Wir wollen mehr Transparenz bei sogenannten automatisierten Kommunikationssystemen, also Social Bots. Diese sollen erkennbar sein und gekennzeichnet werden. Wir brauchen – das ist der entscheidende Punkt – die Diskussion über die Stärkung von Medienkompetenzberatung und zivilgesellschaftlichem Engagement. Denn Meinungsbildung und Meinungsvielfalt zu stärken heißt nicht, vor mehr Beteiligung in den Medien zurückzuschrecken, sondern, im Gegenteil, eine positive Beteiligung zu fördern.
Damit sind wir aus meiner Sicht auch auf der Landesebene angekommen und sollten nicht nur über Bundesgesetze sprechen. Wir müssen uns hierbei an die eigene Nase fassen. Das Stichwort lautet: Medienkompetenz. Wir müssen im Bildungsbereich genau diesen Punkt stärken. Was heißt Medienkritik, Selbstkritik beim eigenen Umgang in den sozialen Medien, bei denen, die selber zum Sender werden? Ich glaube, eine Stärkung der Kultur der Gegenrede ist die wichtigste Antwort auf den Verfall der Diskussionskultur.
Wir müssen Streit positiv auswerten. Streit ist okay, Streit ist gewollt und Streit muss normal sein. Aber es muss unter Fairness geschehen, und diese muss gewahrt werden. Für mich heißt das auch, dass in der Bildung die Kontroverse als Grundprinzip der politischen Bildung gestärkt wird. Das heißt, anderen eine Meinung zu lassen, aber auch nichts unwidersprochen zu lassen. Das muss einfach möglich sein.
Gerade diesbezüglich haben wir in Sachsen einen großen Nachholbedarf. Es gibt seit Jahren keinen Stich bei der Medienbildung.
Es gibt Modellprojekte, keine flächendeckenden. Da müssen wir anpassen, sonst helfen auch solche Gesetze nicht.
Das war Frau Kollegin Dr. Maicher, Fraktion GRÜNE. Wir sind jetzt mit der ersten Rederunde durch und eröffnen eine zweite. Frau Kollegin Wilke, Sie sprechen erneut für die einbringende AfD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, in der Debatte geht es uns beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz um Meinungsfreiheit, um rechtsstaatliche Verfahren, Herr Modschiedler, und um die Privatisierung von Recht. Dazu ist schon Richtiges
und Wichtiges gesagt worden durch Herrn BaumannHasske, durch Frau Dr. Maicher und auch durch Herrn Jalaß zur Privatisierung von Recht.
Trotzdem ist es erstaunlich, mit welcher Schamlosigkeit die Blößen dieses Gesetzes in der Öffentlichkeit verkauft werden. Das sehen nicht nur angebliche Nazis, Rassisten und Populisten der AfD so,
sondern so sehen es auch die vielen kritischen, sehr kritischen, teilweise sogar vernichtenden Stellungnahmen namhafter Rechtswissenschaftler und Experten, die bei der Sachverständigenanhörung zum ersten Entwurf des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes gesprochen haben.
Neben einflussreichen Unternehmen, Professoren und Rechtsanwälten unterstützt das übrigens auch die Vorgängerin von Herrn Heiko Maas, Frau LeutheusserSchnarrenberger. Alle diese haben den Bundesgesetzgeber nicht davon abhalten können, das Netzwerkdurchsetzungsgesetz schnellstmöglich durchzusetzen.
In der Anhörung des Fachausschusses im Bundestag erklärten – Herr Jalaß sagte es schon – sieben von zehn Sachverständigen den Gesetzentwurf der Bundesregierung für verfassungswidrig.
Der Sonderbeauftragte der UN für die Meinungsfreiheit kritisierte, das Gesetz wecke schwerwiegende Bedenken hinsichtlich seiner Eingriffe in die Meinungsfreiheit und hinsichtlich des Rechts auf Anonymität. Insbesondere wird gegen den internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den UNO-Pakt II, verstoßen, da Zensurmaßnahmen nicht an private Rechtsträger delegiert werden dürfen. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages kommt in zwei Gutachten zu dem Schluss, dass das Netzwerkdurchsetzungsgesetz europarechtswidrig und verfassungswidrig ist.
Unterstützung und Beifall bekommt das Gesetz nur von autokratischen Staaten wie Russland und Weißrussland; Regimes, die schon länger solche Interessen verfolgen, wie offenbar jetzt auch unsere, noch amtierende Regierung, Regimes, die das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz ausdrücklich als Blaupause für neue regressive Gesetzesvorhaben zur Einschränkung zur Meinungsfreiheit in ihren sozialen Medien benutzen. Das sollte uns auch in diesem Hohen Hause in Dresden zu denken geben, in dem ich heute als Vertreterin der stärksten politischen Kraft in Sachsen sprechen darf.
