Ergänzt durch die Punkte aus unserem Änderungsantrag würde der Antrag von CDU und SPD auch für uns zustimmungsfähig werden, weil wenigstens erst einmal die 2017er Haushaltsmittel für ein zeitnah zu startendes

Programm gesichert wären. Ohne diese Ergänzung aber ist Ihr Antrag zwar nicht falsch, aber für uns nicht zustimmungsfähig, weil es nach fünf Jahren der Bekenntnisse zur Bedeutung der externen Industrieforschungseinrichtungen einfach kein ausreichendes Signal sein kann, sich wieder einmal nur über deren Bedeutung und Förderkulisse berichten zu lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie sind doch eigentlich schon einen Schritt weiter. Sie haben doch bereits konkret Geld im aktuellen Haushalt. Dann lassen Sie uns auch gemeinsam fordern, dass diese bereits im Haushalt eingestellten Mittel im vollen Umfang für die Industrieforschungseinrichtungen nutzbar werden.

Stimmen Sie in diesem Sinne bitte unserem Änderungsantrag zu, und geben Sie den Forschungseinrichtungen damit wenigstens das Signal, dass Sie tatsächlich ein Stück weiter sind als vor fünf Jahren.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer wünscht von der CDU-Fraktion das Wort, bitte? – Herr Kollege Pohle, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Eines meiner Lieblingszitate stammt von Goethe und lautet: „Wer das erste Knopfloch verfehlt, kommt mit dem Zuknöpfen nicht zu Rande.“ Das kommt aus „Maximen und Reflexionen“. Das erste Knopfloch hinsichtlich des Strebens nach wirtschaftlichem Erfolg ist die auskömmliche Sicherung dessen Fundaments: der Wissenschaft und Forschung, insbesondere der angewandten Forschung und Entwicklung.

Erinnern wir uns: Erst als Franz Josef Strauß – seinerzeit Atomminister der Bundesregierung – gezielt Forschungseinrichtungen in Bayern ansiedelte, begann der Aufstieg des Agrarlandes zur wirtschaftlichen Spitze Deutschlands.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Ja, das kann ich mir vorstellen, dass es dort irgendwie zu Friktionen kommt.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Ja, ja, dazu gehört, sich mit der Geschichte auseinandersetzen.