Die zweite Runde ist gerade eröffnet worden von Frau Kollegin Wilke von der AfD-Fraktion. Gibt es weiteren Redebedarf? – Kollege Modschiedler, Sie möchten erneut das Wort ergreifen und schreiten hier zum Rednerpult.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es folgt eine zweite Runde. Grundsätzlich, Frau Wilke: Die CDU-Fraktion hält das Gesetz für richtig. Die Frage, ob etwas verfassungswidrig ist oder nicht, entscheidet bei diesem Bundesgesetz das Bundesverfassungsgericht und nicht irgendwelche Meinungen. Das hatten wir auch schon bei den anderen Gesetzen, bei denen Sie gesagt haben, dass es wohl verfassungswidrig sei. Jemand ist unschuldig, solange er nicht verurteilt ist. Ein Anspruch besteht nicht, solange er nicht wirksam durch ein Gericht festgestellt ist, und etwas ist dann verfassungswidrig, wenn es gegen die Verfassung verstößt, weil es das Bundesverfassungsgericht erklärt hat, und das hat es nicht. Insoweit gilt dieses Gesetz, und wir wollen uns einmal genau anschauen, was es so will.
Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz soll strafbare Inhalte und die Hasskriminalität im Internet, insbesondere in den sozialen Medien, unterbinden. Das haben wir auch festgestellt. Ganz einfach gesagt: Die Sachen sollen verschwinden, und sie sollen sofort gelöscht werden, weil sie nicht selbstständig von den privaten Leuten gelöscht werden. Die relevanten aggressiven und verletzenden Inhalte und auch die Äußerungen sollen besser und schneller abgearbeitet und geahndet werden. Sie sollen strafrechtlich geahndet werden. Es geht nämlich darum, Persönlichkeitsrechte im Netz zu schützen – unsere Rechte, mein Recht.
Opfern von Hasskriminalität soll ebenfalls besserer Schutz gewährt werden. Vor allem – das ist mir wichtig – sollen die Täter zur Verantwortung gezogen und schnellstmöglich auch verurteilt werden.
Jetzt möchte ich einmal ausreden, sonst haben wir wieder so ein Theater wie beim letzten Mal. Ich möchte hier einfach auch mal meine Meinung kundtun.
Keine Zwischenfrage. – Ich möchte nämlich einmal ein abstraktes Beispiel, welches auf Facebook stand, benennen. Man merkt, es ist ein Klarname: Thor Steinhammer. Zitat von ihm auf Facebook am 18.09.2017 um 14:01 Uhr gepostet: „Schlachtet dieses Viehzeug gnadenlos ab!“ In Deutschland sind solche Äußerungen sowohl auf der Straße und als auch im Internet strafbar. Sie sind Beleidigungen, sie sind Volksverhetzungen, sie sind ein Aufruf zur Gewalt und auch zum Mord.
Wir als CDU sind davon überzeugt: Dort, wo die Betreiber dieser Netzwerke, aber auch deren Nutzer ihrer Verantwortung für unseren Rechtsstaat nicht gerecht
Wir müssen die Verantwortlichen in die Pflicht nehmen, und wir müssen ihnen ihre Verantwortlichkeit auch vor Augen führen. Das ist der Sinn dieses Gesetzes.
Jedes Busunternehmen – um sich einmal ein Bild zu machen – hat die Pflicht, ein den Sicherheitsanforderungen gerecht werdendes Fahrzeug auf der Autobahn zu benutzen, und jeder Busfahrer benötigt auf der Autobahn eine besondere Personenbeförderungserlaubnis. Dafür haftet er auch, wenn das nicht funktioniert. Aber auf der Datenautobahn, da soll das alles ganz anders sein. Da gilt rechtsfreier Raum – nein! Da darf gar kein rechtsfreier Raum entstehen, in dem ungeahndet bleibt, wie hier zu Mord und Totschlag aufgerufen wird.
Deswegen ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ein Schritt, um die Verantwortlichkeit der Plattformbetreiber – diese ist gesetzlich ohnehin gegeben – auch durchgesetzt wird.
Ganz ehrlich: Ich möchte meine Meinung im Netz äußern können, ohne dass ich gleich mit Gewalt oder mit dem Tode bedroht werde; denn dann ist das Grundrecht auf Meinungsfreiheit schrankenlos gewährt. So soll es bitte auch bleiben.
Kollege Modschiedler sprach für seine CDU-Fraktion. Jetzt kommt erneut die Fraktion DIE LINKE zu Wort; bitte, Herr Jalaß.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen – und AfD! Die Debatte hat gezeigt, dass Sie diesen Punkt auf die Tagesordnung gebracht haben, um zu polemisieren. Ich glaube, der Bumerang kommt irgendwann auf Sie zurück.
Ein Blick in die ganze AfD-Ideologie und in das AfDProgramm zeigt doch, dass das, was Sie unpassend finden, gelöscht, ausgemerzt, unterfinanziert werden soll etc. Aber Hauptsache, Sie stellen sich hierhin und quatschen von „Zensur im Netz“. Die AfD will eine Meinungsdiktatur. Beispiele will ich anfügen.
(Valentin Lippmann, GRÜNE: Wann haben Sie denn Ihr Programm gelesen? – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Es gibt doch gar kein Programm!)
Ich weiß nicht, ob Sie Ihr Wahlprogramm kennen. Aus Kapitel 9 Punkt 6 darf ich kurz zitieren: „Das Internet als Ort der freien Meinungsäußerung erhalten“. Es tut mir
leid; aber ich muss noch einen Satz zitieren: „Das Internet … darf abseits der Verfolgung“ – Achtung: der Verfolgung! – „von Straftaten keinerlei Beschränkung und“ – Achtung! – „Zensur unterliegen.“ „Straftaten“, „Zensur“.